Perspektive

Die globale Plutokratie

Kurz vor der jährlich stattfindenden Zurschaustellung parasitären Reichtums und Macht beim Weltwirtschaftsforum im Schweizer Alpenferienort Davos hat Oxfam Charity einen Bericht veröffentlicht, in dem vor beispiellosem Wachstum sozialer Ungleichheit auf der ganzen Welt gewarnt wird.

Der Bericht, der eine Welt beschreibt, die sich in der Umklammerung einer Handvoll Plutokraten befindet, stellt fest, dass die reichsten 85 Menschen der Welt mehr Reichtum besitzen, als die unteren fünfzig Prozent der Weltbevölkerung: d.h. mehr als 3,5 Milliarden Menschen! Er bemerkt, dass das reichste Prozent heute 46 Prozent des Weltreichtums besitzt. Oxfam schreibt: „Der Reichtum des reichsten Prozentes der Menschen in der Welt beläuft sich auf 110 Billionen Dollar (…) das ist 65 mal so viel wie der Reichtum der unteren Hälfte der Weltbevölkerung.“

Der Bericht enthält eine Graphik, die zeigt, dass die Vereinigten Staaten seit 2008 den höchsten Zuwachs sozialer Ungleichheit unter allen Industrieländern aufweisen.

Die Verarmung der Arbeiterklasse auf der einen und weitere Bereicherung der Finanzelite auf der anderen Seite haben sich seit dem Wall-Street-Zusammenbruch 2008 beschleunigt. Während sich das Vermögen der Milliardäre weltweit verdoppelt hat, gibt es heute über eine Milliarde Menschen, die von weniger als einem Dollar am Tag leben. Beinahe die Hälfte der Weltbevölkerung, über drei Milliarden Menschen, stehen weniger als 2,50 Dollar täglich zur Verfügung.

Am selben Tag, als Oxfam seine Studie veröffentlichte, berichtete die International Labor Organization (ILO), dass die Zahl der arbeitslosen Menschen im Jahr 2013 weltweit um fünf Millionen auf 202 Millionen anwuchs. Die ILO sagte voraus, dass die Gruppe der Arbeitslosen bis 2014 weiter anwachsen werde.

Es gibt in der Menschheitsgeschichte keine Parallele zu der immensen Konzentration des Reichtums, wie er heute existiert, ebenso wenig zu den Extremen des Parasitismus und der Verkommenheit, mit denen die „neue Normalität“ sich darstellt. Der Gegenwartskapitalismus – den die herrschende Klasse und ihre Zuhälter aus Politik und Medien „freie Markwirtschaft“ nennen – hat eine Welt geschaffen, in der jede politische Entscheidung von dem Bedürfnis diktiert wird, den Reichtum eines verschwindend kleinen Teils der Weltbevölkerung zu schützen und zu mehren.

Diese globale Plutokratie, per Definition eine von den Reichen regierte Gesellschaft, erzeugt einen gewaltigen und immer weiter wachsenden Teil des Reichtums der Besitzenden nicht etwa durch die Herstellung nützlicher Produkte und die Ausweitung produktiver gesellschaftlicher Kapazitäten, sondern durch Manipulation von Geld, durch Spekulation und durch offenkundigen Betrug, d.h. durch im Kern kriminelle Aktivitäten, die die Produktivkräfte zersetzen.

Einige hundert Leute, die von einem Heer von Lakaien unterstützt werden, d.h.von bestochenen Politikern, akademischen Apologeten, Geheimdienstlern, Experten aller Art sowie Militär- und Polizeikräften aus dem Unterdrückungsapparat, halten der Zivilisation das Messer an die Kehle und drohen damit, sie zu zerstören, falls ihre unersättliche Gier nicht befriedigt werde.

Dieses gesellschaftliche (genauer gesagt: gesellschaftsfeindliche) Element ist aufs bösartigste menschenfeindlich, militaristisch und voller Verachtung für demokratische Rechte.

In seinem Eifer, den eigenen Besitz zu vergrößern, greift dieses Element rücksichtslos den Lebensstandard der Arbeiterklasse an, welche die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung darstellt. Auf der ganzen Welt führen die von den Plutokraten kontrollierten Regierungen immer schmerzvollere Austeritätsmaßnahmen ein, kürzen Löhne, streichen Arbeitsstellen und Sozialprogramme, schließen Schulen und demontieren das Gesundheitswesen. Staatsbesitz wird verscherbelt, um Banken und Konzerne mit Nothilfen auszustatten. Zentralbanken schießen Billionen in die Finanzmärkte, um Aktienpreise, Konzernprofite und Vorstandsgehälter in die Höhe zu schrauben. Alle rechtlichen Beschränkungen der Profitmacherei sind aufgehoben.

Um die Opposition der Arbeiter in den Griff zu bekommen, kriminalisieren die Regierungen systematisch den organisierten Widerstand der Arbeiterklasse. In ganz Europa wird jeder bedeutende Streik mit gesetzlichem Verbot und Polizeigewalt beantwortet.

Eine soziale Revolution vor Augen, die ihnen einen höllischen Schrecken einjagt, errichten sie die Infrastruktur eines weltweiten Polizeistaates, wie die Enthüllungen des früheren NSA-Mitarbeiters Edward Snowden darlegen.

Untereinander konkurrierende Cliquen von Plutokraten, die ihre Nationalstaaten als Operationsbasis nutzen, überfallen schwächere Länder, Tod und Verheerung mit sich bringend, und besetzen und plündern sie gnadenlos. In ihrem Kampf mit ihren Rivalen um die Kontrolle über Gebiete, Märkte, Ressourcen und billige Arbeitskraft, verwandeln sie den Planeten in ein Militärlager und drohen, die Menschheit in einen Dritten Weltkrieg zu stürzen, diesmal mit der Aussicht auf atomare Vernichtung.

Diese Woche werden die Scheinwerfer auf die Reichen und Superreichen gerichtet sein, wenn sich beim jährlichen Stelldichein in Davos Regierungsvertreter und Führer von Weltbehörden wie den Vereinten Nationen, der Europäischen Union, der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds versammeln, um den milliardenschweren Bankern und Konzernführern ihre Reverenz zu erweisen.

In den Worten eines Kommentators schickt sich die Finanzelite an, „das Weltwirtschaftsforum in den in 1.500 Meter Höhe gelegenen Schweizer Alpen in ihren Hubschraubern anzusteuern, ihre nerzbehängten Luxusgattinnen im Schlepptau.“ CNN schätzt die Kosten für die Konferenzteilnahme auf etwa 40.000 Dollar pro Person – das ist mehr als die Hälfte dessen, was ein Durchschnittsarbeiter in den Vereinigten Staaten im Jahr verdient.

Es wurde verlautbart, dass ein zentraler Diskussionspunkt auf der Konferenz das “Problem” der sozialen Ungleichheit sein werde.

Die Massen auf der ganzen Welt werden zunehmend ungehaltener über diese kriminellen Schichten, denen sie mit Hass und Verachtung begegnen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis dieser Zorn sich praktisch Bahn bricht.

Das Gespenst sozialer Erhebung und Revolution raubt der Geldelite den Schlaf. Vor drei Jahren erhielt sie einen Vorgeschmack darauf, als die Arbeitermassen in Ägypten die Diktatur Mubaraks zu Fall brachten. Sie sah soziale Explosionen in Europa und die Vorboten künftiger Erhebungen in den Vereinigten Staaten.

Dass ihr die Macht nicht entglitten ist, verdankt sie vor allen Dingen den Verrätereien der Gewerkschaftsbürokratien und deren sich selbst als „links“ bezeichnenden Zuarbeitern, die diese rechten Organisationen verteidigen. Zu diesen zählen die International Socialist Organization in den USA, die Neue Antikapitalistische Partei in Frankreich, die Linkspartei in Deutschland und Syriza in Griechenland.

Scharfsinnigere und weitsichtigere Verteidiger des kapitalistischen Systems warnen, dass die jetzige Situation nicht aufrecht zu erhalten sei. In der vergangenen Woche verfasste Martin Wolf, der Chefwirtschaftskommentator der Financial Times, einen Kommentar unter dem Titel „Versagende Eliten bedrohen unsere Zukunft“, in welchem er vor der wachsenden Gefahr einer sozialen Umwälzung warnte.

Wolf verwies auf den Ausbruch des Ersten Weltkriegs vor hundert Jahren, die erste Weltkatastrophe, mit der der Todeskampf des Kapitalismus signalisiert wurde und welche die drei Jahre später erfolgte Russische Revolution verursachte. Er warnte, dass die „globalisierte Wirtschafts- und Finanzelite (…) in denen sie entstanden ist, mehr denn je entfernt haben (…) Die ungleiche Verteilung der Errungenschaften des wirtschaftlichen Wachstums begünstigt diese Entwicklung in großem Maße. Mehr denn je ist dies folglich eine Plutokratie.“

Seit dem Finanzzusammenbuch von 2008, schrieb er, haben die “Wirtschafts- und Finanzeliten, die intellektuellen und politischen Eliten“ sich diskreditiert. „Wenn die Eliten weiterhin versagen“, fuhr er fort, „werden wir den Aufstieg wütender Populisten erleben. Die Eliten müssen es besser machen. Wenn sie es nicht tun, wird der Zorn uns alle unter sich begraben.“ Die Menschen auf der ganzen Welt stehen vor der Frage: Was muss mit der asozialen und kriminellen Schicht geschehen, die den Erdball in ihren Würgegriff genommen hat? Nichts wird sich ändern, wenn an die „besseren Teile“ der Plutokratie appelliert wird, wie es Oxfam tut. Auch dann nicht, wenn an die Vernunft der Eliten appelliert wird, wie Wolf sich anschickt.

Diese Parasitenschicht zu enteignen ist eine Frage der sozialen Hygiene und des elementaren Überlebens. Die als unabhängige politische Kraft organisierte Arbeiterklasse, muss sich seiner bemächtigen und ihn dazu verwenden, die dringenden sozialen Bedürfnisse zu befriedigen. Dies sind: Arbeitsplätze, Gesundheitsvorsorge, Bildung, die Wohnung- und Ernährungsfrage, Zugang zu Kultur und Kunst.

Das mörderische Regiment der Plutokraten über Finanz und Industrie muss gebrochen werden. Die Banken und Konzerne müssen den Privatbesitzern entrissen und unter öffentliches Eigentum und demokratische Kontrolle gebracht werden. Es gibt nur einen Weg, über den dies geschehen kann: durch die revolutionäre Umbildung der Gesellschaft und die Errichtung des Sozialismus.

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