Fünfundzwanzig Jahre nach dem Bruch mit der Workers Revolutionary Party

Resolution des Parteitags der Socialist Equality Party

Die Socialist Equality Party (USA) hielt vom 11. bis zum 15. August in Ann Arbor (Michigan) ihren ersten regulären Parteitag ab. Die World Socialist Web Site veröffentlicht Beschlüsse und Berichte von diesem Kongress. Nach der Erklärung „Zum siebzigsten Jahrestag der Ermordung Leo Trotzkis“ veröffentlichen wir heute eine Resolution,, die am ersten Tag des Kongresses einstimmig angenommen wurde: „Fünfundzwanzig Jahre nach dem Bruch mit der Workers Revolutionary Party“.  

Der 1. Parteitag der Socialist Equality Party sendet seine wärmsten revolutionären Grüße an Gleichgesinnte und Genossen in allen Sektionen des Internationalen Komitees der Vierten Internationale.

Der Parteitag der SEP findet am Vorabend eines Jahrestages statt, der für die internationale Arbeiterklasse und die Entwicklung des Marxismus von entscheidender Bedeutung ist. Zum 25. Mal jährt sich der Bruch des Internationalen Komitees mit der britischen Workers Revolutionary Party. Dieser politische Kampf ebnete den Weg für eine außergewöhnliche Entwicklung des IKVI und des Trotzkismus. Er verteidigte und bereicherte die von Prinzipien geleiteten theoretischen und politischen Grundlagen, auf denen die Arbeit unseres Parteitags basiert.

Der Bruch von 1985 – 86 war der Höhepunkt von mehr als 30 Jahren Kampf gegen den Revisionismus innerhalb der Vierten Internationale. 1953 widersetzten sich die orthodoxen Marxisten unter Führung von James P. Cannon, dem Gründer der amerikanischen Socialist Workers Party, den weitreichenden Revisionen, die Michel Pablo und Ernest Mandel für das Programm der Vierten Internationale forderten. Angesichts des Versuches von Mandel und Pablo, die Vierte Internationale zu zerstören, schrieb Cannon seinen „Offenen Brief“, der das Internationale Komitee ins Leben rief, um Trotzkisten in aller Welt gegen das revisionistische Programm zu vereinigen. Die pablistische Tendenz repräsentierte eine kleinbürgerliche und opportunistische Rebellion gegen das revolutionäre Programm der Vierten Internationale. Mit der offenen Verkündung ihrer Absicht, den „alten Trotzkismus über Bord zu werfen“, verabschiedete sie sich vom revolutionären marxistischen Programm der Vierten Internationale und seiner Orientierung auf die Arbeiterklasse. Sie verleugnete den Kampf um die Macht auf der Grundlage des historischen Programms, das zur Oktoberrevolution geführt hatte und von Leo Trotzki verteidigt und weiterentwickelt worden war. Diese revisionistische Tendenz zielte darauf ab, die trotzkistische Bewegung in ein Anhängsel der stalinistischen, reformistischen und bürgerlich-nationalistischen Bewegungen zu verwandeln, die nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges politisch dominierten.

Die SWP gab im weiteren Verlauf der 1950er Jahre die Prinzipien auf, die sie beim Bruch mit Pablo und Mandel verteidigt hatte. Um 1963 eine prinzipienlose Wiedervereinigung mit den Revisionisten herbeizuführen, weigerte sie sich, die kritischen programmatischen Fragen zu diskutieren, die zum Bruch von 1953 geführt hatten,. Diesem Verrat widersetzte sich die britische Sektion des Internationalen Komitees unter der Führung von Gerry Healy. Obwohl das internationale Kräfteverhältnis die Revisionisten begünstigte, verhinderte Healys Kampf gegen die prinzipienlose Politik die Liquidierung der Vierten Internationale und gewann neue Kräfte für das Internationale Komitee. Die Workers League (Vorgängerin der Socialist Equality Party), die 1966 gegründet wurde, war das direkte Ergebnis des Kampfes der britischen Trotzkisten. Andere Sektionen des IKVI entwickelten sich in Sri Lanka, Deutschland und Australien. In den 1970ern begann die britische Organisation, in Workers Revolutionary Party umbenannt, in politische Vorstellungen zurückzufallen, die denen der Pablisten stark ähnelten. Die britische Führung schlug einen zunehmend nationalistisch orientierten Kurs ein. Sie begann, die internationale Bewegung als reines Anhängsel der Entwicklung der Partei in England anzusehen.

Hierbei traf die Workers Revolutionary Party auf den entschlossenen Widerstand der Workers League, der Vorgängerin der Socialist Equality Party in den Vereinigten Staaten. Die amerikanischen Trotzkisten hatten sich in eine ganz andere Richtung entwickelt. Während der gesamten 1970er Jahre hatte die Workers League die Aufarbeitung historischer Erfahrungen der trotzkistischen Bewegung, insbesondere den Kampf gegen den Revisionismus von Pablo und Mandel ins Zentrum ihrer Arbeit gestellt und eine entschlossene Wende zur Arbeiterklasse vollzogen.

Ab 1982 fand dieser Widerstand seinen klaren Ausdruck in einer grundlegenden Kritik der theoretischen und politischen Abweichungen der WRP durch den Genossen David North, den damaligen nationalen Sekretär der Workers League. North stellte die Preisgabe der Theorie der permanenten Revolution und die Anpassung an den bürgerlichen Nationalismus durch die in das Fahrwasser der pablistischen Bewegung geratene WRP bloß. Er analysierte auch die Beziehung zwischen dem politischen Opportunismus der WRP und Healys subjektiv-idealistischer Verfälschung der von Marx und Engels entwickelten materialistischen Philosophie. Diese theoretische Degeneration war Teil eines breiteren Angriffes auf den Marxismus, insbesondere auf den historischen Materialismus unter dem Einfluss der Frankfurter Schule und des sogenannten „westlichen Marxismus“.

Zwischen Oktober 1982 und Februar 1984 forderte die Workers League eine Diskussion ihrer ernsthaften theoretischen und politischen Kritik an dieser Rückwendung zum Pablismus. Healys Weigerung verhinderte die Möglichkeit, die wachsenden politischen Probleme innerhalb der WRP zu überwinden. Damit war der Weg frei für die organisatorische Krise, die im Sommer 1985 in der britischen Sektion ausbrach. In dieser Situation gewann die von North in den vorhergehenden drei Jahren entwickelte Kritik schnell Unterstützung im Internationalen Komitee und wurde zum Kristallisationspunkt einer neuen trotzkistischen Mehrheit im Internationalen Komitee, die die Opportunisten in der Führung der WRP in die Defensive drängte.

Alle Gruppierungen, die mit dem Internationalen Komitee brachen, bewegten sich schnell nach rechts und brachen auseinander. Die einzige lebensfähige politische Tendenz, die aus dem Zerfall der WRP entstand, war die, die von einer großen Gruppe britischer Genossen unter der Führung von Dave Hyland gebildet wurde und die sich zusammentat, um die Mehrheit des Internationalen Komitees und die Perspektive des Internationalismus zu unterstützen.

Die Bedeutung der Spaltung für die internationale Arbeiterklasse und für den Marxismus zeigte sich in der Vorwegnahme der großen historischen Ereignisse, die direkt danach ihren Lauf nahmen. So wie der Bruch mit den Pablisten 1953 am Vorabend einer historischen Krise des Stalinismus geschah – dem Arbeiteraufstand in Ostdeutschland 1953 und in Ungarn und Polen 1956, der Rede Chruschtschows, die viele von Stalins Verbrechen enthüllte –, so wurde der Bruch mit der WRP vollzogen, als die Krise des Stalinismus in ihre Endphase trat und zur Liquidierung der Sowjetunion durch die Bürokratie und die Wiedereinführung des Kapitalismus führte.

Der Zusammenbruch der stalinistischen Bürokratien war Teil einer größeren Krise, die alle Führungen der Arbeiterklasse erfasste – von den Stalinisten bis hin zu den Reformisten und der anti-kommunistischen AFL-CIO-Bürokratie in den USA – die sich alle auf ein nationales Programm stützten. Veränderungen in der Weltwirtschaft, vor allem die nie dagewesene globale Integration der kapitalistischen Produktion, entlarvten diese national-reformistischen Programme als unbrauchbar.

Die grundlegende Trennungslinie des Bruches war die zwischen revolutionärem Internationalismus auf der einen Seite und nationalem Opportunismus auf der anderen. Die Verteidigung des Internationalismus durch die Mehrheit der Sektionen des IKVI brachte die Bewegung in Einklang mit den tiefgehenden Veränderungen in der objektiven Situation und ihrem immensen revolutionären Potential. Die Spaltung setzte enorme theoretische und politische Kräfte frei, die die Grundlagen für eine mächtige Erneuerung der Perspektive des revolutionären Internationalismus schuf.

Zur Feier dieses wichtigen politischen Jubiläums drückt der 1. Parteitag der SEP den Genossen des IKVI, die im Kampf von 1985 – 86 eine zentrale Rolle spielten, seine große Wertschätzung aus – insbesondere Peter Schwarz und Uli Rippert von der deutschen Sektion, Nick Beams von der australischen Sektion und Dave Hyland und Chris Marsden, die die britische Opposition gegen die WRP-Opportunisten anführten.

Zum Jahrestag des Bruches mit der Workers Revolutionary Party zollt die Socialist Equality Party dem Andenken an Keerthi Balasuriya, dem Generalsakretär der Revolutionary Communist League, der Vorgängerin der srilankischen Socialist Equality Party, besonderen Tribut, dessen Tod im Alter von 39 Jahren der trotzkistischen Bewegung im Dezember 1987 einen ihrer größten Führer entriss.

Genosse Keerthi, dessen politische Prinzipen durch den Widerstand gegen den großen Verrat der Lanka Sama Samaja Party 1964 geformt wurden, war ein unversöhnlicher Verteidiger der Perspektive der Permanenten Revolution. Im Verlauf eines Jahrzehntes hatte ihn dies in einen Konflikt mit der Führung der WRP getrieben, die sich immer offener dem Stalinismus und dem bürgerlichen Nationalismus anpasste. 1985 leistete Genosse Keerthi seinen größten Beitrag zum Trotzkismus, indem er sich mit der Mehrheit der Sektionen des IKVI gegen die national-opportunistische Führung der WRP zusammenschloss und seine langjährige Erfahrung im Kampf gegen den Pablismus in diesen Kampf einfließen ließ. In den beiden Jahren vor seinem Tod spielte er eine entscheidende und unersetzliche Rolle in der politischen Wiederauferstehung des Internationalen Komitees.

Die weitreichenden Auswirkungen der Spaltung von 1985-86 sind mit jedem Jahr, das seitdem vergangen ist, klarer geworden. Der Bruch von 1985-86 ermöglichte die Transformation des Internationalen Komitees in eine programmatisch vereinigte internationale Bewegung. Dies wiederum führte zur Gründung der Socialist Equality Party und der World Socialist Web Site.

Das IKVI ist die einzige Partei auf diesem Planeten, die ihre Arbeit auf der Grundlage der Traditionen, der Theorie, der Prinzipen und des Programms des Marxismus verrichtet. Unter den Bedingungen der Krise des Kapitalismus und eines neuen Aufschwungs des internationalen Klassenkampfes wird das IKVI die bewusstesten, militantesten und aufopferungsvollsten Teile der Arbeiterklasse unter ihr Banner scharen.

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