Keine Entscheidung über Erhöhung der europäischen Rettungsfonds bei G-20-Treffen

Die Finanzminister und Zentralbanker der zwanzig größten Wirtschaftsmächte (G-20) trafen sich übers Wochenende in Mexico City, kamen aber zu keiner Einigung über die Forderungen der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds, die Mittel für den Rettungsfonds für die europäische Staatsschuldenkrise zu verdoppeln.

Erst vor einer Woche einigten sich die Finanzminister der Eurozone auf ein zweites Rettungspaket im Wert von 130 Milliarden Euro, um den drohenden Staatsbankrott Griechenlands zu verhindern. Das G-20-Treffen wurde von scharfen Spannungen dominiert, die zeigen, dass die Einigung zu Griechenland die Finanzkrise weder in Europa noch in der Welt gelöst hat.

Bei der Konferenz stellten sich der IWF, die Europäische Zentralbank (EZB), die Europäische Kommission, mehrere Wirtschaftsmächte – darunter Großbritannien, Japan und Kanada – und Schwellenländer wie Brasilien hinter die Forderung der USA, die Eurozone solle ihren Rettungsfonds um 50 Prozent vergrößern. Eigentlich stellte sich nur Deutschland gegen diese Forderung.

Vor dem Treffen kam es zu Rededuellen zwischen Vertretern der USA und Deutschlands. Am Freitag nutzte US-Finanzminister Timothy Geithner eine Rede in Mexico City, um Deutschland unter Druck zu setzen. Er forderte Europa auf, seinen Rettungsfonds zu vergrößern, um ihn „glaubwürdig“ zu machen. Geithner sagte außerdem, es sei wichtig, dass die größeren und stabileren Wirtschaftsmächte der Eurozone zu einer Wachstumsquelle für den Kontinent würden – ein offensichtlicher Seitenhieb auf Deutschland, es solle seine Binnennachfrage stimulieren.

Zwei Stunden später reagierte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble auf Geithner. Er erklärte, das neue Rettungspaket für Griechenland und der Schuldenschnitt zeigten, dass Europa genug tut. Er betonte Deutschlands Ablehnung gegenüber Forderungen nach Eurobonds, lehnte das Drucken von Geld für die Kreditvergabe an verschuldete Staaten ab und erklärte, Sparmaßnahmen und „flexiblere“ Arbeitsmärkte seien nötig, wenn der Euro zu einer stabilen und dauerhaften Währung werden solle.

Schäuble stieß ins gleiche Horn wie Bundesbankpräsident Jens Weidmann, der am Freitag ebenfalls erklärte, Deutschland leiste bereits einen „überdurchschnittlich großen“ Beitrag zum Rettungsfonds der Eurozone. Geld allein kann die Krise nicht lösen, erklärte der Top-Banker. Es kann nur etwas Zeit verschaffen, um Haushaltsdefizite abzubauen und Strukturreformen durchzuführen.

Am Samstag schwächte Schäuble seine Position ab und erklärte, es seien noch „keine Entscheidungen“ über den EU-Rettungsfonds getroffen. Er versprach, dass die europäischen Staatschefs bis Ende März zu einer Einigung kommen werden. Das bedeutet, es wird bei dem EU-Gipfeltreffen am Donnerstag und Freitag keine Einigung geben, aber es wird noch vor dem jährlichen Frühjahrstreffen des IWF im April geschehen.

Die USA verlangen von Deutschland, dass es die 250 Milliarden Euro, die noch in dem zeitlich begrenzten Europäischen Stabilitätsmechanismus sind, in den 500 Milliarden schweren Europäischen Finanzmechanismus steckt, der im Juli in Kraft treten soll. Damit beliefen sich die EU-Gelder zur Sicherung der Banken auf 750 Milliarden Euro.

Deutschland führte seinerseits die Forderungen der Regierungen der Eurozone an, die G-20-Staaten sollten die Notreserve des IWF um 600 Milliarden Dollar auf fast eine Billion verdreifachen. Der IWF und die EU würden zusammen mehr als zwei Billionen Dollar vorhalten, um eine Ausbreitung der Finanzkrise von Griechenland auf andere hochverschuldete Länder wie Spanien, Italien oder Frankreich zu verhindern – womit letzten Endes die Anlagen der europäischen Banken und die Investitionen von Aktienbesitzern und Spekulanten gesichert wären.

Die USA haben bisher alle Forderungen nach einer weiteren Beteiligung des IWF abgelehnt und darauf bestanden, dass Europa (hauptsächlich Deutschland) mehr Verantwortung übernehmen und mehr Geld für das europäische Bankensystem bereit stellen müsse. Damit war dem IWF und den anderen G-20-Staaten die Richtung vorgegeben. Sie verlangen von Deutschland Kompromisse und eine Ausweitung des EU-Rettungsfonds, bevor weitere Gelder vom IWF zur Verfügung gestellt werden, um eine „Brandschutzmauer“ gegen die Ausweitung der Schuldenkrise zu errichten, wie es alle Seiten nennen.

Bei den Differenzen zwischen Deutschland und den USA und ihren Verbündeten bei den G-20 geht es nicht um das Ausbluten und Erniedrigung Griechenlands und den allgemeinen Angriff auf die Arbeiterklasse, für den der Ruin Griechenlands ein Präzedenzfall ist. Alle sind sich darin einig, dass brutale Sparmaßnahmen umgesetzt werden müssen, die bereits jetzt große Teile der griechischen Bevölkerung in Armut gestürzt haben. Auch über das Prinzip, dass diese Maßnahmen notwendig sind, um die immer größeren Rettungspakete für die Banken bezahlen zu können, herrscht Einigkeit. Uneinigkeit herrscht nur darüber, welche Länder die Kosten für die Rettungspakete tragen, und wessen Banken die Hauptlast der Verluste tragen werden.

Die Regierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel hat auch aus historischen Gründen große Angst vor einer Inflationsspirale und fordert offener als die meisten Regierungen „finanzielle Konsolidierung“ und wirtschaftliche Strukturreformen – Euphemismen für die Zerstörung staatlicher Sozialprogramme, der Löhne und Lebensbedingungen der arbeitenden Bevölkerung.

Das Kommuniqué, das am Ende des Treffens veröffentlicht wurde, zeigt die allgemeine Unterstützung aller G-20-Staaten – auch von China, Indien, Brasilien und Südafrika – für das neue Rettungspaket für Griechenland, das mit umfassenden Lohnsenkungen, Stellenabbau und der Verhängung einer de-facto-Diktatur der EU im Namen der Banken einhergeht. Darin heißt es: „Wir begrüßen den wichtigen Fortschritt, den Europa in den letzten Monaten bei der Stärkung seiner finanziellen Position gemacht hat. Es wurden Maßnahmen getroffen, um die finanzielle Belastung zu senken, stärkere Institutionen zu errichten, wachstumsfördernde Strukturreformen durchzuführen und Griechenland auf einen vernünftigen Weg zu bringen. Wir begrüßen auch die Verbesserung auf den Märkten durch die Handlungen der EZB [die fast kostenlose Verteilung von Billionen von Euro an die Banken].“

Aber über das strittige Thema einer „Brandschutzmauer“ für europäische Schulden heißt es: „Die Staaten des Euroraumes werden im März die Stärke ihrer Unterstützungseinrichtungen neu bewerten. Das wird eine wichtige Informationsquelle für die Planungen zur Mobilisierung der Ressourcen des IWF sein.“

Das schmutzige Geheimnis hinter dem neuen „Rettungspaket“ für Griechenland und den Bemühungen, die „Mutter aller Brandschutzmauern“ zu schaffen, wie es Angel Gurria, Generalsekretär der Pariser Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ausdrückt, lautet, dass es dabei überhaupt nicht darum geht, Griechenland vor dem Bankrott zu retten. Die Großmächte und internationalen Banken sind zu dem Schluss gekommen, dass der Bankrott Griechenlands und sein Ausscheiden aus der Eurozone unvermeidlich sind. Sie wollen an der griechischen Arbeiterklasse ein Exempel statuieren und sich Zeit verschaffen, um in ganz Europa ähnliche Bedingungen zu schaffen, um die Banken vor den Auswirkungen eines Staatsbankrotts von Spanien, Italien oder Frankreich zu schützen.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich ließ die Katze aus dem Sack, als er dem Spiegel am Wochenende ein Interview gab, in dem er sagte: "Außerhalb der Währungsunion sind die Chancen Griechenlands, sich zu regenerieren und wettbewerbsfähig zu werden, mit Sicherheit größer, als wenn es im Euro-Raum verbleibt." Friedrich, Mitglied der CSU, der bayerischen Schwesterpartei der CDU, sagte weiter, Griechenland solle nicht aus der Eurozone gedrängt werden, sondern Anreize erhalten, die es nicht ablehnen könne.

Die USA haben ein besonders großes Interesse an der europäischen Krise, weil amerikanische Banken durch ihre Beteiligung am Handel mit Kreditausfallversicherungen sehr stark vom Zusammenbruch des europäischen Staatsanleihenmarktes betroffen wären.

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