Südafrika:

Bergarbeiter trotzen Unterdrückung

Am Freitag brüstete sich Gold Fields noch damit, die Androhung von Massenentlassungen habe die 9.000 Arbeiter ihres Bergwerks Beatrix und 90 Prozent der 14.300 Arbeiter bei KDC West wieder an die Arbeit zurückgebracht. Aber ein neuer Streik der Platinbergarbeiter im Lonmin-Bergwerk in Marikana hat den Versuchen, die Erhebung der Arbeiterklasse einzudämmen, einen schweren Schlag versetzt. Zehntausende von Arbeitern setzen den Kampf fort.

Die Arbeiter von Marikana traten am Dienstag in den Streik, um Kollegen zu verteidigen, die von der Polizei verfolgt und verhaftet wurden. Die Bergarbeiter in Marikana begannen im August mit der augenblicklichen Streikwelle und weigerten sich, an die Arbeit zurückzukehren, nachdem die Polizei 34 Streikende getötet und 78 verwundet hatte. Die Streiks breiteten sich aus, nachdem Lonmin einer 22-prozentigen Lohnerhöhung zugestimmt hatte, um den Streit bei Marikana beizulegen. Dies führte zu Forderungen nach ähnlichen Erhöhungen im ganzen Bergbausektor. Die Berichte sind nicht eindeutig, aber man nimmt an, dass zu verschiedenen Zeiten zwischen 80.000 und 100.000 Bergarbeiter im Streik waren.

In der bisher detailliertesten Schilderung der Ereignisse, hat der Daily Maverick berichtet, nur eine Woche vor einer offiziellen Untersuchung des Massakers von Marikana habe die Polizei mit einer Verhaftungswelle gegen Militante und Streikführer begonnen.

Am 15. Oktober konnten Arbeiter der Mine bei Marikana verhindern, dass Sicherheitskräfte den Streikführer „Rasta“ Thembele Sohadi verhafteten, als er in der Anlage Three Shaft einstempelte. Die Polizei wartete vor dem Haupteingang. Am 17. Oktober wurden Xolani Nzuza, der Chef des Ad-hoc-Streikkomitees und ein Streikender namens Mzet verhaftet und an einen unbekannten Ort gebracht. Angeblich werden ihnen zwei Morde vorgeworfen, darunter an einem Funktionär der National Union of Mineworkers (NUM).

Mehrere andere Bergarbeiter, die Zeugen des Massakers vom 16. August wurden, gehören ebenfalls zu den Verhafteten. Der Daily Maverick konzentriert sich auf den Fall von Bangile Mpotye, der am 14. Oktober wegen Betrugs verhaftet wurde, obwohl Lonmin offiziell noch keine Anzeige erstattet hat.

Mpotye wurde erstmals am 20. August verhaftet. Ihm wurde vorgeworfen, einen Polizisten erschossen zu haben. Nachdem er vier Tage lang geschlagen und gefoltert worden war, ließ man ihn frei.

„Erstaunlich ist, dass Mpotye behauptet, die Polizei habe ihn täglich in das Lonmin-Bergwerk gebracht, wo sie ihn dann verprügelt haben“, schreibt der Daily Maverick. „Ein Rechtsanwalt, der an dem Fall arbeitet, sagt, es sei offensichtlich, dass es sich um eine Terrorwelle handelt, um Zeugen einzuschüchtern, die ansonsten bei der Farlam-Kommission aussagen würden.“

Die Einschüchterungskampagne bei Marikana ist das offensichtlichste Beispiel für eine breite Kampagne, bei der Tausende entlassen und Zehntausenden die Entlassung angedroht wird, sowie Massenverhaftungen und Polizeigewalt angewandt werden.

Gold Fields, der weltweit viertgrößte Produzent von Goldbarren, hatte ebenfalls gedroht, in der Anlage KDC East 8.500 Streikende zu entlassen. Ein Sprecher des Unternehmens erklärte: „Die Razzien in Unterkünften und die Entwaffnung der Streikenden hat den Arbeitern die Sicherheit gegeben, wieder an die Arbeit zurückzukehren.“

Anglo American Platinum Ltd. (Amplats) erklärte, es beabsichtige, in seiner Anlage bei Rustenburg 12.000 Bergarbeiter zu entlassen, wolle über ihren Status jedoch mit anerkannten Gewerkschaften diskutieren. Sie berichten, nur zwanzig Prozent der Beschäftigten würden arbeiten.

Atlatsa Resources hat in seinem Platinbergwerk bei Bokoni 3.000 Arbeiter entlassen.

Die Mail & Guardian beschrieb am 18. Oktober, wie streikende Arbeiter des Bergwerks von Kumba Iron Ore bei Sishen sich nahe dem Amtsgericht von Kathu zu einer Solidaritätskundgebung mit den 47 Arbeitern trafen, die zwei Tage vorher verhaftet wurden. Die Anträge der verhafteten Arbeiter auf Kaution wurden vom Gericht abgelehnt, eine zweite Anhörung wurde auf den 26. Oktober vertagt – eine Verletzung des Gesetzes, laut dem niemand mehr als 48 Stunden ohne Anklage festgehalten werden darf.

Lonmin, Aquarius, Impala, Anglo American Platinum, Royal Bafokeng Platinum, Xstrata, AngloGold Ashant, Gold Fields, Gold One, Harmony Gold, Kumba Iron Ore, Petra Diamonds, Forbes und Manhattan Coal and Samancor werden bestreikt. Zusätzlich zu den Bergarbeitern beginnen diese Woche 180.000 städtische Angestellte und Busfahrer mit Streiks. Toyota hat am Mittwoch die Produktion in seinem Werk in Durban gestoppt, da ein Zuliefererbetrieb bestreikt wird.

In den Bergbaugebieten herrscht eine aufrührerische Stimmung; Gebäude der Bergwerke, Streikbrecher, Polizeibeamte und Polizeiwachen werden angegriffen. Kleinbusse und Taxis, die Streikbrecher transportierten, wurden abgefackelt.

Die Unruhen richten sich besonders gegen die National Union of Mineworkers (NUM), die als Werkspolizei der Unternehmen angesehen wird. NUM-Generalsekretär Frans Baleni rühmte sich vor kurzem damit, dass seine Organisation eine Million Rand für eine Kampagne ausgegeben habe, um wilde Streiks zu beenden. Das Geld war „gut angelegt“, um „den Leuten begreiflich zu machen, wie sehr sie sich selbst und ihr Land gefährden“, erklärte er und verurteilte „Leute, die Anarchie und Wirtschaftssabotage organisieren.“

„Man braucht nur ein Bergwerk, um diesen Streik zu brechen“, fügte er hinzu.

Die Mail & Guardian schreibt, die Organisation leide unter einer „langsamen, aber stetigen und gewaltsamen Implosion.“ Sie stellt fest, die NUM behaupte, dass bisher in diesem Jahr dreizehn Ortsfunktionäre von Streikenden getötet wurden, und dass diesen Monat Hunderte von Amplats-Arbeitern zum regionalen Hauptquartier der NUM marschiert seien und die sofortige Annullierung ihrer Mitgliedschaft gefordert haben.

Bei Lonmin und Implats hat die NUM mindestens 20.000 Mitglieder verloren. Die NUM-Mitgliedschaft unter den Implats-Arbeitern ist von 70 Prozent auf dreizehn Prozent gesunken, die tatsächliche Zahl könnte sogar noch niedriger liegen, da die Arbeiter nicht offiziell austreten. Die Gewerkschaft steht vor kurz dem Untergang.

Reporter des Daily Maverick besuchten das Bergwerk von Gold Fields und KDC West in Carletonville kurz vor dem Ende des dortigen Streiks. Die Streikenden erklärten, dass etwa 1.500 von ihnen am Donnerstag nicht an die Arbeit zurückgekehrt wären, weil sie darauf gewartet hatten, dass NUM-Präsident Senzeni Zokwana formell das Angebot der Chamber of Mines vorlegt, wie er es bei seinem Besuch am Mittwoch versprochen hatte. Dann erfuhren sie, dass sie entlassen worden waren.

Jeffrey Mpahlele, der Generalsekretär der abtrünnigen Gewerkschaft Association of Mineworkers and Construction Union (AMCU), griff ein, um die Arbeiter dazu zu bringen, am Freitag zur Arbeit zurückzukehren, ihre NUM-Ausweise zu zerreißen und der neuen Gewerkschaft beizutreten. Die Arbeiter fordern jetzt nicht nur gleichen Lohn und die Rücknahme aller Entlassungen, sondern auch den Rücktritt der NUM-Führung bei KDC West. Sie drohen, den Streik wiederaufzunehmen, wenn diese Forderungen nicht erfüllt werden.

Die AMCU hat angeblich auch eine wichtige Rolle dabei gespielt, dass der Streik bei Marikana sich nicht zu einem unbegrenzten wilden Streik entwickelt. Laut einem weiteren Bericht des Daily Maverick konnten „ein Vertreter der AMCU und der Anwalt der Gewerkschaft [...] die Arbeiter davon überzeugen, dass ein weiterer Streik nicht der vernünftigste Weg war, ihre Ziele zu erreichen.“

Die Zahl der AMCU-Mitglieder beträgt bei Implats und Lonmin fast 50 Prozent – soviel ist erforderlich, damit die AMCU als offizieller Verhandlungsführer anerkannt wird. Sie profitiert von dem weitverbreiteten Hass auf die NUM, nutzt aber das Vertrauen, das in sie gesetzt wird, aus, um die Ordnung wiederherzustellen. Viele Streiks werden jedoch von Ad-hoc-Streikkomitees angeführt.

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