Unterdrückung in Denver beleuchtet Angriff auf demokratische Rechte in USA

Am Dienstag ist die Polizei gegen die Organisation Unconventional Denver vorgegangen, die Protestaktionen vor der National Convention der Demokraten durchführt. Die Polizei hat das Organisationsbüro der Gruppe durchsucht, mehrere Personen festgenommen und Sachmittel zerstört und konfisziert. Die nationale Presse und die im im Pepsi Center in Denver versammelten Politiker der Demokratischen Partei ignorierten diese Polizeiaktion vollkommen, die auf die Einschüchterung von Demonstranten und Unterdrückung abweichender Meinungen abzielt.

Das Vorgehen der Polizei war illegal. Sie konnte keinen Durchsuchungsbefehl vorweisen, als sie das kleine Gebäude und seine Umgebung auf den Kopf stellte. Ein Bulldozer zerstörte Werkzeug und Material zur Herstellung von Plakaten und Transparenten und lud es in einem Müllwagen ab. Zwei Organisatoren wurden festgenommen und des Widerstands gegen die Staatsgewalt beschuldigt. Die Polizei behauptet, einer von ihnen habe ein Messer bei sich getragen. Ein Sprecher der Demonstranten gab an, es habe sich lediglich um ein kleines Taschenmesser gehandelt.

Die Polizei gibt auch an, Backsteine und andere Steine im Umfeld des von der Organisation gemieteten Gebäudes gefunden zu haben. Die Protestgruppe gibt an, man habe die Steine benutzt, um die Transparente und Plakate während der Herstellung gegen den Wind festzuhalten. Videoaufnahmen der unabhängigen Rocky Mountain News zeigen Geröll, wie es typisch für das heruntergekommene Industriegebiet ist, das direkt an einer Eisenbahnlinie liegt.

Die Polizei von Denver sagt, sie habe auf die Anrufe zweier "besorgter Anwohner" aus der Nachbarschaft reagiert. Aber die ständige Überwachung der Gruppe und der bereitstehende Bulldozer und der Mülllaster deuten vielmehr darauf hin, dass die Razzia von langer Hand geplant war.

Am Dienstag wurde auch der ABC-News-Reporter Asa Eslocker festgenommen, weil er versuchte, führende Politiker der Demokratischen Partei und wichtige Parteispender zu filmen, als sie gerade aus einem Hotel in der Nähe des Pepsi-Centers kamen. Eslocker und seine Crew untersuchen die Rolle der Wirtschaftslobby im politischen Leben für die Serie "Money Trail" [der Pfad des Geldes], die auf ABC World News läuft. Eslocker wurde Hausfriedensbruch, Behinderung und Widerstand gegen die Staatsgewalt vorgeworfen. Ein Video seiner Festnahme ist auf der Web Site von ABC unter der Adresse http://abcnews.go.com/Blotter/Conventions/story?id=5668622&page=1 zu sehen.

Man sieht darauf, wie ein Boulder County Sheriff vor der Festnahme Eslocker anweist, den Bürgersteig vor dem Hotel zu verlassen. Der Sheriff sagt, der Bürgersteig sei Eigentum des Hotels. Eslocker besteht auf seinem Recht, sich auf öffentlichem Grund und Boden aufzuhalten, und dann sieht man, wie der Sheriff ihn vom Bürgersteig auf die befahrene Straße abdrängt. Nun sagt der Polizist zu ihm: "Jetzt behinderst du den Verkehr", und zwingt den Reporter auf die andere Straßenseite.

Darauf sieht man, wie zwei Stunden später städtische Polizisten kommen und Eslocker in Arrest nehmen, offenbar auf eine Beschwerde des Brown Palace Hotels hin. Ein Zigarre rauchender Polizist packt Eslocker am Hals und dreht ihm den Arm auf den Rücken, obwohl dieser keinerlei Widerstand leistet. Man hört einen Beamten sagen: "Du kannst froh sein, dass wir dich nicht verprügelt haben."

Am Mittwochabend wurde eine Demonstration mit ungefähr 5.000 Teilnehmern, an deren Spitze Veteranen des Irakkriegs marschierten, von einer Polizeisperre gehindert, sich der Convention zu nähern.

Der Angriff auf demokratische Rechte in Denver geht sehr weit. Er umfasst:

* Die Schaffung eines halblegalen, aus vielen Abteilungen bestehenden Polizeiapparats unter Kontrolle der Bundesregierung. Das wurde möglich, weil die National Convention der Demokraten zu einem "Nationalen Sicherheitsereignis" ernannt wurde. Diese Möglichkeit wurde 1997 durch eine "Vollzugsanordnung" (executive order), d.h. durch eine direkte Entscheidung des damaligen Präsidenten Bill Clinton geschaffen.

* Die Militarisierung einer amerikanischen Großstadt. Die Größe der Polizeieinheiten wurde durch die Rekrutierung von Ordnungshütern aus umliegenden Gebieten verdoppelt. Mit Maschinenpistolen bewaffnete Polizisten in Kampfausrüstung, Polizeihunde, Wachtürme, Hubschrauber und gepanzerte Fahrzeuge sind in Denver allgegenwärtig.

*Der Aufbau eines Gefängnislagers für Tausende Gefangene (das von Demonstranten den Spitznamen "Gitmo [Guantanamo] am Platte" erhalten hat, Platte ist der Fluss, der durch Denver fließt).

*Die Einrichtung eines parallelen Schnellgerichts-Systems (DNC-Gerichte), mit dem Tausende Gefangene den Augen der Öffentlichkeit entzogen und schnell abgeurteilt werden können.

* Die Einrichtung einer speziellen "Zone zur Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung" auf einem Parkplatz in der Nähe des Parteitagsgebäudes, um alle andern Demonstrationen möglichst gering zu halten. Diese Zone ähnelt eher einem Gegangenenlager. Es ist ein kleiner Platz, umgeben von Stahlgittern, die auf Betonbarrieren montiert und mit Stacheldraht überspannt sind.

* Polizeiprovokationen, Belästigung und Einschüchterung von Demonstranten.

* Die Unterdrückung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit durch Polizeisperren und die willkürliche Auflösung von Versammlungen auf Gehwegen.

* Polizeigewalt gegen friedliche Demonstranten mit Anwendung von Pfefferspray und Schlagstöcken.

* Die Massenverhaftung von gegen 100 Demonstranten, die fast alle des "Widerstands gegen die Staatsgewalt" angeklagt wurden.

* Der Versuch, Gefangene festzuhalten, ohne ihnen die Möglichkeit zu geben, einen Rechtsbeistand zu nehmen.

* Willkürliche Durchsuchung und Beschlagnahmung von Eigentum ohne Durchsuchungsbefehl.

* Die Polizei duldet die Einschüchterung von Demonstranten durch Rechtsradikale.

* Einschüchterung und Festnahme von Vertretern der Medien durch die Polizei.

Wenn solche Vorfälle in einem fremden Land passieren würden, das die USA auf dem Kieker haben, zum Beispiel in Russland oder Venezuela, dann würden die Medien und Politiker mit Sicherheit ein lautes Geschrei anstimmen und über die Unterdrückung von politischer Opposition lamentieren. Aber diese Unterdrückung findet in einer amerikanischen Großstadt im Namen einer der zwei großen Parteien der herrschenden US-Elite statt.

Die nationalen Medien haben jede Berichterstattung über die Polizeistaatsatmosphäre in Denver unterdrückt. Sie schlucken die offizielle Story, dass der Parteitag ein Ausdruck der funktionierenden Demokratie in Amerika sei. Dabei ist der Parteitag eine riesige Inszenierung, die weitgehend von der amerikanischen Wirtschaft finanziert und von Polizei und Armee vor der Bevölkerung geschützt wird. Kein namhafter Vertreter der Demokratischen Partei, die sich damit brüstet, die demokratischen Rechte zu verteidigen, hat die politische Unterdrückung verurteilt.

Die Vorgänge in Denver müssen der Arbeiterklasse eine Warnung sein. Die riesige Anzahl an Polizisten und Soldaten steht in keinem Verhältnis zur Zahl der friedlichen Demonstranten. Die einzige Erklärung für diese Mobilisierung ist, dass sie ein Testlauf für zukünftige Maßnahmen ist. Es ist eine militärische Übung zur Unterdrückung der Zivilbevölkerung durch eine neue Kombination aus Bundes-, Staats- und Stadtpolizei in Zusammenarbeit mit militärischen und zivilen Behörden. Wie es scheint, ist die Polizei von Denver für die meisten derart überzogenen Polizeimaßnahmen verantwortlich, aber sie arbeitet unter der Kontrolle des Secret Service und im Namen des Ministeriums für Homeland Security.

Die herrschende Elite ist sich über die Notwendigkeit von Krieg nach Außen und Klassenkrieg im Inland völlig einig, doch dieser Konsens wird von der Bevölkerung abgelehnt und treibt früher oder später Millionen Menschen in den aktiven Widerstand. Die Antwort auf die Massenkämpfe der Arbeiterklasse werden Polizeimethoden wie in Denver sein.

Siehe auch:
Obamas Wahlkampf in der Krise
(28. August 2008)
Obama entscheidet sich für Biden - zur Beschwichtigung der Herrschenden
(26. August 2008)
Aufbau und Vermarktung Barack Obamas: Schein und Sein in der US-Politik
(13. August 2008)
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