The Queen : Blair als Retter der Monarchie

The Queen. Regie: Stephen Frears, Drehbuch: Peter Morgan

Nach ihrem letzten Film The Deal, der sich um das Machtgerangel zwischen Premierminister Tony Blair und seinem Vize Gordon Brown dreht, haben sich Regisseur Stephen Frears und Drehbuchautor Peter Morgan erneut mit den Spannungen innerhalb des politischen Establishments Großbritanniens befasst. In The Queen mischen sich gespielte Szenen mit Dokumentarmaterial. Der Film spielt in den Monaten Mai bis Oktober 1997. Er beginnt mir Blairs erdrutschartigem Wahlsieg und konzentriert sich dann auf die Woche zwischen dem Tod und der Beerdigung von Lady Diana, der Prinzessin von Wales.

Der Tag nach der Wahl Anfang Mai markiert den Beginn des Films. Mit der Gewissheit, dass die Labour Party der Wahlsieger ist, trifft die königliche Familie ihre ersten Vorbereitungen für den Umgang mit der neuen Regierung. Es ist ihnen zu Ohren gekommen, dass Blair die Regierungsarbeit "modernisieren" möchte, und dazu als erstes einen informelleren Regierungsstil einführen will. Man hört einen ironischen Kommentar, ob man Blair schon das höfische Protokoll für seine Vereidigung habe zukommen lassen. Königin Elizabeth (Helen Mirren) macht darauf aufmerksam, dass es nicht dem Gewinner einer Wahl obliegt, die Regierung zu bilden, sondern Aufgabe der Königin ist, ihn dazu aufzufordern.

Der Zuschauer erlebt eine königliche Familie, die sich zunächst in ihrer Autorität und Stellung äußerst selbstbewusst gibt. Wenn die Queen und ihr Berater Robin Janvrin (Roger Allam) diskutieren, ob Blair die Monarchie erneuern will, dann sprechen sie (zu diesem Zeitpunkt) über etwas Unvorstellbares. Die Position der Königin ist so sicher, dass sie sich selbst als losgelöst von und über dem politischen Leben des Landes stehend sehen kann: Am Wahltag äußert sie gegenüber einem Porträtisten, der sie malt, dass sie ihn beneidet, weil er wählen darf, und um "die bloße Freude daran, parteiisch zu sein".

Das Unbehagen der Labour-Führung gegenüber dieser Macht sieht man sehr schön bei Blair, der vor seiner ersten Audienz bei der Queen nervös herumzappelt. Gefragt, weshalb er nervös sei, stammelt Tony Blair (Michael Sheen, in einer Neuauflage seiner Rolle in The Deal): "Also, immerhin... sie ist die Königin." Später sagt Cherie Blair (Helen McCrotry) zu ihm, dass "alle Labour-Premiers ganz verrückt nach der Queen sind". Mirren hat die ruhige Autorität tradierter Macht, als sie seine Verlegenheit auskostet.

The Queen zeigt auch sehr schön das archaische Ritual und die Etikette dieser gesellschaftlichen Institution. Blair vollführt ungelenk Verrenkungen, um der Königin beim Verlassen des Raumes nicht den Rücken zuzukehren. In Frears Film gibt es viele feine Andeutungen, dass der Labour-Premier sich an diese Etikette und Gewohnheiten anpasst. So übernimmt er Janvrins Art, ein Telefonat zu beginnen - "Entschuldigen Sie die Störung" - anstelle seiner früheren, eher natürlichen informellen Art.

Drei Monate später jedoch, am 31. August 1997, nach dem Tod von Prinzessin Diana und ihrem Freund bei einem Autounfall in Paris, gerät die Monarchie aus den Fugen. In der Abgeschlossenheit ihres riesigen Besitzes (40.000 Morgen Land) beschließen die Mitglieder der königlichen Familie zunächst, Dianas Tod als Privatsache zu behandeln. Sie sorgen sich um das Wohlergehen der Söhne von Charles und Diana, und ihre Reaktion ist weitgehend von der Entschlossenheit bestimmt, die Institution der Monarchie zu schützen.

Prinz Philipp (James Cromwell) ist ein engstirniger Idiot, der es für das Beste hält, wenn man die Jungen mit auf die Jagd nimmt, wegen der "frischen Luft", und sie von den Presseberichten abschirmt. Die Königin Mutter (Sylvia Syms) ist zwar eine behütende Großmutter, verachtet aber alles, was die Monarchie schwächt. Keiner der Beteiligten sieht irgendeinen Grund, an den althergebrachten Traditionen zu rütteln. Ihre Bösartigkeit wird deutlich, wenn Prinz Charles (Alex Jennings) dafür sorgt, dass sein Dienstpersonal sich um einen Sarg kümmert. Wenn das den Bestattern der königlichen Familie überlassen bleibt, äußert er, "bringen sie sie in einer Holzkiste hierher zurück."

Selbst Charles, der auf die veränderte Situation am sensibelsten reagiert, ist mit seinen Gedanken vor allem dabei, eine königliche Maschine nach Paris zu schicken, um die Mutter "der Thronerben" nach Großbritannien zurückzubringen. Frears und Morgan scheinen unablässig mit Bildern von Mutterschaft und Nation und mit der Idee zu spielen, die Monarchie als eine gestörte Familie darzustellen. Damit sind sie nur wenig erfolgreich (die Idee ist nicht besonders interessant), doch es gelingt ihnen tatsächlich, die wirkliche Gestörtheit der königlichen Familie zum Ausdruck zu bringen, die in der bedingungslosen Unterordnung ihrer Mitglieder unter diese Jahrhunderte alte Institution, die sie repräsentieren, begründet liegt. So äußert die Queen, offensichtlich aufrichtig gemeint, gegenüber Blair: "Zuerst kommt die Pflicht, dann man selbst - etwas anderes habe ich nie kennen gelernt."

Gefühlsäußerungen innerhalb der königlichen Familie werden abgewürgt und unterdrückt. Mirren und Jennings insbesondere sind großartig, wenn sie dieses Meer an unterdrückten Gefühlen vermitteln. Gefühle werden dargestellt als etwas, das man privat oder eben gar nicht äußert. Als Charles den Prinzen den Tod ihrer Mutter mitteilt, sieht man sie in einem anderen Zimmer. Bei aller Sorge um ihr Wohlergehen, das die Darsteller zum Ausdruck bringen, zeigt The Queen, dass die Prinzen in derselben verknöcherten Tradition erzogen werden. Philipps festes Beharren darauf, dass die beste Methode, wie sie mit ihren Gefühlen umgehen könnten, darin besteht, sie bei der Jagd auszuleben, steht beispielhaft für die Verkümmerung der Menschlichkeit. Und wenn die Queen einmal ein überwältigendes Gefühl ausdrückt, befindet sie sich allein auf ihrem riesigen Besitz. Als die Tränen in ihr aufsteigen, zeigt sie die Kamera von hinten, wie wenn sie betonen wollte, dass solche Gefühlsäußerungen nicht angebracht sind.

Zu den Stärken des Films zählt, wie er diesen Prozess der Unterordnung aus dem Blickwinkel der königlichen Bediensteten, besonders von Janvrin beobachtet (erneut eine sehr gute schauspielerische Leistung von Allam). Bei der Übertragung von Blairs Rede meint Janvrin, dass sie "etwas überzogen" sei, und er ist irgendwie beunruhigt, als das Personal dabei in Tränen ausbricht. Janvrin, dessen berufsbedingte Loyalität an Unterwürfigkeit grenzt, muss schließlich zwischen einigen Mitgliedern der Königsfamilie und Blair vermitteln, als es darum geht, mit der veränderten Situation umzugehen.

Blair war es, der 1997 der Monarchie als Retter zu Hilfe eilte, und der Film zeigt, wie er mit ihr darum rang, die Trauer öffentlich zu inszenieren und zu einer Staatsangelegenheit zu machen. Dabei muss er sich mit ihrem sturen Beharren konfrontieren, sie wüssten alles am besten und könnten sich auf das verlassen, was sie immer getan hätten. An einer Stelle sagt die Queen zu ihm, niemand kenne das britische Volk besser als sie, und sie erwarte ohne Einschränkungen, dass es sich so verhalte, wie sie es bestimme.

Auch mit dem penetranten Zynismus seines engsten Umfeldes muss er sich herumschlagen. Cherie Blair wird als die Person gezeigt, die der Monarchie als Institution am kritischsten gegenübersteht, doch nicht aus prinzipiellen Erwägungen, auch dann nicht, als sie Blair spöttisch "Retter der Monarchie" nennt. Ihre vorgeblichen "republikanischen" Sympathien sind kaum mehr als die Verbitterung einer Schicht der oberen Mittelklasse, die der Ansicht sind, ihr Reichtum und ihre Ambitionen würden (anders als bei ihresgleichen in den USA) durch die Existenz der Monarchie und der mit ihr verbundenen Institutionen eingeschränkt. Differenzen zwischen ihr und ihrem Mann in dieser Frage sind eher taktischer als strategischer Natur. Einmal nennt sie die königliche Familie "schmarotzende Spinner", worauf Blair entgegnet, es sei "unvorstellbar, dass dieses Land eine Republik ist".

Noch grundsatzloser ist Blairs Kommunikationsdirektor Alistair Campbell (Mark Bazeley). Seine Gegnerschaft zur Monarchie ist völlig hohl und selbstsüchtig. Campbell scheint alles und jeden danach zu beurteilen, ob es seinem Fortkommen nützt oder schadet. Während Blair beunruhigt darüber ist, dass in Umfragen eine von vier Personen die Abschaffung der Monarchie befürwortet, sieht Campbell ausschließlich Blairs gestiegene Popularitätswerte (und vermutlich, was sie für seine Karriere bedeuten).

Ungeachtet seiner Loyalität gegenüber der Monarchie hat Blairs Entschlossenheit, sie zu retten, mehr mit seiner eigenen Stellung als der ihrigen zu tun. Wenn er Diana "Prinzessin des Volkes" (der Ausdruck stammt von Campbell) nannte und diese Bezeichnung als populären Slogan benutzte, so versuchte er, die Monarchie entsprechend der verlogenen quasi-populistischen Rhetorik, mit der er die Umgestaltung der Labour Party betrieb, zu modernisieren. Blair hatte ein feines Gespür für die Bedeutung der massiven Wählerbewegung, die achtzehn Jahre Tory-Herrschaft beendet hatte, und war daher wachsam gegenüber allem, was auf die Kluft zwischen der königlichen Familie (und der gesamten britischen herrschenden Elite) und der einfachen Bevölkerung hätte aufmerksam machen können. Daher seine Behauptung, "das Volk" stünde zu Diana, und seine Forderung, dass die Queen "zusammen mit ihm (dem Volk) trauert".

Gleichzeitig sieht man, wie ihn die Monarchie schier zur Verzweiflung treibt. Er beklagt sich: "Sie haben ihr Leben versaut, jetzt werden sie hoffentlich nicht auch noch ihren Tod versauen." Als die königliche Familie sich einem öffentlichen Begräbnis immer noch verweigert, antwortet Blair bei einem Telefonanruf vom Sitz der Queen mit der Frage: "Sind die noch ganz bei Trost?" Als sie sich weigern, am Buckingham Palast eine Fahne auf Halbmast zu setzen, weil dies nur geschieht, wenn der König anwesend ist, ruft Blair frustriert aus: "Könnte bitte jemand diese Leute vor sich selbst retten?"

In seinem Umgang mit der Queen, die er ohne Einschränkung verteidigt, wird Blair als absolut skrupellos gezeigt. Als Elizabeth schließlich einwilligt, eine Fernsehansprache (als Königin und "als Großmutter") zu halten, äußert Cherie: "Sie meint es nicht ernst." Darum gehe es auch nicht, erwidert Blair, "So überlebt man."

Vielleicht der aufschlussreichste Beleg für diesen Zynismus ist die Art und Weise, wie der Film mit dem Vermächtnis von Diana selbst umgeht. Man sieht Charles, wie er sich über den Unterschied zwischen der echten Diana und dem öffentlichen Bild von ihr auslässt. Er gibt zu, dass letztlich wohl der Mythos Diana Bestand haben wird.

Auch Blair erkennt an, dass das Bild von der wie eine Heilige verehrten Diana eine Fiktion ist. Selbst als er öffentlich über die "Prinzessin des Volkes" spricht, sieht man ihn zu Campbell sagen, dass sie (Diana) anscheinend "auf Teufel komm raus" alles zerstören wollte, wofür die Queen ihr Leben lang gearbeitet hatte. Wie dieses Bild von Diana quasi beiläufig aufgegeben wird, ist auffällig. Sie erscheint nicht direkt im Film, stattdessen wird Archivmaterial gezeigt, insbesondere ihr Interview mit Martin Bashir im August, als sie ihm gegenüber äußert: "Ich bin kein politischer Mensch."

Diana macht den Eindruck einer medienwirksamen, nicht besonders hübschen und wohl auch einigermaßen neurotischen jungen Frau. Was von ihr bleibt, ist der Versuch, die Monarchie an veränderte Verhältnisse anzupassen. Darauf nimmt der Film Bezug, wenn die Königin, als sie das Interview mit Bashir noch einmal ansieht, sagt: "Vielleicht haben wir auch unseren Teil dazu beigetragen." Wie Blair Diana benutzt, wird, wenn man seine Äußerungen über ihre Angriffe auf die Monarchie berücksichtigt, als sehr zynisch dargestellt - beinahe so zynisch, wie sie sich selbst vermarktete.

Jedoch gehen Frears und Morgan nicht darauf ein, wie sehr Diana den Regierungsantritt von Blair begrüßt hatte. Sie hatte in Blair jemand gesehen, mit dem zusammen sie die Zukunft der Monarchie und des gesamten Establishments gewährleisten konnte.

Die kritische und intelligente Haltung des Films gegenüber den staatlichen Institutionen und ihren Vertretern ist positiv zu vermerken, ebenso der gesunde Mangel an Respekt vor den Autoritäten. Dies bewegt sich aber in engen Grenzen. Die Kraft und Präzision der darstellerischen Leistungen und ihre Wirkung bringen wohl mehr zum Ausdruck, als die Filmemacher explizit artikulieren können. Morgan etwa hat den Film beschrieben als "vor allem liebevoll und wohlwollend gegenüber allen Beteiligten" und "ohne Bösartiges oder Diffamierendes."

Das kann auch in die entgegengesetzte Richtung ausschlagen, in eine pauschale Kritik an jedem, ob er zu den Mächtigen gehört oder nicht. Während der Fernsehübertragungen sagt Philip über die Menge, die den Tod von Diana betrauert: "Sie schlafen auf der Straße und weinen...und glauben, wir wären verrückt." Der Film sagt recht wenig über das öffentliche Spektakel um Dianas Tod, außer dass er indirekt das politische Vakuum anspricht, das in der britischen Gesellschaft existierte.

Weil sie keine Alternative zu dem abstoßenden Verhalten sehen, das im Film gezeigt wird, engagieren sich Drehbuchautor und Regisseur schließlich für einige unglaubwürdige Kandidaten. Die Queen erweist sich letztlich als diejenige, die sich am erfolgreichsten an den von ihr so genannten "Wertewandel" angepasst hat. In Anlehnung an die Diktion von New Labour, äußert sie am Ende des Films gegenüber Blair, dass wir "modern werden müssen", wenn die Welt sich verändert hat. Das Annehmen dieser Veränderung macht es ironischerweise möglich, dass die Queen als beharrend und fest innerhalb der Traditionen der Monarchie verbleibend erscheint. "Die Queen ist standfest und prinzipiell, während es Blair an Prinzipien fehlt." Das ist ziemlich flacher Unsinn.

Zum Teil drückt sich darin vielleicht die Enttäuschung vieler aus, die 1997 für Blair stimmten oder doch vage Hoffnungen hatten, dass eine Labour-Regierung nach langen Jahren des Thatcherismus eine wirkliche Veränderung darstellen werde. Wie in ihrem Film The Deal versuchen die Filmemacher herauszufinden, an welchem Punkt die Entwicklung falsch lief. Im selben Interview bezeichnete Frears Blair als "eine Riesenenttäuschung".

The Queen endet mit einer Warnung an Blair. Bei seiner letzten Audienz bei der Königin, die wir sehen, macht sie ihn darauf aufmerksam, dass auch seine Popularität sehr schnell schwinden könne, und er dann mit einer plötzlichen Veränderung der Situation konfrontiert sein würde. Eine aufschlussreiche Szene, deren Aussage insbesondere angesichts der breiten öffentlichen Ablehnung des Irakkrieges zu den unverblümtesten der Filmemacher gehört.

Siehe auch:
The Wind That Shakes the Barley, Regie: Ken Loach
(9. Januar 2007)
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