Wahlabschluss der Griechischen Kommunistischen Partei

Auf den ersten Blick glich die Wahlabschlusskundgebung der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE) denen früherer Jahre: In sternförmigen Märschen marschierten die verschiedenen Berufsgruppen in der Partei unter einem Meer von Parteifahnen auf den Pedion Areos-Platz auf, und die seit 1991 amtierende Generalsekretärin Aleka Papariga hielt eine etwa einstündige Rede.

Doch in den letzten drei Jahren hat sich die politische Situation grundlegend verändert. Die soziale Konterrevolution, die in Griechenland auf Anweisung der EU organisiert wurde, und die Millionen Arbeiter in die blanke Verzweiflung treibt, hat die sozialen Verhältnisse aufs Äußerste angespannt. Die griechische Gesellschaft steuert in eine vorrevolutionäre Situation.

Die KKE-Jugendabteilung Die KKE-Jugendabteilung

Unter diesen Bedingungen kommt der erzstalinistischen KKE aus Sicht der herrschenden Elite eine entscheidende Rolle dabei zu, die soziale Wut der Bevölkerung zu kanalisieren und zu unterdrücken. Der Vorbereitung dieser Aufgabe diente die Kundgebung am vergangenen Freitag.

Tausende Menschen, zum großen Teil Mitglieder der Partei oder ihres Gewerkschaftsverbandes PAME, waren zu der Veranstaltung gekommen.

Auf die Frage, weshalb sie die KKE unterstützen, antworteten viele, sie könnten der Koalition der Alternativen Linken (SYRIZA) nicht vertrauen, und sie glaubten nicht, dass es möglich sei, innerhalb der EU die Rechte der Arbeiter zu verteidigen. Auf die Frage, warum sie gekommen sei, sagte die 43-jährige Maria: „Weil die KKE gegen die EU kämpft, die gegen die europäischen Völker handelt, und gegen die Parteien, die sie unterstützen und humanisieren wollen.“ Maria hat in der Krise ihren Job verloren und erhält nur noch für zwei Monate Arbeitslosengeld.

„Die EU hat diese Krise geschaffen“ sagt der Büroangestellte Stavros, deshalb gebe es auch keine Lösung innerhalb der EU. Der 28-jährige Elektriker Theo erklärt, er habe gehofft, dass Griechenland in der EU bliebe, weil ein Austritt schlimme Konsequenzen hätte. „Aber die Konsequenzen eines Verbleibs sind noch schlimmer.“ Er hat in den letzten Monaten zehn bis sechzehn Stunden am Tag gearbeitet, weil die Firma Personal abgebaut hat. Gleichzeitig wurden ihm ein Drittel seines Lohnes gekürzt. Nun werde er zum Ende des Monats ebenfalls entlassen.

Aleka Papariga Aleka Papariga

In ihrer Rede greift Papariga diese Stimmungen auf, die unter Arbeitern wachsende Verbreitung finden. "Alle Parteien, von ND [Nea Dimokratia] bis SYRIZA, sind der EU verpflichtet. Die Hauptrichtung ihrer Politik ist deshalb, ihre Verpflichtungen zu erfüllen", sagt Papariga. „Eine volksfreundliche Entwicklung innerhalb der EU ist nicht möglich. (...) Die herrschende Klasse hat gesehen, dass ND und PASOK nicht mehr ihre Zwecke erfüllen. Schon werden mit neuen Maßnahmen, aber aus altem Material, zwei neue Pole geschaffen: einen Mitte-Rechts-Flügel mit ND und einen Mitte-Links-Flügel mit SYRIZA.“

Aus ihrer Unterstützung der EU ergebe sich, dass SYRIZA mit doppelter Zunge spreche, sagte Papariga weiter. „Sie spricht mit einer Zunge in Griechenland und mit einer anderen im Ausland. Tsipras lehnt das Memorandum nicht mehr ab. Alle Parteien akzeptieren die Schulden.“

Zugleich sprach sich die KKE-Vorsitzende gegen die deutschen Pläne aus, Griechenland aus der Eurozone auszuschließen. „Mit so einer Politik hat die KKE nichts zu tun.“ Stattdessen setze sich die Partei für die „Volksmacht“ in Griechenland ein, die die Staatsschulden aberkenne, sich von der EU loslöse und den Reichtum des Landes für die Menschen einsetze.

Hinter Papariga steht in großen Lettern auf dem Haupttransparent der Veranstaltung: „Mit der KKE ist das Volk der Protagonist – ohne an die EU und die NATO gebunden zu sein, und mit dem Reichtum in seinen Händen“.

Solche Parolen sollen nur dazu dienen, die Wut der Arbeiter zu kontrollieren und zurück in den Schoß der Gewerkschaftsbürokratie zu führen. Wie keine andere stalinistische Partei bezieht sich die KKE nach wie vor positiv auf Stalin, der jede unabhängige Regung der Arbeiterklasse brutal unterdrückte. In einer Wahlsendung bezeichnete Papariga selbst die nordkoreanische Diktatur als ein sozialistisches Land.

Wenn die KKE gegen die EU und die NATO spricht, tut sie das nicht, um die Arbeiter international gegen diese reaktionären Institutionen zu mobilisieren, sondern um sie Teilen der griechischen Bourgeoisie unterzuordnen, die einen nationalen Weg Griechenlands vorziehen. Ihre Kritik an der EU ist völlig nationalistisch.

„Wir sind heute von den kapitalistischen Unternehmen der Länder in Nordeuropa abhängig“, sagt Papariga. Um diese Abhängigkeit zu beenden, müsse Griechenland die eigene Agrarwirtschaft, Industrie und Lebensmittelproduktion entwickeln. Dazu seien im Land genügend Reichtümer vorhanden.

Damit bezog sich Papariga auf Stalins reaktionäre Politik des „Sozialismus in einem Land“, – als könne man Sozialismus in Griechenland allein aufbauen. „Die KKE hat das Programm, und Griechenland hat den Reichtum dazu“, wie eine KKE-Aktivistin es ausdrückte.

Stalins nationalistische Politik war eng mit den Bedürfnissen der herrschenden Sowjetbürokratie in der UdSSR verbunden und diente der Unterdrückung der Revolution in zahllosen Ländern der Welt. In Griechenland weist die KKE den sozialistischen Internationalismus zurück und verbreitet Nationalismus, um ihre Verbindungen zum bürgerlichen Staat und zur nationalen Gewerkschaftsbürokratie aufrechtzuerhalten und zu stärken.

Die nationalen Planspiele Paparigas dienen dazu, die Kämpfe der griechischen Arbeiter von ihren europäischen Kollegen zu isolieren. Mit dem Argument, in Griechenland besteht zurzeit keine revolutionäre Situation, rechtfertigt die KKE die Unterordnung der Arbeiter unter die nationale Gewerkschaftsbürokratie.

„Bevor wir an eine Revolution denken können, müssen wir erstmal die Gewerkschaften vereinen“, fasst eine Teilnehmerin der Kundgebung die Propaganda der KKE zusammen. Praktisch bedeutet das die Unterdrückung jeder unabhängigen Regung der Arbeiterklasse gegen die Kürzungspolitik der EU, denn die Gewerkschaften sind das Hauptinstrument, mit dem die Kürzungen durchgesetzt werden.

PAME ist selbst Teil des größten Gewerkschaftsverbands GSEE und beteiligt sich an jeder symbolischen Protestaktion, weigert sich aber, Arbeiter zu ernsthaften unabhängigen Aktionen aufzurufen. Als im Oktober letzten Jahres hunderttausende Menschen vor dem Parlament gegen die Sozialangriffe protestierten, stellten sich Ordner der KKE in drei Reihen vor das Parlament, um es vor den wütenden Arbeitern zu schützen.

Auch den derzeit laufenden Stahlstreik in Halivourgia Aspropyrgos, wo Arbeiter bereits seit mehreren Monaten ihr Werk besetzt halten, versuchen KKE und PAME zu dominieren und zu isolieren.

Einen Großteil ihrer Strukturen finanzieren PAME und KKE über die Zusammenarbeit mit der GSEE. Die Wahlkundgebung fand wie schon früher vor dem Hauptsitz des Gewerkschaftsverbands statt, der die Ostfassade des Gebäudes der KKE großzügig für ihre Transparente und Bühnendekoration zur Verfügung stellte.

Angesichts dieser realen Rolle der KKE ist all die Rhetorik von „Volksmacht“ und dem „Eingreifen der Arbeiterklasse“ völlig hohl und dient nur dazu, die rechte Praxis abzudecken und die Arbeiter hinters Licht zu führen. Unter den extrem instabilen politischen Verhältnissen, die durch die Wahlen erzeugt wurden, bietet sich die KKE mit ihren engen Verbindungen zur Gewerkschaftsbürokratie, ihrer langen Erfahrung in der Unterdrückung der Arbeiter und ihrer Stellung als stabiler Institution als loyale Opposition an, die dem Widerstand der Arbeiter die Spitze brechen kann. Das ist der Grund, weshalb sie eine Beteiligung an der Regierung bisher kategorisch ausschließt.

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