Perspektive

Obamas warmer Steuerregen für die Reichen

Die Vereinbarung zwischen Präsident Obama und den Republikanern, die vorsieht, die aus der Bush-Ära stammenden Steuererleichterungen für die reichsten Amerikaner zu verlängern, ist das letzte Anzeichen dafür, wie die amerikanische Finanzaristokratie über die Regierung und ihre Politik bestimmt.

Die Vereinbarung wird den Wohlhabenden in den kommenden zwei Jahren 150 Milliarden US-Dollar an Einkommenssteuern ersparen. Dazu Hunderte von weiteren Milliarden in Form von Steuersenkungen auf Unternehmensabgaben, Kapitaleinkünfte und das Vermögen und den Grundbesitz von Multimillionären.

Obama hat vor den Forderungen der finanziellen Elite kapituliert, die durch die massive republikanische Unterstützung für die Fortsetzung der Steuererleichterungen offen ausgedrückt wird. Er hat dies trotz seiner noch großen demokratischen Mehrheit in beiden Häusern des scheidenden Kongresses getan. Er hat versucht, diese letzte Handreichung an die Reichen mit der Behauptung zu rechtfertigen, er habe dadurch größere Zugeständnisse sichern können. Dazu gehören die Fortsetzung von Steuererleichterungen für Geringverdiener, eine 13monatige Weiterzahlung von Arbeitslosenunterstützung und ein einjähriges Aussetzen von Sozialbeitragszahlungen (die in Wirklichkeit zu einer Steuererhöhung für die untersten vierzig Prozent der US-Haushalte führen werden, wenn man sie dem Auslaufen der gegenwärtigen "Making Work Pay tax", der Steuererleichterung für Geringverdiener der gegenüberstellt.)

Obama behauptet, er habe der Vereinbarung nur zögernd und auf Grund der politischen Realitäten zugestimmt. Er sagt, er habe keine Wahl gehabt, da er die Republikaner nicht zu einem Entgegenkommen habe bewegen können und es einfach keine Stimmen gegeben habe, um die Bush-Steuererleichterungen auf die mittleren Einkommensschichten auszudehnen. Er war angeblich nur von der Sorge um das Wohl des amerikanischen Volkes erfüllt und von seinem aufrichtigen Streben nach der Schaffung von Arbeitsplätzen getrieben, die auf jeden Fall gefährdet gewesen wären, wenn die Steuererleichterungen für Familien mit einem Einkommen von unter 250.000 Dollar am 1. Januar ausgelaufen wären.

Dies ist nichts anderes als eine weitere Demonstration des Zynismus und der Verachtung für die Intelligenz des Volkes durch den Mann, dessen Wahlkampfparole “Yes, we can” lautete. Wen will Obama auf den Arm nehmen?

Es gab nie ernsthafte Zweifel daran, dass die Steuererleichterungen für die Reichen verlängert würden. Prominente Demokraten gaben bereits vor dem November deutliche Zeichen in diese Richtung. Die Entscheidung für eine Vereinbarung mit den Republikanern wurde einem sehr detaillierten Bericht der Washington Post vom 7. Dezember zufolge allerdings erst nach dem Debakel der Demokraten bei der Zwischenwahl getroffen, und zwar als Teil eines kalkulierten Rechtsrucks des Weißen Hauses unter Obama.

“Präsident Obamas Bereitschaft, alle Steuererleichterungen aus der George-W.-Bush-Ära zu verlängern, ist nach Aussagen von Beschäftigten des Weißen Hauses Teil einer beabsichtigten Strategie.

Diese Strategie wurde in stundenlangen Treffen von führenden Regierungsvertretern nach der Wahl festgelegt, nachdem die Überprüfung von Ergebnissen, Wählerbefragungen und die Auswertung vergangener Wahlen gezeigt hatten, dass der Verlust unabhängiger Wähler, die die Demokraten 2008 unterstützt hatten, der Partei in diesem Jahr Dutzende von Niederlagen eingebracht hat“, fuhr die Washington Post fort.

Wie Wählerbefragungen und andere Daten zeigen, gab es etwas, das für die Niederlage der Demokraten wichtiger war als die Abwanderung sogenannter „unabhängiger“ Wähler: Die gewaltige Zunahme von Nichtwählern – Jugendlichen, Arbeitern aus Minderheiten und Fachkräften – die zwei Jahre zuvor in großem Stil für Obama gestimmt hatten. ABC News schätzt, dass 29 Millionen Obama-Wähler von 2008 letzten Monat nicht an die Urnen gingen. Dieser gewaltige Rückgang war das Ergebnis der Desillusionierung und der Wut darüber, dass Obama seine Wahlversprechen über Bord geworfen und seit seiner Amtsübernahme eine rechtsgerichtete Politik verfolgt hat.

Die Berufung auf die Notwendigkeit, die “Unabhängigen” zurückzugewinnen, ist nichts anderes als die verbale Verschleierung eines weiteren Rechtsruckes, nicht um die Wähler, sondern um die Finanzaristokratie zu beschwichtigen. In Wahrheit haben Umfragen gezeigt, dass eine große Mehrheit sowohl unter Demokraten wie auch unter Unabhängigen sich gegen eine Verlängerung der Steuererleichterungen für die Reichen ausspricht.

Vor den Wahlen veranstaltete Wallstreet eine Medienkampagne, um ihre Unzufriedenheit mit bestimmten Elementen der Politik der Administration deutlich zu machen – zuerst und vor allem Obamas öffentliche ablehnende Haltung gegenüber der Verlängerung der aus der Bush-Ära stammenden Steuererleichterungen für die Reichen. Führende Persönlichkeiten, die Obama vorher unterstützt hatten, so wie JPMorgan-Chef Jamie Dimon, begannen das Weiße Haus für die „unfaire“ Beschuldigung der Banken wegen der Wirtschaftskrise zu kritisieren, und die US-Handelskammer inszenierte eine millionenschwere Werbekampagne zur Unterstützung der Republikaner.

Noch vor der Wahl signalisierte das Weiße Haus diskret, dass die Botschaft angekommen sei. Danach konnte die Regierung den Eliten aus Banken und Großkonzernen gar nicht schnell genug beweisen, dass sie nichts tun würde, um ihre Profitgier einzudämmen, während sie keine Probleme damit hatte, die Sozialausgaben zu kürzen und die Lebensbedingungen der Arbeiterklasse weiter zu verschlechtern.

Die Vereinbarung, die Steuererleichterungen für die Reichen zu verlängern, ist nur der Beginn dieses Prozesses. Von beiden Seiten des politischen Spektrums, von Demokraten wie von Republikanern, werden Geldverschwendung an die Reichen, Einschnitte in lebensnotwendige soziale Programme, das Einfrieren und Kürzen von Löhnen so präsentiert, als seien sie eine Voraussetzung zur Schaffung von Arbeitsplätzen.

Diese angebliche Sorge um Arbeitsplätze ist reine Augenwischerei. Beide Parteien sind sich stillschweigend darüber einig, dass hohe Arbeitslosigkeit nützlich ist, um die Löhne niedrig zu halten und die Ausbeutung der Arbeitskräfte zu erhöhen. Selbst bei steigender Arbeitslosigkeit schießen Konzernprofite und Aktienkurse in die Höhe.

In der surrealen Welt amerikanischer Politik gelten Maßnahmen, die die Taschen der Reichen füllen – einschließlich der zwischen Obama und den Republikanern getroffenen Steuervereinbarung – als “Schaffung von Arbeitsplätzen”. Aber jede direkte Anstrengung, Arbeitsplätze zu schaffen – zum Beispiel das Einsetzen der 150 Milliarden, die die Vereinbarung den Reichen einbringt, für öffentliche Arbeiten und Infrastrukturprojekte – wird von Obama und beiden Parteien rundheraus abgelehnt.

Das Teuflischste an der Vereinbarung ist vermutlich, dass die weitere Erhöhung des Haushaltsdefizits der USA um geschätzte 900 Milliarden Dollar wieder als Grund angeführt werden wird, um weitere Einschnitte bei solchen Regierungsausgaben zu fordern, die der Arbeiterklasse zugutekommen. Man kann davon ausgehen, dass Obama bei seinen nächsten Haushaltsvorschlägen und seiner Rede zur Lage der Nation die sofortige Einführung vieler Vorschläge der „Nationalen Kommission für fiskalische Verantwortung und Reform“ empfehlen wird.

Die von Obama selbst eingesetzte Kommission hat mehrheitlich einem Plan zugestimmt, der Folgendes vorsieht: Sozialversicherung und medizinische Versorgung zu beschneiden, Zehntausende von staatlichen Angestellten zu entlassen, neue Steuern auf Krankengelder für Angestellte und auf Konsumartikel zu erheben, Steuervergünstigungen, die großenteils arbeitenden Menschen zugutekommen, zu streichen. Aber für die Reichen schlug die Kommission Senkungen des Spitzensteuersatzes und Senkung von Konzernsteuern um ein Drittel und die vollständige Streichung von Steuern auf im Ausland erwirtschaftete Konzernprofite vor.

In seiner Pressekonferenz am Tag nach der Ankündigung der Steuerermäßigung wies Obama bezeichnenderweise auf die Notwendigkeit einer „Steuerreform“ wie auch auf die Dringlichkeit einer Verringerung des Defizits hin.

Diese Politik der Plünderung der Gesellschaft wird verheerende Konsequenzen nach sich ziehen. Aber sie macht die grundlegende Klassenspaltung in den USA und in der gesamten Welt deutlich. In allen Ländern sieht sich die Arbeiterklasse brutalen Angriffen der Regierungen ausgesetzt, die von ihr verlangen, dass sie den Preis für das Versagen des Kapitalismus zahlt.

Die Obama-Administration zeigt schonungslos das wahre Gesicht der Demokratischen Partei als Instrument der Finanzelite, das den Republikanern in nichts nachsteht. Die Arbeiter müssen mit dieser Partei brechen und eine Massenbewegung aufbauen, die dafür kämpft, sich aus dem Würgegriff der finanziellen Elite zu befreien und eine Arbeiterregierung zu errichten – und zwar als Teil des internationalen Kampfes für den Sozialismus.

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