Wahlen im Saarland: CDU und SPD bilden Große Koalition

Nach der Landtagswahl im Saarland vom Sonntag haben CDU und SPD sofort erklärt, dass sie eine Große Koalition bilden werden. Die CDU erhielt mit 35,2 Prozent die meisten Wählerstimmen und wird erneut die Ministerpräsidentin stellen. Die SPD erhielt 30,6 Prozent der Stimmen.

Beide Parteien hatten schon im Januar ihre Koalition verabredet und den Wahlkampf auf dieses Ziel ausgerichtet. Es ist zum ersten Mal in der deutschen Parteiengeschichte, dass ausdrücklich eine Große Koalition angestrebt wurde. Bisher galt eine Koalition der beiden großen Parteien immer nur als Notlösung in Ausnahmefällen, weil dadurch die Regierung ein Übergewicht gegenüber der parlamentarischen Opposition erhielt und damit die Opposition außerparlamentarische Formen annehmen konnte.

Bei der Wahl im Saarland war es genau umgekehrt. SPD und CDU strebten eine „starke gemeinsame Regierung“ an, die in der Lage sein würde, „unpopuläre Maßnahmen“ – sprich: Sozialkürzungen – gegen die Bevölkerung durchzusetzen. Damit hatte die Wahl etwas Absurdes. Das Ergebnis stand schon vorher fest.

Eine wirkliche Wahl, im Sinne von unterschiedlicher Entscheidung gab es im Saarland nicht. Es ging nur darum, wer von beiden den Regierungschef stellen würde.

Das führte erneut dazu, dass die Wahlbeteiligung weiter sank. Nur 61 Prozent der 800.000 Wahlberechtigten gingen zu den Urnen, sechs Prozentpunkte weniger als 2009. Die Piratenpartei konnte unter diesen Umständen auf Anhieb 7,4 Prozent erreichen und zieht nach Berlin zum zweiten Mal in ein Landesparlament ein.

Während die Linkspartei mit gut sechzehn Prozent drittstärkste Kraft wurde, schafften die Grünen so eben den Sprung über die Fünfprozent-Hürde. Hätten sie nur 185 Stimmen weniger erhalten, wären sie gescheitert. Die FDP, die noch vor drei Jahren 9,2 Prozent erhielt, erlitt einen katastrophalen Stimmeneinbruch. Mit nur 1,2 Prozent der Stimmen gehört sie dem neuen Parlament nicht mehr an.

Im Saarland hatte seit 2009 die erste so genannte Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen regiert. Sie war im Januar dieses Jahres zerbrochen, – vorgeblich wegen innerer Streitigkeiten. Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hatte auf Querelen innerhalb der saarländischen FDP verwiesen. „Mut, Handlungsfähigkeit und Geschlossenheit“ seien für die kommenden Aufgaben notwendig, mit den Liberalen aber nicht mehr zu gewährleisten.

Nach dem Auseinanderbrechen der Koalition traten CDU und SPD sogleich in Verhandlungen über eine große Koalition. Nach tagelangen Gesprächen gaben beide Seiten an, man habe festgestellt, dass extreme Einschnitte im Landeshaushalt notwendig seien. Heiko Maas, SPD-Landes- und Fraktionsvorsitzender, sprach von strukturellen Problemen, die es langfristig zu lösen gelte. Unter „langfristig“ verstanden beide Parteien eine volle Legislaturperiode von fünf Jahren. Sie lehnten daher die mögliche sofortige Bildung einer Großen Koalition ab, denn diese hätte sich in zweieinhalb Jahren der Wahl stellen müssen. Neuwahlen seien für die „schwierigen Maßnahmen, die anstehen“, notwendig.

Die seit Langem angekündigte Große Koalition soll sicherstellen, dass enorme Haushaltskürzungen vorgenommen werden, um die Schuldenbremse des Landes einzuhalten, auch gegen den Widerstand der Bevölkerung.

Sowohl Maas als auch Kramp-Karrenbauer betonten in den Wochen vor der Wahl mehrfach, es sei für sie zweitrangig, wer von ihnen das Amt des Regierungschefs übernehmen werde. Wichtiger sei, dass die große Koalition überhaupt zustande komme. Beide begründeten die Notwendigkeit einer gemeinsamen Regierung mit den Anforderungen durch die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise. Das Saarland hatte laut jüngsten Berechnungen von 2010 die höchste Pro-Kopf-Verschuldung aller deutschen Flächenstaaten. Gleichzeitig unterliegt es seit 2009 der gesetzlichen Schuldenbremse, die von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in ganz Europa durchgesetzt wird.

Unter diesen Voraussetzungen herrschte zwischen CDU und SPD schnell Einigkeit darüber, dass eine Regierung im Saarland sowohl langfristig als auch mit deutlicher Mehrheit an die kommenden Einschnitte herangehen müsse. Durch den Niedergang der FDP und die relativ schwache Stellung der Grünen im Saarland kam nur eine große Koalition in Frage. Sie wird in den nächsten Jahren Kürzungen durchsetzen, die es in vergleichbarer Weise wohl höchstens im Land Berlin gegeben hat.

Am Wahlabend betonten Vertreter beider Parteien, die Kooperation von CDU und SPD habe keinerlei Auswirkungen auf die Bundesebene. Peter Altmaier, Bundesgeschäftsführer der CDU, hob etwa die Unterschiede zwischen dem kleinen Saarland und der Bundesrepublik hervor. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sah durch die Wahl den Kurs Angela Merkels bestätigt.

Ungeachtet aller gegenteiligen Beteuerungen arbeitet Merkel auch auf Bundesebene auf ein Bündnis mit der SPD hin. Darauf weist sowohl die Art und Weise der Erzwingung von Neuwahlen im Januar hin, wie auch die Tatsache, dass Kanzlerin Merkel inmitten der europäischen Krise innerhalb weniger Wochen dreimal das Saarland besuchte.

Die extrem exportabhängige deutsche Wirtschaft wird durch die Auswirkungen der internationalen Wirtschaftskrise in Mitleidenschaft gezogen. Ein Einbruch der Nachfrage im Ausland zeichnet sich bereits ab. Während die drastischen Sozialkürzungen der Agenda 2010, die vor zehn Jahren von der rot-grünen Bundesregierung durchgesetzt wurden, nun zum Maßstab des Sozialabbaus in ganz Europa werden, bereitet die Berliner Regierung schon eine Agenda 2020 vor. Die Saarland-Wahl und die kommenden Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und NRW im Mai sollen den Weg Richtung Große Koalition in Berlin ebnen.

Die Linkspartei bildet den linken Flankenschutz dieser Rechtsentwicklung. Trotz der engen Bindung der SPD an die Union bot Oskar Lafontaine den Sozialdemokraten wiederholt eine Regierungskoalition an. Beide Parteien hätten im Saarbrücker Landesparlament eine Mehrheit von einer Stimme. Linkspartei-Landeschef Rolf Linsler betonte am Wahlabend, im Grunde genommen habe die Partei ihr Hauptziel erreicht. Es bestand darin, rein rechnerisch die Möglichkeit einer rot-roten Regierung zu eröffnen. Parteichef Klaus Ernst fügte hinzu, man werde schauen, ob sich die SPD besinne. Wenn sie ihre Ziele ernst nehme, müsse sie jetzt eine linke Regierung bilden.

Diese Äußerungen sind in mehrfacher Hinsicht grotesk. Erstens hatte SPD-Chef Heiko Maas schon Wochen vor der Wahl eine rot-rote Koalition ausgeschlossen.

Zweitens böte eine Regierung aus Linkspartei und SPD keine „Chance zu einem Politikwechsel“, wie die Linkspartei im Wahlkampf ständig behauptete. In den Medien wurde sie zwar als die Partei bezeichnet, die als einzige die Schuldenbremse ablehne. Lafontaine selbst hatte allerdings verlauten lassen: „Unser Weg zur Einhaltung der Schuldenbremse ist die Erhöhung der Landeseinnahmen durch eine andere Steuerpolitik.“

Das ist die übliche Demagogie der Linkspartei. In ihrer Regierungszeit in Berlin hat sie bewiesen, was von ihrer Forderung nach „Steuern für Millionäre“ zu halten ist. Mit ihrer Landesbürgschaft für die Berliner Landesbank hat sie dieser über zwanzig Milliarden Euro in den Rachen geworfen. Die daraus entstandenen Schulden des Landes dienten dann als Grund, um beispiellose Kürzungen bei den Löhnen im öffentlichen Dienst und der sozialen Infrastruktur durchzusetzen.

Dies verstanden offensichtlich auch viele ihrer ehemaligen Wähler. Die Linkspartei ist neben der FDP die Partei mit den stärksten Verlusten gegenüber der Wahl 2009. Die meisten ihrer Wähler von 2009, die ihr nun die Stimme vorenthielten, insgesamt 17.000, gingen gar nicht mehr zur Wahl.

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