„Rot-roter“ Sparhaushalt in Brandenburg

Vergangene Woche hat die Regierung in Brandenburg, bestehend aus SPD und Linkspartei, ihren Doppelhaushalt für die Jahre 2013/2014 beschlossen. Er sieht für das Jahr 2014 erstmals einen Haushalt ohne neue Kredite vor. Die 2009 im Grundgesetzt verankerte Schuldenbremse verbietet den Ländern erst ab 2020 die Aufnahme neuer Schulden. Brandenburg hat die Schuldenbremse also übererfüllt.

Ermöglicht wurde der ausgeglichene Haushalt durch den Abbau mehrerer tausend Stellen im öffentlichen Dienst, Kürzungen bei Bildung und Kultur, die Ausdehnung prekärer Arbeitsverhältnisse sowie die Schließung von Schulen, Museen und Bibliotheken. SPD und Linkspartei wollen auch in Zukunft an diesem arbeiterfeindlichen Kurs festhalten und loben sich für ihr Vorgehen mit „sozialem Augenmaß“.

Die „rot-rote“ Koalition in Brandenburg ist seit 2009 im Amt. Die beiden Parteien verfügen über 60 Prozent der Sitze im Parlament (SPD: 33%, Die Linke: 27%). Vorher hatte Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) sieben Jahre lang gemeinsam mit der CDU regiert.

Am Kurs der Regierung änderte der Koalitionswechsel nichts. Die Einsparungen bei Sozial- und Bildungsausgaben gingen auch anschließend unvermindert weiter. Im November 2009 lobte Platzeck den neuen Koalitionspartner gegenüber der Süddeutschen Zeitung: „Wir hatten schon bei der Sondierung ein konstruktives Klima. Die Gespräche sind an der Sache orientiert, und beiden Seiten ist klar, dass harte Jahre bevorstehen.“

Harte Jahre wurden es in der Tat. Im öffentlichen Dienst sind seither mehr als 4.000 Stellen gestrichen worden. Bis 2014 sollen weitere 2.500 und bis 2018 noch einmal 1.500 wegfallen. Von 51.000 Arbeitsplätzen bei Amtsübernahme der „rot-roten“ Koalition werden dann nur noch 43.000 übrig sein. Der Abbau könnte sich noch dramatisch verschärfen, sollten die Milliarden-Zuschüsse aus dem Länderfinanzausgleich für Brandenburg wegfallen, wie es derzeit die bayrische CSU fordert.

Die Federführung bei den Sparmaßnahmen hat die Linkspartei übernommen, die mit Helmuth Markov den Finanzminister stellt.

Da der Koalitionsvertrag ursprünglich den Abbau von 11.000 Stellen vorgesehen hatte, feiert die Linkspartei den etwas geringeren Stellenabbau als Erfolg. In einem Interview mit der parteinahen Zeitung Neues Deutschland verteidigt ihr finanzpolitischer Sprecher Christian Görke den Stellenabbau und die Kürzungen als „Investition in die Zukunft“: „Die rot-rote Landesregierung hält unter schwieriger werdenden finanzpolitischen Rahmenbedingungen unbeirrt am Konsolidierungskurs mit sozialem Augenmaß fest.“

Laut Görke sollen bis 2018 rund 530 neue Lehrer eingestellt werden. Im Wahlkampf 2009 hatte die Linkspartei allerdings noch „mindestens 2.500“ neue Pädagogen gefordert, und auch während der Koalitionsverhandlungen war von 1.250 neuen Lehrerstellen bis 2014 die Rede gewesen.

Nun wird stattdessen der staatliche Sicherheitsapparat aufgerüstet. Die Zahl der Polizeianwärterinnen und -anwärter wird im neuen Haushalt erhöht; 2018 sollen 7.350 Polizisten im Dienst des Landes stehen. In der Justiz sind 400 und bei den Finanzämtern ebenfalls 400 neue Stellen geplant. Damit könnten „Gerichte und Staatsanwaltschaft auf künftige Entwicklungen reagieren und bedarfsbezogen Schwerpunkte setzen“, begründete das Görke.

Die Einstellung von 530 neuen Lehrern im Laufe von sechs Jahren (bei 2,5 Millionen Einwohnern) ist nichts weiter als ein Feigenblatt. Nach vielen Beteuerungen, es werde nicht an der Bildung und an „kommenden Generationen“ gespart, hat die „rot-rote“ Koalition die Bildungsausgaben bereits im Dezember 2012 gekürzt. Bei den Hochschulen strich sie 12 Millionen, bei den öffentlichen Schulen 13 Millionen und bei den freien Schulen 4,3 Millionen Euro. Laut den Potsdamer Neuesten Nachrichten wird im Finanzministerium bereits an neuen Kürzungsplänen für das Jahr 2015 gefeilt.

Die Kürzungen bei den Hochschulen erfolgten, obwohl die Zahl der Studierenden in Brandenburg in den vergangenen zehn Jahren von 35.000 auf 51.000 gestiegen ist. In einem Beitrag des Deutschlandfunks sagte Maja Wallstein vom Aktionsbündnis für Bildung und Wissenschaft dazu: „Egal welche Statistik man fragt, ob es nun bei Ausgaben pro Studierenden ist, ob es bei Ausgaben pro Kopf der Bevölkerung ist, Brandenburg steht immer auf dem letzten Platz.“

Laut Günther Fuchs, dem Landesvorsitzenden der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), wurde in den vergangen 20 Jahren jede zweite Grundschule und weiterführende Schule geschlossen oder befindet sich vor der Schließung. Dieser Trend hat sich unter „Rot-rot“ nicht gewendet, sondern nur verlangsamt. Im April 2011 verkündete Bildungsministerin Martina Münch (SPD) die Schließung aller Förderschulen in Brandenburg bis 2019.

Außer im öffentlichen Dienst, bei der Bildung und den prekären Beschäftigungsverhältnissen hat die SPD-Linkspartei-Regierung auch im Kulturbereich gekürzt. Museen und Bibliotheken wurden geschlossen, die Preise erhöht oder die Öffnungszeiten verkürzt.

Dem harten Kürzungskurs der Regierung steht der vorbildliche Schulden- und Zinsdienst an die Banken gegenüber. Im Haushaltsjahr 2010 hatte Brandenburg Schulden in Höhe von knapp 18,7 Milliarden Euro, das sind 7.442 Euro je Einwohner. Inzwischen dürfte dieser Betrag über 19 Milliarden liegen. Dem steht ein Jahreshaushalt von rund 10,5 Milliarden gegenüber. Um die Schulden zu tilgen, müsste das Land zwei komplette Landeshaushalte an die Banken und Gläubiger überschreiben. Die jährlichen Zinszahlungen an die Banken belaufen sich auf 628 Millionen Euro. Dies ist mehr als der Landeshaushalt für Hochschulen und Kultur zusammen.

Die soziale Lage in Brandenburg ist auch nach drei Jahren „rot-roter“ Regierung katastrophal. Laut DGB sind 280.000 von 2,5 Millionen Einwohnern atypisch beschäftigt. 14 Prozent der Bevölkerung müssen mit rund 700 Euro netto im Monat auskommen. Hinzu kommen 70.000 sogenannte Aufstocker.

Wie die Linkspartei auf ihrer Webseite selbst zugibt, haben „viele Brandenburger ungeschützte Arbeitsbedingungen und bekommen Löhne unter dem Existenzminimum“. 2012 erhielten 12,9 Prozent der Bevölkerung in Brandenburg soziale Mindestsicherungsleistungen wie Hartz IV. Die Armutsgefährdungsquote beträgt 13,6 Prozent. 27 Prozent der unter Dreijährigen lebt in Familien, die Hartz IV beziehen. Die offizielle Arbeitslosigkeit liegt bei 10 Prozent. Das verbreitete Elend hat zu einem erschreckenden Bevölkerungsrückgang von bis zu 25 Prozent in Schwedt oder 16 Prozent in Eberswalde geführt.

Drei Jahre Regierungsbeteiligung der Linkspartei in Brandenburg zeigen, dass die zehnjährige Kürzungsorgie des „rot-roten“ Berliner Senats kein Ausrutscher war. Sie widerlegt alle politischen Tendenzen, die behaupten, die Linkspartei könne für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung eingespannt werden. Das Gegenteil ist der Fall: Die Linkspartei ist eines der größten Hindernisse im Kampf gegen den Kapitalismus, gegen Kürzungen und Entlassungen.

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