Brite wegen Entführung von Journalisten in Syrien angeklagt

Am Mittwoch begann in Westminster die Verhandlung gegen einen 26-jährigen britischen Arzt in Ausbildung, dem terroristische Vergehen in Syrien vorgeworfen werden.

Shajul Islam aus East London wurde am 9. Oktober am Flughafen Heathrow verhaftet, als er mit seiner Frau und seiner einjährigen Tochter aus Ägypten ankam. Seine Frau wurde ebenfalls verhaftet, aber ohne Anklage freigelassen. Islam blieb in Gewahrsam und wird am 2. November im zentralen Strafgerichtshof Old Bailey erscheinen.

Islam ist nicht der erste britische Muslim, dem terroristische Vergehen vorgeworfen werden. Zahlreiche andere wurden bereits wegen Anklagen vor Gericht gestellt, in denen es oft um „potenzielle“ Verschwörungen ging, viele davon unter fadenscheinigen Vorwänden. Das hat die Medien nicht daran gehindert, in hysterischen Schlagzeilen vor einer unmittelbaren terroristischen Bedrohung zu warnen, während Minister der Regierung erklären, warum fest etablierte demokratische Normen abgeschafft werden müssen, um diese Gefahr zu bekämpfen.

In Islams Fall gab es keine hysterischen Schlagzeilen und kaum offizielle Stellungnahmen. Seine Verhaftung war eine Fußnote in den Nachrichten und sein Erscheinen vor Gericht ging fast kommentarlos vorüber.

Der Grund für diese widersprüchliche Herangehensweise ist nicht schwer zu verstehen. Islams Verhaftung gilt dem britischen Establishment und seinen Medien als Blamage, weil die Anklage gegen ihn den schmutzigen Krieg zum Regimewechsel enthüllt, der in Syrien von den Westmächten, den Golfstaaten und der Türkei gegen Präsident Bashar al-Assad geführt wird.

Islam, der am St. Bart’s and University London Hospital Medizin studierte, wird vorgeworfen, zu einer dschihadistischen Gruppe zu gehören, die zwei Fotografen, den Briten John Cantlie und den Holländer Jeroen Oerlemans entführten und vom 17. bis 26. Juli im Norden Syriens gefangen hielten.

Oerlemans und Cantlie, der für die Sunday Times, den Sunday Telegraph und die BBC arbeitet, wurden beide während ihrer Gefangenschaft angeschossen. Die beiden war am 19. Juli bei Bab al-Hawa von der Türkei aus nach Syrien eingedrungen.

Oerlemans erklärte in der niederländischen Presse, „unmittelbar“ nachdem sie die Grenze passiert hätten „wurden wir von Männern mit Kalaschnikows umstellt.“

Er beschrieb die Entführer als „ausländische Dschihadisten“ und erklärte, darunter seien einige mit „Birminghamer Akzent“ gewesen.

„Sie haben uns den ganzen Tag über den Koran erzählt und wie sie die Scharia in Syrien einführen würden. Ich glaube nicht, dass sie zu Al Qaida gehörten, dazu erschienen sie zu amateurhaft“, erinnert er sich.

Oerlemans wurde nach einem Fluchtversuch in den Fuß und in den Schenkel geschossen, Cantlie in den Arm, danach hielt man sie in Handschellen und mit verbundenen Augen.

Cantlie erklärte, die Entführer „kamen überall her, nur nicht aus Syrien. Sie kamen aus Bangladesch, aus Pakistan, aus Großbritannien, aus Tschetschenien, dem Kaukasus – eine bunte Mischung.“

Einer der Entführer hatte einen starken Londoner Akzent und erzählte, er sei Arzt im britischen National Health Service (NHS). Er benutzte Kochsalztropfen, auf deren Behältern das Logo des NHS zu sehen war, um verwundete Kämpfer zu versorgen.

„Ich bat ihn um Hilfe, da wir ja beide aus London kamen, aber er weigerte sich, auch nur eine Botschaft an meine Freundin zu schicken, um ihr zu sagen, dass wir noch am Leben waren“, sagte Cantlie der Daily Mail. „Er sagte, er würde dafür geköpft werden. Es war kein Spaß, darauf zu warten, in einem Hinrichtungsvideo von Extremisten getötet zu werden – von denen einer noch vor ein paar Monaten Londoner wie mich behandelt hatte.“

Die Journalisten wurden schließlich von der Freien Syrischen Armee „befreit.“ „Ich rannte um mein Leben, barfuß und in Handschellen, während britische Dschihadisten – junge Männer mit Süd-Londoner Akzenten – mich erschießen wollten“, schrieb Cantlie. „Kein einziger Syrer war in Sicht. Das habe ich nicht erwartet.“

Nachdem die Journalisten freigelassen worden waren, veröffentlichte das britische Außenministerium eine kurze Stellungnahme, in der es erklärte, es freue sich, dass sie „in Sicherheit und bei guter Gesundheit“ waren. Sonst kam nichts, auch nicht nachdem Cantlies und Oerlemans Schilderungen der Gefahren, die ihnen scheinbar von britischen Staatsbürgern gedroht hatten, veröffentlicht wurden.

Außenminister William Hague gab eine bemerkenswert zurückhaltende Stellungnahme über die Verhaftung am 9. Oktober heraus. Er gab zu, dass „es einige Hinweise gibt,“ dass britische Staatsangehörige in den Feldzug gegen Assad verwickelt seien und erklärte: „Wir können ihnen nur dringend raten, das nicht zu tun... Wir tun und liefern nichts, was zu tödlichen Aktionen in Syrien genutzt werden kann, und wir wollen auch nicht, dass Privatpersonen das tun.“

Hagues Erklärungen sind ein Haufen Lügen. Großbritannien ist zusammen mit den Vereinigten Staaten und anderen westlichen Mächten aktiv daran beteiligt, den Widerstand gegen das Assad-Regime zu schüren, da sie es als Hindernis für ihre geopolitischen Interessen im Nahen Osten ansehen. Dazu haben sie die FSA und den Syrischen Nationalrat unterstützt, der aus Assad-Gegnern, Überläufern aus dem Militär, CIA-Mitarbeitern und Islamisten besteht, und ihm Geld und Informationen geliefert. Die FSA wird im Namen der imperialistischen Mächte von der Türkei, Saudi-Arabien und Katar als Stellvertretermacht bewaffnet.

Hagues Stellungnahme wirkte wie ein freundlicher Ratschlag an britische Dschihadisten, und das aus gutem Grund. Er war von der Sorge motiviert, dass jedes unvorsichtige Vorgehen ihrerseits die Verschwörung der imperialistischen Mächte und islamischer Extremisten auffliegen lassen könnte, vorsätzlich einen Bürgerkrieg und sektiererische Spannungen zu schüren.

Oerlemans beschrieb, wie einer der Entführer reagierte, als er merkte, dass sie europäische Journalisten waren: „Einer der schwarzen Dschihadisten rastete aus und rief: ‚Das sind Journalisten, jetzt sehen sie, dass wir hier einen internationalen Dschihad vorbereiten‘.“

Als die FSA das Lager betrat, in dem die beiden gefangen gehalten wurden, „begannen sie, alle auszuschimpfen,“ erzählte Oerlemans. Sie fragten: „Warum zum Teufel werden sie hier festgehalten, wie lange sind sie hier, warum werden sie so behandelt?“

Als die beiden aus dem Lager gefahren wurden, schoss die FSA „wie Gangster“ in die Luft, erzählte er. „Sobald Assad gestürzt ist, wollen diese Kämpfer das islamische Recht in Syrien einführen, die Scharia,“ fügte er hinzu.

Die Kriminalität und Heuchelei der westlichen Mächte ist grenzenlos. Syrien folgt dem Modell, das in Libyen angewandt wurde, wo die Imperialisten eine „Oppositionsbewegung“ in Bengasi heranzüchteten – die ebenfalls aus CIA-Mitarbeitern und ehemaligen Stützen des alten Regimes bestand – um den Vorwand für die Bombardierung von Tripolis und die brutale Ermordung von Muammar Gaddafi zu schaffen und einen Brückenkopf in Nordafrika einzurichten.

Letzte Woche tauchte der ehemalige britische Außenminister Jack Straw (Labour) in Gerichtsdokumenten der Kanzlei Leigh Day und der Menschenrechtsgruppe Reprieve als einer der Hauptbeschuldigten auf. Sie werfen Straw und Sir Mark Allen, einem ehemaligen MI6-Offizier, vor, das Parlament über Großbritanniens Rolle bei der Überstellung der libyschen Dissidenten Abdel Hakim Belhaj und Sami al-Saadi getäuscht zu haben.

Belhaj und Saadi waren Führer der Libyschen Islamischen Kampfgruppe, die gegen Gaddafi kämpfte. Belhaj und Saadi behaupteten, sie seien, nachdem sich die Labour-Regierung unter Blair 2004 mit dem libyschen Regime versöhnte im den Fernen Osten entführt und mithilfe der CIA und des britischen MI6 an Gaddafis Geheimpolizei ausgeliefert worden, wo sie gefoltert wurden.

Als der Westen nach den Aufständen in Tunesien und Ägypten Anfang 2011 beschloss, gegen Gaddafi vorzugehen, wurde Belhaj zum Führer der Tripolis-Brigade ernannt, die mit dem von den Imperialisten unterstützten Nationalen Übergangsrat verbündet war. Die Brigade wurde im April 2011 von Mahdi al-Harati gegründet und spielte durch ihre Zusammenarbeit mit der Nato eine wichtige Rolle beim Angriff auf Tripolis. Al-Harati wurde später als amerikanischer Geheimdienstmitarbeiter entlarvt.

Laut dem Journal Foreign Policy führt al-Harati jetzt die Liwa al-Ummah-Brigade in Syrien, die Assad stürzen will. Al-Harati sagte in Foreign Policy, er sei im Herbst 2011 als Kommandant der Brigade in Tripolis zurückgetreten und habe kurze Zeit später in „humanitärem Auftrag“ seine erste Reise nach Syrien gemacht.

Die Entscheidung zur Gründung von Liwa al-Ummah, wurde, wie er behauptet, Anfang des Jahres getroffen, nachdem „mehrere Syrer“, die mit seiner Rolle in Libyen vertraut waren, „wegen der Gründung einer ähnlichen Organisation in Syrien“ an ihn herangetreten waren.

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