Honda-Arbeiter in China kehren an die Arbeit zurück

Arbeiter in einer Honda-Getriebefabrik in der südchinesischen Stadt Foshan haben letzten Freitag eine weitere Lohnerhöhung von 134 Yuan pro Monat errungen, nachdem sie mit weiteren Streiks gedroht hatten. Die Honda-Arbeiter begannen am 17. Mai mit einem Arbeitskampf und verstärkten die Streikmaßnahmen am 23. Mai, so dass sie die Produktion an den vier Honda Produktionsstandorten in China stilllegten. Die durch den Streik in Foshan verursachten Kosten betrugen angeblich 5,85 Millionen US-Dollar pro Tag.

Letzten Montag wurde eine einstweilige Übereinkunft getroffen, nachdem die Geschäftsleitung einer 24 prozentigen Lohnerhöhung des monatlichen Basislohns oder einer Erhöhung um 336 Yuan (53,60 US-Dollar) zugestimmt hatte. Es kam jedoch nicht zur vollständigen Wiederaufnahme der Arbeit, da eine Gruppe von Arbeitern sich weigerte, das Abkommen anzunehmen. Hondas Produktionswerke in Guangzhou und Wuhan waren weiterhin nicht imstande, die Arbeit komplett wiederaufzunehmen, da es an Getrieben aus der Fabrik in Foshan fehlte.

Letzten Monat haben sich die streikenden Arbeiter im Anschluss an einen Streit mit den Vertretern des staatlich gelenkten Gesamtchinesischen Bunds der Gewerkschaften (All China Federation of Trade Unions - ACFTU) entschlossen, die Vermittler der Gewerkschaft zu umgehen, die als Vertreter der Firma agierten. Als die lokale Niederlassung der Gewerkschaft fürchtete, weiter diskreditiert zu werden, veröffentlichte sie einen offenen Brief, in dem sie sich für die Ereignisse entschuldigte. Doch die Honda-Arbeiter wählten trotzdem ein eigenes 16-köpfiges Verhandlungskomitee.

Während den Verhandlungen von letztem Freitag beharrten die Arbeiter weiterhin auf den nicht erfüllten Forderungen, einschließlich einer jährlichen Lohnerhöhung von 15 Prozent, der Wiedereinstellung der entlassenen Streikführer, sowie der Lohnfortzahlung während des Streiks und auf dem Recht, eine neue Gewerkschaftsführung zu wählen.

Die Geschäftsleitung stimmte lediglich einer monatlichen Lohnerhöhung von insgesamt höchstens 500 Yuan zu (einschließlich der vorherigen Erhöhung), was immer noch weniger war, als die 800 Yuan, die von den Arbeitern gefordert wurden. Ein Arbeitervertreter, der bei den Verhandlungen dabei war, berichtete der Südchinesischen Morgenpost: "Dies bedeutet, dass wir nicht mehr streiken werden, zumindest nicht in naher Zukunft."

Die Forderung der Arbeiter, die Gewerkschaften zu restrukturieren, hat die Alarmglocken in Peking klingeln lassen. Die Regierung hat das Streikrecht im Jahr 1982 aus der Verfassung gestrichen und hat seitdem alle unabhängigen Arbeiterorganisationen verboten. Die Führung der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) hat darauf verzichtet, den Streik durch die Polizei unterdrücken zu lassen, weil sie fürchtete, dass dies zu weiteren Streiks und Protesten geführt hätte.

Die Getriebefabrik von Honda befindet sich in einem riesigen Industriepark, in dem sich Unternehmen befinden, die Flachbildschirme, Autoteile, Haushaltsgeräte, Halbleiterdioden und Windenergie-Bauteile produzieren. Aus Angst, ihre Beschäftigten könnten dem Beispiel des Honda-Streiks folgen, haben viele Fabriken in der Umgebung die Löhne erhöht.

Ein weiterer Streik von Arbeitern in der Autoindustrie erfolgte in der letzten Maiwoche. Hunderte von Arbeitern protestierten in der staatlichen Qijiang Getriebe-Fabrik in Chongqing, nachdem ein Arbeiter auf dem Fabrikgelände wegen physischer Überlastung gestorben war. Am 23. Mai zerstörten die Arbeiter ein Fabriktor, organisierten einen kompletten Streik am darauffolgenden Tag und hielten den Sarg mehrere Tage lang als Zeichen des Protests gegen die Geschäftsleitung zurück.

Der Vorfall brachte die tief sitzende Wut unter den Arbeitern in der Quijiang Getriebefabrik zutage, die für harte Handarbeit wenig mehr als 88 US-Cents pro Stunde verdienen. Die schwere körperliche Arbeit beinhaltet das Heben von bis zu neun Tonnen Eisen pro Tag. In einem Beitrag im Online-Forum auf der Webseite Baidu wurde beschrieben, dass die Zustände in der Fabrik schlimmer seien als bei der Kehrichtabfuhr. Gleichzeitig berichten Arbeiter von schwerwiegender Korruption bei den Geschäftsleitern und den Vertretern der KPCh in der Firma, die mehrere hundert Mal mehr verdienen als die Arbeiter.

Wenige Tage vor dem Honda-Streik, hat der höchste ACFTU-Vertreter Zhang Jianguo der Zeitung "China Daily" erklärt, dass der Anteil des Bruttoinlandproduktes, der für Löhne aufgewendet wird, 22 Jahre in Folge stets gesunken sei, von anfänglich 57 Prozent im Jahr 1983 auf gerade mal 37 Prozent im Jahr 2005. Er warnte davor, dass die niedrigen Löhne, langen Arbeitszeiten und die schlechten Arbeitsbedingungen von Millionen Arbeitern Konflikte und Massenaufstände hervorrufen werden, die eine ernste Bedrohung für die Stabilität der Gesellschaft darstellen.

Eine Reportage über den Honda-Streik, die am zweiten Juni im Magazin "China Newsweek" erschien, erläutert einige der zugrundeliegenden Probleme, welche die Unruhen hervorbringen. Der Bericht enthält einige Hintergrundinformationen über den Streikführer in der Hondafabrik, Tan Ziqing, der gerade mal 24 Jahre alt ist.

Tan ist wie viele junge Arbeiter, die vom Land in die Städte ziehen. Er stammt von einem kleinen Bauernhof in der Provinz Hunan und war gezwungen, nach Arbeit zu suchen, nachdem er es im Jahr 2004 nicht an eine Universität geschafft hatte. Seine drei Lohnerhöhungen während den drei Jahren, die er bei Honda gearbeitet hatte, machen zusammengenommen gerade mal 100 Yuan von seinem Monatslohn aus. Nach Abzug aller Steuern und Sozialversicherungsbeiträge verdient er weniger als 1.300 Yuan im Monat. Nach Abzug für Miete und dem Geld für Essen, schickte Tan das meiste seines Gehalts nach Hause und lebte fast wie ein Mönch. Seine einzige Freizeitbeschäftigung waren Diskussionen über das Internet. Sein Lohn war höher als bei den meisten anderen - der Durchschnittslohn bei Honda beträgt lediglich 1.100 Yuan und Schulpraktikanten, welche die Hälfte der Belegschaft ausmachen, erhalten weniger als 900 Yuan.

Die Dorfbewohner dachten, Tan hätte eine gute Arbeitsstelle bei einem der 500 größten Unternehmen weltweit. Aber Tan konnte das "Wunder" aus den 1990er Jahren nicht wiederholen, als Gastarbeiter vom Land, die 1.000 Yuan pro Monat verdienten, ihre Familie unterstützen konnten, um Häuser zu bauen und Fernseher zu kaufen. Die Löhne in den Fabriken sind auf dem gleichen Niveau wie in den frühen 1990er Jahren geblieben.

Besser ausgebildet als viele andere Arbeiter, interessierte sich Tan für frühere Kämpfe der Arbeiterklasse, wie beispielsweise den Streik in Hongkong und Kanton, der zu der Chinesischen Revolution in den Jahren 1925 bis 1927 führte. Er berichtete der "China Newsweek", dass die Arbeiter früher einfach den Arbeitsplatz verließen, wenn die Löhne zu niedrig waren. Er entschied sich jedoch dafür, einen Streik zu organisieren und die alte Methode des Klassenkampfes wiederaufleben zu lassen, die seit der Chinesischen Revolution im Jahre 1949 verboten war.

Tan und ein weiterer Arbeiter starteten den Streik am 17. Mai. Anfangs war die Reaktion schwach, doch über Kurznachrichten per Mobiltelefon hat sich die Nachricht schnell verbreitet und der Streik gewann die Unterstützung von weiteren Arbeitern und den Praktikanten. Der erste Streik endete, als die Geschäftsleitung versprach, sich der Forderungen der Arbeiter anzunehmen, doch als die Verhandlungen lediglich eine Lohnerhöhung um 55 Yuan brachten und nichts für die Praktikanten, brach der Streik am 23. Mai wieder aus. Dieses Mal war die Reaktion viel stärker, als die Geschäftsleitung bekannt gab, dass Ten und die anderen Mitorganisatoren entlassen würden. Die Arbeiter versammelten sich auf dem Basketball-Feld und sangen die Internationale und das revolutionäre Lied "Einheit ist die Macht".

"China Newsweek" berichtete, dass die Praktikanten aus den technischen Schulen zu den aktivsten Unterstützern des Streiks zählten. Diese arbeiten als billige Arbeitskräfte für Honda in der Hoffnung, später als Vollzeit-Arbeitskräfte angestellt zu werden. Der Artikel erläutert: "Dies ist auch bei anderen Unternehmen im Pearl-River-Delta der übliche Weg, die eine große Anzahl von Praktikanten anstellen, um die Produktionskosten zu senken."

Viele dieser jungen Studenten bei Honda sind schwer enttäuscht von ihrem Lohn, der kaum über dem Mindestlohn in der Provinz Guangdong liegt. Obschon die chinesische Regierung die Schulen angewiesen hat, auf die Schüler Druck auszuüben, erzählte ein hilfloser Schulvorsteher dem Magazin "China Newsweek", dass die neue Generation von Arbeitern ihr Schicksal in den Fabriken nicht einfach so akzeptieren werde. Die Ideen der Kinder seien heute sehr viel komplexer, klagte er.

Auch wenn der Streik bei Honda für den Moment beendet ist, bleiben die zugrundeliegenden Probleme weiterhin bestehen. Das Unternehmen hat gewisse Zugeständnisse bei den Löhnen gemacht, doch die Forderungen der Arbeiter, von den staatlichen Gewerkschaften unabhängige Organisationen zu gründen, bringt sie auf Kollisionskurs mit der Regierung. Seit 1949, als die Kommunistische Partei Chinas die Macht eroberte, war sie gegenüber Bewegungen der Arbeiterklasse feindlich gesinnt und zögerte nicht, den staatlichen Polizei-Apparat gegen die Arbeiter einzusetzen.

Siehe auch:
Die chinesische Arbeiterklasse regt sich
(8. Juni 2010)
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