Massenhafte Wahlenthaltung bei Bürgermeisterwahl in Detroit

Beachtliche Stimmabgabe für SEP-Kandidaten

Bei einer Wahlbeteiligung von nur siebzehn Prozent nahm gerade mal einer von sechs Wahlberechtigten an der Bürgermeister-Vorwahl vom vergangenen Dienstag in Detroit teil. Das ist ein klares Anzeichen dafür, wie tief mittlerweile die Kluft zwischen der Bevölkerung und dem politischen System in der Stadt ist, die lange Zeit als Hochburg der Demokratischen Partei galt.

Der Wahlsieger David Bing, ein früherer Basketballstar und Millionen schwerer Stahlunternehmer, erhielt 74 Prozent der abgegebenen Stimmen. Er ist amtierender Bürgermeister, seitdem sein Vorgänger, Kwame Kilpatrick, wegen Korruption und Mordverdacht zurücktreten musste. Bing genießt die Unterstützung der Detroiter Geschäftswelt, doch die extrem hohe Wahlenthaltung zeigt, dass ihm nur etwa zehn Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme gaben. Am 3. November wird er in einer Stichwahl gegen den zweitplatzierten Tom Barrow antreten, der elf Prozent erhielt.

Der Kandidat der Socialist Equality Party (SEP), D’Artagnan Collier, trat offen für eine sozialistische Antwort auf die Krise ein und erhielt 1.265 Stimmen, das sind etwa 1,4 Prozent der abgegebenen Stimmen.

Collier war der einzige Kandidat, der sich in seinem Wahlkampf an die Arbeiterklasse wandte. Er bestand auf der Notwendigkeit, mit den Demokraten und Republikanern zu brechen und die Socialist Equality Party als neue Arbeiterpartei aufzubauen. In Detroit ist die arbeitende Bevölkerung mit Werksschließungen in der Automobil- und Zulieferindustrie konfrontiert, die eine Arbeitslosenrate von 25 Prozent hervorgebracht haben.

In einer Erklärung bedankte sich Collier am Tag nach der Wahl bei allen, die ihn gewählt und seinen Wahlkampf unterstützt hatten. Er schrieb:

"Diese Wahl ist von großer Bedeutung. Obwohl die Medien unseren Wahlkampf praktisch ignoriert haben, hat ein beachtlicher Teil der Detroiter Arbeiterklasse die bewusste Entscheidung getroffen, die Stimme einem sozialistischen Kandidaten zu geben."

Zu Bings Wiederwahl schrieb Collier: "Die Vorstellung, Bing habe damit ein demokratisches Mandat erhalten, ist durch und durch Betrug. Der Großteil der Bevölkerung ist von der Stadtpolitik völlig entfremdet. Trotz unterschiedlich hohem Bewusstsein wird allgemein verstanden, dass die gesamte, von der Demokratischen Partei kontrollierte Politik in Korruption verstrickt und an Unternehmerinteressen gebunden ist."

Die Presse hatte Bings Wiederwahl einhellig begrüßt: "Good Job, Detroit", schrieben zum Beispiel die Detroit News. Collier warnte: "Bing wird seine Angriffe auf die Arbeiter von Detroit noch verschärfen." Am Mittwochmorgen, nur Stunden nach Schließung der Wahllokale, habe Bing schon Pläne zur massiven Streichung von Sozialprogrammen und Arbeiterlöhnen angekündigt: "Er will eine Vier-Tage-Woche für städtische Angestellte einführen und 500-700 Arbeitsplätze streichen. Er will wichtige Dienstleistungen privatisieren, und Dutzende Schulen sollen geschlossen werden."

Collier weiter: "In unserm Wahlkampf haben wir mit Tausenden Arbeitern gesprochen, die von der Wirtschaftskrise hart getroffen sind. Ihre Arbeitsplätze werden zerstört, ihre Häuser zwangsversteigert, ihre Schulen geschlossen, ihre Löhne gekürzt. ... General Motors hat angekündigt, im ganzen Land weitere 7.500 Arbeitsplätze zu zerstören, darunter viele in Michigan."

"Der Hauptzweck meines Wahlkampfs bestand darin, die Arbeiter zum politischen Widerstand zu ermutigen und ihnen politische Führung zu geben", schrieb Collier. Er hatte im Wahlkampf unermüdlich erklärt, dass die Wurzel des Übels die Krise des kapitalistischen Systems sei, und dass heute sämtliche Fragen in Wirtschaft und Politik den Interessen der Konzern- und Finanzelite untergeordnet würden.

Collier und die SEP bestehen darauf, dass die Arbeiterklasse ihre eigene Partei braucht, unabhängig von Demokraten und Republikanern. Sie fordern einen Bruch mit der Obama-Regierung und mit der Gewerkschaft. "Wir haben den Arbeitern gesagt: Brecht mit den alten korrupten Organisationen, den so genannten Gewerkschaften. ... Sie unterstützen die Demokratische Partei und arbeiten mit ihr gegen die Arbeiterklasse zusammen. Arbeiter brauchen eigene, unabhängige Basis- und Nachbarschafts-Komitees, um den Widerstand zu organisieren."

In seiner Erklärung vom Mittwoch ging Collier noch einmal auf die Eckpunkte eines sozialistischen Programms ein, wie es die SEP im Wahlkampf vorgeschlagen hat: Keine weiteren Zwangsräumungen oder Strom-Abschaltungen, keine Schließungen von Schulen und Einrichtungen. Stattdessen müssen die Ausgaben für Erziehung und Bildung vervielfacht werden. Arbeiter müssen die Betriebe besetzen, um weitere Werksschließungen zu verhindern. Milliarden öffentlicher Gelder müssen in ein Programm zum Wiederaufbau der Stadt fließen, das vernünftig bezahlte Arbeitsplätze für alle schaffe. Verstaatlichung der Banken und Konzerne unter demokratischer Kontrolle der Arbeiterklasse.

Zum Schluss schrieb Collier: "Im Zentrum meines Bürgermeister-Wahlkampfs stand der Kampf für die Einheit der Arbeiterklasse über alle ethnischen und nationalen Grenzen hinweg. Wir lehnen in unsern Schriften jede Identitätspolitik entschieden ab, weil sie nur benutzt wird, um die Arbeiter zu spalten und Widerstand gegen das kapitalistische System zu verhindern. Eine schmale schwarze Elite, die Detroit kontrolliert, hat enorm von dieser Politik profitiert, aber die Bedingungen für die breite Mehrheit der Arbeiter aller Hautfarben sind heute schlimmer als je zuvor.

Der Kampf für dieses Programm ist mit dem Wahlausgang nicht zu Ende. Er hat erst angefangen. Vertreter der herrschenden Klasse in Detroit gratulieren sich jetzt, dass sie den Bürgermeister ihrer Wahl erfolgreich eingesetzt haben. Sie glauben, sie könnten jetzt jeden Angriff auf die Arbeiter ungehindert durchsetzen. Aber sie könnten sich täuschen. Die Wahlen haben nur die Bühne für kommende Klassenschlachten bereitet.

Die Socialist Equality Party wird in den kommenden Monaten unermüdlich weiter kämpfen, um den Widerstand der Arbeiter in Detroit und im ganzen Land zu organisieren und zu führen. Ich rufe all jene auf, die meinen Wahlkampf unterstützt und mich gewählt haben, auch den nächsten Schritt zu tun: Studiert unser Programm und entscheidet euch, der Socialist Equality Party beizutreten."

Siehe auch:
Wahlkampf der Socialist Equality Party (USA): D’Artagnan Collier kandidiert als Bürgermeister von Detroit
(31. Juli 2009)