SEP- Präsidentschaftskandidat Jerry White auf Rundreise in England

 

WhiteJerry White auf der Veranstaltung in Manchester

Jerry White, der Kandidat der Socialist Equality für die US-Präsidentschaftswahl im November, hat auf der zweiten Station seiner internationalen Wahlreise England besucht.

Zuvor war er in Sri Lanka, wo er auf gut besuchten Veranstaltungen in Colombo, Kegalla und Galle sprach und mit Kautschukarbeitern auf der Plantage Ambanpitiya Estate in Kegalla diskutierte.

Whites erste Veranstaltung in England fand am Dienstagabend in Manchester statt, der Stadt, in der Friedrich Engels 1844 Die Lage der arbeitenden Klasse in England schrieb. Engels bemerkte in der ihm eigenen Bescheidenheit, sein Werk repräsentiere „eine der Phasen der embryonalen Entwicklung“ des modernen internationalen Sozialismus als Wissenschaft, wie er „vor allem und nahezu ausschließlich durch die Leistungen von Marx“ ausgebildet worden sei. (Vorwort zur englischen Ausgabe 1892).

 

VeranstaltungDie Veranstaltung in Manchester

Mehr als 70 Menschen nahmen an dem Treffen am Mechanics Institute teil, White wurde ein herzlicher Empfang bereitet. Im Publikum waren Arbeiter, Studenten, Arbeitslose und Jugendliche aus Städten im Norden Englands, darunter Einwanderer aus Afrika, der Türkei und China. Nach Whites Präsentation wurden viele Fragen über das Programm und die Perspektive der Socialist Equality Party in den USA und Großbritannien gestellt. Viele Teilnehmer blieben nach dem Ende des Treffen noch für weitere Diskussionen mit White.

Am Donnerstag sprach White in London und reiste dann nach Deutschland weiter.

„Niemand auf der Welt, der sich ernsthaft für eine sozialistische Zukunft einsetzt, kann glauben, dass dies ohne den aktiven gesellschaftlichen und politischen Widerstand der amerikanischen Arbeiterklasse gegen Amerikas herrschende Elite möglich ist“, sagte Jerry White zu Beginn seiner Rede in Manchester.

Dann sprach er ausführlich über die Notlage der Arbeiterklasse in den USA und dem Rest der Welt. Er ging detailliert darauf ein, wie die herrschende Klasse der USA den Lebensstandard der Arbeiter über mehrere Jahrzehnte hinweg gesenkt und wie sich dieser Trend seit der Weltwirtschaftskrise im Jahr 2008 verstärkt hat.

„In keinem Land der Erde hat die herrschende Klasse mit sozialen Reformen auf die Krise reagiert, um hunderten Millionen Menschen Erleichterung zu verschaffen, die vom Zusammenbruch des kapitalistischen Weltsystems betroffen sind. Im Gegenteil. Überall haben die politischen Parteien und ihre Führer, ob konservativ, liberal oder sozialdemokratisch, die Krise ausgenutzt, um die sozialen Errungenschaften der Arbeiterklasse, die in über einhundert Jahren erkämpft wurden, zu zerstören. Dies ist die Politik der sozialen Konterrevolution.“

Die Arbeiterklasse auf der ganzen Welt stehe vor den Scherben des Zusammenbruchs des kapitalistischen Weltsystems. Es gebe im Rahmen der bestehenden Ordnung für sie keine Mittel und Wege mehr, die eigenen Interessen auszudrücken, sagte White. „Deshalb sehen wir meine Reise um die Welt nicht als eine Ablenkung von der amerikanischen Wahlkampagne, sondern als Ausdruck unseres wichtigsten Zieles: des Kampes für eine internationale Strategie und für ein internationales Programm, um die Arbeiter in aller Welt zu vereinen.“

Nur so sei es möglich, die Gesellschaft aus dem wirtschaftlichen und politischen Würgegriff der Konzern- und Finanzelite zu befreien und die sozialistische Reorganisation des politischen und wirtschaftlichen Lebens auf der Grundlage menschlicher Bedürfnisse statt privaten Profits zu beginnen.

Whites Vortrag führte zu einer lebhaften Diskussion über Themen wie die Unterschiede zwischen der chinesischen Kommunistischen Partei und der SEP, die Frage, wie man die einseitige Berichterstattung in den Medien überwinden könne und welche Bedeutung der „arabische Frühling“ habe.

Ein Arbeiter aus der Öl- und Gasindustrie sagte: „Jerry hat darüber gesprochen, wie trüb es in der Welt aussieht. Aber muss man nicht auch Hoffnung für die Zukunft verbreiten?“ Ein anderer fragte, warum die SEP sich an den Wahlen beteiligt, während neue Bewegungen wie „Occupy Wall Street“ das ablehnten.

Jerry White antwortete, wenn das Selbstvertrauen der Arbeiterklasse gelitten habe, sei dies das Ergebnis des jahrzehntelangen Verrats der alten Organisationen und der Gewerkschaften.

Die Ursache seien Jahrzehnte des Betruges durch die alten Organisationen wie die Gewerkschaften. „Das Problem ist nicht, dass die Gewerkschaften kein Rückgrat haben oder politische Fehler begehen. Sie stehen im Klassenkampf auf der anderen Seite. Sie haben sich in direkte Werkzeuge der herrschenden Klasse verwandelt. Die Ereignisse in Südafrika müssen sehr ernst genommen werden. Die Nationale Gewerkschaft der Minenarbeiter und die Regierung des Afrikanischen Nationalkongresses haben ein Massaker unterstützt, das dem in Sharpeville unter der Diktatur des Apartheid-Regimes in Nichts nachsteht. Die Gewerkschaften würden sich in allen anderen Ländern ebenso verhalten.“

„Die Arbeiterklasse gerät jetzt ganz objektiv in eine Konfrontation mit diesen Organisationen“, fuhr White fort. „Es geht nicht darum, Hoffnung zu verbreiten, sondern eine Perspektive zu liefern, eine Strategie zum Aufbau neuer Kampforganisationen... um schlussendlich dafür zu kämpfen, die Macht zu ergreifen und sie in die Hände der Arbeiterklasse zu legen.“

„Wir beteiligen uns nicht nur an Wahlen“, sagte White. „Aber Wahlen sind im Allgemeinen eine Periode der erhöhten politischen Aufmerksamkeit, und wir versuchen sie zu nutzen, um der Arbeiterklasse die Wahrheit zu sagen. Die Pseudo-Linken treten nicht gegen Barack Obama an. Sie unterstützen die Wiederwahl der Demokraten und betrügen so die Arbeiterklasse.“

„Es gibt keinen parlamentarischen Weg in den Sozialismus“, fuhr er fort. „Die Diktatur der Elite kann nur durch Arbeiterregierungen und die Einführung wahrer demokratischer Kontrolle und eine riesige Umverteilung der Vermögen gebrochen werden. All das ist nicht ohne revolutionären Kampf möglich.“

Die Haltung der Occupy-Bewegung unter dem Schlagwort „Keine Politik!“, so White, sei vom Anarchismus beeinflusst und betrachte die Arbeiterklasse als „Mitverschwörer“ bei der eigenen Ausbeutung.

„Das ist die Politik der Mittelklasse“, sagte er. „Sie repräsentiert die Interessen der obersten zehn Prozent der Bevölkerung, die mit der gegenwärtigen Verteilung des Reichtums unzufrieden sind, weil sie selbst zu wenig davon abbekommen. Sie wollen einen größeren Anteil für sich selber, aber sie haben nicht vor, den Kapitalismus abzuschaffen und den Sozialismus einzuführen. Selbst Obama hat angefangen, von den ‚99 Prozent’ zu sprechen. Die Occupy-Bewegung ist ganz einfach von den Demokraten gekapert worden.“

Eine Reihe von Besuchern sprach im Anschluss an die Veranstaltung mit Reportern der World Socialist Website. Ben war aus Birmingham in den West Midlands zu dem Treffen angereist. Er studiert die Geschichte der Russischen Revolution und hat eine Reihe marxistischer Klassiker gelesen. Er sagte über das Internationale Komitee der Vierten Internationale: „Diese Partei scheint mir von dieser Tradition durchdrungen und hat sie auf die gegenwärtige Krise übertragen und für die Arbeiterklasse relevant gemacht.“

Alan sagte, das Treffen sei „erfrischend und radikal gewesen“ und habe ihm Hoffnung gegeben. „Es hat den Betrug der Gewerkschaften auf den Punkt gebracht. Die Menschen fühlen sich in der Tat von den Gewerkschaften und der Labour Party hintergangen.“

Rose sagte: „Jerry hat uns klar gemacht, wie schlimm die Bedingungen in den USA sind, schlimmer noch als hier... Es ist überall so, die Lebensbedingungen verschlechtern sich für alle.“

Murat sagte: „Jerry Whites Perspektive ist realistischer als die anderer Politiker. Er zeigt das wahre Bild. Die meisten Leute wissen nicht, was wirklich in den USA vor sich geht. Niemand weiß etwas über die Arbeiterklasse und das Ausmaß ihrer Probleme.“

In einem Interview mit den Manchester Evening News nach dem Treffen erwähnte White die „tiefe und reiche Geschichte des Sozialismus“ in der Stadt. Er erklärte, er befinde sich auf einer internationalen Rundreise, weil „die amerikanischen Arbeiter vor den gleichen Problemen stehen wie die Arbeiter dieses Landes, und der ganzen Welt. Diese Probleme lassen sich nicht mit Appellen an die herrschenden Mächte und ihr Gewissen lösen. Sie erfordern revolutionäre Antworten.“

Zuletzt hatte White im Vorfeld der amerikanischen Präsidentschaftswahlen im Oktober 2008 in England gesprochen, zu denen er ebenfalls als Kandidat angetreten war.

Damals hatte er erklärt, das Platzen der amerikanischen Immobilienblase im Jahr 2006 habe unweigerlich zur Kreditklemme von 2007 geführt. Es habe sich dabei nicht um eine kurzzeitige Abweichung gehandelt, sondern um den ersten Schritt eines systemischen Zusammenbruchs des Weltkapitalismus. Im September 2008 ging dann die Bank Lehman Brothers in die Insolvenz und die Weltmärkte standen kurz vor dem Zusammenbruch.

Das war der Beginn eines Linkrucks im Bewusstsein der breiten Masse der arbeitenden Bevölkerung, die die Krise zurecht als das Ergebnis der wirtschaftsfreundlichen Politik ansahen, die in den vorherigen Jahrzehnten alle Parteien verfolgt hatten.

Unter diesen Bedingungen stellten die herrschenden Mächte der Welt und ihre Verteidiger in den pseudolinken Gruppen die Wahl von Barack Obama ins Weiße Haus als kompletten Bruch mit der Bush-Zeit dar. Unter dem Mantra „Wandel“ wurde gezielt die Illusion geschürt, die Wahl eines afroamerikanischen Präsidenten würde die Jahre rechter Wirtschaftspolitik und aggressiver, räuberischer Außenpolitik beenden.

White hatte 2008 vor solchen Ansichten gewarnt und erklärt, Obama werde der herrschenden Elite genauso sklavisch dienen wie zuvor Bush, weil die wichtigste Trennungslinie nicht zwischen Hautfarben, sondern zwischen Klassen verläuft. Vier Jahre später ist das vielen klar geworden. Obama hat ein massives Rettungspaket für die Wall Street aufgelegt, massive Lohnkürzungen bei den Autoarbeitern durchgesetzt, die Kriege der USA im Ausland ausgedehnt und die Angriffe auf demokratische Rechte verschärft.

Die Auswirkungen dieser Ereignisse zeigten sich in der Kampagne für das Treffen. Viele Arbeiter und Jugendliche erklärten, sie sähen keinen Unterschied zwischen Bush und Obama, Republikanern und Demokraten. Im Gegensatz dazu reagierten Unterstützer der Labour Party und andere Obama-Anhänger feindselig auf die Kampagne der SEP. Ein Mitglied des Stadtrates von Salford beklagte sich, die Präsidentschaftskampagne der SEP würde seine Wiederwahl „sabotieren.“

Am Samstag, den 8. September tritt Jerry White im Rahmen seines Deutschland-Besuches in Berlin auf.

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