Bundeswehr ließ Drohnen zum Töten einsetzen

Die Bundeswehr hat in Afghanistan mehrere „Aufständische“ mit Hilfe einer US-Drohne töten lassen. Die Drohne war bereits am 11. November 2010 im Distrikt Chahar Darreh eingesetzt worden. Damals seien im Rahmen der Luftunterstützung von Bodentruppen „vermutlich vier Angehörige der regierungsfeindlichen Truppen getötet“ worden, zitiert der Spiegel in seiner jüngsten Ausgabe.

Zweieinhalb Jahre lang wurde der Vorfall vom Bundesverteidigungsministerium verschwiegen. Erst jetzt sah sich das Ministerium nach einer Anfrage des Bundestagsabgeordneten Hans-Peter Bartels (SPD) gezwungen, den Fall zuzugeben – und auch das zunächst nur in einer vertraulichen Stellungnahme an den Abgeordneten.

Zum ersten Mal wird damit öffentlich, dass auf deutsche Initiative hin Drohnen zur Tötung von Menschen eingesetzt wurden. Bisher war nur bekannt, dass die Bundeswehr erstmals im Jahr 2009 eine bewaffnete Drohne angefordert hatte. Diese war seinerzeit zur Vernichtung einer Sprengfalle verwendet worden, nicht aber gegen Menschen.

Der Bericht über den Drohnenmord wirft ein Schlaglicht auf den zunehmend aggressiven Charakter des deutschen Militarismus. Er kommt nur wenige Wochen nach einem Leitartikel im Handelsblatt, der aufzeigte, dass Deutschland sich intensiv darauf vorbereitet, wieder Kriege um Rohstoffe zu führen.

Angesichts der Explosion des Imperialismus nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der zunehmenden Rivalität zwischen den imperialistischen Mächten um Einflussbereiche und Ressourcen lässt auch die deutsche Bourgeoisie zusehends alle Hemmungen fallen. Nach ihrer Enthaltung im Nato-Krieg gegen Libyen 2011, die von weiten Teilen der deutschen Bourgeoisie scharf kritisiert wurde, nutzt die Bundesregierung jede Gelegenheit, um militärisch in die Offensive zu gehen.

Sie beteiligt sich an der Kriegstreiberei gegen Syrien und den Iran und hat Patriot-Raketen und etwa 300 Bundeswehrsoldaten an der syrisch-türkischen Grenze stationiert. In Mali unterstützt sie den Eroberungsfeldzug des französischen Imperialismus mit dem Transport von Truppen, Waffen und Munition sowie durch eine Ausbildungsmission. Im letzten Jahr wurden bereits die Kriegseinsätze im Kosovo und in Afghanistan verlängert, wo seit mehr als einem Jahrzehnt tausende Bundeswehrsoldaten stationiert sind, um die Interessen des deutschen Imperialismus zu sichern.

Nichtsdestotrotz ist die Bundeswehr im Vergleich zum amerikanischen Militär nur zu relativ kleinen militärischen Beiträgen fähig. Zur Zeit sind nach Angaben der Bundeswehr etwa 6.800 ihrer Soldaten weltweit im Einsatz. Dagegen hatte das US-Militär im vergangenen Dezember knapp 173.000 Soldaten im Ausland stationiert.

Auch der Verteidigungsetat der USA ist unvergleichlich größer. Im Jahr 2011 flossen 739,3 Milliarden US-Dollar in die größte Militärmaschinerie der Welt. Der gesamte deutsche Bundeshaushalt desselben Jahres machte mit 305,8 Milliarden Euro nur etwa die Hälfte aus. Davon flossen nur 31,5 Milliarden Euro direkt in die Verteidigung.

In der Drohnentechnologie und der damit verbundenen modernen Kriegsführung sieht die deutsche Bourgeoisie nun eine Chance, schrittweise mit den USA gleichzuziehen und ihre Interessen militärisch wirkungsvoll durchzusetzen.

Drohnen eignen sich für eine bestimmte Art von Kriegsführung. Über weite Entfernungen hinweg und ohne die Mobilisierung von tausenden von Soldaten oder die Invasion eines ganzen Landes können politische Gegner ausgeschaltet werden. Sie spielen eine immer wichtigere Rolle für die imperialistischen Mächte bei ihren kriminellen Bemühungen, unliebsame Regierungen zu stürzen oder verbündete Marionetten-Regimes am Leben zu erhalten.

Seit Jahren führt die US-Armee in zahlreichen Ländern wie Afghanistan, dem Irak, Jemen, Somalia und Pakistan einen Schattenkrieg. Drohnen dienen werden ganz offen dazu eingesetzt, angebliche Terrorverdächtige ausfindig zu machen und gezielt zu töten. US-Präsident Barack Obama wählt die Opfer zum Teil persönlich aus. Ohne Anklage, ohne Prozess und ohne ein Urteil werden Menschen auf bloßen Verdacht hin ermordet. Allein in Pakistan sind inzwischen mehr als 2.200 Menschen durch Drohnen getötet worden, mindestens 474 davon waren Zivilisten.

Diesen Weg will auch die herrschende Klasse in Deutschland beschreiten. Jahrelang hat sie – zumindest offiziell – Drohnen nur zur Aufklärung eingesetzt. Zum Töten musste sie, wie der Drohnenmord von Chahar Darreh zeigt, US-Kampfdrohnen anfordern. Nun strebt Deutschland nach einem eigenen Drohnenprogramm, wie es die USA bereits aufgebaut haben. In den vergangenen Wochen gab es in den deutschen Medien und der Politik eine Propagandaoffensive für bewaffnete Drohnen.

Anfang des Jahres berichteten zunächst zahlreiche Zeitungen über Pläne der Bundesregierung, Kampfdrohnen anzuschaffen. Im Januar zitierte Bild.de aus einem vertraulichen Dokument des europäischen Luftfahrt- und Rüstungskonzerns EADS, das an das deutsche Verteidigungsministerium gerichtet war. Demnach „wurden erhebliche Forschungsmittel des Verteidigungsministeriums für unbemannte Luftfahrzeugsysteme eingesetzt“. Der Konzern selbst habe für die Entwicklung „bereits mehr als 200 Millionen Euro ausgegeben“.

Laut Bild.de geht aus dem Dokument klar hervor, dass es sich bei der beschriebenen Drohne „Talarion“ um ein mit Raketen bestücktes Modell handelt. Neben der Möglichkeit, das Fluggerät mit bis zu vier Raketen zu bestücken, besitze die Drohne Radar und hochauflösende Kameras, „die ein Ziel auch aus großer Höhe verfolgen, filmen und die gestochen scharfen Bilder in ein Kontrollzentrum übertragen können“. Bis 2016 soll das Modell bereitstehen, Testflüge über Kanada seien bereits absolviert worden.

Am 31. Januar verteidigte dann Bundesverteidigungsminister Thomas De Maizière im Bundestag die Pläne der deutschen Regierung für die Anschaffung von bewaffneten Drohnen. Die Bundeswehr brauche bewaffnete Drohnen, um deutsche Soldaten in Kampfeinsätzen zu schützen und weil sich Deutschland diesem technologischen Fortschritt nicht verschließen könne. „Wir können nicht sagen: Wir bleiben bei der Postkutsche, während alle anderen die Eisenbahn entwickeln“, erklärte er.

Oberstleutnant i.G. Detlef Buch, der als Militärsoziologe für den regierungsnahen Think-Tank Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) Kriegspropaganda betreibt, pries nur wenige Tage später im Deutschlandradio Kultur die Vorzüge von Drohnen: „Sie kann aufklären und ein zuvor definiertes Ziel aus der Luft angreifen. Und dabei kann sie noch präziser feuern, als es bemannte Kampfflugzeuge mit ihrer Präzisionsbewaffnung heute können. Die wichtigsten Vorzüge von Drohnen sind die geringeren Kollateralschäden, ein geringeres Risiko für die eigenen Soldaten und geringere Kosten als für bemannte Flugzeuge.

Er fügte hinzu: „Außerdem sind sie die logische Konsequenz aus den vielen konzeptionellen Vorgaben und Papieren, die in und um die Bundeswehr in den letzten 20 Jahren verfasst wurden. Die Bundeswehr soll eine moderne Einsatzarmee werden, die am Hindukusch und überall auf der Welt kämpfen kann. Das ist die Realität im Jahr 2013!“

De Maizière bezeichnete Drohnen zynisch als „ethisch neutral“. Nun unterstreicht der tödliche Drohneneinsatz durch die Bundeswehr, dass die deutsche Bourgeoisie ihren Verbündeten in den USA in Kriminalität und Brutalität in nichts nachsteht. Dies muss eine Warnung sein. In den USA befinden sich inzwischen sogar amerikanische Staatsbürger unter den Opfern des Drohnenkriegs. Der neue CIA-Direktor John Brennan hat im Zuge seiner Ernennung nicht ausgeschlossen, dass Drohnenmorde auch im eigenen Land stattfinden könnten.

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