Warnstreik angestellter Lehrer in Berlin

Für Dienstag, den 23. April, ruft die GEW Berlin ca. 8.000 angestellte Lehrer zu einem eintägigen Warnstreik auf. Einen Tag darauf, am 24. April, treffen sich Vertreter von ver.di mit Innensenator Henkel, um über die Bezahlung der Beamten in Berlin zu verhandeln.

Diese Aktionen sollen nach außen hin den Anschein eines Kampfes erwecken, während hinter den Kulissen weitere Verschlechterungen ausgehandelt werden. Keinesfalls wird der Warnstreik dazu beitragen, die Lage der Lehrerinnen und Lehrer oder die Situation im Bildungswesen zu verbessern. Ein Blick auf die Vorgeschichte lässt daran keinen Zweifel.

Anfang März hatten die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) die Lehrkräfte zum wiederholten Male im Regen stehen lassen. Im Abschluss ihrer Verhandlungen mit der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) klammerten sie die Forderung nach einer bundesweit einheitlichen Bezahlung angestellter Lehrer und nach deren Anpassung an die – noch – etwas besseren Gehälter verbeamteter Lehrkräfte aus.

Dieser Ausverkauf nach wochenlangen Streik- und Protestaktionen war der vorläufige Endpunkt einer Entwicklung von 20 Jahren, in deren Verlauf sich die Lage der angestellten und der verbeamteten Lehrer stetig verschlechtert hatte.

Anschließend schlugen die Wogen der Empörung derart hoch, dass sich die GEW Sachsen, wo ausschließlich angestellte Lehrer beschäftigt sind, zu „Deeskalationsbesuchen“ an den Schulen genötigt sah.

Nach den Osterferien, Mitte April, verkündete die GEW dann einen bundesweiten „Strategiewechsel“. Darin schrieb sie die Spaltung der Lehrkräfte explizit fest: Sie kündigte an, fortan mit den Regierungen auf Länderebene getrennt zu verhandeln.

In einer „Diskussionsgrundlage für die Mitgliederdiskussion“ rechtfertigte sie diesen Schwenk mit der „Vielzahl von Einzelinteressen“ und der „höchst unterschiedlichen Betroffenheit in Einzelfragen“ aufseiten der verschiedenen Landesregierungen. Das Gleiche gelte für die GEW selbst, deren Landesverbände „auch unterschiedlichen Herausforderungen infolge aktueller Verschlechterungen in den besoldungs- und laufbahnrechtlichen Regelungen einzelner Bundesländer“ gegenüberstünden.

Eine klarere Absage an den Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ kann es eigentlich nicht geben. Mit „unterschiedlicher Betroffenheit in Einzelfragen“ kann man die Spaltung nicht nur nach Bundesländern, sondern auch nach Kommunen bis hinunter zum Stadtviertel und schließlich zur einzelnen Schule rechtfertigen – ist nicht jede aufgrund ihrer Lage, ihres Einzugsgebiets usw. in „Einzelfragen“ unterschiedlich betroffen?

Wörtlich heißt es in dem Papier der GEW-Spitze: „Die Notwendigkeit, die Verhandlungen zu einem ‚Tarifvertrag über die Eingruppierung tarifbeschäftigter Lehrkräfte an öffentlichen Schulen und Hochschulen‘ mit politischen Entscheidungsträgern unter Beteiligung des Kultusressorts zu führen, zwingt dazu, die Verhandlungen in den Ländern mit den jeweiligen politischen Spitzen zu führen und dabei auch die Einflussnahme der Länderparlamente zu ermöglichen.“

Auf einen irgendwie positiven Einfluss der Länderparlamente zu bauen, erscheint auf den ersten Blick absurd. Haben doch fast sämtliche Landesregierungen nach dem Tarifabschluss im März offiziell angekündigt, dass sie ihre Kürzungspolitik im Bildungsbereich fortsetzen werden. Sie wollen die mageren Entgelterhöhungen, die für die Angestellten im öffentlichen Dienst vereinbart wurden, nicht auf die Beamten übertragen.

Die rot-grüne Regierung in NRW und die grün-rote Regierung in Baden-Württemberg machen hier die Vorreiter. Auch Berlins Finanzsenator Nußbaum hat die Übertragung des Tarifergebnisses auf die Landesbeamten bereits explizit ausgeschlossen, obwohl diese im Vergleich aller Bundesländer am schlechtesten bezahlt werden.

Die Orientierung auf die Landespolitik kann nur so interpretiert werden, dass die GEW- und ver.di-Funktionäre ihre eigene Stellung im landespolitischen Betrieb stärken wollen – auf Kosten ihrer Mitglieder.

Die Berliner Landesregierung (der Senat) hatte sich diesem Ansinnen zunächst verweigert und erklärt, sie werde mit der GEW nicht über die Eingruppierung der Lehrer verhandeln. Entsprechend beantragte Finanzsenator Nußbaum vor dem Landesarbeitsgericht Berlin eine einstweilige Verfügung gegen den Warnstreik am 23. April. Das Arbeitsgericht lehnte diesen Antrag jedoch ab und ließ der Aktion freien Lauf.

Einen Tag später, am 24. April, führt ver.di mit der von Frank Henkel geführten Senatsinnenverwaltung ein „beamtenpolitisches Spitzengespräch“.

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