Perspektive

Die Rettungsaktion für Irland und die Notwendigkeit der Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa

Die Rettungsaktion der EU und des Internationalen Währungsfonds (IWF) für Irland macht deutlich, dass eine gesellschaftliche Katastrophe droht, wenn die internationalen Banken weiterhin ungehindert die staatlichen Haushalte plündern und die in Jahrzehnten errungenen Sozialleistungen zerstören dürfen.

Das Rettungspaket hat die Rolle der EU-Institutionen und der nationalen Regierungen als Diener der globalen Finanzaristokratie entlarvt. Keine einzige Regierung noch eine im Parlament vertretene Partei ist willens oder in der Lage, die ständig wachsende Macht des internationalen Finanzkapitals im Zaum zu halten.

Im Mai dieses Jahres haben EU und IWF eine 110-Milliarden-Finanzhilfe für Griechenland vereinbart. Dem voraus ging eine heftige Kampagne großer Banken und Rating-Agenturen mit dem Ziel, Griechenlands Kreditwürdigkeit herabzustufen und den Preis für griechische Staatsanleihen in die Höhe zu treiben. Den Steuerzahlern wurde von den EU-Politikern und den Medien vorgemacht, Griechenland sei ein Einzelfall, eine ähnliche Rettungsaktion für ein anderes Land werde es nicht geben.

Kaum sechs Monate später haben EU und IWF jetzt, nach einer weiteren aggressiven Kampagne der internationalen Banken und Spekulanten, Irlands Kreditwürdigkeit herabzustufen, einen ähnlich großen Betrag bereitgestellt, für den letztlich der Steuerzahler aufkommen muss..

Jetzt, da sie von den Regierungen Hunderte von Milliarden Euro erhalten haben, um ihre durch unseriöse Geschäfte verursachten Schulden zu bezahlen, diktieren die Finanz-Plutokraten, wie das einschneidendste Sparprogamm aussehen soll, das es in der Nachkriegsgeschichte Europas gegeben hat. Schon vor Bekanntgabe der Einzelheiten des Sparprogramms war sicher, dass es nie da gewesene Einschnitte bei Arbeitsplätzen, Lebensstandard und Sozialleistungen mit sich bringen wird. Ein Mitglied der Europäischen Kommission bezeichnete die irischen Sparmaßnahmen als „Oliver Cromwell-Paket“ (Cromwells Armee richtete 1649 bei der Rückeroberung Irlands schreckliche Verwüstungen an).

Die Finanzelite macht keine Gefangenen und ist nicht willens, auch nur die geringste Begrenzung ihrer Gewinne zu akzeptieren. Spitzenbanker reagierten wütend, als die deutsche Regierung mit Unterstützung Frankreichs vor einigen Wochen zaghaft vorschlug, dass die Banken und wichtigsten Kreditgeber die Kosten künftiger Rettungsaktionen mittragen sollten. Der Vorsitzende der Deutschen Bank, Josef Ackermann, griff diesen Plan an und reiste quer durch Europa zu Gesprächen mit wirtschaftlichen und politischen Entscheidungsträgern, um ihn zu vereiteln.

Die Bundesregierung lenkte sofort ein und gab bekannt, dass die Banken frühestens 2013 in irgendeiner Form die Kosten mittragen müssten. Die Rettungsmaßnahmen für Irland sehen nicht vor, dass die Banken und Anleihegläubiger finanzielle Nachteile haben.

Mit ihrer jüngsten weltweiten Offensive sind die Banken noch weiter vorgeprescht. Sie geben sich nicht mehr mit nachträglichen Rettungsaktionen zufrieden, sondern fordern von den Regierungen, gigantische Rücklagen zu bilden, um damit eine neue Spekulationsrunde abzusichern.

Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung schrieb: “Die Finanzkrise ist wieder dort angekommen, wo sie einmal anfing: bei den Banken. Und die sind frecher geworden. Bedurfte es einst noch der Lehman-Pleite, um zu beweisen, dass Steuergeld für ihre Rettung notwendig ist, sollen mögliche Krisen jetzt schon vorbeugend von den Steuerzahlern der EU abgewendet werden. Damit die Banken nicht für das haften müssen, wofür sie eigentlich üppige Zinsen kassieren: für das Risiko, dass der Ernstfall eintritt und ein Schuldner nicht zahlen kann.“

Nachdem sie die griechische und irische Wirtschaft in den Abgrund getrieben haben, sucht sich die Finanz-Mafia neue Jagdreviere. Die Tinte auf den Vereinbarungen mit Irland war noch nicht trocken, da erhöhte sich der Druck des Marktes auf die Staatsanleihen ihrer wahrscheinlich nächsten Opfer Portugal und Spanien.

Die europäischen Regierungen reagieren darauf mit nationalistischen Kampagnen, um ihre Komplizenschaft zu vertuschen und von den verheerenden sozialen Auswirkungen ihrer Sparmaßnahmen abzulenken. Sie versuchen, eine einheitliche internationale Reaktion der Arbeiterklasse zu verhindern. In einer Reihe europäischer Länder sind ultrarechte, rassistische und antiislamistische Organisationen in die Regierung eingebunden worden, um nationalen Chauvinismus zu schüren.

In Irland sieht sich die Fianna Fail-Regierung unter Brian Cowen Angriffen aller politischen Parteien ausgesetzt, die den „Ausverkauf der irischen Souveränität“ anprangern. Die gleichen Parteien haben sich uneingeschränkt hinter das von den Banken diktierte Sparprogramm gestellt.

Die Klasseninteressen, die hinter dem Beschwören der nationalen Souveränität stehen, werden dadurch deutlich, dass Regierung wie Opposition den Steuersatz für Unternehmen von 12,5 Prozent unbedingt beibehalten wollen. Diese Politik entspricht den Interessen des Kapitals, und besonders die amerikanischen Unternehmen bestehen darauf, dass er nicht erhöht wird. Zweifellos hat die irische Regierung der EU und dem IWF mit Unterstützung der nominellen Opposition eine Beibehaltung des niedrigen Steuersatzes mit der Zusage abgerungen, umso brutalere Angriffe auf die Arbeiterklasse durchzuführen.

Die Oppositionsparteien beflügelt die Aussicht, dass sie noch besser in der Lage sein werden, die geplanten Sozialkürzungen durchzusetzen, da sie nicht mit der Fianna Fail und den Grünen gleichgesetzt werden.

Die führende Rolle in dieser Orgie des Chauvinismus spielen die Gewerkschaften und ihre Verteidiger in den kleinbürgerlichen pseudolinken Organisationen, die in dieser Krise ständig versuchen, die weitverbreitete Opposition der Bevölkerung gegen die Kürzungen zu entschärfen und zu spalten und dabei zu helfen, das Programm der Banken mit geschickteren Methoden durchzusetzen. Die deutschen, französischen und britischen Gewerkschaften haben keinen Finger gerührt, um die Arbeiter in Griechenland und Irland zu unterstützen; die irischen Gewerkschaften haben sogar einem vierjährigen Verzicht auf Streiks zugestimmt, dem Einfrieren der Löhne und Tausenden von Entlassungen, um den irischen Kapitalismus zu stützen.

Die arbeitende Bevölkerung muss den Nationalismus und Chauvinismus zurückweisen, die von den bürgerlichen Regierungen zum Schutz der Finanzelite geschürt werden. Arbeiter und Jugendliche in ganz Europa haben gezeigt, dass sie kämpfen wollen. Erfolgreich können sie in diesen Kämpfen nur sein, wenn sie mit den sozialdemokratischen Parteien Europas, den Gewerkschaften und ihren vorgeblich linken Verbündeten brechen. Der Konflikt besteht nicht zwischen den Iren, Griechen, Deutschen, den Franzosen und Briten, auch nicht zwischen Europäern und Amerikanern, sondern zwischen der internationalen Arbeiterklasse auf der einen und dem Finanzkapital und seinen politischen Lakaien auf der anderen Seite.

Die einzige Alternative zu einer Zukunft von Armut, Diktatur und Krieg ist die Vereinigung der europäischen Arbeiterklasse auf der Basis eines revolutionären sozialistischen Programms. Es beinhaltet die Konfiszierung spekulativer Gewinne, eine radikale Umgestaltung des Steuersystems, um die Belastung der Reichen zu erhöhen und die der arbeitenden Menschen zu senken, die Annullierung von Staatsschulden, die Enteignung der Banken und großen Unternehmen und ihre Überführung in Gemeineigentum unter der demokratischen Kontrolle der Arbeiterklasse.

Die weitere Einigung Europas ist nur in der Form der Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa möglich. Die einzige politische Organisation, die für diese Perspektive eintritt, ist das Internationale Komitee der Vierten Internationale (IKVI). Wir rufen Arbeiter und junge Leute auf, die World Socialist Website zu lesen und zu unterstützen, die Politik und das Programm der Sektionen des IKVI zu studieren, sich unserer Bewegung anzuschließen und die Weltpartei der sozialistischen Revolution aufzubauen.

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