Ver.di führt Streik bei Lufthansa auf Sparflamme

Trotz der Zustimmung von 90 Prozent der Lufthansa-Beschäftigten bei der Urabstimmung in der vergangenen Woche, führt die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di einen Streik auf Sparflamme, der den Schaden für Deutschlands größte Fluggesellschaft gering hält.

Die aktuellen Ausstände betreffen vor allem die Flughäfen in Frankfurt, München und Hamburg. Am Dienstagabend hatte Verdi den Streik auch auf Stuttgart und Nürnberg ausgedehnt. An den Streiks beteiligten sich an den ersten beiden Tagen jeweils rund 5.000 Mitarbeiter, vor allem aus den Bereichen Wartung und Catering, was lediglich einem Zehntel der gesamten, bei Lufthansa beschäftigten ver.di-Mitglieder entspricht.

Nachdem es an den ersten beiden Tagen lediglich zu leichten Verspätungen bei einigen innerdeutschen Flügen kam, waren am Mittwoch auch erstmals die Langstreckenflüge betroffen. So fielen beispielsweise die Flüge von Frankfurt nach New York, Calgary oder Kalkutta aus. Darüber hinaus fielen 78 Kurzstreckenflüge - rund vier Prozent des Lufthansa-Aufkommens - aus, weil zahlreiche Maschinen nicht gewartet werden konnten.

Die Technik-Abteilung, die für die Wartung der Maschinen zuständig ist, hat den größten Organisationsgrad bei ver.di. Nach Gewerkschaftsangaben sind etwa 45 Prozent der Beschäftigten in diesem Bereich gewerkschaftlich organisiert.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di fordert für rund 52.000 der 105.000 bei der Lufthansa beschäftigten Arbeiter und Angestellten Einkommensverbesserungen von 9,8 Prozent bei einer Laufzeit von zwölf Monaten.

Diese "hohen" Lohnforderungen von ver.di, die angesichts explodierender Lebenshaltungskosten für die Beschäftigten der Lufthansa mehr als berechtigt sind, kommen vor allem dadurch zustande, das die Dienstleistungsgewerkschaft unter massiven Druck geraten ist.

Gerade im Bereich der Flugunternehmen und vor allem bei der Lufthansa, hat ver.di in den vergangenen Jahren stark an Mitgliedern eingebüßt. In den vergangenen Jahren sind zahlreiche Mitglieder zu den Gewerkschaften Cockpit und Ufo abgewandert. Die Piloten der Lufthansa werden mittlerweile mehrheitlich von der Vereinigung Cockpit vertreten und das Kabinenpersonal ist mehrheitlich bei der Spezialgewerkschaft Ufo organisiert.

Ufo, deren Tarifverträge mit der Lufthansa Ende des Jahres auslaufen, bezeichnete die Forderung von ver.di als zu niedrig und fordert ihrerseits 15 Prozent mehr Gehalt für die Flugbegleiter. Ufo organisiert eigenen Angaben zufolge beim Kabinenpersonal die Hälfte der insgesamt 14.000 Beschäftigten.

Nach vier Verhandlungsrunden hat Lufthansa bislang lediglich 6,7 Prozent für 21 Monate angeboten und Lufthansa-Verhandlungsführer Stefan Lauer machte bereits deutlich, das der Konzern nicht bereit ist, auf dieses Angebot noch wesentlich mehr drauf zu legen. Nach der ersten Verhandlungsrunde hatte Lufthansa eine 3,4-prozentige Lohnerhöhung bei einer Laufzeit von 12 Monaten geboten.

Das letzte Angebot beinhaltet auf Grund der längeren Laufzeit kaum eine Erhöhung und übersteigt aufs Jahr gerechnet kaum die Inflationsrate. Und das nachdem die Lufthansa-Beschäftigten bereits in den vergangenen Jahren auf nennenswerte Lohnzuwächse verzichten mussten.

Das Angebot der Lufthansa kann, sieht man sich die am Dienstag präsentierten Zahlen des Unternehmens an, nur als Provokation gewertet werden.

Aus den Eckdaten ihrer Halbjahreszahlen geht hervor, dass der operative Gewinn um etwa 45 Prozent auf 705 Millionen Euro gestiegen ist. Der Umsatz legte um fast 20 Prozent auf 12,1 Milliarden Euro zu.

Angesichts der Rekordgewinne des Unternehmens genehmigten sich Vorstandschef Wolfgang Mayrhuber und zwei weitere Top-Manager im letzten Jahr Gehaltserhöhungen um sage und schreibe 48 Prozent.

Der Nettogewinn lag mit 402 Millionen Euro deutlich unter dem des Vorjahres. Damals konnte das Unternehmen mit 992 Millionen Euro einen Rekordgewinn verbuchen, weil Gewinne aus dem Verkauf des Reiseveranstalter Thomas-Cook-Anteile und der Aktienrückkauf der WAM Acquisition enthalten waren. Darüber hinaus fürchtet das Management mögliche Belastungen durch den ständig steigenden Ölpreis.

Mögliche "Gewinneinbußen" werden von Unternehmensführung und Aktionären nicht akzeptiert. Weiterhin sollen steigende Gewinne zu Lasten der Beschäftigten eingefahren werden. Dazu ist nicht nur ein unverschämt niedriger Tarifabschluss nötig, sondern auch weitere Sparmaßnahmen, die bereits beschlossene Sache sind.

Insgesamt sollen in diesem Jahr 250 Millionen Euro im Geschäftsfeld Passage einspart werden, wo laut Geschäftsführung "deutliche Bremsspuren", sprich zu niedrige Gewinne, sichtbar wurden. Von Lieferanten sollen aggressiv Nachlässe gefordert werden, was zu Kürzungen und Entlassungen bei diesen Firmen führen wird

Das soll zusammen mit dem Einstellungsstopp bei der Passage, der seit der vergangenen Woche auch für operative Tätigkeiten gilt, zusätzlich 100 Millionen Euro zu den bereits eingeplanten 150 Millionen Euro Einsparungen bringen.

Auch ist mittlerweile im Gespräch Kosteneinsparungen durch Verlagerung kostenintensiver Bereiche wie Technik zu erreichen. Nach Angaben der Zeitung Bild nutzt Lufthansa bereits jetzt den Streik als Testlauf, um künftig generell Wartungen im Ausland durchzuführen. Lufthansa Technik ist längst ein internationaler Konzern mit 25.000 Mitarbeitern in 29 Gesellschaften.

Ver.di bereitet Ausverkauf vor

Die Arbeiter und Angestellten von Lufthansa dürfen ver.di keinesfalls vertrauen. Ver.di hätte schon längst dem Angebot der Lufthansa zugestimmt, würden sie nicht die Unzufriedenheit der Beschäftigten und deren Flucht in eine andere Gewerkschaft fürchten. Nach jahrelangen Reallohnverlusten und ständigen Verschärfungen der Arbeitsbedingungen lassen sich die Beschäftigten nicht mehr so leicht abspeisen.

Sorgsam verteilt Ver.di die Streikmaßnahmen auf einzelne Standorte und Sparten, initiiert einen Streik nach der Nadelstichtaktik und zermürbt und demoralisiert damit die Arbeiter. Gleichzeitig begünstigt sie eine von Medien und bestimmten politischen Kreisen losgetretene Kampagne gegen die streikenden Arbeiter.

Die Arbeiter und Angestellten bei der Lufthansa sollten sich dabei die vergangenen Tarifrunden, die ver.di geführt, hat ins Gedächtnis rufen.

Als im vergangenen Jahr die Telekom damit drohte 50.000 Mitarbeiter in eine Billiglohn-Gesellschaft auszugliedern, organisierte Ver.di symbolische Proteste einiger tausend Telekom-Mitarbeiter, ohne diese mit den ebenfalls protestierenden Post-Beschäftigten zu verbinden. Am Ende konnte die Telekom ihre Pläne umsetzen und Lohnsenkungen von bis 30 Prozent durchsetzen.

Schließlich würgte die Gewerkschaft in diesem Jahr auch den Streik bei den Berliner Verkehrsbetrieben ab und zementierte die rigorosen Lohnkürzungen, die der rot-rote Senat zuvor verordnet hatte. Dass die übergroße Mehrheit der Beschäftigten diesen Deal strikt ablehnte, interessierte ver.di nicht.

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