90.000 Arbeitsplätze in der Autoindustrie akut gefährdet

Mit dem Auslaufen der Abwrackprämie in den kommenden Wochen wird ein rapider Rückgang von PKW-Neuverkäufen erwartet. Laut einer Analyse der Unternehmensberatung Roland Berger wird der Wegfall der Abwrackprämie zu einem erheblichen Anstieg der Insolvenzen in der Kfz-Branche führen. In der deutschen Autoindustrie seien mehr als 90.000 Arbeitsplätze in Gefahr, schreibt die Zeitung Die Welt.

Als besonders prekär wird die Situation für die Autohändler eingeschätzt. Diese hatten im laufenden Jahr dank der Prämie sogar mehr Autos verkaufen können, als im Vorjahr. Der Autor der Studie, Ralf Landmann, prognostiziert, dass dieser Vorzieheffekt die Händler nun wie ein Bumerang treffen werde. "Wenn die Abwrackprämie ausläuft, ist fast jeder zweite deutsche Händler akut von Insolvenz bedroht", sagt er. Alleine bei den Autohändlern hält er 30.000 Arbeitsplätze für gefährdet.

Diese Entwicklung war absehbar. Die schwarz-rote Bundesregierung hatte Anfang des Jahres auch auf Anraten der Gewerkschaften eine Abwrackprämie eingeführt. Danach erhielt jeder Käufer eines Neuwagens 2.500 Euro, wenn er gleichzeitig ein mindestens neun Jahre altes Auto verschrotten ließ. Dafür machte die Bundesregierung 1,5 Milliarden Euro locker. Als Ende März diese Summe zur Neige ging, verständigten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr Stellvertreter Frank Walter Steinmeier (SPD) angesichts der bevorstehenden Europa- und Bundestagswahlen, auf eine Verlängerung der Abwrackprämie. Sie stockten sie auf 5 Milliarden Euro auf und priesen sie als Konjunkturspritze, die zur Stabilisierung der deutschen Autoindustrie beitragen werde.

Gerade weil durch die Anreizprämie in diesem Jahr bis zu zwei Millionen Autos verkauft wurden, wird sich im nächsten Jahr der Niedergang der Produktion in der Auto- und Zulieferindustrie zusätzlich beschleunigen. Er wird auch starke Auswirkungen auf die Stahl-, Metall- und Chemieindustrie haben.

Berechnungen des Statistischen Bundesamtes belegen zudem, das der private Konsum im Vergleich zum ersten Halbjahr 2008 nur um 0,1 Prozent gestiegen ist - trotz Konjunkturprogramm und Abwrackprämie. Zum Vergleich: Als 2006 viele Menschen wegen der geplanten Erhöhung der Mehrwertsteuer größere Anschaffungen vorzogen, stieg der Konsum um 2,3 Prozent.

Am meisten von der Abwrackprämie profitierten die Autokonzerne VW und Opel, die im Verkauf von Klein- und Mittelklassewagen zweistellige Zuwachsraten verzeichnen konnten. Doch was wird passieren, wenn das Strohfeuer erloschen ist? Wie viele Arbeitsplätze alleine bei VW und Opel auf der Kippe stehen, lässt sich nur erahnen.

Seit Beginn der Krise wurden Zehntausende Leiharbeiter in der Autoindustrie entlassen. Gleichzeitig wurden durch die Kurzarbeiterregelung Massenentlassungen zunächst vermieden. Doch dieses Mittel erschöpft sich bald. Spätestens wenn die Kurzarbeit ausläuft und die Produktion weiter zurückgeht, werden Massenentlassungen und die Stilllegungen ganzer Autowerke auf der Tagesordnung stehen.

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