Die Ukraine und das Ende der "Orangenen Revolution"

Die "Orangene Revolution" in der Ukraine ist am Ende. Das steht fest, seitdem Viktor Juschtschenko in der Präsidentschaftswahl im Januar eine vernichtende Niederlage erlitten, und Viktor Janukowitsch die Stichwahl vom 7. Februar gewonnen hat.

Nach fünf Jahren "orangener" Regierung geht es der Mehrheit der Bevölkerung schlechter als vorher, während die Clans der Oligarchen und die Politiker genauso korrupt und kriminell wie eh und je operieren.

Das Debakel der vom Westen unterstützten Politiker, die 2004 an die Regierung gekommen waren, setzte sich diese Woche fort, als die Koalition im ukrainischen Parlament zusammenbrach, die die bisherige Ministerpräsidentin und ehemalige Ko-Führerin der "Orangenen Revolution", Julia Timoschenko, gestützt hatte.

Für den 3. März ist ein Misstrauensvotum angekündigt, das Timoschenko fast sicher ihr Amt als Ministerpräsidentin kosten wird. Timoschenko hat allerdings nicht nur das Vertrauen des ukrainischen Parlaments verloren. Sie hat vor allem das Vertrauen der Regierung in Washington verloren, die sie in der "Orangenen Revolution" unterstützt hatte, und das Vertrauen der europäischen Mächte und Russlands. Diese Mächte verlegen sich jetzt darauf, von der neuen Janukowitsch-Regierung Sparprogramme zu verlangen.

Dieses Mal ignorierte die "internationale Gemeinschaft" Timoschenkos Vorwürfe der Wahlfälschung gegen Janukowitsch und zwang sie damit, ihr gerichtliches Vorgehen gegen die Abstimmung fallen zu lassen. 2004 hatten die USA und die westeuropäischen Mächte ähnliche Vorwürfe Timoschenkos und Juschtschenkos aufgegriffen und die Wiederholung der Wahl erzwungen, die offiziell von Janukowitsch gewonnen worden war. Im zweiten Anlauf waren die "orangenen" Führer dann siegreich.

Damals lobten die amerikanischen und westlichen Medien Juschtschenko und Timoschenko als "Demokraten" an der Spitze einer Volksrevolution. Das war ein Betrug. Washington finanzierte und unterstützte jene Gruppen, die die Proteste in Kiew organisierten. Sie protestierten gegen den angeblichen Diebstahl der ersten Abstimmung durch Janukowitsch, der ein Verbündeter Russlands ist. Das Ziel war, ein US-freundliches Regime an die Macht zu bringen, das das Land für amerikanisches Kapital öffnen und die Bestrebungen der USA unterstützen sollte, Moskau aus den traditionellen russischen Einflusssphären zu verdrängen.

Ein großer Teil der russischen Erdgasexporte wird auf dem Weg nach Westeuropa über ukrainisches Hoheitsgebiet geleitet, und die Schwarzmeerflotte der russischen Marine ist im ukrainischen Hafen Sewastopol stationiert.

Juschtschenko und Timoschenko hatten schon in der Vorgänger-Regierung von Leonid Kutschma Positionen inne. Sie repräsentieren rivalisierende Gruppen ukrainischer Oligarchen, die ihre Rivalen im Osten des Landes, deren Vertreter Janukowitsch war, von der Macht verdrängen wollten, um sich selbst zu bereichern.

Juschtschenko war schon seit Jahren ein politischer Insider der nachsowjetischen Ukraine. Bevor er 1999 zum Ministerpräsidenten ernannt wurde, war er Chef der Zentralbank. Juschtschenko entdeckte seine "demokratische" Opposition gegen Kutschmas Herrschaft erst, als er dessen Gunst verlor und 2001 als Ministerpräsident abgelöst und durch Janukowitsch ersetzt wurde.

Janukowitsch ist der langjährige Vertreter der Oligarchen aus dem industriellen Herzen der Ukraine, dem Donez-Becken. Seine Bewerbung um die Präsidentschaft als Nachfolger Kutschmas wurde vom Kreml unterstützt.

Timoschenko spielte in der postsowjetischen Orgie der Selbstbereicherung eine ähnliche, aber lukrativere Rolle. Sie und ihr Ehemann scheffelten in den 1990er Jahren ein Vermögen mit dem Erdgasexport. Kutschma ernannte sie 1999 zu Juschtschenkos Stellvertreterin. Als sie gemeinsam mit Jutschenko ihr Amt verlor, ging sie mit ihm ein zeitweiliges Bündnis ein, und sie wurden unversöhnliche Gegner Kutschmas und Janukowitschs.

Sie bedienten sich anti-russischer Demagogie und ukrainischem Nationalismus, um in den ländlicheren Gebieten der Westukraine Unterstützung zu mobilisieren. Bei ihren Wahlkämpfen zum Parlament 2002 und bei Juschtschenkos Präsidentschaftskandidatur 2004 beuteten sie auch den Umstand aus, dass vor allem junge Menschen die offizielle Korruption zutiefst ablehnten.

Die Inthronisierung Juschtschenkos und Timoschenkos in der Ukraine reihte sich in die Serie von "Farbenrevolutionen" ein, bei denen der US-Imperialismus die Fäden zog. Die Washingtoner Regierung griff mit den gleichen Methoden in der Ukraine ein, mit denen sie im Jahr zuvor die Palastrevolte in der ehemaligen Sowjetrepublik Georgien, die so genannte "Rosenrevolution", organisiert hatte.

Ähnlich wie in der Ukraine hat auch die "Farbenrevolution" in Georgien ein verachtetes, unstabiles und antidemokratisches Regime hervorgebracht. Der georgische Präsident Michael Saakaschwili unterdrückt seine politischen Gegner gewaltsam, hat einen verantwortungslosen Krieg gegen Russland vom Zaun gebrochen, der katastrophale Folgen hatte, und steckt bis zum Hals im Sumpf der Korruption.

Die Liquidierung der Sowjetunion war der Schlussstein des Verrats des Stalinismus, und ihre Folgen haben im Negativen bewiesen, dass eine fortschrittliche Entwicklung in sozialer, ökonomischer und demokratischer Hinsicht nur auf der Grundlage der Errungenschaften der bolschewistischen Revolution von 1917 und ihrer internationalen Ausdrehung erreicht werden kann. Mit dem Auseinanderbrechen der Sowjetunion sind die Ukraine, Georgien und die anderen ehemaligen Sowjetrepubliken mehr oder weniger auf den Status von wirtschaftlichen Kolonien einer oder mehrerer Großmächte herabgesunken.

Die Putsche in der Ukraine und Georgien unter Orangen- und Rosen-Vorzeichen waren Episoden in Washingtons Versuch, die Einflussgebiete in der ehemaligen Sowjetregion im eigenen Interesse neu zu bestimmen. Aber der amerikanische Imperialismus befindet sich weltweit im Niedergang, und besonders in Afghanistan versinkt er im Morast. So musste die Washingtoner Regierung ihre Ambitionen in der Region vorerst zurückschrauben.

Die Obama-Regierung hat Moskau zu verstehen gegeben, dass sie die Osterweiterung der Nato auf Georgien und die Ukraine nicht weiter aktiv betreiben werde. Als Gegenleistung erwartet sei eine gewisse Unterstützung für ihren Krieg in Afghanistan und für neue Sanktionen gegen den Iran.

Die europäischen Mächte mit Deutschland an der Spitze begrüßen den Stopp der Nato-Erweiterung, die sie schon immer als ein stark destabilisierendes Element in ihren Beziehungen mit Russland gesehen haben. Sie hoffen, von der Energiewirtschaft und der Metallindustrie der Ukraine profitieren zu können. Wenn nötig, sind sie bereit, die Profite mit Moskau zu teilen.

Als Ausdruck dieser Machtverhältnisse besuchte Janukowitsch als erstes die Führer der Europäischen Union in Brüssel. Erst danach flog er zu Gesprächen mit dem Kreml nach Moskau.

Janukowitschs Hintermänner sehen die Ukraine als Billiglohngebiet für das europäische Kapital. Der neue Präsident ist bereit, die Angriffe auf die ukrainische Arbeiterklasse zu verschärfen, um den Forderungen der EU-Bürokraten und internationalen Investoren nachzukommen.

Die Behauptungen der ukrainischen und westlichen Medien, das Erbe der "Orangenen Revolution", nämlich die Stärkung demokratischer Institutionen, überdauere die Schwächen und Fehler der Juschtschenko-Regierung, sind lächerlich. Um der ukrainischen Arbeiterklasse die Diktate der internationalen Banken aufzuzwingen, werden Janukowitsch und der kommende Ministerpräsident zu Herrschaftsmethoden greifen müssen, die nichts mehr mit demokratischen Gepflogenheiten zu tun haben.

Siehe auch:
Weitere politische Turbulenzen nach der Präsidentschaftswahl in der Ukraine
(17. Februar 2010)
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