Obama unterstützt Indiens Bemühungen um einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat

US-Präsident Barack Obama befürwortet Indiens lange geäußerten Wunsch nach einem ständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen.

Obama verkündete diesen Politikwechsel in seiner Rede vor dem indischen Parlament am Montagnachmittag – eine Rede, die als Höhepunkt seines dreitägigen Besuchs in Indien geplant war. Obama benutzte die Gelegenheit, um für eine globale strategische Partnerschaft zwischen dem US-Imperialismus und der indischen Bourgeoisie zu plädieren.

„In Asien und weltweit“, erklärte Obama, „ist Indien nicht einfach ein aufsteigendes Land, Indien ist schon aufgestiegen. Und es ist meine feste Überzeugung, dass die Beziehung zwischen den Vereinigten Staaten und Indien – auf der Grundlage unserer gemeinsamen Interessen und Werte - eine der entscheidenden Partnerschaften des 21. Jahrhunderts sein werden. Das ist die Partnerschaft, die ich hier schaffen wollte.“

Obamas Unterstützung für Indiens Bewerbung um einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat wurde in den US-Medien weitgehend und zu Recht als Schritt angesehen, der darauf abzielt, China zu provozieren; gegenüber China hat die Regierung Obama im Verlauf des letzten Jahres eine immer provokativere Haltung eingenommen. Die Washington Post nannte Obamas Unterstützung für Indien „eine machtvolle Bestätigung für die wachsende Wirtschaftsmacht und die globalen Ambitionen Indiens, die aber China durchaus verärgern könnte“.

Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Indien und China wachsen sehr schnell. Aber ihre Beziehung ist durch eine Reihe von Problemen belastet: ein ungelöster Grenzkonflikt, der Konkurrenzkampf um Öl und andere Rohstoffe für ihre wachsenden Wirtschaften, Indiens Ängste angesichts der engen Beziehungen Chinas zu Pakistan, Pekings wachsender Einfluss in ganz Südasien und Pekings Befürchtungen, dass Neu Delhi in einen von den USA angeführten asiatisch-pazifischen militärstrategischen Block hineingezogen wird.

Washington ist bestrebt, sich Indiens Bemühen zunutze zu machen, das aufstrebende China in Schach zu halten und, wenn nötig, ihm entgegenzutreten. Zu diesem Zweck hat es Neu Delhi während des letzten Jahrzehnts hartnäckig umworben; dazu gehörte auch eine erfolgreiche Kampagne, das dreißig Jahre alte internationale Embargo gegen den Handel mit ziviler Atomtechnologie mit Indien aufzuheben.

„Die Vereinigten Staaten“, erklärte Obama vor den Parlamentariern, „begrüßen nicht nur Indiens Aufstieg zur Weltmacht, wir unterstützen ihn begeistert, und wir haben daran gearbeitet, ihn zu einer Realität werden zu lassen.“

Im Vorfeld von Obamas Besuch in Indien – dem ersten Teil einer zehntägigen Reise durch vier asiatische Länder, von der China demonstrativ ausgeschlossen wurde, forderten mehrere Schlüsselfiguren der Vorgängerregierung unter George W. Bush, die USA müssten mehr tun, um die indisch-amerikanische Partnerschaft zu festigen. Sie schlugen z.B. auch vor, Washington solle in aller Öffentlichkeit Neu Delhis Kampagne für eine ständige Mitgliedschaft im Sicherheitsrat unterstützen.

Obamas Ankündigung lässt China als Außenseiter da stehen. China ist die einzige der gegenwärtigen fünf Veto-Mächte der UNO, die Indiens Wunsch, ständiges Mitglied des Sicherheitsrats zu werden, nicht öffentlich unterstützt hat.

Aber so wichtig, wie Obamas Ankündigung war – bis dahin hatte seine Regierung nur den Antrag Japans, der zweiten Achse ihrer Eindämmungspolitik gegen China, für einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat unterstützt –, so war sie doch weitgehend symbolisch.

Jegliche Reform des UN-Sicherheitsrats würde die Macht und die Vorrechte der jetzigen ständigen Mitglieder – USA, Russland, Großbritannien, Frankreich und China – verringern. Die relative wirtschaftliche und geopolitische Macht vieler dieser Mitglieder ist seit der Zeit stark geschrumpft, als die Sieger des 2. Weltkriegs die UNO schufen. Darüber hinaus würde die Erhebung neuer Staaten in den Status ständiger Mitglieder nicht nur die Macht der gegenwärtigen Mitglieder mindern, sondern auch das regionale geo-politische Kräftespiel verändern und damit in ein Wespennest stechen.

Der Ankündigung Obamas fehlten obendrein die genauen Details. Er erklärte nicht, ob die USA dafür eintreten, Indien ein Vetorecht einzuräumen, wie es die gegenwärtigen ständigen Mitglieder haben. (Es hat mehrere Vorschläge für einen minderen Rang für neue ständige Mitgliedern gegeben.) Und er hat Washingtons Unterstützung für Indiens Bewerbung um den Status eines ständigen Mitglieds des Sicherheitsrats an eine breitere, d.h. möglicherweise noch umstrittenere, Reform der UNO gebunden. Diese Reform zählt keinesfalls zu den wichtigsten diplomatischen und geopolitischen Prioritäten der USA.

In einem Gespräch mit Reportern über die Unterstützung der USA für eine ständige Mitgliedschaft Indiens im Sicherheitsrat, räumte der US-Staatssekretär des Auswärtigen Amts ein: „Dies wird zwangsläufig ein sehr schwieriger Prozess werden, der eine lange Zeit in Anspruch nimmt.“

Abgesehen davon können unter den Bedingungen einer Weltwirtschaftskrise und wachsender geopolitischer Spannungen Symbole eine große Bedeutung haben. Obama wollte sowohl an Neu Delhi als auch an Peking die eindeutige Botschaft übermitteln, wie weit die USA zu gehen bereit sind, um ihre Beziehungen zu Indien zu festigen.

Das erste Land, das auf Obamas Rede reagierte, war Indiens Erzrivale Pakistan. Der pakistanische Außenminister gab eine Erklärung heraus, in der er warnte, der Versuch, Indien zum ständigen Mitglied zu machen, würde „den Prozess“ der Reform des Sicherheitsrats „komplizierter“ machen. Er forderte die USA auf, nicht nur „machtpolitischen Überlegungen“ zu folgen. Die Erklärung wies auf „Indiens Verhalten in den Beziehungen zu seinen Nachbarn und seine fortgesetzten offenkundigen Verstöße gegen Resolutionen des Sicherheitsrats“ in Kaschmir hin; das seien ausreichende Gründe, warum Indien eine größere Macht in der UNO verweigert werden sollte.

Während seines gesamten dreitägigen Besuchs versuchte Obama, das beharrliche Buhlen um Neu Delhi, das den langfristigen strategischen Zielen des US-Imperialismus entspricht, mit der Notwendigkeit auszubalancieren, Islamabad nicht übermäßig zu verärgern.

Obama begann seinen Besuch in Mumbai; er wohnte im Taj Hotel, das eins der Ziele des Terrorangriffs vom November 2008 war, und hielt dort eine Rede. Indien hat Teile des pakistanischen Militär- und Geheimdienstapparats beschuldigt, Unterstützung bei der Organisierung des Angriffs geleistet zu haben. Aber zur weithin geäußerten Bestürzung der indischen Medien und der hinduistisch-rassistischen Bharatiya Janata Party (BJP), Indiens offizieller Opposition, erwähnte Obama in seiner Taj-Ansprache, in der er den Terrorismus verurteilte, Pakistan mit keinem Wort.

Obama prangerte die „sicheren Zufluchtsorte für Terroristen“ in Pakistan dann in seiner Rede vor dem indischen Parlament am Montag an. Aber er ermunterte Indien auch, einen Friedensdialog mit Pakistan aufzunehmen, während er gleichzeitig deutlich machte, dass Washington keineswegs die Absicht habe, eine Vermittlerrolle zwischen den beiden Staaten zu übernehmen, ganz zu schweigen davon, zu versuchen, eine Einigung zu erzwingen. Indien hat aufs Nachdrücklichste zu verstehen gegeben, dass jeder Versuch der USA, sich in seine Streitigkeiten mit Pakistan einzumischen, speziell in den explosiven Streit um Kaschmir, die indisch-amerikanische Partnerschaft aufs Spiel setzen würde.

Im Vorfeld von Obamas Besuch hatten Vertreter Pakistans erklärt, sie erwarteten vom US-Präsidenten, dass er das Problem Kaschmir – das sowohl Indien als auch Pakistan für sich beanspruchen und das 1947-48 zwischen ihnen aufgeteilt wurde – zur Sprache bringe. Im letzten Sommer wurden mehr als hundert Einwohner Kaschmirs getötet, als indische Sicherheitskräfte versuchten, umfangreiche Proteste in dem von Indien besetzten Jammu und Kaschmir niederzuschlagen; die Proteste richteten sich gegen Indiens Weigerung, die Besetzung des Bundesstaates zu beenden.

Aber den Wünschen seiner indischen Gastgeber entsprechend hat Obama offenbar während seines gesamten Besuchs in der Öffentlichkeit kein einziges Wort zu Kaschmir fallen lassen.

Dennoch war Indien nicht völlig zufrieden. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Obama bemühte sich der indische Premierminister Manmohan Singh mit Nachdruck, Indiens Weigerung zu begründen, den Friedensdialog mit Pakistan wiederaufzunehmen, der 2008 nach dem Angriff auf Mumbai ausgesetzt worden war; er beschuldigte Pakistan, auch weiterhin „Druck durch Terror“ auszuüben. Singh erklärte: „Man kann nicht Gespräche führen und gleichzeitig läuft die Terrormaschine weiter wie zuvor.“

Obamas Rede vor dem indischen Parlament war voller rhetorischer Schnörkel, die darauf abzielten, der indischen Elite zu schmeicheln und ihr Verlangen nach mehr Macht und Einfluss in Asien und weltweit zu unterstützen.

So äußerte er sich wortgewandt darüber, Indien sei zur Weltmacht „aufgestiegen“ und über das „wirtschaftliche Wunder“, das „mehrere zehn Millionen aus der Armut emporgehoben und eine der größten Mittelklassen der Welt geschaffen hat“ – und das in einem Land, wo Hunderte von Millionen unterernährt sind und drei Viertel der Gesellschaft von weniger als zwei Dollar pro Tag leben.

Obama machte deutlich, dass Washington eine mehrdimensionale Partnerschaft mit Indien anstrebt. Dazu gehören stetig wachsende Wirtschaftsbeziehungen, bei der den US-Firmen Zugang zu entscheidenden Bereichen wie Finanzdienstleistungen, Einzelhandel und dem Agrarsektor gegeben wird, in denen sie weltweit führend sind; außerdem eine militärisch-strategische Partnerschaft, deren Ziel es ist, wie Obama es ausdrückte, „Frieden und Sicherheit“ und „die Stärkung (internationaler) demokratischer Regierungsformen und Menschenrechte“ zu wahren.

Während Obamas Besuch gaben indische und amerikanische Vertreter mehrere wichtige Rüstungsverträge bekannt, darunter die bisher größte indische Waffenbestellung in den USA, ein Abkommen über den Kauf von zehn C-17 Globemaster III Militärtransportern.

Washington ist entschlossen, Indien zu großen Rüstungsaufträgen zu drängen, um wichtige Luftfahrt-Firmen und andere US-Waffenproduzenten zu unterstützen, aber auch um Indiens Militär von US-Zubehör und -Technologie abhängig zu machen.

Obwohl Obama es in seiner Rede nicht speziell angesprochen hat, so haben die USA dennoch ihre Unterstützung dafür deutlich gemacht, dass Indien eine größere Rolle bei der Überwachung des Indischen Ozeans, der regionalen Katastrophenhilfe und anderen Notfall-Interventionen spielen soll.

Aber trotz all der Floskeln Obamas, die die Vorstellung vermitteln sollten, die USA und Indien seien nun „zwei Weltmächte“ und zwei „große Demokratien“, die gemeinsam als Gleichberechtigte handeln, gab er einen kurzen aber gezielten Hinweis auf die wirkliche Beziehung, die die USA mit Indien anstreben. Fast zu Ende seiner Rede erklärte er unverblümt, mit der „größeren Macht geht auch eine höhere Verantwortung einher“; dann fuhr er fort und bekräftigte, Indien habe die „Verantwortung“, die Politik der USA in Bezug auf den Iran und Birma zu unterstützen.

Obama ignorierte die Tatsache, dass die USA willkürlich die Regeln der internationalen Atomaufsicht umformuliert haben, um den Iran zu schikanieren und zu zerrütten. Er forderte Indien auf, sich den USA anzuschließen, um zu gewährleisten, dass „jede Nation ihre internationalen Verspflichtungen“ erfüllt – „und dazu gehört auch die Islamische Republik des Iran“.

Obama kritisierte Indien ausdrücklich, weil es nicht sklavisch Washingtons eigennützigen und selektiven Menschenrechtskampagnen folgt. Routinemäßig werden Regierungen, die als Hindernis für die Interessen der USA angesehen werden, sei es der Iran, Kuba oder Zimbabwe, wegen ihrer repressiven Politik angeprangert, während die Verbrechen der autoritären Regime, die mit den USA verbündet sind, wie Saudi Arabien und Ägypten, entschuldigt und vertuscht werden – ganz zu schweigen von den entsetzlichen Verbrechen, die das US-Militär selbst in jüngster Vergangenheit im Irak und Afghanistan begangen hat.

„Angesichts der ... schwerwiegenden Verletzungen der Menschenrechte“, erklärte Obama, „ist es die Verantwortung der internationalen Gemeinschaft – insbesondere von Führern wie den USA und Indien – sie zu verurteilen. Wenn ich offen sein darf, so ist Indien in internationalen Foren diesen Fragen oft ausgewichen.“

Die indische Elite spekuliert darauf, dass sie sich die Vorteile einer engen Beziehung mit den USA sichern kann, ohne in eine abhängige Beziehung zu den USA zu geraten, die sie zum Erfüllungsgehilfen von Washingtons Zielen werden ließe. Sie würde dadurch zu einem Komplizen der USA, die durch Schikanen und Krieg versucht, ihre Vorherrschaft im Nahen Osten und Asien aufrechtzuerhalten.

Das ist eine gefährliche Spekulation, eine mit möglicherweise katastrophalen Folgen für die Menschen Südasiens und der Welt.

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