Italien will Soldaten in den Libanon senden

Der italienische Regierungschef Romano Prodi und sein Außenminister Massimo D’Alema haben am Wochenende angekündigt, Italien werde mehrere Tausend Soldaten sowie Schiffe, Hubschrauber und gepanzerte Fahrzeuge für die geplante internationale Truppe im Südlibanon zur Verfügung stellen. Die Teilnahme an dem sogenannten "robusten" UNO-Mandat wäre der bisher größte italienische Auslandseinsatz seit dem Zweiten Weltkrieg.

Schon Mitte Juli hatte Prodi auf dem G8-Gipfel in St. Petersburg italienische Truppen für den Libanon in Aussicht gestellt. Auf der EU-Krisensitzung Anfang August in Brüssel befand sich Italien unter den Ländern, die sich an einer sogenannten "Friedensmission" beteiligen wollten (Spanien, Finnland, Polen, Schweden, Italien), und versprach, 3.500 Soldaten dafür bereitzustellen.

Verteidigungsminister Arturo Parisi sagte am Sonntag, er rechne damit, "dass die Libanon-Mission vor allem innerhalb der [Mitte-Links-] Mehrheit breite Zustimmung findet". Sie werde "in kürzester Zeit" zustande kommen; man rechne "eher mit Tagen als mit Wochen". Der Minister erklärte, die neue UNO-Resolution habe deren Charakter geändert, "von rein beobachtenden ‚Linienrichtern’ hin zu ‚Schiedsrichtern’ im Zentrum des Spielfelds, die fähig sind, die Verstöße zu kennzeichnen und die Autorität der Regeln durchzusetzen".

In Wirklichkeit ist das Bild eines "Unparteiischen" für die kommende UN-Mission völlig fehl am Platz. Die Mission, der sowohl Israel als auch die USA zugestimmt haben, hat die Aufgabe, das durch die israelische Aggression Erreichte zu konsolidieren. Die entsprechende UN-Resolution fordert von der Hisbollah die Einstellung aller Angriffe, während Israel lediglich seine "offensiven Militäroperationen" einstellen soll und weiterhin im Südlibanon bleiben darf, bis die UN-Truppe vollständig stationiert ist. Die UN-Truppe im Libanon würde den USA, ähnlich wie die ISAF-Truppe in Afghanistan, den Rücken freihalten für weitere Provokationen gegen Syrien und Iran.

Genau diese Aufgabe wollen nicht nur Regierungschef Romano Prodi und Verteidigungsminister Arturo Parisi (Margherita) übernehmen, sondern auch Außenminister und Vizepremier Massimo D’Alema von den Linksdemokraten, der Nachfolgepartei der Italienischen Kommunistischen Partei. D’Alema hatte sich bereits Ende Juli in Jerusalem mit Condoleezza Rice getroffen und sie zur Nahost-Konferenz eingeladen, die er mit Prodi am 26. Juli in Rom ausrichtete. Diese Konferenz hat mit ihrer Appeasement-Politik der Zerstörung des Südlibanon durch die von den USA hochgerüsteten israelischen Streitkräfte grünes Licht gegeben.

Die Rechtswende der Prodi-Regierung ist atemberaubend. Mit ihrer Beteiligung an einem UN-Mandat im Libanon setzt sie die Politik der verhassten Berlusconi-Regierung fort, die sich am Irakkrieg und der Irak-Besetzung beteiligt hatte und gegen die in Italien Millionen Menschen auf die Straße gegangen waren.

Besonders abstoßend ist die Rolle von Rifondazione Comunista, der Partei, die vor fünfzehn Jahren mit den Linksdemokraten gebrochen hatte, angeblich um dem Kommunismus zu einer Wiedergeburt zu verhelfen. Sie ist heute wichtiger Bestandteil der Regierungsmehrheit, und ihr langjähriger Führer, Fausto Bertinotti, ist Parlamentspräsident.

Rifondazione hat im Frühjahr viel zum Wahlsieg der Prodi-Regierung beigetragen, wobei auch die Forderung nach Beendigung der Auslandseinsätze eine Rolle spielte. Noch bei seinem Amtsantritt hatte Prodi den schnellen Abzug der italienischen Soldaten aus dem Irak angekündigt, doch letzte Woche befanden sich noch immer 2.700 von insgesamt 3.200 italienischen Soldaten im Irak.

Im Juli gab es Auseinandersetzungen im Parlament, als die weitere Finanzierung der Armeeeinsätze im Ausland einen neuen Beschluss nötig machte. Italien hat im Rahmen der ISAF-Mission 1.400 Soldaten in Afghanistan stationiert.

Im Abgeordnetenhaus, wo Prodi über eine sichere Mehrheit verfügt, stimmten vier Abgeordnete der Regierungsmehrheit, alles Rifondazione-Mitglieder, gegen den Afghanistan-Einsatz, unter ihnen der Führer der Bewegung "No Global" Francesco Caruso. Ein weiteres Rifondazione-Mitglied, Paolo Cacciari, legte aus Protest sein Mandat nieder.

Kurz vor der Abstimmung im Senat, wo Prodis Mehrheit hauchdünn ist, trat darauf die gesamte Rifondazione-Prominenz an die Öffentlichkeit, darunter Fausto Bertinotti und sein Nachfolger als Parteichef, Franco Giordano. Gemeinsam mit Staatspräsident Giorgio Napolitano (ebenfalls ein altes KPI-Mitglied) argumentierten sie, die Zukunft der Prodi-Regierung stehe auf dem Spiel; die Auslandseinsätze im Rahmen der UNO seien eine entscheidende internationale Verpflichtung Italiens.

Schließlich gewann Prodi am 28. Juli eine Vertrauensabstimmung im Senat über die Finanzierung der Auslandsmissionen. Die Kritiker aus den Reihen von Rifondazione Comunista, die in der Vergangenheit acht Mal gegen den Afghanistan-Einsatz gestimmt hatten, unterstützten ihn am Ende. Die rechte Opposition blieb aus Protest der Abstimmung fern.

Siehe auch:
Die neue italienische Regierung
(19. Mai 2006)
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