Spitzenpolitiker der Demokratischen Partei debattieren über den nächsten Krieg

Zwischen den Spitzenvertretern der Demokratischen Partei, die sich um die Präsidentschaftskandidatur 2008 bewerben, fand jüngst die erste öffentliche Debatte statt. Die führenden Anwärter auf die Kandidatur machten deutlich, dass sie bei allen Differenzen mit der Bush-Regierung und deren Handhabung des Irakkriegs entschlossen sind, die Besetzung des ölreichen Landes im Nahen Osten fortzusetzen. Sie ließen auch keinen Zweifel daran, dass sie im Falle ihrer Wahl die militärische Macht Amerikas überall auf der Welt einsetzen würden, um die geopolitischen Interessen des US-Imperialismus zu wahren.

An der Debatte, die vom Fernsehsender MSNBC aus der South Carolina State University übertragen wurde, nahmen die angeblich populärsten Demokraten teil: die New Yorker Senatorin Hillary Clinton, der Senator aus Illinois Barack Obama, der ehemalige Senator aus North Carolina und Vizepräsidentschaftskandidat John Edwards, der Senator aus Delaware Joseph Biden, der Senator aus Connecticut Christopher Dodd und der Gouverneur von New Mexico Bill Richardson. Darüber hinaus beteiligten sich noch der Kongressabgeordnete aus Ohio Dennis Kucinich und der ehemalige Senator aus Alaska Mike Gravel an der Diskussion.

Die Debatte fand vor dem Hintergrund der tiefen Krise statt, in der sich der Irakkrieg befindet, und der wachsenden öffentlichen Abscheu gegenüber diesem Krieg, die besonders unter den Wählern der Demokratischen Partei groß ist. Nach einer jüngsten Umfrage sprechen sich 78 Prozent von ihnen für einen völligen Rückzug aus und 54 Prozent dafür, dass dieser sofort stattfindet.

Alle Kandidaten bemühten sich zwar eifrig, Opposition gegen den Krieg zu heucheln, doch die Debatte fand nur wenige Stunden nach einer Senatsabstimmung über eine gesetzliche Regelung statt, die dem Weiße Haus weitere 124 Milliarden Dollar für die Fortsetzung von Krieg und Besatzung im Irak und in Afghanistan bewilligte. Die meisten Redner versuchten, die Finanzspritze als "Antikriegsmaßnahme" darzustellen, weil damit eine harmlose und unverbindliche Absichtserklärung über einen Truppenrückzugs aus dem Irak verbunden ist. "Der Kongress hat heute dafür gestimmt, diesen Krieg zu beenden", sagte Clinton.

Ähnlich wie bereits der demokratische Fraktionsführer im Senat Harry Reid machten auch Biden und Obama deutlich, dass sie gegen "diesen" Krieg sind, d.h. gegen die Art, wie die Bush-Regierung die Besatzung des Iraks handhabt, und nicht gegen "den" Krieg an sich. Clinton tat sich hervor und behauptete, die Vereinigten Staaten hätten alles getan, um der irakischen Bevölkerung "Freiheit" und "ihr eigenes Land" zu geben, aber nun sei es an der Zeit, die Iraker entscheiden zu lassen, ob sie "diese Chance nutzen" wollten. Sie gab der irakischen Bevölkerung die Schuld an dem verheerenden Bürgerkrieg, der aus der amerikanischen Invasion und dem Zerschlagen der irakischen Gesellschaft hervorgegangen ist. Clinton erklärte, die irakische Regierung müsse "Sicherheit und Stabilität bieten, ohne dass unsere jungen Männer und Frauen sich mitten in ihrem ethnisch-religiösen Bürgerkrieg befinden".

Diese Bemerkungen erinnern an frühere Aussagen Clintons, die bereits angedeutet hat, dass sie im Falle ihrer Wahl eine große Zahl US-Soldaten für die absehbare Zukunft im Irak belassen würde - nicht, um die Zivilbevölkerung vor ethnisch-religiös motivierter Gewalt und Unterdrückung zu schützen, sondern um Amerikas "vitale nationale Sicherheitsinteressen" zu wahren, an erster Stelle Öl.

Biden kritisierte in seinem Beitrag Bushs "von Grund auf gescheiterte Politik" im Irak, die von der "Vorstellung ausgeht, dass man eine starke Zentralregierung in Bagdad einrichtet, die demokratisch ist". Der Weg nach vorn besteht laut Biden darin, den "Irak zu dezentralisieren" und "die Zentralregierung einzuschränken", damit sie etwas "von ihrem Ölreichtum abgibt". Biden schlägt seit langem vor, den Irak entlang ethnisch-religiöser Linien in Kleinstaaten aufzuteilen, um Kurden, Schiiten und Sunniten voneinander zu trennen s. Ein solcher Vorschlag läuft auf ethnische Säuberungen und Massenmorde in einem Ausmaß hinaus, wie es sie seit der Teilung Indiens in den 1940-er Jahren nicht mehr gab. Gouverneur Richards schloss sich diesem reaktionären Vorschlag an und verlangte, die Vereinigten Staaten müssten den politischen Rahmen schaffen, um die "Öleinnahmen aufzuteilen" und bei Bedarf "drei separate Staatsgebilde aufzubauen".

Senator Barack Obama sagte, er habe den Krieg von Anfang an abgelehnt, und versuchte dann, seine regelmäßige Zustimmung zur Finanzierung des Kriegs zu rechtfertigen, in dem bereits hunderttausende Iraker und mehr als 3.300 US-Soldaten gestorben sind. Er meinte, dass die Soldaten die bestmögliche Ausstattung bräuchten, um "sicher nach Hause" zu kommen. Tatsächlich hat der Kongress die Macht, die sichere Heimkehr der Soldaten zu garantieren, indem er die Gelder streicht - doch die Führer der Demokratischen Partei weigern sich, das zu tun.

Der Abgeordnete Dennis Kucinich wies auf diesen Widerspruch hin und sagte, bei jeder Zustimmung der Demokraten zur Kriegsfinanzierung werde "der Krieg immer wieder bestätigt". Die Demokraten, betonte er, "haben die Macht, den Krieg umgehend zu beenden, und das sollten wir tun". Er kritisierte die Kriegsfinanzierung durch den Senat und sagte, er selbst habe ein Gesetz vorgeschlagen, nach dem die Vereinten Nationen zur Entsendung von Blauhelmen in den Irak aufgefordert werden sollen, die "ins Land gehen, während unsere Soldaten abziehen".

Gravel schließlich war Senator zur Zeit des Vietnamkriegs und hatte sich damals gegen die Einführung der Wehrpflicht und den Krieg, der von der Nixon-Regierung geführt wurde, gestellt. Er wandte sich auch gegen die jüngste Gesetzesvorlage zur Finanzierung des Irakkriegs und sagte, das Geschehen im Kongress sei "peinlich". Da Bush zur Fortsetzung des Kriegs entschlossen sei, sollten die Demokraten ein Gesetz verabschieden, das es unter Strafe stelle, die Soldaten im Irak zu belassen.

Weder Kucinich noch Gravel genießen Unterstützung von Seiten der Parteiführung, ganz zu schweigen von den großen Geldgebern der Demokraten, den Unternehmern und Investoren, die den Wahlkampf der Spitzenvertreter mit Millionen Dollar finanzieren. Nichtsdestotrotz spielen sie eine wichtige Rolle, indem sie Illusionen in die Demokratische Partei schüren. Sie vermitteln den Eindruck, diese unternehmerfreundliche und den Krieg grundsätzlich unterstützende Partei könne durch genügend Druck dazu gebracht werden, den Krieg zu beenden und die Interessen der arbeitenden Menschen zu wahren. Besonders Kucinich verkauft sich gern als "das gute Gewissen" der Demokratischen Partei und als lebenden Beweis, dass es in der Partei eine progressive, kriegsfeindliche Fraktion gebe.

Der Kongressabgeordnete aus Ohio hatte sich schon bei den Wahlen 2004 um die Präsidentschaftskandidatur bemüht. Damals verdrängte die Führung der Demokratischen Partei den Mitbewerber Howard Dean, um den sich vor allem die Kriegsgegner geschart hatten, und sorgte anschließend dafür, dass die Antikriegsstimmung in den eigenen Reihen unterdrückt wurde und die Wahlen sich nicht zu einem Referendum über den Irakkrieg entwickelten. Schließlich wurde ein Kriegsbefürworter ins Rennen geschickt - Senator John Kerry aus Massachusetts. Kucinich vollzog damals eine Kehrtwende, rief zur "Einheit" hinter Kerry auf und versuchte so, den Widerstand gegen den Krieg im Rahmen einer Pro-Kriegspartei zu halten.

Letzte Woche stellte Kucinich seine drei Gründe vor, ein Amtsenthebungsverfahren gegen Vizepräsident Cheney einzuleiten, weil dieser zur Rechtfertigung des Kriegs über Massenvernichtungswaffen und Verbindungen zwischen Irakern und Al Qaida gelogen hatte und ähnliche Machenschaften heute gegen den Iran betreibt. Es herrscht in der Tat kein Mangel an Gründen, um ein Amtsenthebungsverfahren gegen Cheney anzustrengen. An der Spitze der Demokratischen Partei gibt es allerdings keinerlei Unterstützung für ein solches Vorhaben. Die Parteiführung scheut jeden ernsthaften Kampf, der die Masse der arbeitenden Bevölkerung in eine politische Auseinandersetzung mit der Bush-Regierung bringen könnte. Als der Moderator des Rededuells um ein Handzeichen von all denjenigen bat, die Kucinichs Vorgehen gegen Cheney unterstützen, war daher keine einzige erhobene Hand zu sehen.

Letztlich bildeten Kucinich und Gravel in der Debatte nur das Kontrastmittel, damit die Spitzenanwärter der Demokraten umso besser ihre Bereitschaft zeigen konnten, die amerikanischen Unternehmerinteressen auch mit militärischer Gewalt zu wahren. Dies bemerkte auch die Washington Post, in deren Bericht es heißt, dass Kucinich und Gravel "mit ihren linken Ideen, die wegen der fehlenden Ernsthaftigkeit von Biden und Obama zurückgewiesen wurden, einen Kontrapunkt bildeten. Die Herausforderungen der liberalen Seite entlockten fast allen anderen die Versicherung, dass sie trotz ihrer Kritik an Bushs Irakpolitik bereit seien, Militärgewalt einzusetzen, um künftige Terroranschläge zu vergelten."

Die führenden Demokraten stellten sich voll hinter den "weltweiten Krieg gegen den Terrorismus" und nannten als potenzielle Ziele eines kommenden amerikanischen Militärangriffs nicht nur den Iran und Nordkorea, sondern auch Russland und China. Biden erwähnte auch explizit die Möglichkeit einer Intervention in Dafur. Die Thinktanks der Demokraten betrachten eine solche Intervention als Ausgangspunkt für die Geltendmachung amerikanischer Interessen in Afrika, der der US-Bevölkerung gleichzeitig als "guter, humanitärer" Krieg verkauft werden könnte.

Kucinich bemerkte, Obama und Clinton hätten pro-israelischen Interessensvertretungen zugesichert, dass "beim Iran noch alle Option auf dem Tisch liegen", was eine kaum verhüllte Drohung mit Atomwaffen darstelle. Obama rechtfertigte seine Bemerkungen mit der Aussage, ein atomar bewaffneter Iran sei "eine große Bedrohung für uns und die Region". Er erklärte den Iran zum "größten staatlichen Geldgeber für Terroristen", weil dieser die Hisbollah und die Hamas unterstütze. Nicht viel anders als Bush und Cheney im Vorfeld des Irakkriegs verstieg sich Obama zu der Behauptung, der Iran könne "Terroristen eine Atomwaffe in die Hand drücken" und stelle daher "ein echtes Sicherheitsrisiko für Amerika" dar.

Gravel wies darauf hin, dass die Vereinigten Staaten bereits seit 26 Jahren Sanktionen gegen den Iran aufrechterhalten und dabei dem Regime ständig mit Militärschlägen drohen. "Sag mir, Barack", meinte er, "wen willst du mit einer Atombombe in die Luft sprengen?" Obama tat die Frage ab und antwortete: "Ich plane nicht, unmittelbar irgendwen mit einer Atombombe in die Luft zu sprengen, Mike, das verspreche ich dir."

Biden war sogar noch deutlicher und forderte Kucinich und Gravel auf, "das eitle Geschwätz darüber zu beenden, dass der Einsatz von Gewalt keinen Sinn macht. Der Einsatz von Gewalt in Afghanistan ist gerechtfertigt und sinnvoll, in Dafur gerechtfertigt und sinnvoll, auf dem Balkan gerechtfertigt und sinnvoll. Ihr könnt so daherreden, aber es gibt auch ein reales Leben."

Die Hauptkritik der Demokraten am Irakkrieg, das wurde in der Debatte deutlich, besteht darin, dass dieser die Einsatzkapazitäten de US-Militärs enorm begrenzt und von anderen weltweiten Angelegenheiten ablenkt, die ebenso amerikanische Interessen berühren. Die demokratischen Spitzenpolitiker, die eine koloniale Kontrolle über den Irak aufrechterhalten wollen, setzen sich für eine "strategische Neupositionierung" ein - und meinen damit eine blutige Aufstandsbekämpfung mit weniger Soldaten, die hauptsächlich von den US Special Forces und der Luftwaffe getragen wird. Hierdurch sollen Truppenkontingente für Afghanistan und andere Krisenherde frei werden.

Ihre Unterstützung für den Militarismus entspringt der Tatsache, dass die Demokratische Partei die gleiche Finanzoligarchie vertritt wie die Republikanische Partei. Dies zeigte sich während der gesamten Debatte, als Clinton, Obama und Edwards die Multimillionäre und Multimilliardäre unter den Hedge Fond Managern und Börsenspekulanten priesen, die sich auf Kosten der großen Masse der Bevölkerung bereichert haben. Clinton lobte die Menschen, die ihr Geld im "System des Freien Marktes" und der "Unternehmerwirtschaft" investieren (und nicht zuletzt ihren Wahlkampf mit Millionenbeträgen unterstützen).

John Edwards liebt es, immer wieder seine ärmliche und niedere Herkunft herauszustellen. Nachdem er dies einmal mehr getan hatte, antwortete er auf eine Frage nach seiner Arbeit für den 30 Milliarden Dollar schweren Hedge Fond Fortress Investment Group mit der absurden Behauptung, dass "diese Menschen in New York, die in Finanzkreisen arbeiten, zumindest in etwa verstehen, was zu tun ist, und eine wichtige Rolle spielen können, um Leuten auf die Beine zu helfen, die sich wirklich abmühen".

Siehe auch:
US-Justizminister Gonzales vor dem Rechtsausschuss des US-Senats: Lebensverlängernde Maßnahmen für die Bush-Clique
(26. April 2007)
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