Jahrestag der Anti-Schah-Revolution im Iran:

Regime versucht "nationale Einheit" zu demonstrieren

Hunderttausende Iraner strömten am 11. Februar auf den Freiheitsplatz oder Azadi in Teheran, wo eine der mehr als 800 Massenversammlungen stattfand, die im Iran anlässlich des 31. Jahrestags des Volksaufstands stattfanden, durch den die brutale von den USA gestützte Diktatur von Schah Reza Pahlevi gestürzt wurde.

Die USA und ihre europäischen Verbündeten verschärfen die Drohungen gegen den Iran und die "grüne" bürgerliche Oppositionsbewegung bestreitet die Legitimität der Regierung. Deshalb war die herrschende Elite der Islamischen Republik entschlossen, nationale Einheit und große Unterstützung durch die Bevölkerung zu demonstrieren.

Demonstranten trugen Plakate von Ajatollah Khomeini, dem offiziellen Gründes der Islamischen Republik und von Ajatollah Khamenei, dem derzeitigen Obersten Führer oder Wächter. Sie riefen Slogans, in denen sie Israel und die USA verdammten.

In seiner Ansprache vor der Menge auf dem Azadi-Platz klagte Mahmoud Ahmadinedschad die "herrschenden Mächte" an, gegen den Iran und sein Atomprogramm zu sein, weil sie den nahen Osten beherrschen wollten. "Ein freier Iran, ein entwickelter, ein mächtiger Iran," erklärte Ahmadinedschad, "wird als Bedrohung für dieses Ziel gesehen. Dies ist das Geheimnis hinter der Feindschaft gegen den Iran in den vergangenen 31 Jahren."

Dann verkündete Ahmadinedschad, dass der Iran den Großmächten zum Trotz begonnen habe, auf 20 Prozent angereichertes Uran zu produzieren, um einen Reaktor zu beschicken, der medizinische Isotope produzieren soll, die zur Behandlung von Krebspatienten notwendig sind.

"Unsere (nuklearen) Aktivitäten", sagte Ahmadinedschad, "sind transparent und unter Kontrolle der IAEO (Internationale Atomenergie Behörde)."

"Wenn wir sagen", fuhr er fort, "wir bauen keine Bomben, dann meinen wir das so. Wir glauben nicht an den Bau von Bomben. Wenn wir eine Bombe bauen wollten, dann würden wir das ankündigen."

Der Rat für die Koordination zur Propagierung des Islam, der die offiziellen Feierlichkeiten und Erinnerungstage der Islamischen Republik zu organisieren hat, gab eine Erklärung "im Namen der Demonstranten" heraus. Er erklärte das theokratische Prinzip der velayat-e faqih ( der Herrschaft des obersten Wächters oder Führers) als entscheidenden Garanten für nationale Einheit und den republikanischen und islamischen Charakter des Staates.

Die Grüne Oppositionsbewegung hatte angekündigt, die Erinnerungsfeierlichkeiten nutzen zu wollen, um die Behauptung des Regimes Khamenei-Ahmadinedschad zu bestreiten, rechtmäßiger Erbe der Revolution von 1979 zu sein.

Die wichtigsten Grünen Führer, Hossein Mussawi und Medhi Karroubi, die beide im Juni 2009 gegen Ahmadinedschad kandidiert hatten, sowie der frühere Präsident Mohammad Khatami, drängten ihre Unterstützer, massenhaft auf die Straße zu gehen. Sie fügten aber die Aufforderung hinzu, die Rechtmäßigkeit der Islamischen Republik nicht in Frage zu stellen oder die Konfrontation mit den Sicherheitskräften und der regierungsfreundlichen Basidsch Miliz zu suchen.

Die Befürworter der Grünen Bewegung unter den rechten iranischen Emigranten in den USA und die westlichen Medien waren nicht so umsichtig. Sie befürworteten offen eine Wiederholung der Proteste vom 27. Dezember, dem Ashura-Tag, an dem Zehn-, möglicherweise sogar Hunderttausende Oppositionelle auf die Straßen gegangen waren und die offiziellen Feierlichkeiten ausgenutzt und gestört hatten. Dabei war es - manchmal auf ihre eigene Initiative hin - zu Zusammenstößen mit Polizei und Basidsch-Milizen gekommen.

Mohsen Sazegara, ein ehemaliger hoher Repräsentant der Islamischen Republik, der jetzt regelmäßig in der persischsprachigen Sendung der Stimme Amerikas spricht, rief z.B. den 11. Februar zum "entscheidenden Tag aus, an dem Millionen Oppositionelle die Machtverhältnisse zu ihren Gunsten verändern" könnten.

Obwohl es wegen der Beschränkungen der Medien nicht möglich ist festzustellen, wie groß die oppositionellen Aktivitäten an diesem Tag wirklich waren, ist doch klar, dass die Regierung die Proteste erfolgreich marginalisieren und unterdrücken konnte. Sie war dazu in der Lage, weil sie ihre Anhänger massenhaft mobilisieren und einen gewaltigen Sicherheitsapparat einsetzen konnte.

Das Time Magazin, das kaum als Anhänger des iranischen Regimes anzusehen ist, erkannte in einem Artikel mit dem Titel "Irans Jahrestag: Wo war die Opposition?" an, dass nur wenige Anzeichen des Protestes zu sehen waren. Während der einstündigen Rede Ahmadinedschads auf dem Azadi Platz habe es nur ein "Zeichen des Protests" gegeben- ein Demonstrant hielt ein durchgestrichenes Plakat von Khomeini hoch. Es wurde rasch beschlagnahmt.

"In einer Seitenstraße standen 20 Basidsch Motorräder," so berichtet Time weiter, " und junge Motorradfahrer standen dabei und schwatzten und lachten - was sehr im Gegensatz zu früheren Protesten stand. Bei denen waren die Basidsch ständig unterwegs, um auf die Proteste der Opposition auf den verschiedenen Plätzen [in Teheran] zu reagieren... Wenn es doch sporadisch auf den Straßen zu Auseinandersetzungen kam, dann waren diese unbedeutend und buchstäblich isoliert."

Den meisten Berichten zufolge, auch auf den Websites der Sympathisanten der Opposition, war dies im gesamten Iran so. Die Versammlungen der Opposition umfassten nirgends mehr als einige Tausend und meistens weniger.

Ohne Frage hatte sich das Regime sehr bemüht, die Opposition daran zu hindern, ihre früheren Erfolge anlässlich offizieller Feierlichkeiten zu wiederholen, indem sie diese zu Gegendemonstrationen nutzten.

Mussawi und Karroubi wurden physisch daran gehindert, auf den Azadi-Platz oder einen anderen Versammlungspunkt der Opposition zu gelangen. Zehntausende von Sicherheitskräften patrouillierten sichtbar auf den Straßen von Teheran. Internet- und Mobiltelefonverbindungen waren gekappt.

In den Tagen vor den Feiern vom 11. Februar, verkündeten Regierungsvertreter, oppositionelle Proteste würden nicht geduldet. Der Kommandeur der Islamischen Revolutionsgarden General Hossein Hamadani, hatte gewarnt: "An diesem Tag werden scharfe Maßnahmen gegen die Opposition ergriffen." Der Vorbeter des Freitagsgebets Ahmad Khatami sagte, am Tage des Sturzes des Schahs würde die Opposition "aufgelöst und für immer zum Schweigen gebracht."

Zur Einschüchterung wurden kürzlich neun Menschen zum Tode verurteilt, weil sie sich an den Protesten der Opposition beteiligt hatten.

Auch wenn man all dies in Betracht zieht, dann spricht die Unfähigkeit der Opposition, die Sicherheitsmaßnahmen der Regierung zu durchbrechen, doch dafür, dass sie nur über eine relativ geringe soziale Basis verfügt.

Die Grüne Bewegung oder Revolution wurde von den westlichen Medien, der Obama-Regierung und dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem britischen Premierminister Gordon Brown, um nur die Bekanntesten zu nennen, als "Demokratisierungsbewegung" präsentiert. In Wirklichkeit steht sie jedoch für eine Fraktion der iranischen bürgerlichen und klerikalen Oberschicht, die hofft ihre Privilegien zu sichern und auszuweiten, indem in der Wirtschaft des Iran neoliberale Reformen beschleunigt und ein Übereinkommen mit den USA durchgesetzt werden.

Der größte Teil ihrer Unterstützung rekrutiert sich aus den Mittelschichten, vor allem aus der oberen Mittelklasse von Teheran und den wenigen anderen städtischen Zentren. Diese Schicht sträubt sich gegen die vielen religiösen Beschränkungen, die ihnen vom iranischen Regime auferlegt werden. Aber sie ist gleichgültig oder in vielen Fällen sogar höchst feindselig gegen die sozialen Bedürfnisse der Arbeiterklasse und der ländlichen Armen, die nach zwei Jahrzehnten "wirtschaftlicher" Reformen, unter wachsender Armut und wirtschaftlicher Unsicherheit leiden.

Ein nicht unbeträchtlicher Teil von Irans "westlich orientierter" Mittelklasse und ihre Vertreter im Exil bedauern jetzt, dass sie den Sturz des Schahs unterstützt haben, wenn sie ihn überhaupt jemals unterstützt haben.

Die Zerfaserung des oppositionellen Protests am 11. Februar könnte auch auf Spaltungen und Schwankungen innerhalb des mit der Grünen Bewegung sympathisierenden Teils des islamischen Establishments hindeuten, nachdem die USA und die europäischen Mächte ihre Provokationen und Drohungen gegen den Iran verstärkt haben.

Hashemi Rafsandschani, Expräsident und derzeitiger Leiter zweier wichtiger Staatsorgane der Islamischen Republik, unterstützte Mussawis Präsidentschaftskandidatur und die darauf folgende Kampagne gegen die angebliche Fälschung der Wahlen. Aber in den Vorbereitungen auf die Feierlichkeiten vom 11. Februar, an denen er an prominent teilnahm, betonte Rafsandschani die Notwendigkeit von "nationaler Einheit" als Antwort auf den Druck auf die Islamische Republik aus dem Ausland.

Das Regime Ahmadinedschad-Khamenei seinerseits versucht, die berechtigte Opposition der iranischen Massen gegen die Schikanen der USA und ihrer Verbündeten und die offene Feindschaft großer Massen gegen die neoliberalen Bestrebungen des Grünen Reformlagers für sich auszuschlachten.

In seiner Rede am Revolutionstag wies Ahmadinedschad auf die Geschichte der Unterdrückung und Ausplünderung durch die Großmächte, besonders den britischen und den US-Imperialismus hin und schwor, dass sich der Iran nicht mehr herumstoßen lasse. Er machte sich auch über die Überheblichkeit Washingtons und seiner Verbündeten lustig, die "die Atomfrage als Vorwand benutzen", obwohl "ihre eigenen Waffenlager mit Atomwaffen überquellen." "Sie haben diese Technologie monopolisiert", fuhr Ahmadinedschad fort, "und wollen die iranische Nation daran hindern, sie zu entwickeln."

Ahmadinedschad gab sich als Gegner des Kapitalismus aus. Er hielt den Artikel 44 der Verfassung hoch, der vorschrieb, dass Schlüsselindustrien in den Händen des Staates bleiben und Preise, die für die wirtschaftliche Macht des Iran ausschlaggebend sind, subventioniert werden müssten. Das war jedenfalls so lange der Fall, bis er mit Zustimmung Khameneis geändert wurde.

Dass er das wagen konnte, erklärt sich zum Teil durch den rechten Charakter der Grünen Opposition, die ihn ununterbrochen angegriffen hat, weil er zuviel Geld für Sozialprogramme und an die Armen verschwendet habe.

Seine Regierung hat jedoch selbst die Privatisierung vorangetrieben und kürzlich ein Programm aufgelegt, um in fünf Jahren Preissubventionen im Wert von 100 Milliarden Dollar für Lebensmittel, Energie und andere wichtige Güter und Dienstleistungen auslaufen zu lassen. Für Millionen, wenn nicht zig Millionen Iraner waren diese Subventionen lebenswichtig und bewahrten sie davor, in Elend und Armut zu versinken.

Ahmadinedschad ließ in seiner Rede auch eine Verdammung des Marxismus nicht fehlen. Und das nicht ohne Grund.

Während der drei Jahrzehnte der Islamischen Republik hat ihre bürgerlich-klerikale Elite die Arbeiterklasse und die Linke rücksichtslos unterdrückt, weil ihre eigenen Erfahrungen aus der Revolution von 1979 ihr vor Augen führten, was ihr von der Arbeiterklasse droht, wenn diese als handelndes Subjekt für eine neue gesellschaftliche Ordnung auf der Grundlage von sozialer Gleichheit auftritt.

Wenn die Arbeiterklasse ihr Potential nicht realisieren konnte, dann weil sie in die Irre geführt wurde. Die stalinistische Tudeh-Partei und andere angeblich marxistische Gruppierungen ordneten die Arbeiterklasse Khomeini und einem Teil des schiitischen Klerus unter, weil die Revolution angeblich die Grenzen eines "antiimperialistischen" bürgerlich-nationalen Regimes nicht überschreiten konnte und durfte.

Die imperialistischen Mächte bereiten sich auf einen Machtkampf mit dem Iran vor und die gesellschaftlichen Widersprüche innerhalb der Islamischen Republik erreichen den Siedepunkt. Deswegen ist der Aufbau einer unabhängigen politischen Bewegung der Arbeiterklasse gegen alle Fraktionen der iranischen Bourgeoisie und des Imperialismus die entscheidende Frage.

Siehe auch:
Iran: Die Führer der Grünen Opposition suchen den Kompromiss
(3. Februar 2010)
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