Bundesregierung weitet Militäreinsatz in Afrika aus

Laut Berichten von Süddeutscher Zeitung und Spiegel-Online will die Bundesregierung ihre Beteiligung an Militäreinsätzen in Afrika stark ausweiten. In den Berichten heißt es, die Koalition bereite eine massive Vergrößerung der deutschen Mission im afrikanischen Mali vor.

Bisher ist die Bundeswehr in Mali mit etwa 20 Soldaten an einer deutsch-französischen Brigade beteiligt. Ihre gegenwärtige Aufgabe beschränkt sich auf die Ausbildung der malischen Armee. Die deutschen Soldaten waren bisher unbewaffnet und standen unter dem Schutz der Franzosen.

Nun ist den Medienberichten zufolge geplant, dass bewaffnete Bundeswehrsoldaten für den Schutz von Lagern sowie des Flughafens in der Hauptstadt Bamako eingesetzt werden. Damit würde aus der Ausbildungsmission ein sogenannter „robuster“ Militäreinsatz.

Das stärkere Engagement der Bundeswehr in Mali soll die französische Armee entlasten, damit sich diese stärker als bisher auf ihren Einsatz in der Zentralafrikanischen Republik konzentrieren kann. Frankreich ist in Mali bereits mit mehreren Tausend Soldaten vertreten. Doch der Widerstand islamistischer Gruppen hat dort in den vergangenen Wochen stark zugenommen.

Zusätzlich zur deutschen Unterstützung in Mali beschloss gestern die Außenministerkonferenz der Europäischen Union in Brüssel europäische Hilfe für den französischen Militäreinsatz in der Zentralafrikanischen Republik. Mit der Brüsseler Entscheidung begann sofort die militärische Einsatzplanung, um die Beiträge der einzelnen EU-Staaten sowie die Größe und die Aufgaben der Truppe festzulegen. Auch ein Uno-Mandat soll umgehend eingeholt werden.

Auch an diesem Einsatz will die Bundesregierung verstärkt teilnehmen. Zwar sei bisher kein Einsatz von Kampftruppen geplant, aber die deutsche Luftwaffe übernehme einen Großteil der Logistik der EU-Mission und werden den Truppen- und Materialtransport unterstützen. Der Luftwaffen-Airbus vom Typ A310 werde bereits für entsprechende Einsätze ausgerüstet, heißt es in Pressemeldungen.

Mit ihrem verstärkten militärischen Engagement in Afrika eilt die Bundesregierung der französischen Regierung zur Hilfe. Beim EU-Gipfel im Dezember hatte es noch anders ausgesehen. Als der französische Präsident damals um Unterstützung für den Militäreinsatz in Afrika warb, antwortet Kanzlerin Merkel schroff: „Wir können keine militärische Mission finanzieren oder unterstützen, bei der wir gar nicht in den Entscheidungsprozess einbezogen sind.“

Der Grund für den Sinneswandel im Kanzleramt sind die scharfen sozialen Angriffe, die Präsident Hollande am vergangenen Dienstag auf eine Pressekonferenz im Elyséepalast bekannt gab. Der sogenannte „Pakt der Verantwortung“, den er dort vorstellte, war in enger Zusammenarbeit mit der Bundesregierung ausgearbeitet worden. Er orientiert sich an der Agenda 2010 der Regierung von Gerhard Schröder (1998-2005) und den Hartz-Gesetzen.

Peter Hartz, der als Sozialdemokrat und IG Metallmitglied 2002 die umfassendsten sozialen Kürzungen seit Bestehen der Bundesrepublik ausgearbeitet hatte, führte in den vergangenen Wochen lange Gespräche in Paris mit François Hollande und beriet die Regierung in ihrer Vorgehensweise. Viele der von Hollande angekündigten Sparmaßnahmen stammen aus der Hartz-Kommission.

Unternehmen und Selbstständigen sollen bis 2017 insgesamt 35 Milliarden Euro an Steuern und Sozialabgaben erlassen werden. Gleichzeitig kündigte Hollande weitreichende Kürzungen bei den Arbeitslosen- und Sozialausgaben der RSA (Soziale Mindestsicherung) an. Einzelheiten dazu sollen im Frühjahr gesetzlich geregelt werden.

„Wenn Frankreich seinen Einfluss bewahren und sein Schicksal in der eigenen Hand behalten will, muss es seine wirtschaftliche Stärke zurückgewinnen“, betonte Hollande. Eine deutliche Senkung der Lohnnebenkosten sei daher unumgänglich, um die Wettbewerbsfähigkeit Frankreichs zu stärken.

Immer wieder unterstrich Hollande die Zusammenarbeit mit Deutschland. Er kündigte an, er werde bei der Reform der Sozialsysteme diesmal „systematisch und konsequent, und nicht wie bisher sporadisch“ vorgehen.

Diese unverhohlene Drohung an die Arbeiterklasse wurde in Deutschland von den Wirtschaftsverbänden und der Regierung mit Beifall honoriert.

Angesichts der Tatsache, dass die bisherigen Sozialkürzungen bereits heftigen Widerstand in der französischen Bevölkerung ausgelöst hatten und die Popularität des Präsidenten auf ein Rekordtief gesunken ist, hat die deutsche Regierung ihre Unterstützung angeboten, um der Hollande-Regierung in der Konfrontation mit der Arbeiterklasse den Rücken zu stärken.

Die Militärunterstützung in Mali und Zentralafrika steht in diesem Zusammenhang. Sie dient dazu, den französischen Präsidenten an anderer Stelle zu entlasten, damit er die drastischen sozialen Angriffe gegen die französische Arbeiterklasse besser durchsetzen kann.

Die Behauptung von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), es handele sich um eine humanitäre Hilfsaktion zum Schutz von Flüchtlingen in Mali und der Zentralafrikanischen Republik vor islamistischem Terror, ist nicht mehr als Heuchelei und abgedroschene Propaganda.

Die gleichen Islamisten, die im Norden Malis aktiv sind, waren im Jahr 2011 noch wichtige Verbündete Europas und der USA im Kampf gegen das libysche Regime von Muammar Gaddafi. In Syrien unterstützen die Westmächte ähnlich reaktionäre Kräfte, um das Regime von Bashar al-Assad zu stürzen und ein pro-westliches Marionettenregime zu installieren.

Beim Krieg in Mali geht es ebensowenig wie in Afghanistan um den „Kampf gegen Terrorismus”, sondern um handfeste geostrategische und wirtschaftliche Interessen. Der Krieg ist Teil der imperialistischen Kampagne zur erneuten kolonialen Unterwerfung Afrikas, die mit dem NATO-Krieg gegen Libyen vor zwei Jahren begonnen hat. Mali ist wie die gesamte Sahelzone reich an Bodenschätzen, die sich die imperialistischen Mächte vor allem in Konkurrenz zu China sichern wollen, das enge Wirtschaftsverbindungen zu Mali und anderen Ländern in der Region unterhält.

Je deutlicher sich der neokoloniale Charakter des Kriegs zeigt, und je klarer die deutsche Unterstützung darauf abzielt, die Hollande-Regierung gegen die französischen Arbeiter zu stärken, desto entschiedener stellt sich die Linkspartei auf die Seite der Regierung.

Am Wochenende veröffentlichten der Linken-Bundestagsabgeordnete Stefan Liebich und die Grünen-Politikerin Agnieszka Brugger ein gemeinsames Strategiepapier über eine „friedensorientierten Außenpolitik“, in dem es heißt, alle Parteien, „auch unsere, haben hier noch einige Hausaufgaben zu erledigen“. Das Papier fordert eine „Friedenspolitik zur Stärkung der Menschenrechte“.

Außerdem heißt es in der gemeinsamen Erklärung: „Für uns sind Auslandseinsätze der Bundeswehr ohne ein Mandat der Vereinten Nationen ausgeschlossen.“ Soll heißen, mit UN-Mandat sind Kriegseinsätze durchaus vertretbar.

Im Programm der Linkspartei heißt es noch: „Wir fordern das sofortige Ende aller Kampfeinsätze der Bundeswehr. Dazu gehören auch deutsche Beteiligungen an UN-mandatierten Militäreinsätzen nach Kapitel VII der UN-Charta“. Diese pazifistischen Phrasen weichen nun der offenen Unterstützung von Kriegen im Namen von Humanismus und Menschenrechten.

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