Deutsche Regierung gewährt den syrischen Rebellen militärische Hilfe

Deutschland spielt bei der Unterstützung der syrischen Rebellen eine weit größere Rolle, als bisher bekannt. Am Sonntag veröffentlichte die Bild-Zeitung einen Bericht über Aktivitäten der Bundeswehr und des Bundesnachrichtendienstes (BND) an den Grenzen Syriens, die offensichtlich dazu dienen, den Kämpfern der Free Syrian Army (FSA) militärisch beizustehen.

Das Blatt hatte berichtet, dass ein Spionageschiff der Bundesmarine vor der Küste Syriens stationiert und mit neuster BND-Technik zur Überwachung des Landes ausgestattet sei. Noch am selben Tag bestätigte ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums diese Angaben. Es sei „richtig, dass sich ein Schiff derzeit zu einem mehrmonatigen Einsatz in der Region befindet“, sagte er.

Auch wenn sich das Ministerium verbittet, das Schiff als „Spionageboot“ zu bezeichnen, gibt es doch zu, dass es sich um das Flottendienstboot „Oker“ handelt, das zu den „Frühwarn-, Fernmelde- und Aufklärungseinheiten“ der Marine gehört.

Ob sich tatsächlich BND-Technik an Bord befindet, wollte der Sprecher nicht bestätigen. Zu operativen Einzelheiten des aktuellen Einsatzes würden grundsätzlich keine Auskünfte erteilt. Ein Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG), Fritz-Rudolf Körper (SPD), bestätigte allerdings, dass auch BND-Technik zum Einsatz komme.

Laut Bild-Zeitung können mit den Instrumenten auf dem Schiff Truppenbewegung bis zu 600 Kilometer tief in Syrien beobachtet werden. Diese Daten würden nicht nur mit den Vereinigten Staaten und Großbritannien, sondern auch mit den syrischen Rebellen geteilt, die mit Unterstützung der USA, der Türkei und der reaktionären Golf-Monarchien für den Sturz des syrischen Assad-Regimes kämpfen.

Die Zeitung verwies zudem darauf, dass auch auf dem türkischen NATO-Posten Adana BND-Mitarbeiter stationiert seien, die von dort aus den Telefon- und Funkverkehr in Syrien abhörten.

Daneben werde der informelle Kontakt zu Quellen im direkten Umfeld des Assad-Regimes gehalten. „Kein westlicher Geheimdienst hat so gute Quellen in Syrien wie der BND“, wird ein anonymer US-Geheimdienstmitarbeiter zitiert.

Nach deutschem Recht müsste zumindest der Einsatz der „Oker“ vom Bundestag abgesegnet werden, da er in seiner Zielstellung der Militärspionage nicht von der benachbarten UNFIL-Mission, aus der das Schiff stammt, gedeckt wird. Bisher wurden aber alle Maßnahmen im Geheimen und ohne Abstimmung im Parlament durchgeführt.

Die militärische Unterstützung der Rebellen durch die Versorgung mit Geheimdienstinformationen reiht sich in eine lange Liste ähnlicher Manöver ein, die in den letzten Wochen nur scheibchenweise an die Öffentlichkeit gelangten.

Bereits im Juli hatte die Wochenzeitung Die Zeit aufgedeckt, dass die Bundesregierung in Berlin einen geheimen Think Tank aufgebaut und unterstützt hat, der bis zu 50 oppositionelle Syrier einfliegen ließ, um Vorbereitungen für „den Tag danach“, also nach dem Sturz des syrischen Diktators Baschar al-Assad zu treffen. (Siehe: „Deutschland beteiligt sich an Kriegsvorbereitungen gegen Syrien“)

Zusammen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten steht Deutschland zudem der Arbeitsgruppe „Wirtschaftlicher Wiederaufbau und Entwicklung“ im Rahmen der „Freundesgruppe des syrischen Volkes“ vor. Diese Arbeitsgruppe soll Pläne entwerfen, wie in Syrien ohne Assad eine Massenprivatisierung von Staatsbetrieben und die Durchsetzung einer Marktwirtschaft gewährleistet werden kann.

Beide Projekte werden mit Millionen Euro von der Bundesregierung direkt und indirekt unterstützt.

Hinzu kommt die zentrale Rolle der deutschen Marine an der Küste des Libanon, über die ein erheblicher Teil der Waffenlieferungen an die Rebellen abgewickelt wird. Auch wenn die Bundeswehr dort offiziell stationiert ist, um Waffenschmuggel zu verhindern, wurde noch keine Lieferung an die Rebellen aufgehalten.

Anfang August hat das Auswärtige Amt dann eine ressortübergreifende Task Force Syrien eingerichtet, um „die umfassenden Aufgaben in der Bundesregierung noch stärker zu bündeln“, wie Außenminister Guido Westerwelle mitteilte. Geleitet wird diese Arbeitsgruppe von dem Nahost-Beauftragten des Außenministeriums, Boris Ruge, der schon früher in Vorträgen den wachsenden Einfluss des Iran und der Hisbollah als die Hauptprobleme der Region bezeichnet hat.

Die nun aufgedeckten Aktivitäten der Bundeswehr machen deutlich, dass die Task Force auch militärische Interventionen umfasst und die Bundesregierung eng mit der Free Syrian Army zusammenarbeitet, um einen Regimewechsel in Damaskus durchzusetzen.

Ein solcher Wechsel dient auch dazu, den Iran zu destabilisieren. Israel droht seit langem mit einem Angriffskrieg gegen dieses Land, und Kanzlerin Angela Merkel hatte Tel Aviv bereits 2008 die militärische Unterstützung Deutschlands zugesichert. In der Knesset hatte sie erklärt: „Die Sicherheit Israels ist für mich als deutsche Bundeskanzlerin niemals verhandelbar – und wenn das so ist, dann dürfen das in der Stunde der Bedrohung keine leeren Worte bleiben.“

Mit der Lieferung von deutschen U-Booten, die zum Großteil von der Bundesregierung finanziert werden, wird diese Doktrin in die Tat umgesetzt. Laut Informationen des Nachrichtenmagazins Der Spiegel werden die U-Boote in Israel mit atomaren Marschflugkörpern ausgerüstet, die gegen den Iran eingesetzt werden können.

Diese militärischen Aktivitäten der Bundesregierung stoßen auf breite Ablehnung in der Bevölkerung. Laut einer Forsa-Umfrage stimmen nur 12 Prozent der Deutschen einer Militärintervention in Syrien zu. 13 Prozent befürworten militärische und finanzielle Unterstützung für die Opposition.

Doch in der offiziellen Politik findet diese Ablehnung keinen Ausdruck. Auch wenn einzelne Abgeordnete der Grünen und der Linkspartei eine parlamentarische Abstimmung über die Entsendung der „Oker“ an die syrische Grenze fordern, unterstützen sie im Wesentlichen das Vorgehen der Bundesregierung oder weigern sich, ernsthaft dagegen vorzugehen.

Der ehemalige Außenminister Joschka Fischer (Grüne) setzt sich sogar für die Errichtung einer Flugverbotszone über Syrien ein, wie sie in Libyen als Vorwand für eine direkte militärische Intervention diente. „Es ist eine große humanitäre Katastrophe, die sich da abzeichnet“, sagte er. „Deswegen stehe ich der Einrichtung einer Flugverbotszone grundsätzlich positiv gegenüber.“

Auch der Grünen-Fraktionschef im Bundestag, Jürgen Trittin erklärte, dass die Beobachter-Mission der UN nicht ausreiche, um Massaker wie in Hula zu verhindern und die Mission daher „gestärkt“ werden müsse. Wie diese Stärkung aussehen soll, erklärte er nicht. Das Massaker von Hula war glaubwürdigen Berichten zufolge nicht von der Regierung, sondern von den Anti-Assad-Kräften verübt worden. (Siehe: „Massaker von Hula wurde laut FAZ von der Freien Syrischen Armee begangen“)

Die Linkspartei spricht sich in einigen Erklärungen gegen Waffenlieferungen an die Rebellen und an das Assad-Regime aus. Zugleich fordert sie aber, die Opposition des Landes mit allen übrigen Mitteln zu unterstützen und auf diese Weise einen Regimewechsel zu erzwingen.

Hatten sich gegen den Irak-Krieg oder die Besatzung Afghanistans noch Stimmen der sogenannten Friedensbewegung erhoben, sind die meisten ihrer Vertreter heute vollständig in das Lager des Imperialismus übergangen. Die Friedenskooperative etwa betätigt sich heute nicht gegen die Kriegstreiberei der westlichen Mächte, sondern sammelt im Rahmen der Kampagne „adopt a revolution“ Geld für die Rebellen in Syrien.

Die Standpunkte dieser Gruppen verändern sich zusammen mit der Ausrichtung der deutschen Außenpolitik, die eine zusehends aggressive Form annimmt. Sie sind über zahlreiche Kanäle mit der Regierung und der offiziellen Opposition verbunden und teilen ihre Interessen.

Loading