Frankreich hilft bei der Verhaftung von Gbagbo in der Elfenbeinküste

Laurent Gbagbo, der amtierende Präsident der Elfenbeinküste, wurde gestern verhaftet und befindet sich in Gewahrsam von Truppen unter dem Kommando seines Gegners Alassane Ouattara.

 

Der französische Botschafter Jean-Marc Simon verkündete am Montagnachmittag, dass Gbagbo in der Hauptstadt Abidjan festgenommen wurde – dem Wirtschaftszentrum des Landes, in der Gbagbos Truppen sich ein letztes Gefecht mit Ouattaras Truppen aus dem Norden geliefert hatten. Er sagte, „Laurent Gbagbo wurde von den republikanischen Streitkräften der Elfenbeinküste verhaftet und ins Hotel du Golfe gebracht.“ Das Hotel in Abidjan, das von UN-Truppen unter französischem Kommando beschützt wird, war Ouattaras Hauptquartier seit den umstrittenen Präsidentschaftswahlen im November 2010.

 

Tatsächlich handelte die französische Regierung gezielt, um Gbagbo anzugreifen und zu verhaften, in offener Verletzung der UN-Resolutionen die ihre Anwesenheit in der ehemaligen französischen Kolonie begründen. Weder die UN noch Frankreich hatten ein Mandat um Gbagbo zu verhaften; sie haben kein Mandat für einen Machtwechsel an der Elfenbeinküste. Laut den Resolutionen 1975 und 1962 ist es ihnen nur erlaubt, Zivilisten und sich selbst vor Angriffen zu schützen.

 

Seit zehn Tagen waren Ouattaras Truppen nicht in der Lage, Gbagbos Residenz einzunehmen, und am Sonntag hatte es den Anschein, dass er begann, die von ihm kontrollierten Gebiete zu vergrößern. Die gemeinsame Aktion der Franzosen und der UN-Mission UNOCI in der Elfenbeinküste war darauf ausgelegt, die Kämpfe schnell zu beenden.

 

Laut Medienberichten wurde der Komplex, in den sich Gbagbo vor den Kämpfen in Abidjan geflüchtet hatte, von französischen Helikoptern und Panzern bombardiert.

 

Seine Unterstützer, die in Telefonkontakt mit Gbagbo standen, bevor er sich ergab, versicherten, dass er sich französischen Truppen ergeben hätte. Toussaint Alain sagte, dass Gbagbo „in seiner Residenz von französischen Spezialeinheiten verhaftet wurde“ und „an die Anführer der Rebellen ausgeliefert wurde.“

 

Zakariah Fellah, ein Getreuer und Berater von Gbagbo sagte, die Behauptung, die Operation sei von Ouattaras Truppen ausgeführt wurde, sei „vollkommen unwahr“ ist. Er sagte „Diese Operation, der letzte Angriff, wurde von französischen Truppen durchgeführt.“

 

Ein weiterer Anhänger von Gbagbo, Ahoua Don Mello, erzählte Reportern: „Präsident Laurent Gbagbo kam aus seinem Bunker und ergab sich den Franzosen ohne Widerstand.“

 

Ein Sprecher des französischen Militärs erklärte: „Nicht ein französischer Soldat war anwesend als Gbagbo festgenommen wurde.“

 

Als Ouattaras UN-Abgesandter Youssoufou Bamba gefragt wurde, ob Gbagbo von französischen Soldaten gefangen genommen wurde, leugnete er, dass sie irgendeine Rolle dabei gespielt hätten. „Ich bin mir da sicher. Es waren die Republikanischen Streitkräfte der Elfenbeinküste, die die Operation durchgeführt haben. Gbagbo ist verhaftet. Er ist in unserer Gewalt.“

 

Alles deutet auf eine detaillierte Koordination zwischen Frankreich und Pro-Ouattara-Kräften hin. Laut der Live-Berichterstattung von Le Parisien drangen Truppen um 14:44 Uhr in Gbagbos Basis ein, und nur 38 Minuten später, um 15:22 Uhr, gab der französische Botschafter die Verhaftung Gbagbos bekannt. Um 15:54 Uhr wurde berichtet, dass Präsident Nicolas Sarkozy ein „langes“ Telefonat mit Ouattara hatte.

 

Ouattaras Lager präsentierte Gbagbo im Fernsehen um zu beweisen, dass er tatsächlich gefangen genommen wurde.

 

Gbagbos Unterstützer beschuldigten Frankreich, ihn ermorden zu wollen. Er könnte auch durch Ouattaras Anhänger in Gefahr sein. Ban Ki-moon gab stillschweigend zu, dass Gbagbos Leben in Gefahr sei, als er betonte, dass seine „körperliche Sicherheit gewährleistet werden sollte“, und fügte hinzu: „Ich möchte darauf Wert legen.“

 

Später am gleichen Tag umstellten 30 französische Panzer das Gelände und sperrten die wichtigsten Straßenkreuzungen. Inzwischen besetzten Truppen von Alassane Ouattara das Gebäude des staatlichen Fernsehsenders. Reporter sagten aus, sie hätten neue Kalaschnikows für Ouattaras Truppen gesehen, noch in durchsichtigen blauen Verpackungen, die an diesem Morgen angekommen waren.

 

UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon verteidigte den Angriff und behauptete nochmals, dass das Ziel der UN-Truppen war, die Zivilbevölkerung von Abidjan zu schützen. Er sagte, „die fortgesetzten Angriffe mit schweren Waffen gegen die Zivilbevölkerung und unsere Friedenstruppen, sowie gegen das Hauptquartier der gewählten Regierung haben mich wieder einmal gezwungen, die UNOCI anzuweisen, alle nötigen Mittel anzuwenden, um die Verwendung dieser Waffen zu verhindern, in Übereinstimmung mit der Resolution 1975 (2011) und 1962 (2010) des Sicherheitsrates.“

 

Hamadoum Toure, ein Sprecher der UNOCI, wiederholte die Behauptung, dass die Raketenangriffe auf Laurent Gbagbos Residenz dazu dienten, schwere Waffen zu neutralisieren, die zum Angriff auf Zivilisten verwendet wurden. „Wir versuchen nicht, seine Residenz einzunehmen… unser Ziel ist es nicht, irgendjemanden zu verhaften.“

 

Was jetzt mit Gbagbo passieren wird, ist noch nicht klar. Ein anonymer Diplomat sagte Reportern „Ich denke, sie werden ihn so schnell wie möglich in einen Hubschrauber stecken, aber es ist in Abidjan nirgendwo sicher.“

 

Gbagbo genießt noch großen Rückhalt in der Elfenbeinküste, vor allem im Süden des Landes, der bisher von seiner Regierung und den offiziellen Streitkräften der Elfenbeinküste gehalten wurde. Er gewann bei der Wahl im November nach Schätzungen internationaler Beobachter 46 Prozent der Stimmen. Gbagbo bestritt das Ergebnis.

 

Richard Downie vom Washingtoner Zentrum für strategische und internationale Studien warnte davor, Gbagbo in der Elfenbeinküste vor Gericht zu stellen, da dies vermutlich zu weiteren Unruhen führen würde.

 

Nicht jeder ist so vorsichtig. Eine abstoßende Triumphstimmung ist in der französischen Presse wahrzunehmen. „Das Blatt wendet sich in den französisch-ivorischen Beziehungen“ schreibt L’Express. Der französische Innenminister Claude Guéant, sagte in Le Parisien, die Elfenbeinküste werde endlich „Frieden und einen Neuanfang ihrer wirtschaftlichen Entwicklung finden.“

 

Es ist sehr unwahrscheinlich dass die Elfenbeinküste eine solche Umstellung zu Frieden und wirtschaftlicher Entwicklung unter Bedingungen finden wird, in denen die Rebellen aus dem Norden mit Gewalt den Süden erobert haben, wo Gbagbo nennenswerten Rückhalt unter den Wählern behielt.

 

Gegen Ouattara selbst wird wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit ermittelt, die seine Anhänger im Westen der Elfenbeinküste begangen haben sollen.

 

Luis Moreno-Ocampo, Anwalt am Internationalen Strafgerichtshof, hat eine Voruntersuchung der Beweismittel begonnen. Das ist die Region, in der Ouattara die meisten Probleme haben wird, wenn er die Macht übernimmt, denn es ist das Hauptanbaugebiet für Kakao, das wichtigste Exportgut der Elfenbeinküste neben Gold und Erdgas.

 

Es gibt starken Druck für eine Landreform. Ehemalige Nicht-Sesshafte wollen die Besitzrechte für das Land, auf dem sie jetzt leben. Diese Spannungen waren der Hintergrund für die Massaker in der Region, die Ouattaras Streitkräfte beim durchqueren des Gebiets angerichtet haben.

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