Hände weg von Syrien!

Aufruf der Partei für Soziale Gleichheit zum Antikriegstag

Den folgenden Text verbreitet die PSG an den kommenden Tagen als Flugblatt auf Veranstaltungen zum Antikriegstag.

Am Sonntag jährt sich zum 74. Mal der Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen. Er eröffnete den Zweiten Weltkrieg, der Europa in ein Trümmerfeld verwandelte und 80 Millionen Menschen das Leben kostete.

Nun planen die USA, Großbritannien und Frankreich vor den Augen der Weltöffentlichkeit mit voller Unterstützung der deutschen Regierung ein ähnliches Verbrechen. Sie bereiten einen Überfall auf das militärisch unterlegene Syrien vor, der den gesamten Mittleren Osten in ein Inferno zu verwandeln droht. Ein Angriff auf Syrien kann sich zu einer militärischen Konfrontation mit Russland und China entwickeln und einen dritten Weltkrieg auslösen.

Hitler begründete den Angriff auf Polen mit einer dreisten Propagandalüge. Ein SS-Kommando täuschte einen polnischen Überfall auf die grenznahe deutsche Radiostation Gleiwitz vor, der dann als Vorwand für den Einmarsch diente. Zuvor hatte Hitler seinen Generälen erklärt: „Die Auslösung des Konfliktes wird durch eine geeignete Propaganda erfolgen. Die Glaubwürdigkeit ist dabei gleichgültig, im Sieg liegt das Recht.“

Die Propaganda, mit der der Angriff auf Syrien begründet wird, ist nicht weniger dreist und verlogen. Der Behauptung, das Regime von Präsident Assad habe Chemiewaffen gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt, fehlt jede Glaubwürdigkeit. Es gibt dafür keinen einzigen tragfähigen Beweis.

Das Assad-Regime hatte gar keinen Grund, solche Waffen einzusetzen. Die sogenannten Rebellen, die von den imperialistischen Mächten und den reaktionären Golfmonarchien finanziert, bewaffnet und ausgebildet wurden, um das Land zu destabilisieren, befinden sich in der Defensive. Weil sie kaum über Unterstützung in der Bevölkerung verfügen, brechen sie auseinander und lösen sich in rivalisierende Banden von Plünderern und Mördern auf.

Stärkste Kraft unter diesen Banden ist die mit Al Qaida verbündete al-Nusra-Front. Sie hat mehrfach Massaker an syrischen Zivilisten verübt. Ende Mai wurden einige ihrer Mitglieder in der Türkei festgenommen, als sie Chemiewaffen mit sich führten. Es ist viel wahrscheinlicher, dass sie selbst Giftgas eingesetzte, um den imperialistischen Mächten einen Vorwand zum Krieg zu liefern.

Der angebliche Giftgasangriff ist in jedem Fall nur der Vorwand, und nicht der Grund für den Überfall auf Syrien. Der militärische Überfall wurde seit Jahren vorbereitet und geplant. Nach Afghanistan, Irak und Libyen ist es bereits der vierte Krieg gegen ein Land im Mittleren Osten innerhalb von zwölf Jahren.

In jedem dieser Kriege wurden Hunderttausende getötet und Millionen in die Flucht getrieben. Die Besatzungstruppen setzten Folter und Terror ein, um die Bevölkerung einzuschüchtern. Die Namen Abu Ghraib, Falludscha und Kundus sind zu Synonymen für unsägliche Kriegsverbrechen geworden. Die Folgen der Kriege haben das Leben in diesen Ländern zur Hölle gemacht. Terroranschläge und ständiger Bürgerkrieg sind an der Tagesordnung.

Niemand kann nach diesen Erfahrungen noch ernsthaft glauben, die Bombardierung Syriens diene dem Schutz der Zivilbevölkerung vor einem blutrünstigen Diktator. Dass Medien und Politiker dies dennoch pausenlos behaupten, zeigt lediglich, wie verkommen, korrupt und verlogen sie sind. Die Wahrheit ist bekanntlich das erste Opfer des Krieges.

Was sind die wirklichen Gründe für den Krieg gegen Syrien?

Geopolitisch verfolgen die USA seit der Auflösung der Sowjetunion im Jahr 1991 das Ziel, ihre internationale Vorherrschaft mit militärischen Mitteln zu sichern. Bereits 1992 hieß es in den verteidigungspolitischen Richtlinien des Pentagons, es gelte zu verhindern, dass sich eine andere Nation zu einem gleichwertigen Rivalen der USA entwickeln könne.

Der Mittlere Osten spielt in diesem Zusammenhang eine Schlüsselrolle. Hier befinden sich fast die Hälfte aller nachgewiesenen Ölreserven der Welt, auf die mehr noch als die USA deren wirtschaftlichen Rivalen in Asien und Europa angewiesen sind. Geostrategen gilt die Region zudem als Schlüssel zur Kontrolle Zentralasiens, das auch für China und Russland von höchster strategischer Bedeutung ist.

Die gewaltigen Summen, die für den Afghanistan- und den Irakkrieg ausgegeben wurden, können nur in diesem Zusammenhang verstanden werden. Der Angriff auf Syrien gilt der Vorbereitung eines weiteren Kriegs gegen den Iran, der als potentielle Regionalmacht die US-Interessen bedroht. US-Präsident George W. Bush hatte den Iran schon 2002 neben dem Irak und Nordkorea zur „Achse des Bösen“ gezählt.

Deutschland, Frankreich und Großbritannien halten es gegenwärtig für das Beste, ihre Interessen durch die Zusammenarbeit mit den USA zu sichern. Sie hoffen, einen Anteil an der amerikanischen Kriegsbeute zu erhalten.

Wirtschaftlich ist der Überfall auf Syrien eine Reaktion auf die schwerste Krise des Weltkapitalismus seit dem Vorabend des Zweiten Weltkriegs. Die herrschende Klasse reagiert auf die verzweifelte wirtschaftliche und soziale Lage – Stagnation, wachsende Schulden, Massenarbeitslosigkeit, sinkender Lebensstandard und zunehmender internationaler Wettbewerb – mit einer zunehmend rücksichtlosen und gewalttätigen Außenpolitik.

Die Große Depression der 1930er Jahre führte zum Zweiten Weltkrieg, als die imperialistischen Mächte versuchten, die Probleme des Kapitalismus durch einen Krieg zu lösen. Die seit 2008 andauernde große Rezession wird zum Dritten Weltkrieg führen. Der parasitäre Finanzkapitalismus, in dem sich ein winziger Teil der Gesellschaft durch massive Betrügereien bereichert, findet seine natürliche Ergänzung in einer Außenpolitik, die ihre Ziele durch kriminelle Gewalt erreicht.

Sozial ist der Krieg eine Reaktion auf die tiefe Spaltung der Gesellschaft. In den USA konzentriert sich der gesellschaftliche Reichtum in den Händen des obersten Prozents der Gesellschaft. Die Europäische Union bricht unter den ständigen Angriffen auf Lebensstandard und Arbeitsplätze auseinander. Je schärfer die inneren Spannungen, desto offener wenden sich die europäischen Großmächte äußeren Aggressionen zu, weil dies der einzige Bereich ist, in dem sie übereinstimmen. Sie sehen den Krieg zunehmend als Mittel, die Aufmerksamkeit von ihren Verbrechen gegen die eigene Bevölkerung abzulenken.

Es ist bezeichnet, dass in Deutschland alle politischen Lager einen Angriff auf Syrien unterstützen. Kaum hatte Bundeskanzlerin Merkel (CDU) verkündet, der angebliche Giftgaseinsatz dürfe „nicht folgenlos bleiben“, und Außenminister Westerwelle erklärt, dass Deutschland „Konsequenzen für richtig halte“, meldete sich SPD-Spitzenkandidat Peer Steinbrück zu Wort und bekundete seine volle Übereinstimmung.

Die Grünen und ihr inoffizielles Zentralorgan, die taz, zählen zu den eifrigsten Kriegspropagandisten. So entwarf der Erziehungswissenschaftler Micha Brumlik in der taz ein Szenario, in dem „US-amerikanischen Drohnen und Marschflugkörpern die Stellungen der syrischen Regierungstruppen“ zerstören und dann die Hauptstadt Damaskus in „heftigen Straßenkämpfen“ einnehmen, um die „Herrschaft über das von den UN neu etablierte Protektorat Syrien“ zu übernehmen. Dieses Protektorat soll dann mindestens zehn Jahre lang durch „deutsche, südafrikanische und brasilianische Polizeikräfte“ kontrolliert werden.

Die Linkspartei spielt in dieser großen Koalition der Kriegsbefürworter eine besondere Rolle. Sie hat maßgeblich daran mitgewirkt, in Syrien eine pro-imperialistische Opposition aufzubauen und wiederholt eine Intervention der Großmächte gefordert. So unterzeichneten die Parteivorsitzende Katja Kipping und der Stellvertretende Vorsitzende Jan Van Aken Ende letzten Jahres gemeinsam mit führenden SPD-, Grünen- und CDU-Politikern den Aufruf „Syrien: Freiheit braucht Beistand“, der zum Eingreifen aufruft.

Doch nun tut die Linkspartei so, als sei die gegen den Krieg. Damit will sie die eigenen Spuren verwischen und verhindern, dass eine echte Antikriegsbewegung entsteht, die die Interessen der herrschenden Klasse gefährdet. Sie spielt in der Frage des Kriegs dieselbe zynische Rolle wie in sozialen Fragen: Im Wahlkampf wettert sie gegen Hartz IV, um die Hartz-Gesetze dann in Landesregierungen und Kommunalverwaltungen brutal durchzusetzen.

Die geschlossene Unterstützung eines verbrecherischen Krieges gegen Syrien durch alle Bundestagsparteien ist ein Warnsignal. Mit derselben Brutalität und Geschlossenheit werden sie nach der Bundestagswahl zu neuen Angriffen auf Arbeitsplätze und Sozialleistungen übergehen, die sie angesichts der kapitalistischen Krise für unausweichlich halten. Der soziale Kahlschlag, der gegenwärtig mit Unterstützung aller deutschen Parteien in Griechenland stattfindet, wird dann auch in Deutschland auf der Tagesordnung stehen.

Der Kampf gegen Krieg ist untrennbar mit dem Kampf gegen seine Ursache verbunden: das kapitalistische System. Die einzige Kraft, die den Kriegstreibern das Handwerk legen kann, ist die Arbeiterklasse, d.h. die große Mehrheit der Bevölkerung. Die Verteidigung von sozialen Errungenschaften und demokratischen Rechten und der Kampf gegen Krieg sind untrennbar miteinander verbunden. Der einzige Ausweg aus der Sackgasse von Kapitalismus und Imperialismus ist der gemeinsame Kampf der internationalen Arbeiterklasse für den Sieg der sozialistischen Weltrevolution.

Für diese Perspektive kämpft die Partei für Soziale Gleichheit, die deutsche Sektion der Vierten Internationale. Wir laden alle, die einen weiteren verbrecherischen Krieg verhindern wollen, ein, den Bundestagswahlkampf der PSG zu unterstützen, täglich die World Socialist Web Site (http://www.wsws.org/de/) zu lesen und die Online-Veranstaltungen der PSG zu verfolgen.

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