Stalinistische Regierung in Westbengalen verübt Massaker an Bauern

Die Linksfront-Regierung von Westbengalen hat ein Massaker an Bauern verübt, die gegen die Enteignung fruchtbarer landwirtschaftlicher Flächen durch die Regierung protestiert haben, die dem indischen und ausländischen Kapital zur Verfügung gestellt werden sollen.

Am 14. März wurden mindestens 14 Menschen getötet und bis zu 75 Dorfbewohner verwundet, als die stalinistisch geführte westbengalische Regierung ein 4000 Mann starkes Polizeikontingent- unterstützt von Paramilitärs, schneller Eingreiftruppe und Kommandoeinheiten - einsetzte, um die Autorität der Regierung in der Umgebung von Nandigram wiederherzustellen, einer Stadt 150 km südwestlich von Kalkutta.

Anfang Januar erhoben sich die Bauern von Nandigram, als sie erfuhren, dass die Regierung plant, 10.000 Morgen Land in dem Gebiet für eine Sonderwirtschaftszone zu beschlagnahmen, die von der indonesischen Salim Gruppe betrieben werden soll. In der Nacht vom 6. auf den 7. Januar drangen mit Duldung der Polizei über 200 Schläger der Kommunistischen Partei Indiens (Marxisten) [CPM] in Nandigram mit der Absicht ein, die Bevölkerung zu terrorisieren, und die Oppositionsbewegung zu zerschlagen. In der sich anschließenden Konfrontation starben sechs Menschen, doch gelang es den Einwohnern, die Schläger der CPM aus ihrer Stadt zu verjagen.

Bis zum Mittwoch blieb das Gebiet für die Regierungsbehörden unzugänglich, wobei die Bevölkerung Straßen unterbrach, Brücken demontierte und Barrikaden errichtete um sicherzustellen, dass Nandigram für die Regierungsgewalt gesperrt blieb.

Nach allen Berichten war der Zusammenstoß vom Mittwoch ein kleiner Bürgerkrieg. Die Polizei drang aus drei Richtungen in das Gebiet vor, wobei zwei der Polizeikolonnen auf erbitterten Widerstand stießen.

Hinter einem Wall von Hunderten von Frauen und Kindern versammelten sich Tausende Dorfbewohner, bewaffnet mit Sicheln, Ruten und Sensen. Reportern zufolge waren einige der Einwohner auch mit selbst gebastelten Rohrbomben und Pistolen bewaffnet.

Die Polizei feuerte mit Tränengas und Gummikugeln, um die Menge zu zerstreuen, doch als die Leute zurückschlugen, griff die Polizei auf scharfe Munition zurück.

Unter der Schlagzeile "Blutbad in Nandigram - Schlachtfeld: 11 Menschen sterben durch Polizeikugeln" beschrieb die Hindustan Times die Polizeiattacke: "[Als] die Dorfbewohner flohen, wurden sie von Polizisten verfolgt, die einige aus ihren Häusern zerrten und verprügelten. ´Es war wie ein Krieg, ich weiß nicht wo meine Familie ist,´ sagte Saber, ein Dorfbewohner. ´Körper lagen verstreut über die mit Blut verschmierten Reisfelder. Die Verletzten schrieen nach Hilfe, doch die Polizisten traten einfach weiter auf sie ein."

Die Zahl der Toten stieg seitdem auf vierzehn und wird wahrscheinlich weiter steigen, da der Polizeiangriff viele mit lebensgefährlichen Verletzungen zurückließ.

Die Polizeiaktionen vom Mittwoch wurden von den höchsten Kreisen der CPM-geführten Linksfront Regierung geplant und befohlen. Westbengalens Chefminister und CPM Politbüro-Mitglied Buddadeb Bhattacharjee, seine wichtigsten Minister und die gesamtindische Führung der CPM rechtfertigen lautstark die Erstürmung Nandigrams als notwendig, um die "gesetzlose Situation in Nandigram" zu beenden - also die Herrschaft des kapitalistischen Staates wiederherzustellen - und stellen das Massaker der Polizei als "Selbstverteidigung" dar.

Die Selbstverteidigungstheorie wird schon durch die Entscheidung der Regierung widerlegt, Tausende von Polizisten in Kampfausrüstung zur Erstürmung von Nandigram zu beordern, und zweitens durch die von der Regierung selbst veröffentlichten Verlustzahlen. Der Erklärung Bhattacharjees zufolge, die er am Donnerstag im Parlament von Westbengalen abgab, wurden vierzehn Einwohner getötet und weit mehr verletzt, aber nur zwölf Polizisten erlitten Verletzungen. "Ernste Verletzungen wurden vermieden, da alle Polizisten Schutzkleidung trugen."

Während die CPM Führung das Nandigram Massaker mit Argumenten rechtfertigt, die einem x-beliebigen bürgerlich-reaktionären Regime würdig sind, verurteilten wegen des provokativen Charakters und der schieren Brutalität des Vorgehens Parteien und Organisationen quer durch das politische Spektrum die von den Stalinisten befohlene Polizeioperation.

Die indische Sektion von Amnesty International verlangte eine unabhängige Untersuchung "der exzessiven Gewaltanwendung in Nandigram" in der letzten Woche sowie der gewalttätigen Übergriffe im Januar. Außerdem fordert sie die sofortige Anklage aller Staatsdiener, inklusive der Polizisten, die der Verletzung von Menschenrechten und der exzessiven Anwendung von Gewalt verdächtig sind.

Der westbengalische Gouverneur Gopal Krishna Ghandi, ein von der Zentralregierung bestellter Beamter, sagte, dass die Morde von Nandigram ihn "mit blankem Horror" erfüllten. "War dieses Blutvergießen denn nicht vermeidbar? [Gewalt] gegen staatsfeindliche Elemente, Terroristen, Extremisten und Aufständische ist eine Sache. Die Opfer der Gewalt in Nandigram fallen aber nicht in diese Kategorie."

Sogar die Verbündeten der CPM in der Linksfront distanzierten sich von den Maßnahmen der westbengalischen Regierung. Der Chef der Revolutionary Socialist Party warnte, "Dies wird nicht nur dem Image der Linksfront schaden, sondern auch ihr Überleben in Frage stellen." [Hervorhebung hinzugefügt] Der Generalsekretär der Kommunistischen Partei Indiens, A.B. Bardhan bezeichnete die Polizeimaßnahmen in Nandigram als "brutal" und "nicht akzeptabel" und lobte Gopal Krishna Ghandhis Stellungnahme.

Der westbengalische Führer der Kongress Partei, Manash Bhuniya, stürzte sich auf das Massaker, um die Verhängung einer Präsidialregierung über Westbengalen zu fordern. Die rassistische Hindu-Partei Bharatiya Janata (BJP) und der Trinamul (Graswurzel) Kongress, die in verlogener Weise als Freunde der westbengalischen Bauern und ihres Kampfs gegen die Landenteignungen der Linksfront posieren, riefen die Zentralregierung ebenfalls auf, die gewählte Regierung dieses Bundesstaates aufzulösen.

Doch sind die Chancen gering bis nichtexistent, dass Indiens United Progressive Alliance (UPA)-Regierung gegenwärtig einen solchen Schritt unternimmt, und zwar nicht nur, weil die UPA die Stimmen der ca. 60 Linksfront-Abgeordneten für ihre parlamentarische Mehrheit braucht.

Die von der Kongress Partei angeführte UPA beäugt mit einer Mischung aus Sorge und Bewunderung den entschlossenen Kurs der stalinistischen Regierung Westbengalens, ihr "Industrialisierungs-" Programm - also das Werben um indische und ausländische Investoren - gegen weit verbreitete Opposition voranzutreiben.

Wie die Linksfront in Westbengalen, so betrachtet auch die UPA die Einrichtung von Sonderwirtschaftszonen (Special Economic Zones [SEZ]) als essentiell für ihre Pläne, Indien für Kapital auf der Suche nach billigen Arbeitskräften attraktiv zu machen.

(Die SEZ’s sind ein Versuch der herrschenden politischen Klasse, die Praxis der chinesischen Regierung in Indien zu wiederholen, Investoren mit Grund und Boden, Steuervorteilen, laxen Umwelt- und Arbeitsschutzbestimmungen und billiger, staatlich kontrollierter Arbeit zu locken. Chinas SEZ’s zogen Hunderte Milliarden Dollar an Investitionen an, erlaubten den Besitzern von US-amerikanischen, japanischen und europäischen Konzernen, sowie einer schmalen Schicht von Parteimitgliedern und Staatsangestellten durch die Ausbeutung eines schnell zunehmenden Proletariates reich zu werden.)

Nur einige Tage zuvor lobte Indiens Ministerpräsident Manmohan Singh, Indiens erklärter Chefadvokat für pro-kapitalistische Reformen, die hartnäckige Entschlossenheit des westbengalischen Chefministers, Kapital anzuziehen, um seinen Bundesstaat zu industrialisieren. "Ich glaube fest daran", sagte Manmahon Singh im indischen Unterhaus, "dass mein Freund Buddadeb Bhattachrjee richtig liegt, wenn er sagt, dass die Zeit gekommen ist, die Wirtschaft entschlossen und zügig zu industrialisieren".

Dass die UPA nicht gegen Westbengalens CPM geführte Linksfront Regierung vorgehen wird, heißt nicht, dass sie nicht im Verein mit dem Großkapital die brutalen Aktionen der Linksfront zynisch nutzen wird, sie im Interesse der Wirtschaft noch weiter nach rechts zu treiben. Die Times of India freute sich am 15. März "dass die Toten vom Mittwoch und die mindestens neun von vorher der Anti-Reform Rhetorik der Partei die moralische Grundlage entziehen wird."

Die westbengalische Regierung und die CPM behaupteten, dass der Bauernaufstand in Westbengalen von politischen Gegnern aus dem rechten Lager und den Naxaliten (Maoisten) angestachelt worden sei, und die Regierung niemals die definitive Absicht hatte, Land in Nandigram zu beschlagnahmen. Diese Erklärung ist keinen Cent wert. Tatsächlich wurde der Aufstand im Januar durch Informationen entfacht, dass lokale Regierungsstellen damit anfingen, Land auszuwählen, um es der Salim Gruppe zu übergeben, damit diese dort mit der Errichtung einer chemischen Produktion beginnen konnte. Des Weiteren muss Chefminister Bhattacharjee sein Angebot, die "Ankündigungen" der Landbeschlagnahme zurückzunehmen, erst noch in die Praxis umsetzen.

Das Politbüro der CPM versuchte in einer eiligst herausgegebenen Erklärung die blutigen Ereignisse vom Mittwoch dem "Trinamul [Kongress], den Naxaliten und anderen Elementen" anzulasten.

Die größte Oppositionspartei in Westbengalen, der Trinamul-Kongress, gab mehrere rechte populistische Erklärungen heraus, die bösartigen Antikommunismus mit bengalischem Nationalismus vermischen. Der Trinamul-Kongress ist eine lokale Abspaltung von der Kongresspartei und arbeitet auf nationaler Ebene mit der BJP zusammen.

Unzweifelhaft trachtet der Trinamul-Kongress, das Leid der westbengalischen Bauern für seine reaktionären Zwecke auszunützen. Doch liefern die CPM und die Linksfront solchen Subjekten wie Mamata Banerjee, dem demagogischen Hetzer an der Spitze des Trinamul-Kongresses, die Munition, indem sie z.B. das Land der Bauern für eine Autofabrik in Singur und für die Salim Gruppe in Nandigram enteignen.

Des Weiteren ist das Massaker vom Mittwoch der Höhepunkt einer ganzen Reihe von staatlichen Übergriffen. Die CPM geführte Linksfront stützt sich dabei auf Gesetze aus der britischen Kolonialzeit, um zum Nutzen des Großkapitals Land zu enteignen und Widerstand zu unterdrücken. Sie schreckt auch vor offener Gewaltanwendung nicht zurück.

In ihrer Erklärung wandte sich die CPM an die von ihr unterdrückten Dorfbewohner und forderte sie auf, sich gegen so genannte Kräfte von Außen zusammenzuschließen: Dabei ist die Linksfront-Regierung für die Bauern inzwischen selbst zu "Außenstehenden" geworden.

Bhattacharjee und seine stalinistischen Gefolgsleute behaupten, dass die Einwohner von Nandigram, Singur und anderen Orten, wo SEZ’s vorgesehen sind, von der kapitalistischen Entwicklung profitieren werden.

Wie jedoch fünfzehn Jahre neoliberaler Reformen in Indien gezeigt haben, wird die Entwicklung kapitalistischer Beziehungen den Zugriff der Großunternehmen auf jeden Aspekt des gesellschaftlichen Lebens verstärken, die Kluft zwischen Arm und Reich vertiefen und Armut und wirtschaftliche Unsicherheit vergrößern.

Tatsächlich sind sich die Bauern von Nandigram darüber im Klaren, dass ihnen die notwendigen Qualifikationen fehlen, um in einer modernen Industrie angestellt zu werden, und das die Geldentschädigungen, die die Regierung anbietet, schnell aufgebraucht sein werden. Danach hätten sie keinerlei Möglichkeit mehr, ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

Das Massaker von Nandigram hat die Behauptung der Linksfront und der CPM zerstört, die Interessen der indischen Arbeiter und Bauern zu vertreten, und hat sie als Agenten des einheimischen und internationalen Kapitals entlarvt, die bei Bedarf staatliche Gewalt und Repression gegen die Arbeiterklasse entfesseln.

Siehe auch:
Bush schließt Atomabkommen mit Indien
(7. März 2006)
USA unterstützen indische Großmachtpläne
( 5. August 2005)
China umwirbt Indien
( 2. Dezember 2006)
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