Italiens Präsident begnadigt wegen CIA-Entführung verurteilten US-Oberst

Ende vergangener Woche begnadigte der italienische Präsident Giorgio Napolitano den US-Oberst Joseph Romano. Romano war einer von 23 Amerikanern, die 2003 von italienischen Gerichten wegen ihrer Rolle bei der Entführung des muslimischen Geistlichen Abu Omar verurteilt worden waren.

Abu Omars Entführung war einer der berüchtigtsten Fälle der US-Praxis der "extra-legalen Auslieferung". Der Imam war in einer gemeinsamen Aktion von CIA und dem italienischen Geheimdienst SISMI bei hellem Tageslicht in den Straßen Mailands entführt worden. Er lebte zu jener Zeit im politischen Exil in Italien.

Abu Omar wurde zunächst auf den US-Luftwaffenstützpunkt Aviano in Norditalien gebracht, wo Joseph Romano als Sicherheitschef arbeitete. Anschließend wurde Omar auf einen Luftwaffenstützpunkt in Deutschland verlegt und schließlich nach Kairo gebracht, wo er über einen Zeitraum von 14 Monaten brutal gefoltert wurde. Seinen Aussagen zufolge fanden seine Verhöre und Folterungen in Anwesenheit von US-Agenten statt. Der Imam wurde 2004 von den ägyptischen Behörden freigelassen, später wieder verhaftet und dann 2007 endgültig auf freien Fuß gesetzt, ohne dass jemals Anklage gegen ihn erhoben wurde.

Über einen Zeitraum von fünf Jahren setzte der italienische Staatsanwalt Armando Spataro die Einzelheiten der Verschwörung der CIA gegen Omar akribisch zusammen. Seine Ermittlungen führten zu der Anklage von 23 Amerikanern, einschließlich CIA- und Militärangehörigen.

Im November 2009 sprach ein Mailänder Richter in Abwesenheit der Angeklagten Urteile von fünf Jahren Haft für 21 CIA-Angehörige und Oberst Romano und acht Jahren für den Hauptorganisator der Entführung, den ehemaligen Mailänder CIA-Chef Robert Lady.

Im Dezember 2010 erhöhte ein italienisches Berufungsgericht die achtjährige Strafe für den CIA-Chef Lady um ein Jahr und die fünfjährigen Strafen für die 22 anderen Amerikaner um zwei Jahre. Anfang Februar verurteilte ein Gericht in Mailand den ehemaligen italienischen Geheimdienstchef Nicolo Pollari und seinen ehemaligen Stellvertreter Marco Mancini wegen ihrer Rollen im Fall Abu Omar zu zehn, bzw. zu neun Jahren Haft.

Die Prozesse waren weltweit die ersten, bei denen es um das Auslieferungsprogramm der CIA ging. Die Urteile ebneten den Weg für Auslieferungsersuchen der italienischen Behörden, aber sämtliche aufeinanderfolgende italienische Regierungen haben ihre Mitarbeit verweigert oder die Auslieferungsersuchen der Staatsanwaltschaft einfach ignoriert.

2010 von WikiLEaks veröffentlichte Dokumente enthüllen die Art und Weise, auf die die amerikanische Regierung Druck ausübte, um sicherzustellen, dass ihre Agenten allesamt in Freiheit blieben und belegen die Bereitwilligkeit, mit der die italienischen Regierungen kooperierten.

According to the Wikileaks documents, as reported in the German Der Spiegel magazine, the American ambassador in Rome relayed a threatening message in May 2006 to the Italian authorities declaring that “nothing would damage relations faster or more seriously than a decision by the government of Italy to forward warrants for arrests” of the CIA agents in question.

Den WikiLeaks-Dokumenten zufolge, so berichtet das Nachrichtenmagazin Spiegel, übermittelte der amerikanische Botschafter in Rom den italienischen Behörden 2006 eine Drohbotschaft, in der er erklärte, dass "nichts die Beziehungen schneller und gründlicher beschädigen könnte als eine Entscheidung der italienischen Regierung, Haftbefehle gegen die betroffenen CIA-Agenten" auszustellen.

Die italienische Regierung kam der Aufforderung liebend gern nach. Wie der Spiegel anmerkte: "Noch bevor die Amerikaner begannen, Druck auszuüben, hatte die italienische Regierung bereits alles getan, um die Abu-Omar-Affäre zu vertuschen." Weiter heißt es im Spiegel: "Weitere Depeschen vermitteln der Eindruck der Servilität seitens der Italiener - bis zu einem Punkt, an dem sie sich der aktiven Komplizenschaft schuldig machten. Mit erschreckender Offenheit legte Mitglieder der Regierung den Amerikanern nahe, dass sich Italiens unabhängige Justiz leicht manipulieren lässt."

Das US-Verteidigungsministerium übte weiterhin Druck auf die italienische Regierung aus und im Februar 2010 traf der ehemalige Verteidigungsminister Robert Gates den italienischen Premierminister Silvio Berlusconi, um insbesondere für Joseph Romano um Straffreiheit zu bitten…Einer von WikiLeaks veröffentlichten Depesche zufolge sagte Berlusconi Gates, er "arbeite hart an der Lösung des Problems."

Die Komplizenschaft der italienischen Regierungen bei den illegalen Aktivitäten der US-Regierung und ihres Geheimdienstes schlossen auch die "Mitte-Links"-Regierung unter Romano Prodi, die rechte Regierung unter Führung von Silvio Berlusconi und die nicht gewählte Technokraten-Regierung unter Mario Monti ein.

Diese kriminelle Verschwörung gegen grundlegende demokratische Rechte ist jetzt durch die Begnadigung durch den 87 Jahre alten Napolitano gekrönt worden, einer ehemaligen Koryphäe der Kommunistischen Partei Italiens - einen Monat, bevor seine siebenjährige Amtszeit als Präsident zu Ende geht.

In einer zutiefst heuchlerischen Erklärung gab Napolitanos Büro bekannt, die Begnadigung sei aus Anlass einer Veränderung in der Sicherheitspolitik durch Präsident Barack Obama erfolgt.

In der Erklärung heißt es, Obama habe "direkt nach seiner Wahl mit einer Haltung gegenüber den Herausforderungen der nationalen Sicherheit aufgeräumt… die von Italien und der Europäischen Union als mit den Grundregeln der Gesetzestreue unvereinbar betrachtet wurde."

In Wahrheit hat die Regierung Obama die Praxis entgegen ihren Versprechungen, sie zu beenden, fortgeführt. Das wird durch das Erscheinen von drei Europäern somalischer Herkunft vor einem New Yorker Gericht im vergangenen Dezember belegt. Die Männer waren im afrikanischen Staat Djibouti auf Verlangen des Außenministeriums in Washington verhaftet worden, das sie des Terrorismus bezichtigt.

Was sich unter Obama geändert hat, ist die Hinwendung zu wesentlich tödlicheren Methoden zur Eliminierung seiner Gegner. Angesichts der Komplikationen bei ihren Auslieferungsverfahren, einschließlich der möglichen gerichtlichen Verfolgung ihrer Agenten im Ausland, hat die Regierung Obama immer öfter auf Drohnen-Schläge zurückgegriffen, um diejenigen, die sie des Terrorismus verdächtigt, zu beseitigen.

In der Erklärung des Büros von Präsident Napolitano wird auch erwähnt, dass Italien auf die gleiche Rücksichtnahme im Fall zweier italienischer Seeleute hofft, die gegenwärtig wegen der Erschießung zweier Fischer in Indien des Mordes angeklagt sind.

Wie ein Mafioso, der im Gegenzug eine Gefälligkeit fordert, hofft Napolitano nun darauf, dass sein Eingreifen zugunsten Romanos durch die USA damit beantwortet wird, dass Washington Druck auf Indien ausübt, um die Freilassung der zwei angeklagten italienischen Matrosen zu erwirken.

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