Verluste der deutschen Banken sind nur der Anfang

Die durch eine Notoperation gerettete deutsche IKB-Bank hat bekannt gegeben, dass sich ihre Verluste für das laufende Geschäftsjahr auf bis zu 700 Millionen Euro belaufen könnten. Das wird wohl kaum die letzte Ankündigung dieser Art sein. Die Auswirkungen der Subprime-Kreditkrise arbeiten sich noch durch die europäischen Märkte hindurch.

Der Vorstand der IKB, die Anfang August von einem Bankenkonsortium gerettet worden war, erklärte eine "einmalige Bilanzkorrektur" für nötig, um einen "Neuanfang" zu ermöglichen. Es hatte Warnungen gegeben, dass ein Bankrott der Bank zur schwersten Finanzkrise in Deutschland seit 1931 führen könne. Der geschätzte Verlust bedeutet einen Einbruch von fast 900 Millionen Euro für die Bank, die in den zwölf Monaten bis Ende März einen Gewinn von 179,6 Millionen ausgewiesen hatte.

Die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und ein Zusammenschluss deutscher Banken hatten sich bei der Rettungsaktion bereit erklärt, bis zu 3,5 Mrd. Euro möglicher Verluste der IKB und ihres Ablegers Rhineland Funding abzudecken. Rhineland Funding hatte in durch Vermögenswerte gestützte Schuldverschreibungen investiert, darunter auch in amerikanische Subprime-Hypotheken. Die KfW übernahm die gesamten Verpflichtungen der IKB gegenüber Rhineland im Wert von 8,1 Mrd. Euro.

Die hohen Verluste der IKB und der staatlichen Sachsen LB sind vielleicht nur der Anfang. Fitch Ratings berichtete Anfang der Woche, dass europäische Banken ihre Verstrickung in die amerikanische Subprimekrise so gut wie möglich zu verschleiern versuchten. Die Agentur warnte, dass dieses Zögern, Belastungen durch die Subprimekrise offen zu legen, zu nervösen Marktreaktionen führen könne, weil unklar ist, welche Banken und Finanzinstitute welchen Risiken ausgesetzt sind.

"Eines der hervorstechenden Merkmale der aktuellen Lage ist die unklare Informationslage", teilte Fitch in einer Erklärung vergangenen Freitag mit. "Weil sie nicht genau wissen, wo die Risiken momentan liegen, halten sich viele Marktteilnehmer einfach zurück."

Bemerkungen über die "unklare Informationslage" werden einigen Beobachtern sicher etwas befremdlich in den Ohren klingen, wenn man bedenkt, welche Rolle Fitch und die anderen Kreditrating-Agenturen wie Standard and Poor`s und Moody’s in diesem Zusammenhang gespielt haben. Sie verliehen Bündeln von Finanzprodukten, in denen sich auch riskante Subprime Hypotheken befanden, hohe Investment Ratings. Wenn China wegen der Lieferung giftiger Spielzeuge auf den amerikanischen Markt zur Verantwortung gezogen werden soll, so wird argumentiert, sollten dann nicht auch Kreditrating-Agenturen zur Verantwortung gezogen werden, die "giftige" Schulden bei den europäischen Banken und Finanzinstituten abgeladen haben.

Kanzlerin Angela Merkel sagte vergangenen Donnerstag, Kreditrating-Agenturen sollten zu den Teilnehmern an den Finanzmärkten gehören, die unter enger öffentlicher Kontrolle stehen. Auf dem G8-Gipfel im Juni versuchte Merkel eine internationale Aufsicht über Hedge Fonds anzustoßen, wurde aber von den USA und Großbritannien abgeblockt. Aber die Frage internationaler Regulierung könnte auf der Tagesordnung des Treffens der G8 Finanzminister im Oktober wieder auftauchen.

Der französische Präsident Nicolas Sarkozy gehört zu denen, die die Rolle der amerikanischen Kreditrating-Agenturen in der Subprime-Krise kritisiert haben. Vergangenen Monat warnte er in einer Rede, dass Finanzkrisen wiederkehren werden, "wenn die Führer der Großmächte keine entschlossenen konzertierten Maßnahmen in Richtung Transparenz und Regulierung der internationalen Märkte ergreifen".

Ein Artikel in der International Herald Tribune vom 28. August berichtete über zahlreicher werdende Forderungen nach einer "internationalen Aufsicht" über amerikanische Märkte. "Wir brauchen ein internationales Vorgehen und die Vereinigten Staaten müssen beteiligt sein", sagte Peter Bofinger, Mitglied im Rat der deutschen Wirtschaftsweisen, der Zeitung.

Angesichts zu erwartender amerikanischer Opposition wies Bofinger spitz auf die Bedeutung der wachsenden US-Verschuldung hin. "Amerika ist vom Rest der Welt abhängig, um seine Schulden zu finanzieren", sagte er. "Wenn unsere Institute ihre Finanzprodukte nicht mehr kaufen, dann wird das weh tun."

Christian de Boissieu, Chef des französischen Rats für Wirtschaftsanalyse, der den Premierminister berät, sagte, Hedge Fonds sollten strengeren Regeln unterliegen und verpflichtet werden, über ihre Risikogefährdung zu informieren. Er fordert auch ein globales Register aller Hedge Fonds und die Verpflichtung, komplexe Papiere überprüfen zu lassen, bevor sie in Bank-Portefolios aufgenommen werden dürfen.

Angesichts der Schwere der gegenwärtigen Krise könnten sich solche Maßnahmen aber als zu wenig und zu spät erweisen. Trotz der eiligen Intervention des Federal Reserve Board der USA ist der Markt für Geldpapiere immer noch paralysiert. Auf diesem Markt beschaffen sich Konzerne und Finanzhäuser üblicherweise kurzfristige Liquidität. Das Volumen dieser Kredite ist in den letzten drei Wochen um 244 Mrd. Dollar geschrumpft. Das reflektiert den durch die Subprime Krise verursachten Mangel an Vertrauen. Dieses Schrumpfen um elf Prozent war, den Daten der Fed zufolge, das größte in sieben Jahren.

Es wird außerdem bezweifelt, dass Maßnahmen der Fed zur Erhöhung der Liquidität wirklich verhindern können, dass die Hausbaukrise sich auf die übrige Wirtschaft der USA auswirkt. Der Financial Times -Kolumnist Wolfgang Munchau meinte, wenn die Subprime Hypothek höher ist, als der Wert des Hauses, und wenn die Hypothekenzahlungen höher sind, als das Einkommen, dann werden Zinssenkungen nicht viel nützen.

Und es gibt noch weitere Probleme. "Wir sollten nicht vergessen", fuhr er fort, "dass der Subprime-Markt nicht der einzige instabile Bereich des Kreditmarkts ist. Sobald Die US-Verbraucher sich zurückhalten, können wir mit einer Kreditkartenkrise und einer Krise bei den Ratenzahlungen für Autos rechnen (CDO’s). Und wenn Firmenzusammenbrüche im Rahmen eines Konjunkturabschwungs in den USA und in Europa wieder zuzunehmen beginnen, werden wir wahrscheinlich auch wieder von dem Problem der abgesicherten Kreditobligationen hören. Der Kreditmarkt ist sehr verwickelt und enthält ein großes Ansteckungspotential."

Die Sorgen über den Zustand der Finanzmärkte und der Wirtschaft ganz allgemein konnten von den Nachrichten nicht gemildert werden, die letztes Wochenende aus dem jährlichen Symposium der amerikanischen Zentralbank, der Fed, in Jackson Hole drangen.

Ein Bericht des Bloomberg Nachrichtendienstes stellte fest, dass die Teilnehmer, unter ihnen Banker und Akademiker, pessimistischer als bei ihrer Ankunft waren, als sie die Versammlung verließen.

"Ich kam nach Jackson Hole in der Meinung, dass wir keine Rezession bekommen werden, aber ich fahre nach Hause mit dem Eindruck, dass wir sehr wohl eine bekommen könnten", sagte die Professorin Susan Wachter von der Wharton School der University of Pennsylvania der Nachrichtenagentur.

Ethan Harris, Chefökonom bei Lehman Brothers, berichtete, dass auf dem Treffen "keine Optimisten" gewesen seien. "Es gibt einen recht starken Konsens, dass die Lage doch ziemlich ernst geworden ist."

Siehe auch:
Sächsische Landesbank fällt der Kreditkrise zum Opfer
(22. August 2007)
Krise am Hypothekenmarkt bringt Wall Street ins Schleudern
( 7. August 2007)
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