Sri Lanka: Präsident will Amtszeit ohne Wahl verlängern

Die regierende Koalition Sri Lankas - die Vereinigte Freiheits-Allianz des Volkes (United Peoples Freedom Alliance, UPFA) hat eine ungewöhnliche antidemokratische Initiative ergriffen. Sie hat damit begonnen Möglichkeiten auszuloten, die Verfassung zu ändern, um Präsident Mahinda Rajapakse nach Ablauf seiner sechsjährigen Amtszeit weiter im Amt zu halten, ohne sich Neuwahlen stellen zu müssen.

Wochenlang hat die Regierung Zeit und Mühe darauf verwandt, im Anschluss an den Sieg der Armee über die separatistischen Befreiungstiger von Tamil Eelam (Liberation Tigers of Tamil Eelam, LTTE) ein Klima kommunalistischer Triumphstimmung anzuheizen. Nun wird versucht, die Stimmung auszunutzen, um Rajapakse in der einflussreichen Position des Präsidenten zu halten.

Unter der gegenwärtigen Verfassung kann der Präsident zwei aufeinanderfolgende Amtsperioden von jeweils sechs Jahren im Amt absolvieren. Rajapakse, der im November 2005 knapp die Wahlen gewann, könnte die kommenden Wahlen früher ansetzen, um den militärischen Sieg auszunutzen. Unter der Vorraussetzung, dass er gewählt würde, begänne seine nächste Amtszeit umgehend, was seine gesamte Amtszeit von zwölf auf zehn Jahre reduzieren würde.

Letzte Woche sagte der Minister für die Provinzen und Kommunen, Janaka Bandara Tennakoon, zur Sunday Times, dass die Regierung darauf hoffe, eine Änderung der Verfassung im Parlament durchzubringen, um Rajapakses Amtszeit ohne Wahlen zu verlängern. Eine inselweite Kampagne für die öffentliche Unterstützung des Plans wurde bereits gestartet.

Letzten Freitag trafen sich in Colombo mehrere hundert Mitglieder von Kommunalverwaltungen und verabschiedeten eine von Tennakoon eingebrachte Resolution, die dieses Vorhaben unterstützte. Einige Mitglieder der oppositionellen Vereinigten National Partei (United National Party, UNP) stimmten ebenfalls für die Resolution. Tennakoon sagte, dass ähnliche Resolutionen in den Provinzräten und von anderen lokalen Regierungskörperschaften verabschiedet würden, bevor eine Verfassungsänderung dem Parlament vorgelegt würde.

Rajapakse selbst äußerte sich nicht zu dieser Frage, um so den Schein aufrechtzuerhalten, dass er diesen Schritt nicht eingeleitet habe. Medienminister Anura Priyadarshana Yapa veröffentlichte gestern eine Erklärung mit dem Inhalt, dass der Präsident selbst nicht den Wunsch habe, seine Amtszeit ohne Wahl zu verlängern. Rajapakse glaube an die Rechte der Wähler und die Demokratie, fügte er hinzu.

Jedoch betonte Yapa, dass es in der Bevölkerung "den breiten Wusch" für die Verlängerung der Amtszeit des Präsidenten gebe. Dieser "Wunsch" ist natürlich die Kampagne Tennakoons. Weit davon entfernt, an Demokratie zu glauben, hat Rajapakse in der letzten Zeit in zunehmend autoritärem Stil regiert, mit wenig Achtung für demokratische Rechte, das Parlament, die Gerichte oder die Verfassung.

In den letzten drei Jahre haben vom Militär unterstützte Todesschwadronen hunderte von Menschen getötet, darunter auch Politiker und Journalisten. Die Regierung hat, unter Verletzung grundlegender verfassungsmäßiger Rechte an die 300.000 tamilische Zivilisten, die in der letzten Phase des Krieges aus der Kampfzone flohen, in Lagern interniert. Rajapakse ignorierte kürzlich eine in der Verfassung festgelegte Einberufung eines Verfassungsrats und einer unabhängigen Kommission, die die Behandlung der tamilischen Flüchtlinge durch die Regierung überwachen sollte.

Eine Verfassungsänderung benötigt im Parlament eine Zweidrittel Mehrheit, und weil es um die Änderung der Amtszeit des Präsidenten geht zudem ein Referendum. Das 1978 eingeführte Amt des Exekutiv-Präsidenten konzentriert enorme Macht in den Händen einer Person. Rajapakse hält zudem noch die Position des Verteidigungs- und des Finanzministers. Der ehemalige Präsident J.R. Jayawardene ist bekannt dafür, geprahlt zu haben, dass "das einzige, was der Präsident nicht kann, ist, einen Mann in eine Frau zu verwandeln."

Rajapakse setzte zunehmend auf eine Clique der seine Brüder, hohe Generäle, alt gediente Bürokraten und ausgewählte Minister angehörten. Das Kabinett und die Ministerriege sind unüberschaubar und kaum mehr handhabbar geworden, da praktisch jedes Mitglied der wackeligen Regierungskoalition mit einem Posten abgefunden wurde. Der Bruder des Präsidenten, der ungewählte Verteidigungsminister Gotabhaya Rajapakse, hält weitaus mehr Macht und Einfluss in Händen als die meisten Kabinettsmitglieder.

Die chauvinistischen Siegesfeiern die von der Regierung veranstaltet werden, sind darauf ausgerichtet die vorherrschenden autokratischen Methoden beizubehalten und weiter auszubauen, darunter die Rolle des Militärs. Auf Paraden und Versammlungen wurde die Rolle des Präsidenten, des Verteidigungsministers und der Kommandanten von Armee, Marine und der Luftwaffe gelobt.

Rajapakse wurde als Reinkarnation eines singhalesischen Königs dargestellt, der die singhalesische Nation retten soll. Schilder mit dem Slogan "Rajapakse [ist] der König unserer Zeit" wurden hochgehalten. Andere Poster zeigen den Präsidenten, seinen Bruder und das Militär, die verkünden, dass nach dem Sieg im dreißig Jahre währenden Bürgerkrieg Rajapakse nun König für die nächsten sechzig Jahre sein sollte.

Alle Klöster des buddhistischen Klerus haben sich hinter Rajapakse gestellt. Nur eine Woche, nachdem die Armee die letzten Widerstandsnester der LTTE ausgehoben hatte, verlieh der leitende Prälat einer führenden buddistischen Sekte Rajapakse den Titel Vishvakeerthi Sinhaladheeswara (Universaler Glorreicher Führer aller Singhalesen). Letzte Woche vergaben Priester von acht buddhistischen Gebetsstätten in Anuradhapura den Titel Shree Wickrema Lankadheeswara (Heroischer Kriegerführer von Lanka).

Am Sonntag veranstalteten zwei weitere buddhistische Klöster - Ramann und Amarapura - eine große Zeremonie auf dem Unabhängigkeitsplatz in Colombo, die von hunderten von buddhistischen Mönchen besucht wurde. Rajapakse wurde zum Sri Lanka Raajavamsa Vibhooshana Dharamadveepa Chakravarti (Königlicher Herrscher des Glorreichen Landes des Buddhismus) gekrönt. Dem Verteidigungsminister und den Führern des Militärs wurden ebenfalls (geringere) Titel verliehen.

Der offen nationalistische Charakter dieser Aufführungen macht das Ausmaß der Wertschätzung der herrschenden Klassen für Rajapakses Zerstörung der LTTE deutlich. Im Gegensatz zu den Behauptungen der Regierung, war der Konflikt kein "Krieg gegen den Terror", sondern ein Krieg um die Vorherrschaft des singhalesischen Establishments gegenüber seinem tamilischen Konkurrenten.

Die Regierung versucht offensichtlich eine Atmosphäre zu schaffen, welche die Oppositionsparteien dazu bewegen soll, der Verlängerung der Amtszeit des Präsidenten sowie anderen autoritären Maßnahmen zuzustimmen. Die UNP und die Volksbefreiungsfront (Janatha Vimukthi Peramuna, JVP) sträubten sich bislang gegen jede Verlängerung der Amtszeit des Präsidenten. Allerdings haben beide Parteien bedingungslos den wahnsinnigen Bruderkrieg Rajapakses unterstützt. Sie sorgen sich nicht um die demokratischen Rechte der arbeitenden Bevölkerung, sondern um ihre eigenen Privilegien und Rechte. Deswegen ist eine Übereinkunft immer noch möglich, und sei es auch nur um einige ihrer Abgeordneten vom Überlaufen zur Regierung abzuhalten.

Die offensichtliche Frage wird in den Medien in Colombo nicht gestellt. Wenn, wie es dargestellt wird, Rajapakse von allen Seiten für seinen Sieg gelobt und bewundert wird, warum muss dann die Verfassung geändert werden? Außerhalb der dünnen Schicht der herrschenden Klassen Colombos waren der Krieg und seine Auswirkungen auf das Leben der werktätigen Bevölkerung keineswegs populär. Wenn die Wahlen erst in zwei Jahren stattfinden würden, wäre Rajapakse wahrscheinlich mit einer breiten Opposition der Bevölkerung gegen die wirtschaftliche Angriffe konfrontiert, die seine Regierung plant.

Die vom Krieg zerrüttete Wirtschaft ist von der weltweiten Rezession schwer getroffen. Letzten Donnerstag zeigten offizielle Statistiken für das erste Halbjahr 2009 die niedrigsten Wachstumsraten seit 2003. Das BIP des Quartals betrug auf das Jahr hochgerechnet nur 1,5 Prozent, verglichen mit sechs Prozent in derselben Periode im Vorjahr. "Die weltweite Krise hat direkt und indirekt die lokale Wirtschaft beeinträchtigt," so der Leiter des Amts für Statistik, Suranjana Vidyaratne.

Rajapakse hat bereits zu einem "Wirtschaftskrieg zum Aufbau der Nation" aufgerufen. In einer Ansprache an neue Rekruten für den Nationalen Planungsdienst am 22. Juni verkündete Rajapakse: "Es liegt in der Verantwortung der Angestellten im öffentlichen Sektor zusammenzufinden, um die Nation wiederaufzubauen und die Fahrt wiederaufzunehmen, die in den letzten drei Jahrzehnten wegen der Bedrohung durch den Terrorismus, langsamer geworden ist."

Die Bemühungen, Rajapakse ohne Neuwahlen an der Macht zu halten, sind erneut eine scharfe Warnung an die Arbeiterklasse. Um ihren "Wirtschaftskrieg" auf dem Rücken der Arbeiter und arbeitenden Landbevölkerung zu führen, wird die Regierung nicht zögern die Methoden eines Polizeistaates anzuwenden, dessen gesetzliche Rahmenbedingungen in den 26 Jahren des Krieges bereist geschaffen wurden, und nun zur Verfügung stehen.

Siehe auch:
Sri Lanka wird zum Schlachtfeld der Diplomatie
(26. Mai 2009)
Die politischen Folgen des Kriegs in Sri Lanka
( 19. Mai 2009)
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