Die SEP im US-Wahlkampf:

Wahlamt von Wisconsin will SEP-Kandidaten ausschließen

Am Freitag, den 3. August, reichten Wahlhelfer der SEP mehr als 3.200 Unterschriften ein, um Jerry White und Phyllis Sherrer den Platz auf dem Wahlzettel zu sichern. Das sind weit mehr als die 2.000 verlangten Unterschriften. Sie wurden in weniger als acht Tagen gesammelt, was die große Unterstützung beweist, die es in der Bevölkerung für eine Alternative zu Barack Obama und Mitt Romney gibt. Beide großen Wirtschaftsparteien, die Demokraten und die Republikaner, verfolgen die gleiche arbeiterfeindliche Politik.

Am Dienstag, den 7. August, teilte ein Vertreter des Wahlamts von Wisconsin (GAB) der SEP mit, dass alle ihre Unterschriften als ungültig zurückgewiesen worden seien, weil sich auf jedem Unterschriftenblatt im allgemeinen Teil ein Fehler befinde. Der Wahlexperte des GAB, David Buerger, sagte, zwei der zehn auf den Unterschriftenlisten aufgeführten Präsidentenwahlmänner wohnten nicht in den Wahlkreisen für den Kongress, für die sie aufgestellt seien. Aus diesem Grunde seien alle 3.200 Unterschriften abgelehnt worden.

Das ist ein offener Angriff auf die demokratischen Grundrechte der Socialist Equality Party und der Tausenden Arbeiter, Studenten und Jugendlichen, die in Milwaukee, Madison, Kenosha, LaCrosse und weiteren Städten ihre Unterschrift leisteten, um die SEP-Kandidaten auf den Wahlzettel zu bringen.

In vielen Staaten gibt es überhaupt keine Vorschrift, Wahlmänner auf der Unterschriftenliste zu vermerken. Die Wahlmänner sind Freiwillige, die in einer Wahlmännerversammlung namens Electoral College (selbst eine archaische und anti-demokratischen Einrichtung) für die nominierten Kandidaten stimmen, sollten diese die Wahl gewinnen. In Wisconsin wird aber von so genannten „dritten Parteien“ neben der Hürde, tausende Unterschriften zu sammeln, zusätzlich verlangt, auf ihren Unterschriftenlisten aus jedem der acht Wahlkreise des Staates einen Wahlmann sowie zwei weitere mit Name und Adresse zu benennen.

Die SEP-Wahlmänner sind für Kongresswahlkreise gemeldet, in denen sie im Moment wohnen und gemeldet sind. Dabei haben wir uns nach Karten der Bundesregierung für Kongresswahlkreise gerichtet, wie sie im Internet zugänglich sind. Buerger sagt hingegen, dass zwei Kommunen, um die es hier geht, neuerdings zu anderen Kongresswahlkreisen gehörten, weil die republikanische Mehrheit im Staatsparlament die Wahlkreisgrenzen geändert habe. Es geht dabei um Whitefish Bay vor den Toren von Milwaukee und Green Spring im Westen des Bundesstaates.

Die Veränderung der Wahlkreisgrenzen ist sehr unklar und politisch motiviert. Das Wisconsin State Journal schreibt dazu: “Ein Bundesgericht nahm im März [2012] dem Parlament die Neueinteilung der Wahlkreise aus der Hand, da die politische Atmosphäre derart vergiftet sei, dass die Abgeordneten unfähig seien, auch nur die wenigen Veränderungen zu machen, die notwendig seien, um die neue Einteilung in Übereinstimmung mit Bundesrecht zu bringen.“

Über die neuen Wahlkreisgrenzen wurde noch bis zum 18. Juni 2012 vor dem Obersten Gerichtshof des Staates Wisconsin gestritten. Das war nur dreizehn Tage vor dem 1. Juli, dem Tag, ab dem Kandidaten „dritter Parteien“ Unterschriftenlisten zirkulieren durften.

In einem Brief an die SEP-Kandidaten erklärte Buerger, die Unterschriftenlisten enthielten einen “vernichtenden Fehler” (a „fatal flaw“), und das Wahlamt könne „ablehnen, den Namen des Kandidaten auf dem Wahlzettel aufzunehmen”, weil “die Nominierungsunterlagen nicht den Vorschriften des Wahlgesetzes entsprechen”.

Buerger gestand zu: “Es ist möglich, dass der Irrtum seine Ursache in der alle zehn Jahre durchgeführten Überprüfung der Wahlkreisgrenzen hat. Beide betroffenen Wahlmänner wohnten früher in dem entsprechenden Kongresswahlkreis, wurden aber durch das Wisconsin Gesetz 44 von 2011 [das die Wahlkreisgrenzen neu zog] einem anderen Wahlkreis zugeschlagen.“

Der Wahlleiter erklärte, die SEP habe Zeit bis Dienstag, den 14. August, schriftlich gegen die Entscheidung des Wahlamtes Einspruch einzulegen. Sie könne auch persönlich im Wahlamt erscheinen und auf der nächsten Sitzung des GAB am 28. August „ihre Argumente kurz vortragen“.

Eine abschließende bürokratische Bemerkung am Ende des Briefes lautet: “Zahl der gültigen Unterschriften: Null”, und “Wohnort von zwei Wahlmännern (3. und 5. Wahlkreis) nicht im Wahlkreis. Dadurch sämtliche Unterschriften disqualifiziert.“

Obwohl die SEP-Wahlhelfer die Unterschriftenlisten mehr als vier Tage vor Ablauf der Frist am 7. August einreichten, nahm Buerger erst vier Tage später, wenige Stunden vor Ablauf der Frist um 17 Uhr, mit der SEP Kontakt auf und machte es der SEP dadurch unmöglich, den angeblichen Fehler zu korrigieren.

Die Wohnsitzbestimmung des GAB ist völliger Quatsch und ist schon längst vom Obersten Gerichtshof von Wisconsin kassiert worden. 2004 hatte die Demokratische Partei mit exakt der gleichen Taktik versucht, den unabhängigen Kandidaten Ralph Nader von der Wahl in Wisconsin auszuschließen. Das war aber vom Obersten Gerichtshof des Staates zurückgewiesen worden.

Nader hatte zehn Wahlmänner aufgeführt, aber einer wohnte in einem anderen Wahlkreis als angegeben. Zuerst forderte die Demokratische Partei das staatliche Wahlamt auf, Nader deswegen von der Wahl auszuschließen, aber das Wahlamt lehnte dies ab. Daraufhin zogen die Demokraten in Dane County vor Gericht, und der Bezirksrichter Michael Nowakowski ordnete an, Nader zu streichen.

Das Oberste Staatsgericht kassierte die Entscheidung. In einem Artikel von Associated Press vom 1. Oktober 2004 auf der First Amendment Center Web Site wird die Begründung für die Aufhebung des Urteils der unteren Instanz mit folgenden Worten zitiert:

“Das Obergericht kippte die Entscheidung und entschied, dass die Wohnsitzerfordernis für den Kongresswahlkreis nicht verpflichtend sei. Daher habe das Wahlamt richtig gehandelt, als es letzte Woche über den Fehler hinwegsah und Nader die Wahlteilnahme zugestand.

Richter David Prosser bemerkte, der in Frage stehende Wahlmann sei davon ausgegangen, in einem bestimmten Wahlkreis zu wohnen, gehöre aber inzwischen zu einem anderen Wahlkreis, weil der Wahlkreiszuschnitt verändert worden sei. ‚Für mich stellt sich die Frage, ob so ein Irrtum ausreichend sein kann, jemandem die Kandidatur zu verweigern’, sagte Prosser.“

Die Tatsache, dass genau diese Frage schon gerichtlich entschieden worden ist, unterstreicht nur, dass die GAB-Wahlleiter nicht den geringsten Grund haben, die SEP-Kandidaten vom Wahlzettel zu streichen, und dass lediglich krampfhaft nach einem Vorwand suchen, um es dennoch zu tun, egal wie unglaubwürdig das ist. Dabei verfolgen sie nicht zuletzt das Ziel, die SEP zu zwingen, große finanzielle und personelle Mittel zu binden, die besser eingesetzt wären, die Politik der Partei bekannt zu machen.

Ob nun die Demokraten hinter diesem Angriff stehen oder die Republikaner (oder beide), das erste Ziel besteht darin, zu verhindern, dass Arbeiter und Jugendliche eine Alternative wählen können, die ihre Klasseninteressen vertritt.

Der Versuch, die SEP-Kandidaten auszuschließen, rief sofortige Empörung bei den beiden Wahlmännern hervor, deren Berechtigung in Frage gestellt wurde. „Natürlich ist das undemokratisch“, sagte Richard, ein pensionierter Arbeiter. „Aber es überrascht mich nicht. Das ganze System ist auf die Interessen der beiden dominierenden Parteien ausgerichtet, die sich kaum voneinander unterscheiden. Das System hat den Massen noch nie gedient, aber es ist noch viel schlimmer geworden, als es vorher schon war. Die beiden Parteien erlauben niemandem, sie bei der Wahl herausfordern.“

Die andere Wahlfrau, die beanstandet wurde, ist die Studentin Jessica. Sie erklärte: „Hier in Wisconsin herrscht eine Menge Durcheinander hinsichtlich der Wahlen und der Stimmabgabe. Als ich das letzte Mal abgestimmt habe, – das war erst vor ein paar Monaten bei dem Abberufungsreferendum [gegen Gouverneur Walker] –, da wohnte ich noch im fünften Wahlkreis. Also habe ich mich als Wahlfrau für den fünften Wahlkreis zur Verfügung gestellt. Mir ist nicht klar, dass ein Neuzuschnitt der Wahlkreise in Kraft getreten ist. Ich werde nicht die einzige Wählerin sein, die im November zur Wahl geht und feststellen muss, dass sie nicht mehr in ihrem bisherigen Wahlkreis abstimmen kann.

Wir leben angeblich in einer Demokratie, aber das ist ganz sicher nicht demokratisch. Jeder muss auf dem Wahlzettel stehen können, wenn die Wähler das wollen. Aber das Wahlamt kümmert sich nicht um die Meinung der Wähler von Wisconsin und folgt nicht ihren Interessen, wie es in einem Wahljahr sein müsste.“

Die Socialist Equality Party wird einen entschlossenen Kampf führen, damit ihre Kandidaten im November in Wisconsin auf dem Wahlzettel stehen. Wir fordern alle Sympathisanten auf, uns dabei zu unterstützen, für die Kosten der juristischen Auseinandersetzung zu spenden und unseren Wahlkampf so weit wie möglich bekannt zu machen.

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