Ägypten:

Revolutionäre Sozialisten versuchen, Unterstützung für Militärputsch zu verschleiern

Während das ägyptische Militärregime sein brutales Vorgehen gegen jede Opposition verschärft und Elemente der ehemaligen Mubarak-Diktatur zurück an die Macht bringt, wird die konterrevolutionäre Rolle der „linken“ Unterstützer des Putsches immer deutlicher. Eine der korruptesten kleinbürgerlichen Organisationen, die das Militär unterstützen sind die Revolutionären Sozialisten (RS) – eine pseudolinke Gruppe, die mit der amerikanischen International Socialist Organization und der britischen Socialist Workers Party (SWP) verbündet ist.

Am 19. Juli erschien im Christian Science Monitor (CSM) ein Artikel von Geert van Langendonck, dem Nahost- und Nordafrika-Korrespondenten der niederländischen Tageszeitung NRC Handelsblad. Langendonck berichtet, dass die RS eine der Gruppen waren, die sich auf die Seite des Militärs gestellt hatten. Er schrieb: „Ägyptische Aktivisten haben sich seit dem Sturz Mohamed Mursis auf die Seite des Militärs gestellt“ und fügte hinzu: „sogar die Revolutionären Sozialisten haben den Putsch unterstützt.“

Die RS reagierten darauf mit einer verzweifelten Kampagne, um ihre Unterstützung für den Putsch und die Militärdiktatur zu verschleiern.

Kurz nach Erscheinen des Artikel griff Hossam El Hamalawy, ein Führungsmitglied der RS, Langendonck an. Er behauptete auf Twitter, Langendoncks Aussage, die RS hätten den Putsch unterstützt, sei „falsch“ und fügte hinzu: „Dass Sie kein Arabisch können, ist keine Ausrede. Lesen Sie bitte unsere Stellungnahmen über das Militär.“

Hamalawy schickte einen Kommentar mit dem Titel „Revolutionäre Sozialisten beziehen Stellung zu Putsch in Ägypten“ an seinen Freund Dan Murphy, einen Redakteur des CSM. Murphy "korrigierte" Langendoncks ursprünglichen Artikel und veröffentlichte Hamalawys Kommentar am 20. Juli. In diesem Kompendium von Lügen über die Politik der RS versucht Hamalawy verzweifelt, die Wahrheit zu leugnen: nämlich dass die RS den von den USA unterstützten Putsch des Militärs und von Überbleibseln des Mubarak-Regimes unterstützt haben.

Hamalawy schreibt: „Ihr Artikel ‚In Ägypten warnen vereinzelte Stimmen vor zu viel Liebe für das Militär‘ deutet an, dass die ägyptischen Revolutionären Sozialisten (die Gruppe, der ich angehöre) im Lager der Unterstützer des Militärs seien. Das ist falsch, das Lager der Mursi-Gegner sollte nicht in einen Topf geworfen werden.“

Tatsächlich zeigen die Stellungnahmen und Bündnisse der RS in den letzten Monaten, dass sie Teil des „promilitärischen Lagers“ sind und im gleichen Boot sitzen wie die Reaktion.

Vor dem Putsch hatten die RS die Tamarod-Koalition unterstützt, die das Militär zum Sturz von Mursi aufrief. Tamarod umfasste die Nationale Heilsfront (NSF) des Liberalen Mohamed ElBaradei und die Partei der Freien Ägypter des milliardenschweren Unternehmers Naguib Sawiris. Sie wurde auch von ehemaligen Funktionären des Mubarak-Regimes unterstützt, unter anderem von General Ahmed Schafik, dem letzten Premierminister unter Mubarak, sowie Anhängern von Omar Suleiman, einem langjährigen Verbündeten Mubaraks und ehemaligen Führer des berüchtigten ägyptischen Geheimdiensts Mukhabarat.

Vor dem Putsch veröffentlichten die RS mehrfach Stellungnahmen, in denen sie die Tamarod und ihr Programm unterstützten. Am 19. Mai lobten sie Tamarod als „einen Weg, die Revolution zu vollenden“ und schrieben: „Wir erklären unsere Absicht, in vollem Umfang an dieser Kampagne teilzunehmen und fordern alle Aktivisten für Demokratie und Gerechtigkeit auf, sich uns anzuschließen.“

Nur wenige Tage später organisierten die RS eine gemeinsame Veranstaltung mit der Tamarod im RS-Hauptsitz in Giseh, auf der sie den Tamarod-Führern Mahmud Badr und Mohamed Abdel-Aziz zujubelten. Badr und Abdel-Aziz standen später neben General al-Sisi, als er am 3. Juli im Fernsehen den Putsch verkündete. Der „Fahrplan“ für den Putsch, den al-Sisi an diesem Abend festlegte – Auflösung des von Islamisten dominierten Oberhauses des Parlaments, Ernennung des obersten Richters zum Präsidenten und Einsetzung einer wirtschaftsfreundlichen Technokraten-Übergangsregierung – entsprach dem Programm von Tamarod.

Die Reaktion der RS auf den Militärputsch bestätigt, dass sie auf der Seite des Militärs stehen. Sie feierten den Putsch als „zweite Revolution“ und riefen die Demonstranten auf, „die Revolution zu beschützen.“ Während das Militär versucht, den Unterdrückungsapparat des Mubarak-Regimes wieder aufzubauen, behaupten die RS, die Militärregierung könne zu demokratischen und sozialen Reformen gedrängt werden. In einer Erklärung vom 11. Juli riefen die RS dazu auf, Druck auf die neue Regierung auszuüben, um „sofortige Maßnahmen zur Erlangung von sozialer Gerechtigkeit für Millionen armer Ägypter“ zu erreichen.

In der Antwort an den Christian Science Monitor versucht Hamalawy auch, die lange Unterstützung der RS für das Militär zu verbergen. Er behauptet: „Tatsächlich waren die RS die erste revolutionäre Gruppe, die bereits am 1. Februar 2011 in einer Stellungnahme vom Tahrir-Platz vor der Rolle des Militärs gewarnt hat.“

Hamalawy glaubt, niemand würde die Stellungnahmen der RS lesen. Tatsächlich gehörten die RS schon im Jahr 2011 zu den lautstärksten Verteidigern des ägyptischen Militärs und argumentierten ständig, Mubaraks ehemalige Generäle könnten durch Druck zu demokratischen und sozialen Reformen gedrängt werden.

In der Stellungnahme vom 1. Februar 2011, die Hamalawy anspricht, erklärten die RS: „Alle fragen sich: ‚ist das Militär auf der Seite des Volkes oder nicht?‘ Das Militär ist kein einzelner Block. Die Interessen der Soldaten und Unteroffiziere sind die gleichen wie die der Massen. Aber die ranghohen Offiziere sind Mubaraks Männer, sorgfältig ausgewählt, um sein Regime der Korruption, des Reichtums und der Tyrannei zu schützen. Es ist ein wichtiger Bestandteil des Systems. Das Militär ist kein Militär des Volkes mehr. Es ist nicht mehr das gleiche Militär, das 1973 den zionistischen Feind besiegt hat.“

Der Zweck dieser Stellungnahme war es, das Misstrauen der Bevölkerung in das Militär zu verringern, genau zu dem Zeitpunkt als die herrschende Klasse es im ganzen Land einsetzte, um den revolutionären Aufstand der Arbeiterklasse zu unterdrücken. Die RS hatten nicht „vor der Rolle des Militärs gewarnt“, sondern Illusionen in Elemente des Offizierskorps geschürt, die nicht direkt an Mubarak gebunden waren. Tatsächlich war das ägyptische Militär nie ein „Militär des Volkes.“ Es ist die tragende Stütze des ägyptischen Kapitalismus und das wichtigste Unterdrückungsinstrument der herrschenden Elite seit dem Militärputsch der Bewegung Freier Offiziere unter Gamal Abdel Nasser im Jahr 1952.

Ihre reaktionäre Mehrdeutigkeit gegenüber dem ägyptischen Militär führte die RS dazu, die Militärjunta, die nach Mubaraks Sturz an die Macht kam, als Kraft für Demokratie und soziale Rechte darzustellen.

Am 31. Mai 2011 erklärte eines ihrer führenden Mitglieder, Mustafa Omar, in einem Kommentar des Socialist Worker, die Militärjunta beabsichtige, das politische und wirtschaftliche System zu reformieren und es demokratischer und weniger unterdrückerisch zu gestalten.

Hamalawy selbst war ein unverblümter Fürsprecher des ägyptischen Militärs und seiner angeblich „demokratischen“ Ziele. Am 22. Juni 2011 erklärte er in einem Interview mit Reuters: „Ich glaube, dass sie [die Generäle des Obersten Militärrates] es ernst meinen, die Macht an eine zivile Regierung abgeben zu wollen. Aber das bedeutet nicht, dass sie... ihre Rolle auf der politischen Bühne Ägyptens aufgeben werden.“

Hamalawys Träumereien über die demokratische Sensibilität der Generäle wurde durch den Lauf der Ereignisse umfassend widerlegt. Der jüngste Militärputsch und das brutale Vorgehen gegen Demonstranten zeigt die reaktionäre Rolle der Generäle, die nun Kürzungen der Subventionen für Treibstoff und Brot vorbereiten, von denen Millionen Ägypter abhängig sind.

In seiner Antwort an Langendonck erklärt Hamalawy: „Ich finde es bizarr, in Ihrem Artikel als Unterstützer des Militärputsches bezeichnet zu werden... genauso bizarr wie der Vorwurf, den wir von anderen Gruppen in Ägypten hören, wir würden die Muslimbrüder unterstützen, weil wir nicht auf der Seite des Militärs stehen.“

Tatsächlich sind die „Vorwürfe,“ die RS würden die Muslimbrüder unterstützen, genau so sachlich korrekt wie die Beobachtung, dass sie den Militärputsch unterstützen.

Noch vor einem Jahr waren die RS enthusiastische Unterstützer von Mursi und der Muslimbrüder.

Während der Präsidentschaftswahl produzierten sie zahlreiche Stellungnahmen, in denen sie die Muslimbrüder als „rechten Flügel der Revolution“ und Mursi als „revolutionären Kandidaten“ propagierten. Mursis Amtseinführung feierten sie als „Sieg der Revolution“ und „großen Erfolg im Kampf gegen die Konterrevolution.“ Sie schrieben sogar einen „Offenen Brief an Mohammed Mursi“ in dem sie sich als Berater des Präsidenten anboten und ihm die Bildung einer „Koalitionsregierung“ nahelegten.

Es war erneut Hamalawy selbst, der versuchte, die Unterstützung der RS für Mursi und die Muslimbrüder mit zynischen Erklärungen zu rechtfertigen. In einem Kommentar vom 30. Juni 2012 mit dem Titel „Mursi, der Militärrat und die revolutionäre Linke“ bezeichnete er die MB als „reformistische Organisation“ mit opportunistischer Führung und revolutionärer Basis, die unterstützt werden müsse.

Da Hamalawy nicht in der Lage ist, die scharfen politischen Wendungen der RS irgendwie schlüssig zu erklären, muss er lügen. Tatsächlich zeigt eine Analyse der Politik der RS nur eine auffallende Gemeinsamkeit: die Kurswechsel der RS entsprechen immer denen der amerikanischen Außenpolitik.

Die anfängliche Unterstützung der RS für das Militär deckte sich mit Washingtons Unterstützung für die Militärjunta zur Unterdrückung der Arbeiterklasse und zur Verteidigung ihrer strategischen und wirtschaftlichen Interessen in der Region gegen die Gefahr einer sozialistischen Revolution. Als die USA enge Beziehungen zu den Muslimbrüdern und Mursi aufbauten, um den Nahen Osten im Sinne ihrer Interessen umzugestalten, unterstützten auch die RS Mursi. Als es schließlich zu neuen Massenkämpfen gegen Mursi kam und die US-Regierung gezwungen war, dem Militär grünes Licht für einen Präventivputsch gegen die Arbeiterklasse zu geben, unterstützten auch die RS wieder das Militär.

Hamalawys Weigerung und Unfähigkeit, für die politischen Richtungswechsel seiner Organisation geradezustehen, haben ihre Wurzeln in den Klasseninteressen der gut gestellten prowestlichen kleinbürgerlichen Schichten, die die RS repräsentieren und die Hamalawy verkörpert. Diese Schichten lehnen eine sozialistische Revolution in Ägypten ab, da sie ihre lukrativen Beziehungen zum westlichen Imperialismus schädigen und ihren eigenen nicht unbeträchtlichen Wohlstand mindern würde.

Hamalawy hat an der amerikanischen Universität in Kairo studiert und gelehrt und eine verblüffende Fähigkeit darin entwickelt, die Aufmerksamkeit der westlichen Medien, bürgerlichen Zeitungen und Nachrichtenagenturen auf sich zu ziehen. Er verfügt über enge berufliche Beziehungen zur amerikanischen, britischen und ägyptischen Regierung.

Im Laufe seiner Karriere war er unter anderem als Gastdozent an der Universität von Berkeley, bei der Los Angeles Times, Bloomberg News und Human Rights Watch beschäftigt. In Ägypten war er Gründungsmitglied der englischen Ausgabe von Al Masry Al Youm und Ahram Online, der englischsprachigen Webseite der größten staatlichen Zeitung Ägyptens. Er veröffentlicht Kolumnen im Guardian und tritt auf der BBC, Al Dschasira und vor allem dem ägyptischen liberalen Sender ONTV auf, der von Sawiris kontrolliert wird. Da er nur Dinge sagt und tut, die den Interessen der herrschenden Elite dienen, ist er ein willkommener Gast.

Während das wohlhabende Kleinbürgertum in Ägypten den Aufbau einer offenen Militärdiktatur unterstützt, um seine politischen und finanziellen Interessen zu verteidigen, muss die Arbeiterklasse ihre eigenen politischen Schlüsse ziehen. Um ihre sozialen und demokratischen Forderungen durchzusetzen, muss sie ihre politische Unabhängigkeit von reaktionären Kräften wie den RS erlangen und eine revolutionäre Führung entwickeln. Das erfordert den Aufbau einer ägyptischen Sektion des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI).

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