Opel/Vauxhall-Arbeiter benötigen internationale Strategie

Der europäische Chef von General Motors (GM), Karl-Friedrich Stracke, wird dem Aufsichtsrat am 28. Juni einen Sanierungsplan vorlegen, der jährliche Einsparungen von einer Milliarde Dollar (oder 800 Millionen Euro) vorsieht.

GM leitete damit eine neue Runde drastischer Angriffe auf Löhne, Arbeitsbedingungen und Arbeitsplätze bei seinen europäischen Töchtern Opel und Vauxhall ein. Das 50-jährige Opel-Werk in Bochum wird dabei aller Voraussicht nach geschlossen.

Arbeiter, die sich gegen diese Angriffe zur Wehr setzen wollen, sind zu einem Kampf an zwei Fronten gezwungen. Ihr Gegner ist nicht nur das Management, sondern auch die Gewerkschaften und die Betriebsräte.

Seit Jahren arbeiten Management, Gewerkschaften und Betriebsräte bei GM und Opel/Vauxhall eng zusammen, um eine Kürzungsrunde nach der anderen durchzusetzen. Während die Gewerkschaften international eng vernetzt sind, im europäischen Gesamtbetriebsrat zusammenarbeiten und im Aufsichtsrat von Opel/Vauxhall sitzen, spielen sie vor Ort einen Standort gegen den anderen aus und erzwingen so eine Kürzungsrunde nach der anderen.

Auf diese Weise wurde den Belegschaften in den letzten Jahren ein Zugeständnis nach dem anderen abgetrotzt – Lohnverzicht, flexiblere Arbeitszeiten, Abbau von Arbeitsplätzen usw. Immer hieß es, auf diese Weise werde die Zukunft des betroffenen Standorts gesichert – bis die nächste Kürzungsrunde kam.

Vor drei Jahren schloss Opel in Antwerpen den ersten Standort. 2.600 Arbeiter verloren ihren Job. Der Gesamtbetriebsrat, der das Ganze mit abgekartet hatte, veranstaltete kurz vorher noch eine Solidaritätsdemonstration, um heuchlerisch das Gesicht zu wahren.

Nach demselben Muster wird auch jetzt wieder vorgegangen. Die britische Gewerkschaft Unite hat im Vauxhall-Werk Ellesmere Port drastische Zugeständnisse vereinbart: Drei statt bisher zwei Schichten während 51 Wochen im Jahr, einen vierjährigen Tarifvertrag mit zweijährigem Lohnstopp und den Einsatz von Leiharbeitern in Höhe von 30 Prozent der Gesamtbelegschaft.

Als Gegenleistung hat Opel zugesagt, die Produktion des meistverkauften Modells Astra aus dem deutschen Stammwerk in Rüsselsheim abzuziehen und in Ellesmere Port und dem polnischen Gliwice zu konzentrieren. Der Schwarze Peter wird dabei an Bochum hängen bleiben, da der Bau des Zafira vermutlich von Bochum nach Rüsselsheim verlegt wird. In Bochum würden dann 3.100 Belegschaftsmitglieder, rund 2.000 Arbeiter bei Tochtergesellschaften im Werk und bis zu 15.000 bei Zulieferfirmen ihren Arbeitsplatz verlieren.

Die Beschäftigten in Ellesmere Port sollten sich allerdings nicht der Illusion hingeben, ihre Arbeitsplätze seien jetzt sicher. Im Rahmen der vereinbarten Allianz von Opel/Vauxhall mit dem französischen Automobilkonzern PSA Peugeot Citroen wollen die beiden Konzerne ab 2017 jährlich jeweils eine weitere Milliarde Dollar einsparen. Weitere Werksschließungen in Europa, auch bei Peugeot Citroen, sind so vorprogrammiert.

Auch die Beschäftigten des Opel-Stammwerks in Rüsselsheim, die von Gewerkschaft und Betriebsrat immer mit der Bedeutung der dortigen globalen Entwicklungsabteilung von GM beruhigt werden, können sich ihrer Jobs nicht sicher sein, da auch in der Entwicklung eine Kooperation mit Peugeot Citroen geplant ist.

GMs Strategie des Teilen und Herrschen ist nicht auf Europa beschränkt. Der Konzern hat Gerüchte über eine Verlagerung der Produktion von Autos der Marke Chevrolet von Südkorea nach Deutschland und des Opel Corsa von Eisenach nach Saragossa in Spanien gestreut. Die Zukunft des Werks in Eisenach wäre dann völlig vom Erfolg eines Kleinwagens abhängig, der ab 2013 in Produktion gehen soll.

Unterstützt wird dieser ständige Arbeitsplatzabbau durch die chauvinistischen Parolen, mit denen örtliche Gewerkschaftsfunktionäre und Politiker die Belegschaften gegeneinander aufhetzen.

So pries der Labour Abgeordnete für Ellesmere Port, Andrew Miller, die beiden Gewerkschaftsfunktionäre, die den Deal mit GM ausgehandelt haben. „Diese beiden haben einen gemeinsamen Nenner zwischen den Interessen von GM und den Interessen der hiesigen Kommune gefunden“, sagte er und warb im selben Atemzug für protektionistische Maßnahmen: „Als Nation müssen wir positiv darauf reagieren und dafür sorgen, dass keine öffentliche Körperschaft mehr Autos ohne britische Komponenten kauft, wie dies die Polizeibehörden im Nordwesten getan haben.“

Der Bochumer Betriebsratsvorsitzende Rainer Einenkel beschimpfte die britischen Kollegen auf einer Betriebsversammlung: „Diejenigen, die die Scheißqualität liefern, dürfen die Autos bauen.“

Der Rüsselsheimer Betriebsratsvorsitzende Dr. Wolfgang Schäfer-Klug behauptete ebenfalls, „das modernste Werk im Opel/Vauxhall-Verbund – nämlich Rüsselsheim –“ produziere 219 Euro pro Fahrzeug günstiger als Ellesmere Port und in besserer Qualität.

Welch ein abgekartetes Spiel insbesondere Schäfer-Klug treibt, zeigt die Tatsache, dass er gleichzeitig europäischer Gesamtbetriebsratschef und stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats von Opel ist. Als solcher wird er nicht nur frühzeitig in die Pläne von GM eingeweiht, sondern hilft auch bei ihrer Ausarbeitung.

Ab 1. Juni wird er dabei von Bob King unterstützt, dem Präsidenten der amerikanischen Autogewerkschaft UAW, der ebenfalls in den Opel-Aufsichtsrat einzieht – und zwar auf der Arbeitnehmerseite. King hatte in enger Zusammenarbeit mit der Obama-Administration den radikalen Schnitt bei GM in den USA durchgesetzt. Dabei wurden mehr als 30.000 Arbeiter entlassen, die Löhne für Neueingestellte fast um die Hälfte gesenkt und die Arbeitsbedingungen erheblich verschlechtert.

Schäfer-Klug unterhält außerdem beste Beziehungen zum Aufsichtsratsvorsitzenden Stephen J. Girsky. Im Januar stimmten Girsky und Schäfer-Klug in einer gemeinsamen Pressemitteilung überein, „dass Opel profitabel arbeiten muss – auch in Zeiten schlechter werdender wirtschaftlicher Rahmenbedingungen“.

Girsky ist eine Schlüsselfigur im Netzwerk von Management und Gewerkschaften. Er war Analyst der Bank JP Morgan Stanley und arbeitete für GM, bevor er von King als Berater für die UAW eingekauft wurde. Über den von der UAW verwalteten milliardenschweren Pensionstrust kehrte Girsky schließlich in den Vorstand des Autokonzerns zurück.

Es ist unmöglich, dem Generalangriff auf Löhne, Arbeitsplätze und -bedingungen Einhalt zu gebieten, ohne den Betriebsräten und den Gewerkschaften das Handwerk zu legen. Die Abwärtsspirale wird sich immer weiter nach unten drehen. Eine erste Zielmarke sind dabei die Löhne in Polen – in Gliwice erhalten die Opel-Arbeiter nur 770 Euro brutto im Monat. Eine weitere Zielmarke sind die noch niedrigeren Löhne in Rumänien, Bulgarien und China.

Die Betriebsräte sind entschlossen, jeden Widerstand gegen die Angriffe des GM-Konzerns zu unterbinden. „Streik wäre Selbstmord. Wir werden Detroit keine Steilvorlage geben“, sagte der Bochumer Betriebsratsvorsitzende Rainer Einenkel. Auch Schäfer-Klug erklärte, er lehne einen Arbeitskampf bei Opel ab.

Um die Arbeitsplätze, Löhne und sozialen Rechte zu verteidigen, brauchen die Arbeiter von Opel/Vauxhall eine internationale Strategie. Sie dürfen sich nicht auseinander dividieren lassen, müssen mit den Betriebsräten und Gewerkschaften brechen und europaweit sowie mit den Kollegen in den USA eng zusammenarbeiten.

Betriebs- und Aktionskomitees müssen aufgebaut werden, die gemeinsame internationale Kampfmaßnahmen, Streiks und die Besetzung der von Stilllegung bedrohten Betriebe organisieren, auch über die unmittelbar bedrohten Betriebe bei GM und Peugeot Citroen hinaus.

Die Arbeitsplätze und Lebensbedingungen können nur auf der Grundlage einer politischen Perspektive verteidigt werden, die die Bedürfnisse der Beschäftigten und ihrer Familien höher stellt als die Profitinteressen der Konzerne – das heißt auf der Grundlage eines sozialistischen Programms.

Wir rufen die GM-Beschäftigten und alle Auto-Arbeiter weltweit auf, sich mit der Redaktion der WSWS in Verbindung zu setzen. Wir werden euch dabei unterstützen, einen globalen Kampf gegen die Angriffe zu organisieren.

Loading