Indischer Außenminister besucht Sri Lanka

Am 16. Januar traf der indische Außenminister S.M. Krishna in Sri Lanka ein und beriet sich vier Tage lang mit politischen Führern. Er gab mehrere von der indischen Regierung finanzierte Projekte in Auftrag. Der Zweck von Krishnas Reise war, die ökonomischen und geopolitischen Interessen Indiens durchzusetzen, wenngleich er sich zynisch besorgt über die schwierige Situation der Tamilen in Sri Lanka äußerte.

Dies war Krishnas zweiter Besuch seit der Beendigung des Krieges gegen die Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) im Mai 2009. Die Einladung steht in Zusammenhang mit den Bemühungen der srilankischen Regierung unter Präsident Mahinda Rajapakse, um die Unterstützung Indiens bei der Verhinderung einer internationalen Untersuchung der Kriegsverbrechen des srilankischen Militärs zu gewinnen.

Der Rajapakse-Regierung droht eine Resolution des Ende nächsten Monats tagenden UN-Menschenrechtsrat in Genf zur Untersuchung von Kriegsverbrechen. Im vergangenen Jahr konnte die Regierung einen ähnlichen Schritt noch abwenden, indem sie auf die Berichte ihrer eigenen internen Untersuchungskommission verwies: auf die von Rajapakse eingesetzte Lessons Learnt and Reconciliation Commission (LLRC).

Der Bericht der LLRC, der am 16. Dezember veröffentlicht wurde, war eine durchsichtige Beschönigung des Militärs und der Regierung Sri Lankas. Beide sind verantwortlich für zehntausende tote Zivilisten und andere massive Verletzungen demokratischer Rechte. Zwar lobten die Groß- und regionalen Mächte diesen Report, sie pochen aber auf die Notwendigkeit einer umfassenderen Untersuchung. Der Rajapakse-Regierung droht also weiterhin eine internationale Untersuchungskommission.

Kanadas Außenminister John Baird verkündete am 11. Januar: „Kanada bleibt besorgt, da der Bericht nicht vollständig auf die schwerwiegenden Beschuldigungen massiver Menschenrechtsverletzungen eingeht, die zum Ende des Konfliktes vorfielen. Zahlreiche der Anschuldigungen, die von der Expertenkommission des UN-Generalsekretärs in ihrem Rechenschaftsbericht zu Sri Lanka gemacht worden sind, wurden in dem Bericht [dem LLRC] nicht angemessen beantwortet. Wir fordern weiterhin eine unabhängige Untersuchung der glaubwürdigen und ernsten Vorwürfe.“

Der Bericht der UN-Expertenkommission vom vergangenen Jahr führte glaubwürdige Beweise für Kriegsverbrechen an, die das srilankische Militär während des letzten Kriegsmonats begangen hatte. Darunter auch vorsätzliche Angriffe auf Krankenhäuser und Hilfsstätten. In einem kürzlich gehaltenen Vortrag in Genf erklärte Expertenmitglied Professor Steven Ratner einer Zuhörerschaft aus amerikanischen und europäischen Diplomaten und NGO-Vertretern, dass „die Notwendigkeit besteht, trotz des Widerstandes von Seiten Sri Lankas eine internationale Untersuchung durchzuführen.“

Die srilankische Regierung nutzte Krishnas Besuch für den Versuch, sich Indiens Stimme gegen eine internationale Untersuchung zu sichern. Indien, die Vereinigten Staaten und andere Mächte machten sich diese Angelegenheit zunutze und übten Druck auf die Rajapakse-Regierung aus, nicht etwa aus aufrichtiger Sorge um die Rechte der Tamilen in Sri Lanka, sondern um eine Distanzierung von China zu erpressen, dessen Einfluss auf Colombo während des Bürgerkrieges wuchs.

Die scharfe Rivalität zwischen China und Indien, das Sri Lanka als seinen traditionellen Hinterhof betrachtet, war während Krishnas Besuch evident. Der Außenminister weihte eine neue Eisenbahnlinie von der südlich gelegenen Stadt Galle und ein Wohnprojekt für Kriegsflüchtlinge mit 50.000 Einheiten im Norden der Insel ein. Einige Tage zuvor fand in Colombo eine Zeremonie statt, in der chinesische Offizielle den Grundstein für den höchsten Telekommunikationsturm dieser Region legten.

Die indische Regierung hatte während Krishnas Besuch ihren eigenen Themenkatalog. Am zweiten Tag traf der indische Außenminister mit Rajapakse sowie seinem srilankischen Amtskollegen G.L. Peiris zu Gesprächen zusammen. Gesprächsthema war auch Indiens Aufruf zu einer „politischen Lösung“ im Bürgerkrieg auf der Insel. „Der Präsident sagte mir, dass er zu seiner Verpflichtung stehe, den dreizehnten Verfassungszusatz einzuhalten“, sagte Krishna den Medien.

Indiens Ruf nach einer “politischen Lösung” sieht eine Machtteilungsvereinbarung zwischen den srilankischen Eliten der Singhalesen und Tamilen vor. Damit könnte die Wut und Entfremdung der Tamilen gemildert werden, von denen viele zwei Jahre nach Kriegsende unter erschreckenden Bedingungen leben. Die indische Regierung ist darüber besorgt, dass politische Unruhe in Sri Lanka auf den südindischen Bundesstaat Tamil Nadu überspringen könnte, der in enger historischer Bindung mit der tamilischen Minorität auf der srilankischen Insel steht.

Der dreizehnte Verfassungszusatz der srilankischen Verfassung wurde als Bestandteil des 1987 zwischen Indien und Sri Lanka geschlossenen Vertrages aufgenommen, als indische “Friedenstruppen” nach Sri Lanka entsandt wurden, um den Konflikt zu beenden. Der Zusatz sah eine Zuweisung begrenzter parlamentarischer Befugnisse auf Provinzebene sowie die Vereinigung der nördlichen und östlichen Provinz vor.

Der Plan kam niemals vollständig zur Anwendung, weil der Vertrag unter dem Druck erneut ausgebrochener Kämpfe im Norden und einer im Süden losgetretenen chauvinistischen singhalesischen Kampagne gegen den Deal platzte. Die Tamil National Alliance (TNA), die wichtigste Partei der tamilischen Bourgeoisie in Sri Lanka, unterstützt energisch die Realisierung des dreizehnten Verfassungszusatzes oder einen vergleichbaren Dezentralisierungsplan. Sie hat dabei keineswegs die Grundrechte der tamilischen Arbeiterklasse im Auge, sondern das größere politische Gewicht, das den tamilischen Eliten dadurch zufallen würde.

Der Sprecher der TNA, Suresh Premachandra, nahm an den Gesprächen mit dem indischen Minister teil und erläuterte anschließend den Medien: „Die Delegation der TNA betonte gegenüber Herrn Krishna, dass Indien die Verpflichtung habe, die Regierung von Sri Lanka davon zu überzeugen, eine akzeptable Lösung der nationalen Frage aufzuzeigen.“

Nachdem die LTTE besiegt war, weigerte sich die Regierung, irgendwelche Zugeständnisse an die tamilischen Eliten zu machen und vergaß den dreizehnten Verfassungszusatz. Zur regierenden Koalition gehören auch extremistische Parteien wie die Jathika Hela Urumaya (JHU) und die National Freedom Front (NFF).

Während Krishnas Besuch versuchten Extremisten der JHU und NFF, antiindische Stimmungen zu schüren, indem sie Indien beschuldigten, der srilankischen Regierung Bedingungen zu diktieren, die den Tamilen größere Machtbefugnisse übertrügen und ihnen Zugeständnisse machten. Sofort schlossen sich ihnen Teile von Rajapakses eigener Sri Lanka Freedom Party (SLFP) und der Oppositionspartei Janatha Vimukthi Peramuna (JVP) an.

Unter diesen Bedingungen fährt die TNA fort, gefährliche Illusionen zu nähren, dass Jahrzehnte antitamilischer Diskriminierung überwunden werden könnten, indem man an die „internationale Gemeinschaft“ appelliert, Druck auf die Rajapakse-Regierung auszuüben oder einen Dezentralisierungsplan umzusetzen. In Wirklichkeit zeigt die gesamte Geschichte der srilankischen Bourgeoisie seit ihrer formalen Unabhängigkeit im Jahr 1948, dass sie organisch unfähig ist, die demokratischen Rechten der arbeitenden Menschen – Singhalesen, Muslime und Tamilen – zu gewährleisten.

Die elementaren demokratischen Rechte der Tamilen können nur errungen werden als Bestandteil des Kampfes der Arbeiterklasse als Ganzer, der das kapitalistische System, die Wurzel von Ausbeutung und Unterdrückung, beseitigen wird. Die Socialist Equality Party streitet für die Vereinigung und Mobilisierung der Arbeiter und der Landbevölkerung im Kampf für eine vereinigte sozialistische Republik von Sri Lanka und Eelam, als Bestandteil eines umfassenderen Kampfes für den Sozialismus in ganz Südasien und weltweit.

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