Drei australische Soldaten von afghanischem Rekruten getötet

Am vergangenen Samstag wurden im Norden der Provinz Kandahar drei australische Soldaten von einem Mitglied des sechsten Bataillons der vierten Brigade der Afghanischen Nationalarmee (ANA) getötet. Die drei Soldaten waren mit der Ausbildung dieser Einheit betraut. Der Zwischenfall ereignete sich inmitten vermehrter Angriffe durch Aufständische und deren Unterstützer. Die Ziele dieser Angriffe liegen in Gebieten, die eigentlich als sicher gelten.

Ebenfalls am Samstag raste ein Selbstmordattentäter in Kabul mit seinem Auto, das mit 700 kg Sprengstoff beladen war, in einen schwer gepanzerten US-amerikanischen „Rhino“ Bus. Bei diesem Angriff wurden neben einem kanadischen und vier amerikanischen Soldaten auch acht Mitglieder einer Söldnerfirma getötet. Er ist damit der tödlichste Bodenangriff in der stark abgesicherten Hauptstadt seit Beginn der Besatzung. Auch drei afghanische Zivilisten, die sich in der Nähe aufhielten, kamen bei der Explosion ums Leben. Taliban-Sprecher Zabihullah Mujahid übernahm die Verantwortung für den Angriff und gab bekannt, dass der Attentäter den Rhino bereits siebenmal verfolgt hatte, bevor er seinen Plan in die Tat umsetzte.

Die drei australischen Soldaten – Lance Corporal Luke Gavin (27), Captain Bryce Duffy (26) und Corporal Ashley Birt (22) – wurden von einem afghanischen Rekruten erschossen, der nur unter dem Namen „Darwish“ bekannt ist. Ein afghanischer Dolmetscher wurde dabei ebenfalls getötet. Sieben weitere australische Soldaten, die nicht namentlich bekannt sind, wurden verwundet, einer davon schwer. Sie warten derzeit auf ihren Transport in ein US-Militärkrankenhaus in Deutschland.

Die Australier gehörten zur „Mentoring Task Force“ (MTF), die afghanische Soldaten in der Shah Wali Kot Kaserne in der Provinz Kandahar ausbildet. Die elf Männer wurden von Darwish, einem als zuverlässig geltenden Unteroffiziersanwärter während einer wöchentlichen Parade von hinten erschossen. Zwei Australier erwiderten das Feuer und töteten den Angreifer.

Die australischen Soldaten waren besorgt, dass der Angriff Teil eines Taliban-Angriffs auf die Basis sein könnte oder dass Darwish Teil einer Gruppe feindlich gesinnter afghanischer Soldaten war, die versuche, die Basis von innen heraus zu überwältigen. Dass 200 afghanische Soldaten daraufhin entwaffnet und in ihre Unterkünfte gesperrt wurden, unterstreicht die Spannungen zwischen den Soldaten und ihren Ausbildern. Die Soldaten wurden inzwischen wieder freigelassen, aber ihre Waffen befinden sich weiter unter Verschluss.

Die Zahl der gefallenen australischen Soldaten stieg mit dem letzten Wochenende auf 32. Dieses Jahr war für die australischen Truppen in Afghanistan mit elf getöteten und 42 verletzten Soldaten bisher das verlustreichste. Seit Oktober 2009 wurden 15 Mitglieder der australischen Ausbildungstruppe getötet.

Der Angriff wurde von Ministern der australischen Regierung im Nachhinein als isolierter und beinahe unerklärlicher Zwischenfall dargestellt. Premierministerin Julia Gillard bezweifelte, dass es jemals „eine Antwort auf die dringlichste aller Fragen geben werde: warum der Schusswechsel vorgefallen ist“.

Tatsächlich fügt sich der Zwischenfall aber in eine Reihe von Angriffen ein, die von Mitgliedern der afghanischen Armee und der Sicherheitskräfte ausgeführt wurden und sich gegen die Besatzungsstreitkräfte richteten. Am 30. Mai wurde ein Feldkoch der australischen Ausbildungstruppe, der 25-jährige Lance Corporal Andrew Jones, von einem afghanischen Soldaten erschossen. Dieser wurde daraufhin von amerikanischen Soldaten gejagt und hingerichtet.

Der Hass auf die von den USA geführte Besatzung ist unter den Afghanen weit verbreitet. Der Krieg in Afghanistan, der mittlerweile zehn Jahre andauert, brachte umfassendes soziales Elend und die Errichtung eines korrupten Marionettenregimes unter Hamid Karzai. Ausländische und afghanische Truppen setzen sich rücksichtslos und regelmäßig über demokratische Rechte hinweg. Wahllose nächtliche Überfälle, Massaker an Zivilisten durch ferngesteuerte Drohnen und Kampfflugzeuge sowie willkürliche Verhaftungen und Folter haben den Taliban Sympathisanten und Rekruten aus allen Schichten der afghanischen Gesellschaft in die Arme getrieben.

Taliban und andere Aufständische waren immer wieder in der Lage, starke Sicherheitsmaßnahmen zu umgehen und Regierungs- und ranghohes Führungspersonal zu ermorden. Im Juli ermordete ein Leibwächter, der mehrere Jahre für Karzais Halbbruder Ahmad Wali gearbeitet hatte und laut Aussage der Taliban als „Schläfer“ eingesetzt wurde, einen anderen Bodyguard auf Walis Anwesen in Kabul. Nur eine Woche später wurde Jan Mohammed Khan, ein wichtiger Berater des Präsidenten, von drei Aufständischen ermordet, nachdem diese in Khans Lager eingedrungen waren.

In jüngerer Zeit wurde der Chefunterhändler der afghanischen Regierung Burhanuddin Rabbani in seinem Haus von einem Selbstmordattentäter ermordet. Dieser hatte versprochen wichtige Informationen zu liefern und so die Sicherheitskontrollen passiert. Nur fünf Tage später, erschoss ein Angestellter des CIA Hauptquartiers in Kabul einen CIA Beamten.

Nach den Todesfällen am vergangenen Wochenende bekräftigte Premierministerin Julia Gillard in einer Rede im australischen Parlament noch einmal das Engagement ihrer Regierung im kriminellen Krieg in Afghanistan. „Wir dürfen nicht zulassen, dass dieser Angriff den Kern unserer Ausbildungs- und Beratungsmission in Afghanistan beschädigt. Wir müssen fest an der Seite unserer Verbündeten, den Vereinigten Staaten, stehen“, erklärte sie.

Dass Gillard im letzten Jahr den damaligen Premierminister Kevin Rudd ablöste, dessen Absetzung in Hinterzimmern entschieden wurde, ist zum Teil auf ihre fast unterwürfige Unterstützung des Bündnisses mit den Vereinigten Staaten zurückzuführen. Während Rudd dem Druck von US-Präsident Obama nach einer stärkeren militärischen Beteiligung der Australier in Afghanistan noch widerstanden hatte, hat Gillard die australische Präsenz verstärkt. Im September lockerte Gillard die bisherige Regelung, die den Einsatz australischer Militärausbilder auf die Provinz Urusgan beschränkte, und genehmigte deren Stationierung auf der Shah Wali Kot Basis in Kandahar.

Die von den USA geführte „Truppenverstärkung“, von Obama 2009 eingeleitet, wurde mit der Annahme begründet, die Besatzungsstreitkräfte könnten bis 2014 abgezogen werden und dem afghanischen Militär die Kontrolle über das Land überlassen. Am 13. Oktober behauptete der australische Verteidigungsminister Stephen Smith in einem Bericht ans Parlament, dass die MTF bei ihrer Ausbildungsmission „wichtige Fortschritte“ gemacht habe und erklärte weiter: „Nach aktueller Einschätzung wird die gesamte [vierte] Brigade bis 2014 einsatzfähig und bereit sein, die Provinz zu übernehmen.“

Diese Behauptungen haben durch die Anschläge am Wochenende einen vernichtenden Schlag erhalten. Afghanistan ist weit davon entfernt, sich zu „stabilisieren“, und die fortgesetzte Anwesenheit ausländischen Militärs, die schon jetzt eine tief sitzende Feindseligkeit hervorgerufen hat, wird unausweichlich zu weiteren Angriffen führen.

Einige Stunden nach dem Schusswechsel auf der Shah Wali Kot Basis erschossen australische Soldaten in Tarin Kot, Provinz Urusgan, einen afghanischen Zivilisten auf dessen Motorrad. Berichten zufolge sicherten die Soldaten den Schauplatz einer Besprechung des „Provinzwiederaufbauteams“ und waren zweifellos in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt worden.

Musa Jan, ein Zeuge des Zwischenfalls, berichtete gegenüber dem Australian, dass das 21-jährige Opfer sich einem Checkpoint näherte „als die Schießerei anfing. Die Soldaten hatten ihre Hände nicht gehoben [um den Fahrer anzuhalten], niemand sprach. Sie haben ihn einfach nur erschossen, ihn erschossen, ihn erschossen.“ Ein weiterer Einheimischer wurde folgendermaßen zitiert: „Ist dies eure Antwort auf die Ereignisse in Shah Wali Kot?“

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