Britische Labour Party will Schuldenbremse einführen

In Großbritannien hat sich die oppositionelle Labour-Party für den Fall, dass sie die Wahl im Jahr 2015 gewinnen sollte, zur Einführung von Gesetzen verpflichtet, die “strenge” Fiskalregeln erzwingen.

Die Ankündigung des Schatten-Finanzministers Ed Balls kopiert die anti-demokratischen Maßnahmen der Europäischen Union in Ländern wie Griechenland, wo massive Ausgabenkürzungen gesetzlich vorgeschrieben werden.

In einer Rede vor der Fabian Society sagte Balls Ende Januar, eine künftige Labour-Regierung werde im ersten Jahr eine gesetzliche Schuldenbremse einführen, deren Erfolg das Office for Budget Responsibility (OBR) überwachen werde.

Das bedeutet, dass sich die Labour Party, die sich Schritt für Schritt den Tories anpasst, jetzt vollständig auf eine permanente Austeritätspolitik festlegt. Die Konservativen haben bereits erklärt, dass sie den Staatshaushalt schon 2019 ausgleichen wollen, wofür sie mehr als 150 Milliarden Pfund einsparen müssten. Hauptsächlich wollen sie die öffentlichen Ausgaben verringern und von 46 Prozent des BIP zur Zeit ihres Amtsantritts auf weniger als 37 Prozent herunterdrücken. Schatzkanzler George Osborne sagte sogar, zusätzlich zu den bereits skizzierten Sparmaßnahmen würden weitere Kürzungen über 25 Milliarden Pfund notwendig werden.

Diese Schritte bedeuten die einhellige Verpflichtung der politischen Elite Großbritanniens, die arbeitende Bevölkerung vollkommen zu verarmen. Die Medien lassen dies nahezu unkommentiert durchgehen.

Im Gegensatz dazu überschlug sich die Presse geradezu, als Balls ankündigte, dass die Labour Party wieder einen Spitzensteuersatz von fünfzig Prozent einführen werde. Einen solchen hatte die Labour Party zunächst unter Gordon Brown als provisorische Maßnahme eingeführt; er wurde im vergangenen Jahr jedoch von der konservativ-liberaldemokratischen Koalition abgeschafft.

Der Vorschlag wird nur Leute betreffen, die mehr als 150.000 Pfund verdienen – gerade mal ein Prozent der Bevölkerung – und die meisten von ihnen werden den Spitzensteuersatz niemals bezahlen. Es ist eine bedeutungslose Geste, als Schönfärberei für die reaktionäre Agenda der Labour-Party bestimmt.

Dies unterstrich Labour-Chef Ed Miliband in seiner Kolumne in der Zeitung The Sun on Sunday, die dem erzreaktionären Milliardär Rupert Murdoch gehört.

Miliband versprach weitere Angriffe auf das soziale Netz und sagte, “harte Entscheidungen” seien nötig, “um die Kosten von Fehlern im System zu senken”.

Er legte Pläne dar, mit denen die Heizkostenzuschüsse für Rentner revidiert werden sollen, und machte deutlich, dass dies nur der Anfang sei, da “große Reformen” erforderlich seien.

Letzte Woche deutete die Labour-Politikerin für Arbeit und Renten, Rachel Reeves, an, wie einige dieser “Reformen” aussehen könnten. Reeves ist eine ehemalige Ökonomin bei der Bank of England, die im Eilverfahren in die Labour-Führung geholt wurde. Sie beschrieb die Pläne der Partei für das Sozialsystem als “strenge Liebe”.

Jeder Arbeitslose soll gezwungen werden, an einem Test teilzunehmen, welche Grundkenntnisse vorhanden sind. Fällt er oder sie durch, wird die Unterstützung gestrichen, und man muss ein “Extra-Training” in Mathematik und Englisch absolvieren. Dies solle sicherstellen, dass das Sozialsystem darauf ausgerichtet wird, die Arbeitslosen wieder in die Arbeit zurückzuführen, sagte die Schattenministerin.

Diese Maßnahmen sind Teil einer Reihe von “Sozialhilfesanktionen”, so Reeves, die den Entzug der Unterstützung für jene umfassen, die sich angeblich nicht genug bemühen, Arbeit zu finden, sowie für Langzeitarbeitslose, die sich weigern, an einem von Labour geplanten Arbeitsdienst teilzunehmen.

Reeves sagte auch, Labour werde die Tories bei den Bemühungen unterstützen, EU-Bürger vom Anspruch auf Sozialhilfe in Großbritannien für zwei Jahre (statt der bisherigen drei Monate) auszuschließen.

Alle kapitalistischen Parteien propagieren die politische Fiktion, der zufolge Sparmaßnahmen notwendig seien, um wieder zu einem “Wirtschaftswachstum” zu kommen. Ende Januar wurden Zahlen bekannt, die belegen sollen, dass die Wirtschaft das höchste Wachstum seit 2007 aufweise. Auf ihrer Grundlage werden jedoch nur noch größere Einschnitte im Lebensstandard der Arbeiter gefordert. Die Wirtschaft des Vereinigten Königreichs wuchs in den letzten drei Monaten 2013 um 0,7 Prozent, nach einem Wachstum von 0,8 Prozent im dritten Quartal.

Aber solche Behauptungen sind nur für die Öffentlichkeit gedacht. In seiner Rede auf dem Davos-Gipfel verglich Lord Turner, der vormalige Chef der britischen Finanzaufsicht, die “Erholung” in Großbritannien mit einem Katerfrühstück. Die Zahlen seien nur aufgrund der niedrigen Zinsen und der lockeren Geldpolitik für die Banken und Superreichen möglich, – dem gleichen “Wachstumsmodell”, das für die Finanzkrise im Jahr 2008 verantwortlich war.

“Wenn Sie genug geldpolitische Stimuli in eine Wirtschaft pumpen, bewirkt das was”, sagte Turner. “Es ist wie nach einem heftigen Riesenkater, man nimmt einen starken Drink, – und weiter geht’s”.

Ebenso versuchte Mark Carney, Gouverneur der Bank von England, die von der Regierung großartig verkündete “Erholung” zu relativieren. Im August hatte Carney angekündigt, sobald die Arbeitslosigkeit unter sieben Prozent falle, werde die Bank of England erwägen, die Zinsen von ihrem Rekordtief von 0,4 Prozent wieder anzuheben.

Zwar lägen die neuesten Arbeitslosenzahlen mit 7,1 Prozent praktisch im Plan, sagte Carney Ende Januar in Davos, aber die britische Wirtschaft sei noch viel zu schwach, um jetzt einen solchen Schritt zu machen. “So gut die Zahlen in den letzten drei Quartalen in Großbritannien gewesen sind, wir reden über drei Quartale eines geplanten Wachstums einer Wirtschaft, die zwanzig Prozent unterhalb des Vorkrisentrends liegt, die erhebliche freie Kapazitäten hat, die noch nicht im Gleichgewicht ist und die erheblichen Gegenwinden (…) ausgesetzt ist”, sagte Carney. “Außerordentliche Stimuli bleiben für die Umgebung nach wie vor relevant”.

Die Zahlen über das haushaltsorientierte Wachstum sind besonders aufschlussreich. Großbritanniens Gesamtverschuldung liegt jetzt bei einem Rekordhoch von 1,43 Billionen Pfund. Sie ist seit Krisenbeginn ständig gestiegen und liegt heute höher als der bisherige Höchststand im September 2008. Davon gehen 1,27 Billionen Pfund auf Hypotheken und 158 Milliarden Pfund auf Verbraucherkredite zurück.

Das Kreditvergabe-Förderungsprogramm der Regierung, im Wesentlichen eine Subvention für Banken und Baufirmen, hat die Hypothekenschulden in die Höhe getrieben. Hypotheken-Zulassungen sind jetzt auf dem höchsten Stand seit fast sechs Jahren.

Die neuen Sparmaßnahmen treffen auf eine Situation, in der dreizehn Millionen Menschen offiziell unter der Armutsgrenze leben, und Lohnerhöhungen von Jahr zu Jahr geringer ausfallen. Statistiken zeigen, dass dies direkt zum Beschäftigungswachstum beigetragen hat: Im letzten Quartal ist die Beschäftigtenzahl um 280.000 auf 30,15 Millionen gestiegen. Mehr Frauen suchen Arbeit, weil sie das Familieneinkommen erhöhen müssen, und die “unfreiwilligen” Teilzeitjobs nehmen zu, d.h. die Zahl jener Beschäftigten, die keine Vollzeitstelle finden.

Das Ergebnis ist, dass die Menschen immer länger arbeiten, aber weniger Geld verdienen und so noch stärker in die Abhängigkeit von Krediten geraten.

Wie Carney darlegte: “Es ist nicht nur so, dass fast dreiviertel Millionen Menschen mehr arbeitslos sind als vor der Krise, hinzu kommen weitere dreiviertel Millionen Menschen mehr, die unfreiwillig Teilzeit arbeiten.”

Kurz zuvor hatten andere Ökonomen darauf hingewiesen, dass selbst eine kleine Zinsanhebung zu einer Masse von Hypotheken-und Kreditausfällen führen werde.

Für Leute vom Schlag der Balls, Miliband, etc. ist nichts von alledem Grund zur Besorgnis. Ihre einzige Reaktion auf die Wirtschaftsprobleme besteht darin, arbeitende Menschen noch mehr auszuquetschen, um die von den Superreichen geforderten “außerordentlichen Stimuli” zu finanzieren.

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