Republikaner erringen bei Kongresswahlen großen Sieg

Die amerikanischen Kongresswahlen haben einen dramatischen Sieg für die Republikanische Partei gebracht. Diese Feststellung ist gerechtfertigt, auch wenn viele Ergebnisse noch nicht ausgezählt bzw. für eine endgültige Aussage zu knapp sind. Die Republikaner haben die Mehrheit im Repräsentantenhaus zurück gewonnen und bis zu fünfzig Sitze hinzugewonnen. Der Vorsprung der Demokraten im Senat ist geschrumpft.

Die Demokratischen Amtsinhaber im Senat, Russel Feingold aus Wisconsin und Blanche Lincoln aus Arkansas, wurden abgewählt, und die Republikaner gewannen verwaiste Sitze in Pennsylvania, Nord-Dakota und Indiana. Im Kampf um den ehemaligen Senatssitz Barack Obamas in Illinois führte am Mittwoch früh der Republikanische Kandidat.

Im Repräsentantenhaus nahmen die Republikaner den Demokraten fünf Sitze in Pennsylvania ab, fünf in Ohio, mindestens einen in Michigan, zwei in Indiana, drei in Illinois und zwei in Wisconsin. Damit haben sie im Industriegürtel netto achtzehn Sitze hinzugewonnen. Republikaner liegen in dreizehn bisher von den Demokraten gehaltenen Wahlkreisen im Bundesstaat New York in Führung. Allerdings ist die Auszählung noch nicht abgeschlossen. Im Süden gewannen die Republikaner dreizehn Demokratische Wahlkreise, darunter in Florida, Virginia und Tennessee.

Einige langjährige Demokratische Abgeordnete verloren ihre Sitze, so der Vorsitzende des Haushaltsausschusses des Repräsentantenhauses, Rick Boucher, im Kohlerevier von Virginia, und Ike Skelton aus Missouri, der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses.

Republikanische Kandidaten gewannen den Löwenanteil der 39 zur Wahl stehenden Gouverneursposten. In Pennsylvania, Ohio, Michigan, Iowa, Tennessee und New Mexico lösten sie die bisherigen Demokratischen Gouverneure ab. In Florida, Texas und Georgia verteidigten sie die Republikanischen Staatskanzleien. Die Demokraten verteidigten New York und Massachusetts und führen in Illinois und Kalifornien.

Das Wahldebakel ist eine vernichtende Anklage gegen die Obama-Regierung und die Demokratische Partei. Zwei Jahre nach dem überwältigenden Sieg bei der Präsidentschaftswahl und vier Jahre, nachdem die Republikaner die Mehrheit im Repräsentantenhaus und im Senat verloren hatten, hat die rechte Politik der Demokraten die Bedingungen für eine massive Wiederauferstehung der Republikaner geschaffen.

Die wirtschaftsfreundlichen Medien und die Vertreter der beiden großen Wirtschaftsparteien beginnen schon die Mär zu verbreiten, die Wahl sei der Beleg dafür, dass die amerikanische Bevölkerung nach rechts gegangen sei und den marktwirtschaftlichen Parolen der Republikaner und der rechten Tea Party Bewegung auf den Leim gegangen sei.

Diese Theorie ist dumm und lächerlich. Mitten in der schlimmsten Wirtschaftskrise seit der Großen Depression und einer beinahe zweistelligen Arbeitslosigkeit, millionenfachen Zwangsversteigerungen und steigender Armut soll die amerikanische Bevölkerung die Abschaffung des Arbeitslosengeldes, die Kürzung der Renten, die Schließung von Schulen und die Senkung der Steuern für die Reichen gutheißen?

Wählerbefragungen zeigen, dass es alles andere als eine Welle der Unterstützung für die Republikaner gibt. Das Ergebnis ist von dem Ausbleiben der Stimmen derer bestimmt, die 2006 und 2008 am deutlichsten für Obama und die Demokraten gestimmt haben. Jungwähler von 18 bis 29 Jahren machten 2008 achtzehn Prozent der Wähler aus, am Dienstag waren es nur zehn Prozent. Fünfzehn Prozent der Wähler waren 2008 älter als 65, 2010 waren es 24 Prozent.

Die älteren Menschen wandten sich vor allem deswegen scharf gegen die Demokratische Partei, weil sie den reaktionären Charakter von Obamas Gesundheitsreform ablehnen. Sie ist keine progressive Maßnahme, die die bisher Unversicherten versichern soll, sondern in erster Linie eine Kostensenkungsmaßnahme, die die Älteren zu Recht als eine Bedrohung für die Medicare-Leistungen verstehen. 2008 stimmten 48 Prozent der Senioren für die Republikaner, diesmal waren es 58 Prozent. Das ist eine der größten Verschiebungen in allen demographischen Gruppen.

Der Stimmeneinbruch für die Demokraten war das Ergebnis des Verrats an den Illusionen, die im Wahlkampf von 2008 geschürt worden waren. Hinter den Siegen der Demokraten in 2006 und 2008 stand der tiefe Hass auf die Bush-Regierung und ihre Kriege im Irak und in Afghanistan. Obama ließ sich von dieser Welle ins Amt spülen, aber sobald er im Amt war, setzte er die gleiche militaristische Politik fort und beließ sogar Verteidigungsminister Robert Gates und General David Petraeus im Amt. Er entsandte weitere 70.000 Soldaten nach Afghanistan.

Von Tag eins an wies Obama jeden Gedanken daran zurück, Politiker der Bush-Ära für ihre illegalen Kriege, für Folter und andere Kriegsverbrechen zur Verantwortung zu ziehen. Auch für die Angriffe auf demokratische Rechte im Rahmen des „Kriegs gegen den Terror“ zog er sie nicht zur Verantwortung. Dagegen verschärfte Obama noch den Lauschangriff auf die eigene Bevölkerung, hielt das Gefangenenlager Guantánamo Bay weiter in Betrieb, verlängerte den US Patriot Act und beanspruchte für sich als dem Oberkommandierenden das Recht, die Ermordung amerikanischer Staatsbürger anzuordnen.

In der Wirtschaftspolitik stützte sich Obama auf Wall Street-Leute wie Timothy Geithner und Lawrence Summers. Er paarte die Sorge um die Banken mit kaum verhüllter Gleichgültigkeit für das Los der Arbeiterklasse. Obama setzte Himmel und Hölle in Bewegung, um das unter Bush begonnene Banken-Bailout fortzuschreiben. Gleichzeitig verweigerte er jegliche Initiative der Bundesregierung zur Schaffung von Arbeitsplätzen und bezeichnete Arbeitslosigkeit lediglich als „hinterher hinkenden Wirtschaftsindikator“.

In den Monaten vor der Halbzeitwahl schien das Weiße Haus es geradezu darauf anzulegen, Jugendliche und Arbeiter vors Schienbein zu treten, die 2008 massiv für Obama gestimmt hatten, als er noch der Kandidat des „Wandels” und der “Hoffnung” war. Die Regierung lehnte ausdrücklich ein Moratorium für Zwangsversteigerungen ab, obwohl bekannt geworden war, dass Banken Dokumente gefälscht hatten. Er hob den nach der BP-Katastrophe verhängten Bohrstopp im Golf von Mexiko auf, und er setzte sich im Namen der „Schaffung von Arbeitsplätzen“ für weitere Steuersenkungen für die Wirtschaft ein.

Obamas liberale Apologeten, von der Redaktion der New York Times bis hin zur Nation, werden die Wahlschlappe vom Dienstag beklagen und ebenfalls die „Rechtswende“ der Bevölkerung dafür verantwortlich machen. In Wirklichkeit wird die Demokratische Partei durch die Wahl als das entlarvt, was sie wirklich ist: das Bündnis eines Teils der Finanzaristokratie mit privilegierten und selbstzufriedenen Schichten der oberen Mittelklasse. Dieser sozialen Kategorie gehört auch die Gewerkschaftsbürokratie an.

Die liberalen Kreise des Establishments beschäftigen sich mit Fragen des Lifstyles und mit Identitätspolitik. Die Bedürfnisse der arbeitenden Bevölkerung, die die große Mehrheit ihrer Wähler ausmacht, sind ihnen völlig fremd. Sie sind so weit nach rechts gerückt, dass das Wirtschaftsprogramm Obamas sich nur ganz geringfügig von dem des künftigen Sprechers des Repräsentantenhauses, John Boehner, und der Republikaner unterscheidet.

Nach der Wahl wird Obama seine Bemühungen zur Zusammenarbeit mit den Republikanern verstärken, die er schon zu Beginn seiner Amtszeit unternahm. Sofort nach seiner Wahl hatte er alles Mögliche angestellt, um die völlig diskreditierte Republikanische Partei zu rehabilitieren. Alle seine „Kompromisse“ werden darauf hinauslaufen, die Forderungen der Republikaner nach stärkeren Kürzungen der Sozialprogramme und nach weiteren Steuersenkungen und anderen Zugeständnissen an die Wirtschaftsinteressen zu akzeptieren.

Der Republikaner Boehner erklärte, seine neue Mehrheit im Repräsentantenhaus sei “die Stimme des amerikanischen Volkes”. In Wahrheit bereitet der republikanische Sieg die Bühne für eine direkte Konfrontation zwischen der Arbeiterklasse und den reaktionärsten Teilen der amerikanischen herrschenden Elite.

In diesem Konflikt muss die Arbeiterklasse entschieden und unerbittlich mit dem bankrotten Liberalismus und der Demokratischen Partei brechen und eine neue, unabhängige, politische Massenbewegung mit einem sozialistischen Programm aufbauen.

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