Raveenthiranathan Senthil Ravee

12. Oktober 1969 - 28. Februar 2007

Raveenthiranathan Senthil Ravee (Senthil), Mitglied des Internationalen Komitees der Vierten Internationale in London, starb in den frühen Morgenstunden des 28. Februar auf der Autobahn M20 auf dem Weg nach London bei einem Verkehrsunfall. Er hinterlässt seine Frau Anparasi und drei Kinder, Turphin, Ajann und das Baby Leon.

Das IKVI nimmt am Verlust der Familie Senthils tiefen Anteil. Er war ein liebevoller Ehemann und Vater, äußerst stolz auf seine Kinder und entschlossen, ihnen durch die Abschaffung der Klassenunterdrückung ein besseres Leben zu verschaffen.

Senthil wurde am 12. Oktober 1969 in Jaffna, Sri Lanka, geboren. Er gehörte einer Generation an, die für den Verrat der Lanka Sama Samaja Partei (LSSP) einen hohen Preis zu zahlen hatte. Die LSSP führte die liquidatorische Politik des Pablismus zu ihrem logischen Abschluss, indem sie 1964 in die kapitalistische Regierung von Frau Bandaranaikes Sri Lankan Freedom Party eintrat.

Die LSSP genoss hohe politische Autorität, weil sie früher für den Aufbau der Vierten Internationale in Sri Lanka und Indien gekämpft hatte, und weil sie als einzige für die Einheit der singhalesischen und tamilischen Massen eingetreten war. Aus diesem Grund hatte die tamilische Bevölkerung die Arbeiterklasse und deren revolutionäre Partei als Instrument für ihre eigene Befreiung aus nationaler Unterdrückung betrachtet. Stattdessen übernahm die LSSP nicht nur die Verantwortung für die Verteidigung des srilankischen Staates, sondern stimmte einer Verfassung zu, die den antitamilischen Rassismus festschrieb.

Dieser Verrat wurde von Revolutionären abgelehnt, die schließlich die srilankische Sektion des Internationalen Komitees der Vierten Internationale gründen sollten, die Revolutionary Communist League und heutige Socialist Equality Party. Dennoch wirkte sich der Verrat entscheidend auf die politische Entwicklung der Arbeiterklasse aus, untergrub das Vertrauen in eine sozialistische Perspektive und erleichterte das Aufkommen kleinbürgerlich nationalistischer Organisationen unter den tamilischen und singhalesischen Massen.

Senthils politische Entwicklung kann nur in diesem Zusammenhang verstanden werden. Seine Eltern arbeiteten als Lehrer in der Region der Teeplantagen, wo die meisten Tamilen beschäftigt sind. Schon hier lernte er die entsetzliche Ausbeutung und den Rassismus kennen, unter dem sie leiden.

Unmittelbar nach den blutigen Pogromen gegen die Tamilen trat Senthil mit 15 Jahren der Eelam Revolutionary Organisation of Students (EROS) bei. Im Unterschied zu anderen nationalistischen Organisationen behauptete diese Gruppe, sozialistische Perspektiven zu vertreten und für die Arbeiter zu sprechen. Sie sah die Plantagenarbeiter als Hauptfaktor im Kampf für die Schaffung eines eigenen Tamilenstaates Tamil Eelam.

1987, nur drei Jahre nachdem Senthil politisch aktiv geworden war, wurde der indo-srilankische Pakt unterzeichnet. Er war ein Versuch beider Regierungen, die nationalistische Rebellion im Norden und Osten Sri Lankas zu beenden, die die Interessen der indischen Bourgeoisie in Tamil Nadu auf dem indischen Festland bedrohte.

Die wichtigste nationalistische Gruppe, die Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE), unterstützte den Vertrag und bezeichnete das darin enthaltene Versprechen auf begrenzte Autonomie als einen Schritt in Richtung Selbstbestimmung. Es gab jedoch eine verbreitete Ablehnung gegen den Einsatz der indischen Armee im Norden und Osten Sri Lankas. Ein blutiger Konflikt brach aus, in dem die tamilische Bevölkerung zwischen der indischen Armee auf der einen Seite und dem Bruderkrieg zwischen den nationalistischen Tamilenorganisationen andererseits gefangen war.

Nach dem Rückzug der indischen Armee Anfang 1991 verließen Tausende junge Leute Sri Lanka, um in Kanada und europäischen Ländern politisches Asyl zu suchen. Senthil war einer von ihnen. Im August 1991 kam er nach Paris. Enttäuscht von EROS nahm er an Diskussionen der Exilanten über den Aufbau einer neuen politischen Organisation teil. In dieser Zeit kam er erstmals mit Sympathisanten des Internationalen Komitees der Vierten Internationale in Kontakt.

Dies verschaffte Senthil zum ersten Mal Gelegenheit, nicht nur die Bedeutung des Verrats der LSSP zu verstehen, sondern auch den prinzipiellen Kampf der RCL zu würdigen. Sie hatte Trotzkis Theorie der permanenten Revolution gegen die LSSP verteidigt und trat für die sozialistische Einheit der singhalesischen und tamilischen Arbeiterklasse ein, um den nationalistischen Separatismus zu überwinden.

Senthil assimilierte diese Lehren nicht nur in Hinblick auf Sri Lanka, sondern wurde zum ergebenen Internationalisten und Befürworter des Weltsozialismus.

Seit seinem Beitritt zum IKVI 1994 arbeitete Senthil unermüdlich daran, dessen Einfluss unter den tamilischen Exilanten zu verbreitern. Dabei vernachlässigte er auch das politische Eingreifen in der europäischen Arbeiterklasse nicht. Als 2000 die tamilische Sektion der World Socialist Web Site eröffnet wurde, wandte er sich diesem wichtigen Instrument für den Aufbau des IKVI auf dem indischen Subkontinent entschlossen zu.

Vom ersten Tag seiner Ankunft in Europa an war Senthil nicht nur mit den Auswirkungen rassistischer Gesetze konfrontiert, sondern zwangsläufig auch den Entbehrungen ausgesetzt, unter denen Einwanderer am stärksten leiden.

Es ist bezeichnend, dass Senthil in den frühen Morgenstunden bei der Rückkehr von einem Besuch in Paris getötet wurde, wo er versucht hatte, seiner Schwester bei der Anerkennung als Flüchtling behilflich zu sein.

Senthil, der über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügte, musste viele schlecht bezahlte Hilfsjobs annehmen, um seine Familie über die Runden zu bringen. Innerhalb von zwölf Jahren musste er zweimal von Frankreich nach England umziehen. Es lag ihm auch sehr viel daran, seine Englischkenntnisse zu verbessern. Dies hielt er für dringend geboten, um die politische Arbeit in Indien voranzubringen.

Der Wert und die Bedeutung eines Lebens lässt sich vielleicht am besten daran messen, welchen Einfluss jemand auf andere gehabt hat. Die tiefe Trauer, die sein Tod ausgelöst hat, zeugt davon, dass Senthil ein bemerkenswerter Mensch war.

Viele Zuschriften mit persönlichen Erinnerungen an Senthil, die die World Socialist Web Site erhielt, zeigen einen Menschen mit tiefen Überzeugungen und großer Menschlichkeit.

Tony Robson und Tanja Kent schreiben:

"Senthils auffälligster Zug war seine Lernbegierde, ob es um Politik, Geschichte oder die Beherrschung der englischen Sprache ging.

Er versuchte immer, an jedem Zellentreffen teilzunehmen. War er in einer Frage unsicher, so sagte er das frei heraus. Er tat alles, um sein Englisch zu verbessern, um sich selbst verständlich zu machen und andere zu verstehen. Er konnte diese Tatkraft mit einem spitzbübischen Humor verbinden, der immer gut ankam und ihn sympathisch machte.

In East London, wo er lebte, konnte er die Klassenspaltung im Herzen des britischen Imperialismus wirklich erfahren. Er arbeitete wie viele Tamilen viele Stunden für geringe Bezahlung in Jobs ohne Zukunft, vor allem als Tankwart. Bei einer seiner Arbeitsstellen, einer Tankstelle in Canning Town, sprach ihn eine Mutter aus dem Viertel an. Sie bat ihn, ihr einen Laib Brot zu schenken, für ihre Kinder. Senthil war aufrichtig schockiert.

Er stellte sich jeder Herausforderung und wollte beständig seinen Horizont erweitern. So zu sterben, ist immer tragisch, doch bei einem Menschen wie Senthil, der voll im Leben stand und erst 37 war, erscheint es besonders grausam. Wir werden ihn immer mit seinem schelmischen Lachen in Erinnerung behalten."

Trevor Johnson war seit langem mit Senthil befreundet. Er hatte ihn in London kennen gelernt, wo Senthil seine ersten Englischkenntnisse erwarb.

"Er nahm Politik sehr ernst und gewann allmählich an Selbstvertauen, so dass er zunehmend häufiger zu wichtigen Fragen sprechen konnte.

Er war kein Mensch, der viel über sich selbst sprach - er hat viel erreicht, aber sprach nicht gerne darüber. Er hatte so ein besonderes Lächeln, das besagte, ‚ich könnte mehr darüber sagen, aber du verstehst schon, warum ich es nicht tue...’

Es ist eine furchtbare Tragödie, dass Senthil tot ist. Ich hoffe, seine Familie kann etwas Trost in der Tatsache finden, dass er starb, so wie er lebte - im Einsatz für seine Freunde und Genossen."

Ajay Prakash ist ein junger Tamile, der für die WSWS schreibt. Er arbeitete mit Senthil zusammen und war eng mit ihm befreundet. Ihm gehört das letzte Wort:

"Senthil wirkte entscheidend mit am Aufbau der tamilischsprachigen Web Site und fertigte viele Übersetzungen an.

Seit 2005 haben wir unsere Arbeit vorangetrieben, indem wir Ereignisse auf dem indischen Subkontinent politisch analysiert haben, um dort eine Sektion aufbauen zu können. Wir waren ständig in Diskussion und trafen uns mindestens dreimal die Woche. Er war es, der mich ermutigte, Artikel zu schreiben und uns vorschlug, mit dem Studium der indischen Geschichte zu beginnen.

Ich habe viel verloren - einen führenden Genossen, einen marxistischen Führer und ein Vorbild. Seit meinem Umzug nach London hat vor allem er meine Entwicklung geprägt. Er half mir, Arbeit und Wohnung zu finden, und entwickelte mich behutsam.

Ruhe sanft, Genosse Senthil. Wir werden uns deiner Familie und Kinder annehmen und hoffen, dass auch sie eines Tages den Kampf aufnehmen, die Welt in eine sozialistische Zukunft zu führen."

Loading