Unterhauswahlen in Australien

Wahlaufruf der Socialist Equality Party

Die Socialist Equality Party fordert alle Arbeiter, Studenten und Jugendlichen auf, bei der heutigen Parlamentswahl für SEP-Kandidaten zu stimmen. Die australischen Trotzkisten der SEP kandidieren bei den Unterhauswahlen in folgenden Wahlkreisen: im Bundesstaat New South Wales in den Wahlkreisen Chifley, Parramatta, Kingsford Smith, Grayndler, Charlton und Newcastle, im Bundesstaat Victoria in den Wahlkreisen Melbourne und Calwell und in Swan im Bundesstaat Westaustralien. Für den Senat kandidieren wir mit Landeslisten in New South Wales und in Victoria.

Eine Stimme für die Socialist Equality Party ist eine Stimme gegen Militarismus und Krieg und gegen die illegale Besetzung des Iraks und Afghanistans. Es ist eine Stimme für den sofortigen Rückzug aller amerikanischen, australischen und sonstigen ausländischen Truppen aus dem Nahen und Mittleren Osten und aus Zentralasien. Eine Stimme für die SEP ist eine Stimme gegen den vorgeschobenen "Krieg gegen Terror". Es ist eine Stimme gegen die Missachtung von internationalem Recht und demokratischer Grundrechte, die in seinem Namen begangen werden. Es ist eine Stimme gegen das irrationale und anarchische Wirtschaftssystem, das in Australien und in aller Welt immer größere soziale Ungleichheit hervorbringt und in eine Umweltkatastrophe taumelt. Eine Stimme für die SEP ist eine Stimme für eine wirklich demokratische und menschliche Gesellschaft, in der die sozialen Bedürfnisse der großen Mehrheit Vorrang vor den Profiten der wenigen Reichen haben.

Das Hauptanliegen der Socialist Equality Party war es, die arbeitende Bevölkerung über die Notwendigkeit einer grundlegenden Umgestaltung der Gesellschaft aufzuklären. Diese Umgestaltung erfordert den Aufbau der SEP zur Massenpartei der Arbeiterklasse, und sie erfordert ein sozialistisches und internationalistisches Programm, das nicht nur den etablierten Parteien im Parlament, d.h. auch den Liberalen, Labour und den Grünen, den Kampf ansagt, sondern dem kapitalistischen Profitsystem selbst.

Während des gesamten Wahlkampfs klammerten alle großen Parteien und die Medien die entscheidende Frage komplett aus, mit der die arbeitende Bevölkerung konfrontiert ist: die Frage des amerikanischen Militarismus und der Gefahr eines dritten Weltkriegs. Wie in den 1930er Jahren sind die Beziehungen zwischen den Großmächten - USA, Europa, die asiatischen Mächte und Russland - von erbitterter Rivalität um Rohstoffe und strategischen Einfluss geprägt. Jeder Winkel des Globus wird zum Schauplatz von Konflikten und zunehmenden Spannungen - vom Nahen Osten bis zum Südpazifik, vom Balkan bis nach Afrika und Lateinamerika. Die amerikanische Regierung bereitet einen Angriff auf den Iran vor, und Präsident Bush hat schon zweimal gewarnt, der Iran könnte zum Auslöser für einen dritten Weltkrieg werden. Diese Warnung richtet sich vor allem gegen Russland und andere US-Rivalen in der Region.

Niemand sollte sich Illusionen über die Haltung einer möglichen Labor-Regierung unter Kevin Rudd machen. Genau wie die Howard-Koalition, würde sie bedingungslos die US-Besatzung des Iraks und Afghanistans unterstützen und sich an weiteren US-amerikanischen Angriffen beteiligen. Die australischen Streitkräfte sind zurzeit tief in die Kriegsvorbereitungen gegen den Iran verstrickt, und Oppositionsführer Kevin Rudd würde im Falle eines Wahlsiegs diesen kriminellen Aktivitäten sofort seine Zustimmung erteilen. Auch Howards neokoloniale Interventionen in Osttimor, den Salomonen und anderen pazifischen Inselstaaten wird er mit Hilfe der Grünen fortsetzen und ausweiten, um die australischen und amerikanischen Finanzinteressen in der Region zu stärken.

Eine rechte Regierung

Die Krise der Howard-Regierung hat sich im Verlauf des sechswöchigen Wahlkampfs weiter verschärft. Nichts, was Premierminister Howard oder einer seiner Minister im letzten Jahr gesagt oder getan hat, hat das Sinken seiner Umfragewerte aufhalten können. Eine heute im Sydney Morning Herald veröffentlichte Umfrage ergab eine Mehrheit von 57 Prozent für Labor gegenüber 43 Prozent für die regierende liberal-nationale Koalition. Wenn dies das Ergebnis am Wahltag wäre, würde das einen Erdrutschsieg für Labor bedeuten. Die Umfragen widerspiegeln eine deutliche Veränderung der Stimmung in der Bevölkerung und im politischen Bewusstsein breiter Bevölkerungsschichten. Sie sind Ausdruck wachsender Feindschaft und Abscheu gegenüber der Regierung und dem Zustand des politischen und gesellschaftlichen Lebens. Arbeiter betrachten die Howard-Regierung als unehrlich und hinterhältig, sie sehen in ihr Lakaien der Wirtschaftsinteressen, die den ihren völlig entgegengesetzt sind. Es ist klar, dass sie sie loswerden wollen.

Aber je entschiedener und weiter verbreitet der Wunsch nach Veränderung, desto stärker hat sich die Labor Party das rechte Programm Howards zu Eigen gemacht. Der Höhepunkt von Rudds Wahlkampf aus Sicht der Wirtschaft und der Medien war sein Versprechen einer neuen Welle "marktwirtschaftlicher", mikroökonomischer Reformen und Umstrukturierungen, die deutlich weiter gehen sollen als Howards bisherige Maßnahmen.

Der Wahlkampf selbst hat vor den Augen der Öffentlichkeit die Entstehung und Konditionierung einer neuen rechten Regierung vorgeführt, die für die Forderungen der Wirtschaftselite nach Beseitigung aller Hindernisse für die Anhäufung von Profit und privatem Reichtum ein offenes Ohr hat. Fast täglich haben die Medien, vor allem Murdochs Australian, Rudds wirtschaftsfreundliche Politik gelobt. Sie haben ihm Ratschläge erteilt, was sonst noch wünschenswert wäre, um die Unterstützung der Wirtschaft zu erhalten. Am nächsten Tag gab dann der Labor-Führer jeweils neue Maßnahmen bekannt, die den Empfehlungen der Leitartikler von Vortag entsprachen.

Bedeutende Teile der herrschenden Elite sind zum Schluss gekommen, dass die Howard-Regierung ihr Verfallsdatum überschritten hat, und sind zu Labor übergelaufen. Mehrere große Zeitungen, darunter der Sydney Morning Herald (Fairfax), Brisbanes Courier Mail (Murdoch), Sydneys Sun-Herald (Fairfax) und die Murdoch-Zeitungen Sunday Telegraph, Daily Telegraph und das nationale Flagschiff Australian haben sich auf den Kommentarseiten für einen Labor-Sieg ausgesprochen.

Jede Vorstellung, eine Rudd-Regierung wäre im Vergleich mit den Liberalen ein "kleineres Übel", sollte durch die Tatsache zerstreut werden, dass die Gewerkschaften sich wie ein Mann hinter Rudd gestellt haben. Selbst als Rudd immer wieder versuchte, Howard rechts zu überholen, kam von dieser Seite her nicht einmal ein Ansatz von Opposition. Bis zum letzten Mann und zur letzten Frau haben sich Labor-Politiker und Gewerkschaftsbürokraten hinter Rudds versammelt, um das hohe Lied auf ihn zu singen, unbeschadet seiner rechten Programmatik zu Flüchtlingen, demokratischen Rechten, dem Bündnis mit den USA, und der Tatsache, dass er alle Positionen fallen gelassen hat, die ihm mit den Interessen der australischen Wirtschaft nicht zusammenzupassen schienen.

Der ehemalige Vorsitzende des australischen Gewerkschaftsdachverbandes (ACTU) und heutige Labor-Kandidat, Greg Combet, sagte der Australian Financial Review am Dienstag, dass Gewerkschaftsrechte "der Vergangenheit" angehörten. Er erklärte, die Arbeitsrechts-Politik der Labor Party werde alle wesentlichen Elemente der "WorkChoices"-Ideologie von Howard beibehalten und nur noch von "individuellen Rechten" ausgehen. Mit anderen Worten wird eine Labor-Regierung kollektive Kämpfe der Arbeiterklasse zur Verteidigung von Arbeitsplätzen, Löhnen und Arbeitsbedingungen rücksichtslos unterdrücken. Die stellvertretende Labor-Vorsitzende und ehemalige "Linke", Julia Gillard, hieb in die gleiche Kerbe, als sie in der Sendung "Lateline" auf ABC kategorisch erklärte, eine Labor-Regierung werde Streikbrechertätigkeit begehen. Sie sagte, außerhalb der eng begrenzten Tarifverhandlungen sei "keinerlei Streikaktivität legitim, worum es auch immer dabei geht", und wer sich nicht daran halte, müsse "mit der vollen Gewalt des Gesetzes rechnen".

Ein neues Stadium im Klassenkampf

Parallel zum australischen Wahlkampf haben mehrere wichtige Arbeitskämpfe in aller Welt stattgefunden, die erkennen lassen, dass eine neue Periode von Klassenkonflikten und sozialen Unruhen schon begonnen hat.

In den Vereinigten Staaten hat die Autoarbeitergewerkschaft mit den "Großen Drei" - General Motors, Chrysler und Ford - einen Tarifvertrag vereinbart, den man nur als Ausverkauf bezeichnen kann. Neueinstellungen erhalten nur noch die Hälfte des Lohns der bestehenden Belegschaft - 14,20 Dollar statt 28,75 Dollar die Stunde - und erhalten außerdem geringere Sozialleistungen. Das ermöglicht der Firma, die Arbeitskosten um 68 Prozent zu senken. Dieser Abschluss, dem sich Tausende Arbeiter erbittert widersetzt haben, hat internationale Bedeutung.

Früher stand der "Fordismus" für fortschrittliche Produktionstechnik und wissenschaftliches Management, und die amerikanischen Autoarbeiter waren die am höchsten bezahlten der ganzen Welt. Der Vertrag macht die Errungenschaften von mutigen Kämpfen eines ganzen Jahrhunderts zunichte und bereitet den Weg für die Ersetzung Zehntausender langjähriger Arbeiter durch eine kleinere, brutal ausgebeutete billige Belegschaft. Das Ziel der Autoindustrie war, mit Hilfe der Gewerkschaft die Löhne auf ein Niveau abzusenken, das mit dem Niveau in Mexiko, China, Osteuropa und anderen verarmten und ökonomisch unterentwickelten Regionen der Welt "konkurrieren" kann.

In Deutschland und Frankreich streiken die Eisenbahner gegen die Angriffe der Regierungen auf ihre Existenzbedingungen. Die Sarkozy-Regierung in Frankreich hat sich die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes vorgenommen, darunter Eisenbahner, Lehrer, Krankenhausbeschäftigte, Postler und kommunale Angestellte, und will eine Verschlechterung ihrer Rentensysteme durchsetzen. Das ist nur der erste Schritt eines umfassenden Umstrukturierungsprogramms, das die geballte Macht des "freien Marktes" in der gesamten Wirtschaft zum Tragen bringen soll.

Diese Erfahrung muss der Arbeiterklasse in jedem Land eine Warnung sein. Sie kündigt auch in Australien eine neue Entwicklung an und stellt die Arbeiterklasse direkt vor die Notwendigkeit, sich von allen Mechanismen bürgerlicher Herrschaft zu lösen. Insbesondere muss sie einen klaren Bruch von der Labor Party vollziehen. Sie muss sich, wie die Arbeiter in den USA, Europa und anderswo in der Welt, darüber klar werden, dass die alten Organisationen, die früher als Interessenvertreter der Arbeiterklasse galten, jetzt rücksichtslos die Diktate des internationalen Finanzkapitals durchsetzen.

Millionen Australier wollen den Wechsel. Aber im Moment können sie sich politische Veränderung nur im Rahmen des traditionellen Parteiensystems und im parlamentarischen Rahmen vorstellen. Auch wenn von Enthusiasmus für Labor oder Rudd weit und breit keine Spur ist, kann die Mehrheit der Arbeiter noch keine andere Alternative erkennen.

Darin liegt die entscheidende Bedeutung der Wahlteilnahme der Socialist Equality Party.

Aus diesem Grund haben wir uns an der Wahl 2007 beteiligt, um deutlich zu machen, dass es eine Alternative gibt. Die Arbeiterklasse selbst muss die politische und historische Bühne betreten. Es geht nicht mehr nur darum, diesen oder jenen Kandidaten zu wählen und dann Druck auf ihn auszuüben, damit er eine bessere Politik mache. Es mag noch so viel Druck ausgeübt werden, ob durch die Vergabe von Vorzugsstimmen, Manöver im Senat oder durch Demonstrationen, es wird Labor nicht dazu veranlassen, seinen Kurs zu ändern und im Interesse der breiten Bevölkerung zu regieren. Die entscheidende Aufgabe ist der Aufbau einer sozialistischen Massenbewegung der arbeitenden Bevölkerung, um die Gesellschaft von oben bis unten zu verändern, das Profitsystem zu beseitigen und eine Arbeiterregierung an die Macht zu bringen. Das wäre die erste wirklich demokratische Regierung. Alle Entscheidungen, die ihr tägliches Leben bestimmten, würden von der arbeitenden Bevölkerung selbst getroffen und entsprächen dem Interesse der großen Mehrheit anstatt den Profitinteressen einer extrem reichen Minderheit.

Die SEP ruft jeden auf, der mit unserer sozialistischen und internationalistischen Perspektive übereinstimmt, nicht nur für unsere Kandidaten zu stimmen, sondern, was noch wichtiger ist, unser Programm und unsere Perspektiven gründlich zu studieren, der Socialist Equality Party beizutreten und mitzuhelfen, sie zur neuen Massenpartei der Arbeiterklasse aufzubauen.

Siehe auch:
Socialist Equality Party in Australien als Partei registriert
(4. Oktober 2007)
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