Syrien wird nach Ausschluss aus der Arabischen Liga zum Ziel imperialistischer Intrigen

Die Arabische Liga setzte Syrien am Mittwoch eine Frist von drei Tagen, um ihre Bedingungen zu erfüllen. Hierbei handelt es sich um eine politische Provokation. Die gestellten Bedingungen kann die syrische Regierung unmöglich akzeptieren, und somit ist es den anderen Regimes im Nahen Osten möglich, ihre Intervention gegen Damaskus mit Unterstützung der imperialistischen Mächte fortzusetzen.

Die Arabische Liga fordert von der syrischen Regierung, ihre Panzertruppen aus Städten abzuziehen, in denen Unruhe herrscht, ihre Angriffe auf Demonstranten einzustellen, Gefangene freizulassen und mit der Opposition in Verhandlungen zu treten. Unter den derzeitigen Bedingungen wäre das ein politischer Selbstmord für das baathistische Regime von Präsident Bashar al-Assad. Es würde sich dazu bereit erklären, ihr militärisches Vorgehen einzustellen, während bewaffnete Aufständische unter dem Schutz der Türkei, der Golfstaaten, des Libanon und, im Geheimen, der USA und Frankreichs operieren.

Dieses Ultimatum erinnert an den Vertrag von Rambouillet im Februar 1999. Darin wurden Serbien Bedingungen gestellt, um den Krieg zu rechtfertigen – dem Kosovo wurde de facto die Unabhängigkeit gewährt und Nato-Truppen erhielten freien und ungehinderten Zugang. Auch Libyen wurde aus der Arabischen Liga ausgeschlossen, wodurch es der Nato möglich wurde, Krieg gegen das Land zu führen.

Mit der „Opposition“ meint die Arabische Liga den Syrischen Nationalrat (Syrian National Council, SNC). Dieser hat seinen Sitz in der Türkei und wird de facto von den arabischen Staaten anerkannt. Der SNC lehnt Gespräche mit Assad ab, bis er sich bereit erklärt, zurückzutreten.

Noch während das Ultimatum vorgelegt wurde, gab es Berichte über Angriffe der Freien Syrischen Armee (FSA), die ebenfalls von der Türkei und dem Libanon aus operiert, bei denen dutzende von syrischen Soldaten getötet und wichtige Einrichtungen nahe der Hauptstadt Damaskus angegriffen wurden.

Am Mittwoch feuerten Mitglieder der FSA mit geschulterten Raketenwerfern und Maschinengewehren auf eine wichtige Basis des Nachrichtendienstes der Luftwaffe nördlich von Damaskus. Laut unbestätigten Meldungen wurden bei dem Angriff zwanzig Angehörige der Sicherheitspolizei getötet oder verwundet. Am selben Tag wurde die Bildung eines provisorischen Militärrates angekündigt, dessen Ziel es sein wird, Assad zu stürzen. Anführer soll Oberst Riad al-Asaad sein.

Anfang der Woche starben in einem Hinterhalt der „Oppositionsaktivisten“ in der Provinz Deraa, bei dem auch FSA-Angehörige beteiligt waren, 34 Soldaten und zwölf Aufständische.

In einem Interview mit Al Dschasira prahlte Oberst Ammar al-Wawi, der Kommandeur des Ababeel-Battailons der FSA, damit, wo in Nordsyrien sein Bataillon weitere Angriffe ausgeführt habe, darunter auch in den Städten Maaret al-Numan, Kafr Nabl, Jalal al Zawyeh und Kfar Roumeh.

Die FSA ist eine religiös orientierte Organisation, die ausschließlich aus sunnitischen Moslems besteht. Sie behauptet, im ganzen Land insgesamt zweiundzwanzig Bataillone und mindestens zehntausend bis zu 25.000 Mitglieder zu haben. Vor kurzem verkündete sie den Seitenwechsel von Oberst Rashid Hammoud Arafat und Oberst Ghassan Hleihel von den Republikanischen Garden zur FSA.

Die Angaben des SNC zu seinen Mitgliedszahlen sind stark umstritten. Rami Abdul Rahman, Chef der Organisation Syrian Observatory for Human Rights, deren Sitz sich in Großbritannien befindet, schätzt, dass weniger als eintausend Soldaten aus der regulären Armee desertiert sind. Aber unabhängig davon, in welchem Bereich sich die Zahlen bewegen, ist es unbestreitbar, dass die FSA mit Unterstützung der türkischen Regierung von Recep Tayyip Erdogan handelt.

Der wichtigste Aspekt des Gipfeltreffens in Rabat ist, wie eng die Arabische Liga – die von den despotischen Monarchien der Golfstaaten Saudi-Arabien und Katar angeführt wird – mit der Türkei zusammenarbeitet.

Shashank Joshi schrieb im Telegraph: „Es ist bemerkenswert, dass sich so viele stagnierende Polizeistaaten gegen die Ermordung von Demonstranten aussprechen, auch wenn ihre Empörung weder ehrlich noch konsistent ist… Anfang des Jahres schlossen sie Libyen aus und drängten auf die Einrichtung einer Flugverbotszone über dem Land. Dadurch erleichterten sie es der UN, der Nato grünes Licht für einen Krieg gegen Oberst Gaddafi zu geben. Zum ersten Mal seit dem Ersten Golfkrieg haben arabische und westliche Mächte zusammen gekämpft.“

Joshi schrieb weiter: „Anfang des Jahres war es kaum vorstellbar, dass die arabischen Staaten einen Krieg der Nato in Nordafrika unterstützen würden, und jetzt richtet sich die Aufmerksamkeit mitten ins Herz der Levante (Region des östlichen Mittelmeeres, in der u.a. Syrien liegt).“

Der eigentliche Grund, warum die Golfstaaten und die anderen arabischen Mächte den Weg für eine weitere Militärintervention bereiten, ist die Absicht, den Iran zu schwächen, indem sie seinen wichtigsten Verbündeten in der Region, das Regime in Damaskus, ausschalten.

Eine direkte Militärintervention des Westens, wie in Libyen, ist zumindest momentan noch eher unwahrscheinlich. Russland und China sind dagegen, und verhindern im UN-Sicherheitsrat Aktionen gegen Assad. Moskau und Peking wissen, dass die USA, ähnlich wie in Libyen, Pläne verfolgen, den Nahen Osten und seine Ölvorkommen zu dominieren, und dafür den Iran als regionale Macht ausschalten und ihre Verbündeten - die Türkei, Ägypten, Israel und die Golfstaaten – stärken wollen.

Der russische Außenminister Sergei Lawrow sagte zur Lage in Syrien: „Wir sehen Fernsehberichte, in denen es heißt, eine neue Macht, die, wie ich glaube, Freie Syrische Armee heißt sie, habe einen Angriff auf ein Regierungsgebäude durchgeführt… Das ist schon wirklich so etwas wie ein Bürgerkrieg. Es ist notwendig, die Gewalt zu beenden, egal von wo sie kommt. Es ist wichtig, weil in Syrien die Gewalt nicht nur von der Regierung ausgeht.“

Angesichts dieser Umstände wird eine Intervention durch die Türkei zunehmend wahrscheinlicher, wobei Ankara als Stellvertreter für die imperialistischen Mächte handelt und von den Vereinigten Staaten, Frankreich und Großbritannien unterstützt wird. Die Türkei hat bereits einseitige Sanktionen verhängt, Pläne für eine gemeinsame Ölsuche auf Eis gelegt und erwägt, ihre Stromlieferungen an Syrien einzustellen

Diese Woche warnte Erdogan Assad: „Über einen Herrscher, der auf sein eigenes Volk schießen lässt, wird die Geschichte sagen, er lebte vom Blut,“ und fügte hinzu: „Keiner erwartet jetzt, dass die Forderungen der Bevölkerung erfüllt werden.“

Außenminister Ahmed Davutoglu, der in Rabat anwesend war, sagte, der syrischen Regierung „sei nicht mehr zu trauen.“

Die Türkei finanziert nicht nur den SNC und organisiert die Provokationen der FSA, sondern drohte auch mehrfach damit, in Nordsyrien einen „Sicherheitszone“ einzurichten – das heißt, direkt militärisch zu intervenieren.

Dies wird von Widerstandsgruppen bereits gefordert. Ankaras Problem ist aber, sich die Unterstützung der Großmächte zu sichern. Der türkische außenpolitische Berater Abdullah Gul sagte in der Presse: „Der Schutz der Zivilbevölkerung ist sicher sehr wichtig. Aber es ist eine internationale Resolution zu dem Thema erforderlich. Wir werden auf gar keinen Fall alleine vorgehen.“

Die Vereinigten Staaten machen sich kaum noch die Mühe, zu verbergen, wie eng sie mit der Türkei zusammenarbeiten. Simon Tisdall schrieb dazu im Guardian: „In diesem Drängen um einen Schlussakt in Syrien werden sie offen und enthusiastisch von den USA unterstützt, für die sie praktisch als Stellvertretermacht gegen äußere Einflüsse wie das pro-syrische Russland agieren.“

Ben Rhodes, der stellvertretende nationale Sicherheitsberater von Präsident Barack Obama, sagte offen: „Wir begrüßen es, dass die Türkei eine solch feste Position einnimmt und glauben, dies ist eine klare Botschaft an Präsident Assad, dass… er zurücktreten sollte.“

Der stellvertretende Sprecher des Außenministerium Mark Toner gab zu Protokoll, dass er den Angriff der FSA auf den Stützpunkt des Nachrichtendienstes nördlich von Damaskus für „verständlich“ hielt. „Es überrascht mich nicht, dass wir jetzt solche Gewalt erleben“, sagte er. Obwohl die USA mit zahlreichen syrischen Oppositionellen Kontakt haben, wusste Toner angeblich nichts von Kontakten zur FSA.

Frankreich spielt eine noch offenere Rolle in der Kampagne, das Regime von Assad zu stürzen. Außenminister Alain Juppé führt seit gestern Gespräche mit der Türkei. In einer Rede vor dem französischen Parlament am Mittwoch drohte er Assads Regime: „Die Schlinge zieht sich zusammen (…) Das syrische Volk wird seinen Kampf gewinnen, und Frankreich wird weiterhin alles tun, um ihm dabei zu helfen.“

Eines der Themen, über die diskutiert wird, ist die Vereinigung der zerstrittenen Fraktionen des Syrischen Nationalrates – der von CIA-Mitarbeitern, die als die „Erklärung von Damaskus“ bekannt sind, sowie den Moslembrüdern angeführt wird – und der Assad-Gegner, die schon seit langem von Paris finanziert werden.

Die beiden Führer, die genannt werden, geben einen Vorgeschmack auf das Regime, das Assad ersetzen soll: Es wird genauso unterdrückerisch sein, aber eher zu Washington als zum Iran tendieren.

Der wichtigste Mann ist Rifaat al-Assad, Assads Onkel und jüngerer Bruder des ehemaligen Präsidenten Hafez al-Assad. Er war verantwortlich für das Massaker von Hama im Februar 1982. Eine Revolte der Moslembrüder wurde brutal unterdrückt, angeblich kamen dabei zehntausende Menschen ums Leben. Der Grund, warum er ins Exil geschickt wurde, war der Versuch, seine eigene Nachfolge zu sichern, ursprünglich mit einem gescheiterten Militärputsch, an dem 55.000 Soldaten beteiligt waren.

Der zweite Mann ist Abdul Halim Khaddam, Vizepräsident von 1984 bis 2005. Er ist Sunnit und war ein Anhänger von Assads Vater. Er wurde aufgrund von Gerüchten abgesetzt, er wolle die Macht an sich reißen,. Er hat öffentlich zugegeben, von Washington und der Europäischen Union bei seinen Versuchen, Assad zu stürzen, unterstützt worden zu sein.

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