Krise in Griechenland führt zu weltweitem Absturz der Märkte

Die Märkte in aller Welt reagierten in den vergangenen zwei Tagen negativ auf die Ereignisse in Griechenland und das Trommelfeuer schlechter Wirtschaftsnachrichten aus den USA. Der Dow Jones fiel am Dienstag um bis zu 200 Punkte.

Bei Handelsschluss hatte er sich wieder etwas erholt, aber immer noch 1,5 Prozent verloren. Die europäischen Börsen verbuchten am Mittwoch durchgehend Verluste und der australische Aktienindex erreichte seinen tiefsten Stand seit dem Erdbeben in Japan vom 11. März.

Der Dow Jones erholte sich Donnerstag leicht, während US-Gelder in großem Maß aus Europa abgezogen wurden. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, „war es den Investoren egal, welcher der europäischen Banken sie den Rücken kehrten“.

Die gegenwärtigen Verluste bedeuten, dass der Dow Jones seit Ende April sieben Prozent verloren und damit fast alle Gewinne dieses Jahres wieder abgegeben hat.

Die internationalen Sorgen über die Auswirkungen eines griechischen Staatsbankrottes spiegelten sich beim Öl und dem Euro wider: Ihre Preise fielen drastisch, während die Preise für langfristige Staatsanleihen stiegen.

Der griechische Aktienindex gab am Donnerstag um drei Prozent nach. Der Zinssatz für spanische Staatsanleihen stieg und spiegelte die Ängste der Märkte vor einem Domino-Effekt der griechischen Krise wider.

Nachdem Standard & Poor’s die griechischen Staatsschulden und die griechischen Banken zu Beginn der Woche auf Ramschniveau herabgestuft hatte, wandte sich mit Moody’s eine weitere Rating-Agentur dem europäischen Festland zu.

Die Agentur kündigte am Mittwoch an, sie prüfe das Kreditrating dreier französischer Großbanken. Jüngsten Daten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich zufolge hätten französische Banken im Fall eines Zusammenbruchs griechischer Banken und des griechischen Staates mehr zu verlieren als die Banken anderer Länder, wie zum Beispiel Deutschlands, der Vereinigten Staaten und Großbritanniens.

Das zunehmende Gefühl der Panik an den Aktienmärkten in aller Welt ist ein Ausdruck des unlösbaren Charakters der griechischen Wirtschaftskrise, die durch die absolut unverantwortlichen Investment-Strategien der Großbanken und der kapitalistischen Regierungen in ganz Europa hervorgerufen wurde.

Die Volatilität der Märkte spiegelt auch die wachsende Nervosität angesichts der sich verschärfenden politischen Krise in Griechenland und Europa als Ganzes wider. Die öffentliche Wut wächst sichtlich und nimmt zunehmend militante Formen an.

Bei einer Reihe von Treffen gelang es den europäischen Ministern in dieser Woche nicht, zu einem gemeinsamen Vorschlag für ein abgestimmtes Vorgehen bei der griechischen Wirtschaftskrise zu kommen. Am Dienstag trafen sich die europäischen Minister zu einer, wie es hieß, „sehr intensiven“ Diskussion.

Wie ein Diplomat der Europäischen Union berichtete, kam es bei den Gesprächen zu einem erbitterten Streit unter den Ministern, die nicht einmal in der Lage waren, nach ihren Beratungen ein gemeinsames Schlusskommuniqué herauszugeben.

Der tiefste Graben bezüglich der EU-Politik gegenüber Griechenland verläuft zwischen Deutschland, das eine Beteiligung privater Gläubiger an der Schuldenlast fordert, und Frankreich. Frankreich widersetzt sich einer solchen Lösung – in Übereinstimmung mit der europäischen Zentralbank, der US-Administration und einer Reihe anderer EU-Staaten.

Deutschland besteht auch darauf, dass alle 27 Mitglieder der Europäischen Union zu einem neuen Rettungspaket für Griechenland beitragen. Die britische Regierung hat sich zusammen mit anderen europäischen Staaten strikt geweigert, zu einem zweiten Kredit für Griechenland beizutragen.

Die Führer der beiden wichtigsten Kontrahenten, der französische Präsident Nicolas Sarkozy und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, werden sich am Freitag in Berlin treffen. Beide stehen unter einem enormen Druck der Märkte, zu einem Kompromiss zu finden.

Für Sonntag ist ein Treffen der Finanzminister der Eurozone in Luxemburg angesetzt, das einem Treffen der Regierungschefs der europäischen Union am Ende nächster Woche vorangeht. Sollte es nicht zu einer Einigung über die Fortsetzung der Zahlungen an Griechenland kommen, so wäre die nächste Tranche der Zahlungen des IWF an das Griechenland in Gefahr.

Nichtsdestoweniger stimmen so gut wie alle Kommentatoren darin überein, dass ein Kompromiss zwischen Berlin und Paris Griechenland nur eine Atempause verschaffen und den allgemein als unvermeidlich angesehen Ausgang nur verzögern wird – den Staatsbankrott, der zu einer neuen europäischen und internationalen Finanzkrise führen wird.

Unterdessen kämpft die regierende PASOK in Griechenland unter der Führung von Giorgos Papandreou ums Überleben. Der Führer der oppositionellen Neuen Demokratie lehnte Papandreous Vorschlag einer Regierung der nationalen Einheit gestern ab. Er forderte stattdessen Neuwahlen.

In den vergangenen Tagen haben mehrere Abgeordnete Papandreous Regierung die Gefolgschaft aufgekündigt. Es erscheint zweifelhaft, ob seine Pläne für eine Kabinettsumbildung ausreichen werden, damit die Regierung die Vertrauensfrage im Parlament übersteht, die Anfang nächster Woche gestellt werden soll.

In einer Kolumne der Zeitung Kathimerini vom Donnerstag betrachtete Stavros Lygeros die sich vertiefende ökonomische und politische Krise in Griechenland und warnte vor einer noch radikaleren Reaktion der griechischen Bevölkerung.

Lygeros schrieb: “Dreizehn Monate nach der Unterzeichnung des Memorandums (der Einverständniserklärung mit dem EU-IWF-EZB-Kredit an Griechenland) … sehen die Bürger, wie das Land immer tiefer in die Rezession sinkt und wirtschaftlich und sozial zerfällt.

Die Hoffnung ist der Verzweiflung gewichen, und diese verwandelt sich nach und nach in Wut. Unter diesen explosiven Umständen ist es ein Glück, dass die Empörung der Gesellschaft durch die friedliche „Indignado“-Bewegung kanalisiert wird. Aber wie lange wird das gutgehen?“

Der Kolumnist weist darauf hin, dass die Regierung von Giorgos Papandreou nicht nur ihre Steuerziele verfehlt, sondern „auch das wertvolle Kapital der Leidensfähigkeit der Gesellschaft angesichts schmerzhafter Maßnahmen und Reformen erschöpft hat“.

Die PASOK-Regierung habe es versäumt, die “‘dicken Fische‘ oder die wichtigsten Spieler der Kleptokratie anzugehen, sich für die gesamte Last aber gleichzeitig ein leichtes Ziel ausgesucht – die Lohnabhängigen, die Rentner und die Kleinbetriebe…“

Lygeros warnt schließlich davor, dass die “ungleiche Verteilung der Lasten die moralischen Grundlagen des kollektiven Bemühens, aus der Krise herauszufinden, zersetzt und statt dessen die Wut der Leute erhöht und eine soziale Explosion auf die Tagesordnung setzt.”

Loading