Resolutionen des Parteitags der SEP (USA)

Die Organisierung der Arbeiterklasse und der Kampf für den Sozialismus

Resolution 3

1. Die Vorgängerin der SEP, die Workers League, unterschied sich seit ihrer Gründung 1966 von allen anderen politischen Tendenzen, indem sie auf der revolutionären Rolle der amerikanischen Arbeiterklasse beharrte, der einzigen gesellschaftlichen Kraft, die fähig ist, mit der herrschenden Klasse abzurechnen. Gerry Healy, der Vorsitzende der Socialist Labour League, erklärte den amerikanischen Trotzkisten damals: „Nicht Black Power oder eine der zahlreichen Friedens- und Bürgerrechtsbewegungen, die im ganzen Land aktiv sind, werden die grundlegenden Fragen unserer Zeit lösen, sondern die Arbeiterklasse unter Führung einer revolutionären Partei.“

2. Der Kampf zur Verankerung der SEP in der Arbeiterklasse erfordert einen entschlossenen Kampf für sozialistisches Bewusstsein und gegen alle Formen politischer Rückständigkeit und Illusionen, die das kapitalistische System und seine Diener in den Gewerkschaften, den Parteien des Großkapitals, in liberalen und pseudolinken Gruppen schüren. Sozialistisches Bewusstsein erwächst nicht spontan aus dem Klassenkampf, sondern muss von den Kadern der SEP in die Arbeiterklasse gebracht werden. Wie Lenin erklärte: „Ohne revolutionäre Theorie kann es auch keine revolutionäre Bewegung geben.“

3. Die Revolution, die die politische Grundlage für den Sozialismus legen wird, erwächst aus den Kämpfen der Arbeiterklasse für ihre unabhängigen Klasseninteressen und ihre grundlegenden sozialen, wirtschaftlichen und politischen Rechte. Die SEP muss daran arbeiten, vor dem Ausbruch von Kämpfen eine politische Präsenz in der Arbeiterklasse und ihren fortschrittlichsten Elementen aufzubauen. Sie muss systematisch eine politische Avantgarde aufbauen, die diese Kämpfe miteinander vereint und sie zu einer politischen Offensive gegen das kapitalistische System ausrichtet. Die Erfahrungen der neuen Welle von Streiks und Kämpfen der Arbeiterklasse – von Ägypten über Griechenland bis in die Vereinigten Staaten – haben gezeigt, dass die Arbeiterklasse ohne revolutionäre politische Führung den politischen Machenschaften der herrschenden Klasse und ihrer Vertreter ausgeliefert ist.

4. Die SEP kämpft dafür, den politischen und organisatorischen Würgegriff der bestehenden Gewerkschaften durch den Aufbau unabhängiger Basiskomitees zu brechen. Die Arbeiterklasse kann nicht ohne Organisation kämpfen. Aber die AFL-CIO und die Change to Win Coalition sind keine Organisationen der Arbeiterklasse, sondern Hilfsorgane der Konzernleitungen. Es verschleiert bereits die soziale Realität, diese Organisationen als „Gewerkschaften“ zu bezeichnen. Sie fungieren nicht mehr als elementare Verteidigungsorganisationen der Arbeiterklasse. Sie schützen Arbeiter nicht vor Entlassungen, Werksschließungen, Lohn- und Leistungskürzungen, Produktivitätssteigerungen oder anderen Forderungen des Managements. Sie vereinen die Arbeiter nicht, um ihre gemeinsamen Interessen zu verteidigen, im Gegenteil: Sie sabotieren jeden Kampf der Arbeiter, mit dem sie sich verteidigen wollen und halten die Arbeiterklasse uneins. Sie haben die Doktrin des Klassenkampfes schon lange aufgegeben zugunsten von Korporatismus, Partnerschaft mit dem Management und wirtschaftlichem Nationalismus. Die Arbeiter müssen Mitgliedsbeiträge zahlen, haben aber keine Kontrolle über diese Organisationen, die die Diktate des Managements regelmäßig mit Einschüchterungen, Abstimmungsfälschungen und Gewalt umsetzen.

5. Diese Organisationen sind eine wichtige Stütze der Demokratischen Partei. Wenn tatsächlich Arbeitskämpfe ausbrechen, machen sie sich daran, vorsätzlich und bewusst zu verhindern, dass sie aus dem Rahmen des Kapitalismus mit seinem Zweiparteiensystem ausbrechen. Bei den Massenprotesten gegen Haushaltskürzungen in Wisconsin im letzten Jahr arbeitete die AFL-CIO eng mit der Demokratischen Partei und ihren Hilfsorganisationen zusammen, um den Arbeitskampf für eine Neuwahlkampagne gegen den republikanischen Gouverneur Scott Walker und für seinen demokratischen Herausforderer einzuspannen. Die Gewerkschaften haben die Obama-Regierung bei ihren Angriffen auf die Arbeiterklasse eng unterstützt; beispielsweise hat die UAW bei der Sanierung der Autoindustrie durch Armutslöhne für neu eingestellte Arbeiter kollaboriert. Sie stehen jetzt vollständig hinter Obamas Wahlkampf.

6. Die SEP hat nicht nur in den Kämpfen der Arbeiterklasse interveniert, um die Verrätereien der alten Organisationen zu enthüllen und zu verurteilen, sondern um für ein Programm und ein praktisches Vorgehen zu kämpfen, die diese Kämpfe vorwärts bringen können. In Wisconsin rief die SEP auf dem Höhepunkt der Massenbewegung zu einem Generalstreik der Arbeiter auf. Wie korrekt diese Forderung war, zeigte sich tragischerweise im negativen Sinne. Die Gewerkschaftsführung lehnte einen Generalstreik ab und forcierte stattdessen als vorsätzliche Ablenkung die Neuwahlkampagne. Dadurch wurde die Arbeiterklasse demobilisiert, Arbeiter und Jugendliche wurden in die Sackgasse der Politik der Demokraten geführt und die rechte Regierung des republikanischen Gouverneurs Walker gestärkt.

7. In einer Reihe von Kämpfen der Arbeiterklasse ist die SEP dafür eingetreten, die Arbeiter unabhängig von bürokratischen Hüllen wie der UAW zu organisieren. Als die Arbeiter des GM-Werkes in Indianapolis gegen einen Tarifvertrag stimmten, durch den die Löhne gekürzt worden wären, und die UAW-Funktionäre dafür kritisierten, ihn akzeptiert zu haben, organisierte die SEP ein Basiskomitee, um die Rebellion vorwärts zu bringen. Bei Cooper Tire in Findlay, Ohio drängte die SEP die ausgesperrten Arbeiter dazu, die Zwangsjacke der Isolation zu zerreißen, die ihnen die United Steelworkers angelegt hatten und den Kampf auf die Arbeiter im ganzen mittleren Westen auszudehnen. Egal ob es sich um Fabrikarbeiter in Grundindustrien handelt, um Angestellte im öffentlichen Dienst, wie Lehrer, oder Arbeiter ohne Erfahrung mit Gewerkschaften, die SEP sagt ihnen die Wahrheit: Die alten Organisationen können weder reformiert noch wiederbelebt werden. Der Klassenkampf muss vorwärts gebracht werden, durch den Aufbau neuer Organisationen.

8. Die Führungsschicht, die den Gewerkschaftsapparat leitet, hat schon seit langem andere materielle Interessen als die Arbeiter, die sie angeblich repräsentieren. Sie hat neue Wege gefunden, ihr Einkommen und ihre Privilegien durch den Verrat an der Arbeiterklasse zu sichern. Die Mittel der UAW stiegen beispielsweise auf über eine Milliarde Dollar, obwohl sie 80 Prozent ihrer Mitglieder verloren hat. Heute verfügt die UAW über Aktien der Detroiter Autobauer im Wert von Milliarden Dollar. Diese Organisationen sprechen im Namen einer privilegierten Schicht des Kleinbürgertums, deren Interessen denen der Arbeiterklasse grundsätzlich feindselig gegenüberstehen.

9. Je mehr sich die Gewerkschaften in arbeiterfeindliche Organisationen verwandelt haben, desto mehr haben kleinbürgerliche pseudolinke Gruppen wie die International Socialist Organization betont, man dürfe die Autorität dieser Organisationen über die Arbeiterklasse nicht anfechten. Ein wichtiger Aspekt der Rechtswende von Gruppen wie der ISO war der Aufstieg ihrer Mitglieder in gutbezahlte Positionen des Gewerkschaftsapparates, wo sie die Arbeiterklasse unweigerlich verraten und der Demokratischen Partei und den Diktaten des Großkapitals untergeordnet haben. Wenn es zu Kämpfen kam, in denen die Kontrolle der Gewerkschaften zu brechen drohte – wie bei der Bildung des Basiskomitees in Indianapolis durch die SEP – versuchten die Ex-Radikalen militante Arbeiter mit Hetzkampagnen einzuschüchtern und machten sie zu Opfern der Gewerkschaftsbürokratie.

10. Die pseudolinken Gruppen betreiben Geschichtsfälschung, wenn sie behaupten, der AFL-CIO und die Change to Win Coalition seien die einzigen realistischen „Arbeiter“organisationen, um deren organisatorische Kontrolle zu rechtfertigen. Der Ausbruch des Klassenkampfes hat allgemein die Form einer Rebellion gegen alte Organisationen angenommen, die sich an den von der Wirtschaft bestimmten Status Quo angepasst haben. In den USA war die Gründung von Gewerkschaften in den 1930ern nur durch einen erbitterten Kampf mit der American Federation of Labor möglich, der Organisation der Zunftgewerkschaften. In der marxistischen Bewegung brach damals eine Debatte aus, ob die Partei die Gründung neuer Organisationen als Gegner der AFL unterstützen sollte. Letzen Endes zeigte die explosive Streikwelle Mitte der 1930er Jahre und die Gründung des Congress of Industrial Organizations (CIO), dass die Befürworter einer Offensive gegen die AFL recht hatten. Trotzdem konnte man die AFL in den 1930er Jahren noch als Arbeiterorganisation bezeichnen, obwohl sie den Industriearbeitern gegenüber feindselig eingestellt war.

11. Der derzeitige Zustand der AFL-CIO und der Change to Win Coalition sind das Ergebnis der jahrzehntelangen Unterordnung der Gewerkschaften unter die Demokratische Partei, der antikommunistischen Säuberungen nach dem Zweiten Weltkrieg und ihrer Verteidigung des Kapitalismus und des amerikanischen Imperialismus. Gerade diese essenziell nationalistische Orientierung führte in der Zeit der Globalisierung zu ihrem Kollaps. Das Wachstum und die zunehmende Mobilität des Finanzkapitals und die Gründung transnationaler Konzerne haben dem nationalen, reformistischen Programm der Gewerkschaften den Boden entzogen. Als Reaktion hat sich die Gewerkschaftsbürokratie noch mehr zur Waffe der Unternehmen entwickelt, um ihre Privilegien auf Kosten der Arbeiter zu verteidigen, die sie angeblich repräsentieren.

12. Die Socialist Equality Party kämpft für den Aufbau von Fabrik- und Stadtteilkomitees, angetrieben vom Geist revolutionärer Unnachgiebigkeit und des Widerstandes gegen die beiden Parteien des Großkapitals. Diese Organisationen müssen sich nach den Bedürfnissen der Arbeiterklasse richten und von dieser demokratisch kontrolliert werden. Sie müssen immer größere Verantwortung dafür übernehmen, die Arbeiterklasse zu vereinigen – Arbeitende, Arbeitslose, Facharbeiter, Ungelernte, Einheimische, Ausländer, in verschiedenen Branchen und Unternehmen – und ihre gemeinsamen Kämpfe gegen die Kapitalistenklasse organisieren.

13. Die Verwandlung der offiziellen Gewerkschaften in Syndikate mit den Unternehmen macht die Arbeit der Partei unter den Arbeitern, die noch in diesen Organisationen gefangen sind, noch wichtiger. Die SEP greift in alle Kämpfe ein, auch in die, die im bestehenden Apparat ausbrechen, mit der Absicht, die Arbeiterklasse unabhängig zu mobilisieren und dafür zu kämpfen, aus der Isolation durch die unternehmensfreundlichen Syndikate auszubrechen und die allgemeineren politischen und sozialen Hintergründe jedes einzelnen Kampfes deutlich zu machen.

14. Die SEP möchte nicht nur neue Organisationen in den Betrieben und Verwaltungen schaffen, sondern auch Bürgergruppen und Stadtteilkomitees, um gegen schlechter werdende soziale Bedingungen und Ausgabenkürzungen zu kämpfen. Ein wichtiges Beispiel für solch einen Kampf ist die Erfahrung des Committee Against Utility Shutoffs (CAUS), das auf Initiative der SEP gegründet wurde, nachdem es durch Strom- und Gassperrungen des Detroiter Energiemonopolisten DTE zu mehreren Hausbränden gekommen war. Das CAUS mobilisierte die Einwohner von Detroit gegen die Sperrungen, kämpfte bei den Arbeitern von DTE, organisierte eine Demonstration im Westbezirk der Stadt und griff auf Gemeindeforen und anderen Treffen im Namen der Arbeiterklasse ein.

15. Diese Organisationen müssen dafür kämpfen, die Arbeiterklasse mit definitiven Forderungen zu vereinigen, dazu gehört die Abschaffung der Zweiklassenlöhne, das Recht auf einen Arbeitsplatz, ein angemessenes Einkommen, eine sichere Rente und angemessene Gesundheitsversorgung. Sie müssen alle Versuche zurückweisen, junge Arbeiter gegen alte aufzuhetzen, schwarze gegen weiße, das Stadtzentrum gegen die Vororte oder amerikanischstämmige gegen Einwanderer. Sie müssen auf der politischen Unabhängigkeit der Arbeiterklasse von der Demokratischen Partei und dem Zweiparteiensystem bestehen und sich weigern, die Forderungen der Arbeiter den Profitinteressen der Konzerne unterzuordnen.

16. Dreh- und Angelpunkt der Intervention der SEP in alle Kämpfe ist ihr revolutionäres sozialistisches Programm. Der Kampf für neue Organisationen ist Teil – aber niemals Ersatz für – die strategische Hauptaufgabe: Den Aufbau der Socialist Equality Party in der Arbeiterklasse. Tatsächlich können unabhängige Komitees nur dann gehalten werden, wenn sie von Arbeitern geführt und geleitet werden, die begonnen haben, ein sozialistisches Bewusstsein zu entwickeln und zu einem politischen Verständnis der Rolle der Gewerkschaften und der Demokratischen Partei gekommen sind.

17. Jeder Ortsverband der SEP muss dafür kämpfen, in den wichtigsten Sektionen der Arbeiterklasse eine Führung aufzubauen – darunter in der Industrie, dem Dienstleistungssektor, im Gesundheits- und Bildungswesen, im Öffentlichen Dienst und im Transportwesen. Die Lebensbedingungen der Arbeiterklasse müssen durch systematische Propaganda enthüllt werden. Die besonderen Interessen verschiedener Schichten der Arbeiterklasse müssen mit den allgemeinen Interessen der Arbeiterklasse durch einen gemeinsamen politischen Kampf gegen das kapitalistische System verbunden werden.

Loading