Die SEP im US-Wahlkampf:

Kampagne gegen Sozialkürzungen in Pittsburgh

Phyllis Scherrer, Kandidatin der Socialist Equality Party für das Amt der US-Vizepräsidentin, besuchte am vergangenen Wochenende mit ihrem Wahlteam das „Rock-All-Night-Tour“-Musikfestival in Lawrenceville, einem Vorort von Pittsburgh im US-Bundesstaat Pennsylvania. Dort sprach sie mit Arbeitern über die jüngsten staatlichen Sozialkürzungen.

Vor wenigen Wochen erst hat die Regierung von Pennsylvania das „General Assistance Program“ abgeschafft. Das Hilfsprogramm, dem ein jährlicher Etat von 150 Millionen Dollar zur Verfügung stand, existierte seit der Großen Depression und richtete sich an alleinstehende behinderte Menschen, die unter der Armutsgrenze leben. Etwa 70.000 Bürger von Pennsylvania erhielten auf diese Weise Zugang zu medizinischer Versorgung und bekamen Unterstützungszahlungen in Höhe von 205 Dollar pro Monat.

Zurzeit sind in Pennsylvania etwa 475.000 Menschen ohne Arbeit. Dadurch wird es für die Betroffenen fast unmöglich, passende Arbeitsplätze zu finden, um den finanziellen Ausfall zu kompensieren.

Viele Menschen, mit denen Phyllis Scherrer sprach, verurteilten die Kürzung als unmenschlich. Sehr viele meinten aber auch, dass sie nicht allein auf den republikanischen Gouverneur von Pennsylvania zurückzuführen sei, sondern ein Zeichen für die Verkommenheit des gesamten politischen Establishments darstelle. Fast alle reagierten positiv, als Phyllis Scherrer ihnen die Notwendigkeit einer neuen Partei der Arbeiterklasse erläuterte.

Phyllis Scherrer mit Bill und Michelle Hahner Phyllis Scherrer mit Bill und Michelle Hahner

Eine Krankenpflegerin empörte sich über die Auswirkung der Kürzungen. „Viele meiner Patienten werden jetzt vor die Wahl gestellt – entweder Essen oder Medizin. Es ist schrecklich, wenn man bedenkt, dass behinderten und kranken Menschen die Zahlung von lächerlichen zweihundert Dollar pro Monat verweigert wird. Das wird viele obdachlos machen und vor allem Menschen mit psychischen Problemen in große Schwierigkeiten bringen. Man kann diese Maßnahme nur als Verbrechen bezeichnen.“

Bill Hahner war nach dem Verlust seines Arbeitsplatzes neun Monate arbeitslos. „Es fehlte an allen Ecken und Enden. Ich habe endlos viele Bewerbungen geschrieben, nächtelang wach gelegen und mir Gedanken darüber gemacht, wovon die nächste Miete oder das nächste Essen bezahlt werden soll. Schließlich hab ich einen Job gefunden, aber es war nicht einfach. Jetzt arbeite ich in einem Betrieb, in dem die Löhne seit fünf Jahren eingefroren sind. Trotzdem fahren die Manager in Luxusschlitten vor. Wie kann das angehen?“

Bills Frau Michelle mischte sich in das Gespräch ein. „Ich schufte zehn Stunden pro Tag, vier Tage die Woche und kann meine Rechnungen damit immer noch nicht bezahlen. Mein Verdienst liegt unter dem Arbeitslosengeld. Dieses Land sorgt nur für die Konzerne, aber nicht für die einfachen Menschen. Sie machen zurzeit alles wieder rückgängig, was in den Dreißiger und Vierziger Jahren für uns erreicht wurde. Diese Leute sollten nicht vergessen, wer den Reichtum in diesem Land erwirtschaftet!“

Phyllis Scherrer mit Sarah Koenig Phyllis Scherrer mit Sarah Koenig

Sarah Koenig, eine junge Arbeiterin, sagte: „Unsere Gesellschaft darf sich nicht mehr als Gemeinschaft bezeichnen, wenn wir den Ärmsten Programme wie ‚General Assistance’ streichen. So etwas ist unmenschlich.“

Sie erzählte von ihrem 50-jährigen Vater, der seit 2008 für die Hafenbehörde arbeitet und um seinen Arbeitsplatz fürchtet. „Er braucht ihn, um seine Krankenversicherung zahlen zu können“, sagte sie und schilderte, wie sehr die Sorgen ihre Familie belasteten. „Die Reichen kümmern sich nicht um die einfachen Leute, obwohl sie es sind, die ihnen ihren Lebensstil ermöglichen. Ich selbst war auch einen Monat lang arbeitslos. Ich arbeite als Kellnerin auf Abruf und bin davon abhängig, wie gut das Geschäft läuft. Wenn zu wenig los ist, werde ich nicht gerufen, aber meine Rechnungen müssen trotzdem bezahlt werden.“

Phyllis Scherrer verurteilte die soziale Ungleichheit in den USA, die nie gekannte Ausmaße angenommen hat. „Große Teile der Arbeiterschaft sind von der Armut bedroht, während die öffentlichen Haushalte von den Reichen geplündert werden.“ Obwohl der Lebensstandard der Massen sinke, nehme der Wohlstand der Superreichen kontinuierlich zu.

Auf die Wahlchancen der SEP angesprochen, sagte Phyllis: „Wir werden diese Wahl nicht gewinnen. Aber unser Ziel besteht auch nicht darin, möglichst viele Stimmen zu bekommen. Wir wollen Menschen von unserem Programm überzeugen und sie für unseren Kampf gewinnen.“

Phyllis Scherrer und Mary Lou Heimann Phyllis Scherrer und Mary Lou Heimann

Mary Lou Hermann, eine pensionierte vierfache Mutter, beschrieb, wie erniedrigend es für sie war, Sozialhilfe zu beantragen. Sie verurteilte die Stigmatisierung von Sozialhilfeempfängern und Beziehern von „General-Assistance“-Geldern und empörte sich darüber, was für ein falsches Bild die Medien von der amerikanischen Wirklichkeit zeichnen. „Die Leute in anderen Ländern müssen glauben, alle Amerikaner seien reich. Sie ahnen ja nicht, dass viele von uns, wenn sie ihren Kühlschrank öffnen, ins Leere sehen. Meine Kinder sind erwachsen und haben alle Arbeit. Trotzdem fehlt es ihnen manchmal sogar am Essen.“

Phyllis Scherrer betonte, dass die Verschlechterung des Lebensstandards kein vorübergehendes Phänomen sei, sondern das Ergebnis der Krise des Kapitalismus, dass die herrschende Klasse zu keinerlei Zugeständnissen an die arbeitende Bevölkerung mehr bereit sei und beide große Parteien – sowohl Republikaner, als auch Demokraten – ihren Generalangriff auf die Arbeiterklasse nach den Wahlen unvermindert fortsetzen würden.

Die arbeitende Bevölkerung habe innerhalb dieses Systems keine Möglichkeit mehr, ihren Lebensstandard zu halten oder zu verbessern. Der Kapitalismus biete nur noch Verarmung und Verelendung. Aus diesem Grund müsse eine neue Partei geschaffen werden, die bereit ist, das kapitalistische System zu beenden und es durch eine sozialistische Gesellschaftsordnung zu ersetzen.

Deutsche Leser der WSWS werden bald Gelegenheit haben, sich aus erster Hand über das Programm und den Wahlkampf der SEP zu informieren: Präsidentschaftskandidat Jerry White wird am Samstag, den 8. September auf Einladung der PSG in Berlin sprechen.

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