Perspektive

IWF-Bericht beleuchtet Abgleiten der globalen Wirtschaft

Der fünfte Jahrestag des Beginns der globalen Finanzkrise rückt näher, aber die Weltwirtschaft entfernt sich immer weiter von ehemals “normalen“ Bedingungen.

Diese Woche schraubte der Internationale Währungsfond wieder einmal seine Wachstumserwartungen für die Weltwirtschaft zurück. Dies ist die fünfte Absenkung seit Anfang letzten Jahres. Bemerkenswert ist, dass die begleitenden Erläuterungen zu dem Update darauf hinweisen, dass die Wachstumserwartungen in den letzten beiden Jahren zu hoch angesetzt wurden, weil strukturelle Veränderungen der Weltwirtschaft nicht berücksichtigt wurden.

Die Vorhersage des IWF für das globale Wachstum für 2013 wurde von 3,3 Prozent im April auf 3,1 Prozent gesenkt, und die Vorhersage für 2014 auf 3,8 Prozent (bisher 4,0 Prozent).

Der IWF wies auf drei wesentliche Faktoren hin, die eine Verlangsamung des Wachstums bewirkten: Enttäuschendes Wachstum in den aufstrebenden Märkten, eine tiefere Rezession als erwartet in den Ländern der Eurozone als Folge von niedriger Nachfrage und mangelndem Vertrauen, sowie ein geringeres Wachstum der amerikanischen Wirtschaft als bisher erwartet, als Ergebnis der gekürzten Staatsausgaben.

Wie es in dem aktualisierten Bericht heißt, bestehen die “alten Risiken” für das globale Wachstum weiter, aber gleichzeitig seien „neue Risiken hinzukommen, z.B. die Möglichkeit einer länger andauernden Wachstumsschwäche der aufstrebenden Ökonomien“. Mit anderen Worten gibt es keine Hoffnung, dass das Wachstum dieser Volkswirtschaften das niedrige Wachstum in den Vereinigten Staaten und die andauernde Rezession in Europa wettmachen

könnte. Euroland wird 2013 wohl um 0,6 Prozent schrumpfen und 2014 nur um ein Prozent wachsen.

Das Schrumpfen in Europa ist nicht nur das Ergebnis der Rezession in den Ländern der so genannten Peripherie. IWF Chefökonom Olivier Blanchard sagte, auch in den Kernländern Frankreich und Deutschland gebe es „ein mangelndes Vertrauen in die Zukunft“. Diese Bemerkung erfuhr schon am nächsten Tag die Bestätigung, als bekannt wurde, dass die deutsche Industrieproduktion im Mai um ein Prozent zurückgegangen war, doppelt so stark wie erwartet.

Blanchard stellte fest, dass es für das schwächere Wachstum in China, Brasilien und Indien zwar spezifische Gründe gebe, aber gleichzeitig existiere ein tiefer gehender Trend für geringeres Wachstum, der über die zyklische Komponente hinausreiche. „Es ist klar, dass diese Länder nicht mehr so stark wachsen werden wie vor der Krise“, sagte er.

Unmittelbar nach dem IWF-Update zeigten Chinas Handelsdaten, dass die Exporte im Juni im Vergleich zum Vorjahr um 3,1 Prozent zurückgegangen sind, nachdem sie im ersten Halbjahr 2013 durchschnittlich noch um zehn Prozent zugenommen hatten.

Die Vorstellung, China und andere so genannte “aufstrebende Märkte” würden die Grundlage für eine neue Ausdehnung der Weltwirtschaft abgeben, war schon immer eine Fiktion, wenn man bedenkt, dass diese Länder von den USA und Europa als den wichtigsten Exportmärkten abhängig sind. Diese Fiktion konnte eine gewisse Zeit lang aufrechterhalten werden, weil speziell die chinesische Regierung nach der Finanzkrise besondere finanzpolitische und fiskalische Maßnahmen ergriffen hatte.

Die chinesischen Behörden hatten ein Konjunkturprogramm von circa fünfhundert Milliarden Dollar aufgelegt und eine Ausdehnung des Kredits ermutigt, um Investitionsprojekte vor allem der Kommunen zu fördern. Als Folge davon stieg die Gesamtverschuldungsrate der chinesischen Wirtschaft zum BIP von 115 Prozent im Jahr 2008 auf schätzungsweise 174 Prozent. Gleichzeitig stieg die Investitionsrate von 42 Prozent des BIP in 2007 auf 47 Prozent in 2013.

Die Konjunkturprogramme gingen davon aus, dass Europa und die USA sich auch wieder erholen würden, und die Exporte dann wieder steigen könnten. Aber die Stagnation der amerikanischen Wirtschaft und die Rezession in Europa bewirkten, dass die expansive Kreditpolitik in China so nicht weitergeführt werden kann. Sie wird jetzt durch restriktive Kreditgewährung abgelöst.

Generell besagt das IWF-Update, dass kein einziges Gebiet der Weltwirtschaft mehr die Basis für eine allgemeine Ausdehnung abgeben kann, und dass auch keinerlei Aussicht auf eine solche Entwicklung in der Zukunft besteht.

Darüber hinaus gibt es klare und zunehmende Risiken einer neuen Finanzkrise, weil die amerikanische Federal Reserve ihre quantitative Lockerung zurückzuschrauben beginnt, mit deren Hilfe den Finanzmärkten bisher jeden Monat 85 Milliarden Dollar zur Verfügung gestellt

wurden.

Dieses ultra-billige Geld hat eine zentrale Rolle bei dem Boom der amerikanischen Börsenkurse gespielt, obwohl die Realwirtschaft stagnierte oder nur sehr geringes Wachstum aufwies. Insoweit höhere Aktienkurse Ergebnis höherer Profite waren, hatten diese ihre Grundlage in brutalen Kosteneinsparungen und nicht in höheren Einnahmen infolge einer Ausdehnung der Märkte.

Einem jüngeren Bericht des Wall Street Journal zufolge könnte dieser Prozess bald an sein Ende kommen, wenn Firmen höhere Einnahmen benötigen, um ihre Profite zu halten. Aber die Gewinne der Konzerne im S&P 500 Index werden im zweiten Quartal gegenüber dem Vorjahr wohl nur um ein Prozent steigen.

Die Aktienmärkte steigen wieder, nachdem sie vergangenen Monat nach einer Ankündigung von Fed Chairman Ben Bernanke abgestürzt waren. Wie Bernanke ankündigte, zieht die Fed in Betracht, die quantitative Lockerung zurückzufahren. Würde diese Ankündigung in die Tat umgesetzt, würde dies zu erneutem Chaos an den Märkten führen.

Selbst eine nur begrenzte Einschränkung der Geldzufuhr könnte schwere Folgen für die so genannten aufstrebenden Märkte und Entwicklungsländer haben, wenn Geld abgezogen und zurück in die USA geschafft wird. Mit vorsichtigen Worten warnt der IWF, dass „schwächere Wachstumsaussichten“ und „mögliche Folgewirkungen einer längeren Periode schnellen Kreditwachstums“ zu immer größeren Risiken für die Finanzstabilität führen könnten.

Würde das Zurückfahren der quantitativen Lockerung zu Währungseinbrüchen und Kapitalflucht aus aufstrebenden Märkten führen, dann könnte das leicht auf die US-Märkte zurückwirken und eine Finanzkrise auslösen.

Unabhängig von den tatsächlichen konjunkturellen Wendungen hat der jüngste IWF-Bericht weitgehende politische Bedeutung. Er unterstreicht die Tatsache, dass Arbeitslosigkeit, Lohnkürzungen und Kürzungen von Sozialleistungen zu einer dauerhaften Erscheinung geworden sind, weil es keine Aussicht auf wirtschaftliche Erholung im eigentlichen Sinne des Wortes gibt.

Gegen das Programm der sozialen Konterrevolution der herrschenden Eliten muss die Arbeiterklasse ihre eigenen unabhängigen Interessen vertreten und den Kampf für eine Arbeiterregierung und ein sozialistisches Programm aufnehmen, das mit der Enteignung und der demokratischen Kontrolle der Banken und großen Konzerne beginnt.

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