Resolution des Parteitags der Socialist Equality Party (Australien):

Schluss mit der US-Kriegstreiberei gegen China!

1. Der Parteitag der Socialist Equality Party verurteilt die Vorbereitungen auf einen imperialistischen Krieg gegen China. An vorderster Front stehen die USA, die ihre Vorherrschaft über die asiatisch-pazifische Region sicherstellen und ihre Weltherrschaft mit militärischen Mitteln aufrecht erhalten wollen.

2. Wie die globale Finanzkrise 2007-2008 gezeigt hat, befinden sich die USA zurzeit in einem wirtschaftlichen Niedergang mit weitreichenden Folgen. Vor über achtzig Jahren erklärte Leo Trotzki: „Während der Krise wird sich die Hegemonie der Vereinigten Staaten noch viel vollständiger, offener, schärfer und rücksichtsloser auswirken als während der Aufstiegsperiode“, und sie „werden versuchen, ihre Schwierigkeiten und Krankheiten vorwiegend auf Kosten Europas zu bekämpfen“. Trotzkis Einschätzung hat sich vollauf bestätigt.

3. Seit Mitte 2009 hat die Obama-Regierung auf die Kritik reagiert, die Bush-Regierung habe Chinas wachsenden Einfluss ignoriert. Sie startete eine Offensive, die darauf abzielt, die diplomatischen Beziehungen zu unterlaufen, die China im vorigen Jahrzehnt in Asien sorgfältig aufgebaut hat. Die neue amerikanische „Achse“ in Asien umfasst bis jetzt: die Unterstützung Südkoreas bei seiner Konfrontation mit Chinas Verbündetem Nordkorea; die Unterstützung Japans bei seiner angespannten Pattsituation wegen der umstrittenen Diaoyu/Senkaku-Inseln; große Waffenverkäufe an Taiwan; diplomatisches Eingreifen der USA bei Gebietsstreitigkeiten im Südchinesischen Meer; engere Militärbeziehungen mit Vietnam, Indonesien und insbesondere mit den Philippinen; Bemühungen der USA, Kambodscha und, mit mehr Erfolg, Burma aus Chinas Einflusssphäre herauszubrechen; neue amerikanische Verträge zur Nutzung von Militärstützpunkten in Nord- und Westaustralien; die Stärkung der strategischen Partnerschaft mit Indien; erste Schritte in Richtung des Aufbaus eines strategischen Blocks der vier regionalen „Demokratien“ (USA, Japan, Indien und Australien) gegen China.

4. Alles in allem zielen die provokativen diplomatisch-militärischen Schachzüge auf ein Einkreisen Chinas durch strategische Bündnisse, Partnerschaften und Militärstützpunkte der USA ab. In einem im Januar veröffentlichten, strategischen Pentagon-Dokument heißt es ausdrücklich, das US-Militär werde „sich wieder auf den asiatisch-pazifischen Raum“ ausrichten. Von China wird verlangt, „keine Spannungen in der Region zu schüren“. Im Mittelpunkt der amerikanischen Militärplanung steht die Sicherstellung der Kontrolle über entscheidende „Meeresengen“ in ganz Südostasien, die im Falle eines Konfliktes eine amerikanische Wirtschaftsblockade gegen China erlauben würden. Das unverantwortliche Vorgehen der USA gegen China hat Züge eines Präemptivschlages gegen einen potentiellen Rivalen. Dadurch könnte ein Atomkrieg mit vernichtenden Folgen für die Völker der USA und Chinas, sowie für die Zukunft der ganzen Welt ausgelöst werden.

5. Offizielle Politik des chinesischen Regimes bleibt das „Friedens- und Entwicklungs“-Programm, das noch von Deng Xiaoping stammt. Doch Teile des Militärs und der Beijinger Bürokratie fordern jetzt, diese Politik aufzugeben. Sie gehen davon aus, dass Chinas wirtschaftlicher Aufstieg unvermeidlich zu einer militärischen Reaktion Washingtons führen werde, unabhängig davon, welche Versicherungen und Garantien die USA über ihre friedlichen Absichten auch abgeben, und dass China sich darauf vorbereiten müsse. Ihre Stellung wurde jüngst durch die Nato-Intervention in Libyen gestärkt, die den chinesischen Interessen erheblichen Schaden zugefügt hat, wie auch durch das angedrohte militärische Eingreifen gegen Syrien und den Iran.

6. Obwohl seine ökonomischen, finanziellen und militärischen Kapazitäten in den vergangenen drei Jahrzehnten gewaltig zugenommen haben, ist China keine imperialistische Macht. Das Wachstum der chinesischen Wirtschaft entspringt der Tatsache, dass sich China als weltgrößter Anbieter billiger Arbeitskraft in den globalisierten Produktionsprozess integriert hat. Was Investitionen und Technologie angeht, bleibt es vollständig von transnationalen Konzernen abhängig, die den Löwenanteil der Profite einstecken. Die wirtschaftliche und strategische Ordnung, welche die USA nach dem zweiten Weltkrieg errichtet haben, und die sie seither dominieren, behindert den chinesischen Kapitalismus an allen Enden und Ecken. Chinas gewaltige Käufe von US-Staatsanleihen sind kein Ausdruck finanzieller Stärke, sondern spiegeln das Bedürfnis der chinesischen Wirtschaft nach einem niedrigen Yuan und seine Abhängigkeit von den amerikanischen Märkten wider. Folglich ist China einseitigen Maßnahmen durch amerikanische Finanzbehörden in hohem Maße ausgeliefert. Ebenso ist Chinas wachsende militärische Stärke kein Zeichen der Macht, sondern der extremen Verletzlichkeit. Der US-Imperialismus mit seinem weltumspannenden Netz von Stützpunkten und Bündnissen und seiner überwältigenden militärischen Überlegenheit kann heute chinesische Interessen in jedem Winkel der Erde bedrohen. China wird von einem höchst instabilen, kapitalistischen Regime regiert, dessen herrschende Elite sich aus Teilen der stalinistischen Bürokratie und ihren Söhnen und Töchtern rekrutiert. Wer China als imperialistische Macht bezeichnet – wozu auch viele Pseudolinken gehören – rechtfertigt damit einen möglichen Angriff durch den US-Imperialismus. Oder er beharrt auf einer Position der „Neutralität“ und unterstützt damit stillschweigend den Imperialismus, wie es die Position der Staatskapitalisten während des Korea-Krieges war.

7. Wenn dieser Parteitag die Vorbereitungen des US-Imperialismus auf einen Krieg gegen China zurückweist, beinhaltet dies keinesfalls eine Unterstützung des chinesischen Regimes oder eines seiner Flügel. Das gegenwärtige Regime wurzelt im Verrat an den Errungenschaften der Revolution von 1949 durch die stalinistisch-maoistische Bürokratie. Diese hat in den letzten Jahren von Maos Herrschaft begonnen, den Kapitalismus zu restaurieren, was dann unter Deng Xiaoping und seinen Nachfolgern fortgesetzt und vertieft wurde. Sowohl die Perspektive des „friedlichen Aufstiegs“ und der engeren Integration Chinas in den Weltkapitalismus, wie auch der Ruf nach einer Zunahme der militärischen Vorbereitungen zur Bekämpfung der imperialistischen Bedrohung können nur in die Katastrophe führen.

8. Die chinesischen Arbeiter müssen die nationalistische Kampagne des Regimes in Bejing und seine rapide Hinwendung zum Militarismus zurückweisen, denn dies wird sie nur von ihren Kollegen in Asien und der gesamten Welt isolieren. Die Hochrüstung von Chinas Militär, einschließlich der Atomwaffen, ist kein Mittel gegen den Krieg. Sie liefert dem US-Imperialismus nur weitere Munition zur Rechtfertigung seiner Kriegsvorbereitungen. Darüber hinaus dient die Aufrüstung des Regimes nicht dem Leben und Wohlergehen hunderter Millionen einfacher chinesischer Menschen, sondern den wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen der neuen Bourgeoisie, an deren Spitze mehrere hundert Milliardäre stehen. Das Regime wird nicht zögern, dasselbe Militär gegen inneren Widerstand einzusetzen und sich dabei mit den imperialistischen Mächten zu verbünden, die von der Ausbeutung billiger chinesischer Arbeitskräfte profitieren. Dass die chinesische Regierung seit dem Ausbruch der Finanzkrise drei Jahre hintereinander mehr Geld für die innere Sicherheit als für das Militär ausgegeben hat, unterstreicht die Tatsache, dass sie ihre „eigene“ Arbeiterklasse für eine größere Bedrohung hält als die amerikanische Militärmaschine. Das einzige Mittel, der Bedrohung durch die imperialistische amerikanische Aggression und einen Atomkrieg zu entgehen, ist der Sturz des Kapitalismus durch die sozialistische Revolution. Die Arbeiterklasse darf dem Regime der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) nicht vertrauen. Sie muss sich dem Krieg mit ihren eigenen Methoden des revolutionären Klassenkampfes widersetzen. Die einzig wahren Verbündeten der chinesischen Arbeiter sind ihre Klassenbrüder und –schwestern in den USA, Australien, der gesamten Region und weltweit, die vor ähnlichen, von ihren Regierungen verursachten Katastrophen stehen.

9. Die chinesische Arbeiterklasse muss ihr eigenes, unabhängiges Programm vertreten und ihren eigenen, unabhängigen Kampf gegen alle Teile des herrschenden Apparates führen, um den wachsenden Gefahren, vor denen sie steht, zu begegnen. Zu diesem Zweck muss sie die Lehren aus den Erfahrungen der internationalen Arbeiterbewegung ziehen und sich auf eine internationale, sozialistische Strategie stützen. Deshalb ist es so wichtig, die Lehren der chinesischen Revolution und der darauf folgenden Entwicklung des chinesischen Staates zu ziehen.

10. Die chinesische Revolution von 1949 bestätigte einmal mehr die marxistische Einschätzung des Imperialismus als Todeskampf des Kapitalismus, d.h. als Epoche von Kriegen und Revolutionen. Am Anfang dieser Epoche standen der Ausbruch des ersten Weltkrieges 1914 und die Russische Revolution im Oktober 1917. Die chinesische Revolution brach zum Ende des zweiten Weltkriegs aus, als die ganze Welt durch revolutionäre Kämpfe der Arbeiterklasse und der kolonialen Massen erschüttert wurde. In einem Land nach dem anderen verrieten jedoch die stalinistischen kommunistischen Parteien diese Nachkriegskämpfe. Stalin unterzeichnete damals mit Churchill, Roosevelt und Truman die Verträge von Jalta, Potsdam und Teheran, wodurch die kapitalistische Herrschaft in Westeuropa stabilisiert wurde. Im Gegenzug dafür erhielt er die Vorherrschaft über die sogenannten Pufferstaaten Osteuropas. Stalins Verrat an der zweiten chinesischen Revolution von 1925–1927 hatte zu schrecklichen Schlägen gegen die Arbeiterklasse und die Bauernschaft geführt, doch ungeachtet dieses Verrats gelangte am Kriegsende die stalinistische KPCh in China an die Macht. Dies war das Ergebnis außergewöhnlicher Umstände: Nach der Niederlage des japanischen Imperialismus, als eine tiefe Krise das bürgerliche Kuomintang(KMT)-Regime entscheidend schwächte, erhob sich China in einer mächtigen Volkserhebung. Lange versuchte die KPCh in Übereinstimmung mit Stalin, die Arbeiterklasse und die Massen einer Koalitionsregierung mit der Kuomintang unterzuordnen. Erst im Oktober 1947, als der Kalte Krieg begann und die KMT (mit Unterstützung der USA) sich anschickte, die KPCh militärisch zu vernichten, rief Mao Zedong schließlich zu ihrem Sturz auf. Gestärkt wurde die KPCh durch ihr Bündnis mit der Sowjetunion, vor allem durch den unter Arbeitern und Bauern weit verbreiteten, aber falschen Glauben, das Moskauer Regime verkörpere das Erbe der Russischen Revolution. Außerdem bildete die sowjetische Armee die Bauernarmeen der KPCh aus und überließ ihnen die in der Mandschurei erbeuteten japanischen Waffen. Die KPCh versetzte den Kräften der Kuomintang eine Reihe vernichtender Niederlagen und rief im Oktober 1949 die Volksrepublik China aus.

11. Die chinesische Revolution von 1949 und die in ihrem Zusammenhang ergriffenen Maßnahmen versetzten dem Weltimperialismus einen gewaltigen Schlag. Die Revolution stürzte die herrschende bürgerliche Landbesitzerklasse und führte eine Agrarrevolution durch. Sie vereinte das Land, das jahrzehntelang durch den Imperialismus und durch reaktionäre Warlords gespalten worden war. Sie beendete die direkte imperialistische Beherrschung, verstaatlichte Schlüsselbereiche der Industrie und schuf die entscheidenden Grundlagen für den Übergang zum Sozialismus. Dies war eine machtvolle Bestätigung der trotzkistischen Theorie der Permanenten Revolution. Wie Trotzki gezeigt hatte, können in Ländern mit verspäteter kapitalistischer Entwicklung (einschließlich der vom Imperialismus unterdrückten Kolonien und Halbkolonien) die Aufgaben der demokratischen Revolution nicht von der nationalen Bourgeoisie gelöst werden. Nur die Arbeiterklasse, die die Masse der Bauernschaft hinter sich vereint, kann die Großgrundbesitzer stürzen und den imperialistischen Besitz enteignen. Sobald die Arbeiterklasse allerdings die Macht in die eigenen Hände genommen hat, ist sie gezwungen, tiefe Einschnitte in den Privatbesitz an den Produktionsmitteln vorzunehmen und den Kampf für den Sozialismus aufzunehmen. Was nun die chinesische Revolution betraf, so hatte sie zwar eine gewaltige soziale und ökonomische Umwälzung herbeigeführt, aber sie wurde, – anders als die Russische Revolution von 1917 –, nicht von einer Arbeiterklasse vollzogen, die durch eine politisch bewusste Führung geleitet wurde und unabhängige Organe der Arbeitermacht schuf. Stattdessen war die Revolution von Anbeginn an durch die stalinistisch-maoistisch geführte chinesische Kommunistische Partei deformiert, die sich bemühte, die unabhängigen Kämpfe der Arbeiterklasse zu unterdrücken. Die stalinistische Bürokratie schritt nur zur Enteignung der Bourgeoisie, weil sie sich sowohl durch die enormen Erwartungen der Arbeiterklasse, als auch die Bedrohung durch eine imperialistische Intervention dazu gezwungen sah.

12. Der Staat, der aus der Revolution hervorging, war eine Mischform. Das Privateigentum an den Produktionsmitteln wurde abgeschafft, aber die Arbeiterklasse war durch das bürokratische Regime unterdrückt und übte keine politische Macht aus. Gestützt auf die trotzkistische Analyse der Sowjetunion als degenerierten Arbeiterstaat und der Umwandlungen, die die Sowjetunion in Osteuropa durchführte (wo die Produktionsmittel in den unmittelbaren Nachkriegsjahren verstaatlicht wurden), bezeichnet die Vierte Internationale China als „deformierten Arbeiterstaat“.

13. Diese soziologische Definition schloss sowohl eine politische Perspektive, als auch eine Prognose ein. Einerseits verwies sie auf den progressiven Charakter der erreichten sozialen und ökonomischen Umwandlung, wie auch auf die Notwendigkeit, die sich daraus für die chinesische und die internationale Arbeiterklasse ergab, diese Errungenschaften gegen den Imperialismus und die chinesische Bourgeoisie zu verteidigen. Andererseits machte sie klar, dass das nach 1949 etablierte Regime historisch nicht überlebensfähig war. Sie rief die Arbeiterklasse zur politischen Revolution zum Sturz der Bürokratie auf, um demokratische Organe der Arbeitermacht zu errichten und die Errungenschaften der Revolution zu vollenden. Sollte die Macht jedoch in den Händen des stalinistisch-maoistischen Regimes bleiben, konnte dies nur zur Restauration des Kapitalismus führen. Denn dieses Regime stützte sich auf die reaktionäre Perspektive des „Sozialismus in einem Lande“, die von der stalinistischen Führung in der Sowjetunion im Gegensatz zur Theorie der Permanenten Revolution entwickelt wurde, als sie in den 1920er Jahren der Arbeiterklasse die Macht entriss.

14. Die Analyse der Vierten Internationale wurde in der Auseinandersetzung mit zwei Strömungen entwickelt, die die programmatischen Grundlagen der Bewegung angriffen. Die Pablisten argumentierten, die Errichtung eines deformierten Arbeiterstaates zunächst in Osteuropa und dann in China sei kein Irrweg, sondern weise den Weg in die Zukunft. Der Übergang zum Sozialismus, so argumentierten sie, würde nicht mehr durch die Machtübernahme der Arbeiterklasse unter der Führung bolschewistischer Parteien wie in Russland in Gang gesetzt, sondern könne nur erreicht werden, wenn die stalinistische Bürokratie „deformierte Arbeiterstaaten“ errichten würde, die Jahrhunderte lang bestehen würden.

Die staatskapitalistischen Strömungen griffen den Pablismus von rechts an. Ihrer Ansicht nach waren nicht nur die Sowjetunion, sondern auch die osteuropäischen Staaten und China staatskapitalistisch. Die Staatskapitalisten leugneten die historische Bedeutung des verstaatlichten Eigentums und seine organische Verbindung zu den historischen Interessen der Arbeiterklasse. Sie behaupteten, gegen den Imperialismus gebe es nichts zu verteidigen. Sowohl die Pablisten als auch die Staatskapitalisten schrieben die revolutionäre Rolle der Arbeiterklasse ab, sprachen der stalinistischen Bürokratie fälschlicherweise historische Bedeutung zu und versuchten, die Kämpfe der Arbeiterklasse in allen Ländern den bestehenden stalinistischen, reformistischen und gewerkschaftlichen Bürokratien unterzuordnen.

15. Auf der Grundlage der nationalistischen Wirtschaftsagenda der Stalinisten und der Unterdrückung der Arbeiterklasse konnte keins der immensen Probleme, vor denen China nach der Revolution stand, gelöst werden. Dies bestätigt einen weiteren entscheidenden Bestandteil der Theorie der permanenten Revolution: In der Ära der Dominanz der Weltwirtschaft über alle nationalen Wirtschaften beginnt die sozialistische Umwandlung zwar auf nationalem Boden, sie kann aber nur in der internationalen Arena vollendet werden.

16. Die Unfähigkeit des Regimes, die wachsenden Probleme innerhalb der Grenzen Chinas zu lösen, führte zum Zickzackkurs der 1950er und 1960er Jahre und den daraus folgenden Machtkämpfen im bürokratischen Apparat. Ein Jahrzehnt wirtschaftlicher und politischer Krisen folgte. Auf den Großen Sprung nach vorn von 1957-58 folgte der Bruch zwischen China und der Sowjetunion, und die sowjetische Hilfe wurde eingestellt. Darauf provozierte Maos Große Proletarische Kulturrevolution neue Klassenkämpfe. 1969 kam es zum Grenzkonflikt zwischen China und der Sowjetunion, und schließlich näherte sich die Beijinger Regierung im Jahr 1972 an den US-Imperialismus an. Dies fiel mit dem Zusammenbruch des Nachkriegsbooms und einer wachsenden globalen Wirtschaftskrise zusammen, welche die wirtschaftlichen Probleme des Regimes verschärfte. Diese konnten nicht auf der Grundlage nationaler Autarkie gelöst werden. Der Handel mit dem Westen wurde ausgeweitet, und erste Schritte in Richtung kapitalistischer Restauration folgten. 1978 öffnete Deng Xiaoping China dem ausländischen Kapital. Chinas engere Einbindung in die Prozesse der globalisierten Produktion verschärften nur die inneren Spannungen. Diese entluden sich 1989 in Beijing und anderen Städten in der Form von massenhaften Aufständen, die das Regime im Tienanmen-Massaker und einer anschließenden Hexenjagd brutal niederschlug.

17. Dieses Massaker war, wie es in einer Erklärung des Internationalen Komitees der Vierten Internationale vom 8. Juni 1989 heißt, der Höhepunkt eines Jahrzehnts, in dem die chinesischen Stalinisten systematisch an der Wiedereinführung des Kapitalismus gearbeitet hatten. „Hauptzweck des von dem Regime in Beijing eingesetzten Terrors ist es, die chinesischen Massen einzuschüchtern und allen Widerstand gegen die vorsätzliche Liquidierung der sozialen Errungenschaften der chinesischen Revolution zu zerschlagen“, heißt es in der Erklärung. Das Blutbad von Beijing ebnete den Weg für eine dramatische Beschleunigung des Programms der freien Marktwirtschaft und einer Flut ausländischer Investitionen. Kapitalistische Konzerne erkannten, dass man sich offenbar darauf verlassen konnte, dass das stalinistische Polizeistaatsregime die Arbeiterklasse disziplinieren würde und Privateigentum und Profit schützen könne.

18. Die Integration Chinas in den kapitalistischen Weltmarkt hat zu rapidem Wirtschaftswachstum geführt. Aber dies hat weder dem chinesischen, noch dem globalen Kapitalismus zu einer stabilen Basis verholfen. Die chinesische Wirtschaft hängt vollständig von den Märkten in den fortgeschrittenen Ländern ab, die sich gegenwärtig fest im Würgegriff der größten Wirtschaftskrise seit der Großen Depression befinden. Darüber hinaus hat das Wirtschaftswachstum explosive soziale Widersprüche geschaffen. Das zeigt sich daran, dass die Arbeiterklasse schon vierhundert Millionen Köpfe zählt, während die soziale Ungleichheit sich stark verschärft. Streiks und Proteste nehmen zu, was sich in der Verdoppelung von „Massenvorfällen“ von 90.000 im Jahr 2006 auf 180.000 im Jahr 2010 zeigt. Die chinesische Arbeiterklasse befindet sich auf dem direkten Weg in eine revolutionäre Konfrontation mit dem Regime der „jungen Prinzen“ und „roten Kapitalisten“, die das wirtschaftliche und politische Leben beherrschen.

19. Die entscheidende Aufgabe besteht darin, in der chinesischen Arbeiterklasse eine neue revolutionäre Führung aufzubauen. Dies kann nur erreicht werden, wenn der Kampf gegen die kleinbürgerliche Linke geführt wird, die zwar behauptet, sie sei gegen das aktuelle kapitalistische Regime, die aber die revolutionäre Rolle der Arbeiterklasse und deren politische Unabhängigkeit strikt ablehnt. Dies trifft vor allem auf die Neo-Maoisten zu, die behaupten, die kapitalistische Restauration habe mit der Machtübernahme durch Deng Xiaoping begonnen. In Wahrheit war es die nationalistische und kleinbürgerliche Doktrin des Maoismus – vor allem ihr Festhalten an der stalinistischen Theorie vom „Sozialismus in einem Lande“ – die in die wirtschaftliche Sackgasse führte. Sie schuf die Bedingungen für die Machtübernahme durch die offen kapitalistischen Restaurateure unter Führung von Deng. Es war Mao, nicht Deng, der die Armee gegen die Arbeiterklasse führte, als diese während der Großen Proletarischen Kulturrevolution das Regime bedrohte. Es war Mao, der die Hinwendung zum US-Imperialismus vollzog. Dies war die unabdingbare Voraussetzung für das Programm eines „freien Marktes“, der kapitalistischen Restauration und der darauf folgenden Reintegration Chinas in den kapitalistischen Weltmarkt.

20. Die kommenden revolutionären Erhebungen in China werden integraler Bestandteil der neuen Periode revolutionärer Kämpfe im internationalen Maßstab sein. Die chinesische Arbeiterklasse muss sich dem Programm und der Perspektive des IKVI zuwenden, das die wesentlichen Lehren aus den Schlüsselerfahrungen der internationalen Arbeiterklasse im zwanzigsten Jahrhundert und dem langwierigen Kampf der trotzkistischen Bewegung gegen den Stalinismus, den Reformismus und den pablistischen Opportunismus enthält. Dieser Parteitag bestätigt die entscheidende Rolle, die die Socialist Equality Party bei der Gründung und dem Aufbau neuer Sektionen des IKVI in China und im gesamten asiatisch-pazifischen Raum spielen muss.

 

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