Klassengegensätze in Obamas Koalition

Barack Obama gewann am Dienstag die US-Präsidentschaftswahlen, getragen von einer Welle der Feindschaft der Bevölkerung gegen die Bush-Regierung und die Republikanische Partei. Viele Millionen erteilten der reaktionären Politik, die jahrzehntelang die amerikanische Gesellschaft beherrscht hat, eine massive Absage.

Die "Obama-Koalition" ist jedoch von heftigen Widersprüchen zerrissen. Die Mehrheit derjenigen, die für Obama stimmten, will ein Ende der sozialen Ungleichheit, des Abbaus demokratischer Rechte und des Militarismus. Aber trotz seiner Rhetorik von der Einheit "der Wall Street und der Main Street", der "Reichen und der Armen" hat sich Obama verpflichtet, die Interessen der mächtigsten Teile der amerikanischen Unternehmerelite zu verteidigen.

Die Demokratische Partei ist bereits dabei, die Hoffnungen der Bevölkerung bezüglich der künftigen Regierung zu dämpfen. Obama selbst deutete dies schon in seiner Siegesrede in Chicago an, als er sagte: "Der Weg, der vor uns liegt, wird lang sein... Es kann sein, wir werden das Ziel nicht in einem Jahr oder nur einer Legislaturperiode erreichen... Es wird viele geben, die nicht mit jeder Entscheidung einverstanden sein werden, die ich als Präsident treffen werde, und wir wissen, dass eine Regierung nicht alle Probleme lösen kann."

Demokratische Spitzenpolitiker haben einer nach dem anderen beteuert, dass es falsch wäre, die Wahl als ein Mandat für einen grundlegenden Politikwechsel zu interpretieren. Vielmehr behaupten sie, die nächste Administration müsse von der "Mitte" aus regieren und sich auf ein Zwei-Parteien-Bündnis mit den Republikanern stützen.

In einem Artikel der Washington Post vom Mittwoch mit der Überschrift "Harte Entscheidungen nach dem Triumph" werden etliche nicht genannte Ratgeber Obamas zitiert, die sagten, "sie seien sich der Gefahr bewusst, die daraus resultiere, dass das Wahlergebnis als ein Mandat für einen waghalsigen liberalen Regierungskurs interpretiert werde."

Mit anderen Worten, sie sind der Meinung, die Demokraten müssten gegen den Willen des amerikanischen Volkes handeln - das ihnen gerade die Kontrolle über das Weiße Haus und eine größere Mehrheit im Parlament verschafft hat - und eine Politik in enger Verbindung mit den rechtesten, wirtschaftsfreundlichsten Teilen des politischen Establishments verfolgen, die an den Wahlurnen gerade eine überwältigende Niederlage erlitten haben.

Man muss das nur einmal mit Bushs Beharren darauf vergleichen, dass er ein Mandat für seine rechte Politik habe, obwohl er 2000 weniger Wählerstimmen auf sich vereinigen konnte als der demokratische Bewerber und auch 2004 keine Mehrheit für sich gewinnen konnte.

Während die Demokraten mit den Republikanern zusammenarbeiten, wollen sie sich über die weit verbreitete Hoffung hinwegsetzen, die nächste Regierung werde angesichts der wachsenden wirtschaftlichen Katastrophe für Erleichterungen sorgen. Wie die Post bemerkt, sind Obamas Berater auf "Konflikte mit einigen Wahlbezirken der Demokraten und einigen liberalen Demokraten im Kongress vorbereitet, deren Forderungskatalog mit Obamas Prioritäten zusammenprallen könnte. Sie sind bereit, Nein zu sagen."

Die Kosten für das Rettungspaket für die Wall Street, die ausgedehnten Militäroperationen und das aufgeblähte Haushaltsdefizit werden jede Steigerung der Sozialausgaben ausschließen. Die Demokraten werden die Arbeiterklasse im Gegenteil für den Zusammenbruch des amerikanischen Kapitalismus und die Rettung der Finanzaristokratie zahlen lassen.

Leon Paretta, der frühere Geschäftsführer des Weißen Hauses, der Obamas Übergangsteam leitet, teilte der New York Times über den neuen Präsidenten mit: "Es ist verdammt besser, zuerst die harten Dinge durchzudrücken, denn wenn Du die harten Entscheidungen hinauszögerst und auf Zehenspitzen um den Abgrund herumschleichst, dann wirst Du eine Menge Probleme haben." Paretta meinte: "Zuerst müssen die Entscheidungen getroffen werden, die schmerzhaft sind und Opfer erfordern."

Obamas Wahl von Rahm Emanuel, einem führenden Abgeordneten der demokratischen Fraktion des Repräsentantenhauses, zum Stabschef des Weißen Hauses, zeigt, welche reaktionären Figuren er für seine Regierung um sich sammeln wird. Emanuel war als wichtiger Berater von Präsident Clinton durch seine Law-and-Order-Politik, seine "Reform der Sozialhilfe" und andere reaktionäre Maßnahmen hervorgetreten, durch die sich die Demokraten von früheren sozialliberalen Reformen verabschiedeten.

Nach seinem Ausscheiden aus der Regierung Clinton verdiente Emanuel 18 Millionen Dollar als Angestellter der globalen Investmentfirma Dresdner Kleinwort Wasserstein in Chicago, wo er von 1999 bis 2002 arbeitete.

Als er 2002 für den Kongress kandidierte, distanzierte er sich von den demokratischen Delegierten aus Illinois und unterstützte im Gegensatz zu ihnen den Krieg gegen den Irak, indem er sich ausdrücklich hinter Präsident Bush stellte. Als Emanuel in der demokratischen Fraktion im Repräsentantenhaus an die vierthöchste Stelle aufgestiegen war, spielte er eine Schlüsselrolle bei der Durchsetzung des 700-Milliarden-Dollar-Rettungspakets für die Wall Street.

Emanuel hat enge Beziehungen zu Israel und ist ein führendes Mitglied des rechten Democratic Leadership Council, zu dem die Clintons und Senator Joseph Lieberman gehören. Er wird eine Schlüsselrolle bei der Auswahl der Kabinettsmitglieder spielen, einschließlich des Finanz- und der Verteidigungsministers. Wer diese Posten erhält, wird vermutlich bald bekannt gegeben, um die Märkte und das außenpolitische und militärische Establishment zu beruhigen.

Zu denen, die als Finanzminister in Betracht gezogen werden, gehören der frühere Finanzminister von Clinton, Lawrence Summers, Timothy Geithner, der Präsident der Federal Reserve Bank in New York, und der frühere Vorsitzende der US-Notenbank Paul Volcker. Letzterer wird immer mit dem so genannten "Volcker-Schock" zu Beginn der 1980er Jahre identifiziert werden, als er die Zinssätze auf 20 Prozent hoch setzte und damit bewusst die Zerstörung von Millionen von Industriearbeitsplätzen und eine drastische Reduzierung des Lebensstandards der amerikanischen Arbeiterklasse in Kauf nahm. Es ist bekannt, dass Volcker Reagan dafür lobte, dass dieser 1981 den Streik der Fluglotsengewerkschaft PATCO brechen ließ, und dies als den wichtigsten Faktor bei der Eindämmung der Inflation bezeichnete.

Reuters hat berichtet, Obama denke angesichts der fortgesetzten Besetzung Iraks und Afghanistans darüber nach, Robert Gates als Verteidigungsminister im Amt zu belassen oder ihn durch den früheren Marineminister Richard Danzig zu ersetzen, der ebenfalls ein enger Berater Obamas ist. Andere Anwärter auf diesen Posten sind der Demokratische Senator John Kerry, der frühere Diplomat Richard Holbrooke, der aus dem Amt scheidende Republikanische Senator Chuck Hagel und der frühere Demokratische Senator von Georgia Sam Nunn. Sie sind allesamt auf die eine oder andere Weise in die Verbrechen des US-Imperialismus vom Balkan über Haiti bis hin zum Nahen Osten und Zentralasien verwickelt.

In seiner Rede vom Dienstag wiederholte Obama, dass er sich Bushs "Krieg gegen den Terror" verpflichtet fühle, der als Vorwand benutzt wurde, um die geopolitischen Interessen der amerikanischen Führungselite in den rohstoffreichen Regionen der Erde zu sichern. Er warnte die, "die diese Welt in den Abgrund treiben wollen: Wir werden Euch besiegen."

Obama wiederholte auch die fadenscheinige Behauptung, US-Truppen seien in den Irak und nach Afghanistan geschickt worden, um "ihr Leben für uns aufs Spiel setzen", als beschützten sie das amerikanische Volk, anstatt den Interessen der amerikanischen Kapitalistenklasse zu dienen. Er rief zu einem "neuen Geist des Dienens, einem neuen Geist der Opferbereitschaft" auf - ein Hinweis auf eine Form von Wehrpflicht.

Wie in der Wirtschaftspolitik wird die nächste amerikanische Regierung auch in der Militärfrage unweigerlich mit Wählern in Konflikt geraten, die sich ein Ende der militärischen Aggressionspolitik der Ära Bush erhofft haben. Auch hier versuchen die Demokraten die Erwartungen zu dämpfen, indem sie versichern, dass sie gegen einen "überstürzten" Abzug aus dem Irak seien und der "gerechte Krieg" in Afghanistan ausgeweitet werden müsse.

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