Thailand

Militär festigt seine Machtposition

Nach seinem Putsch vergangene Woche setzt Thailands Nationalrat für Frieden und Ordnung (NCPO) die gewaltsame Unterdrückung seiner politischen Gegner fort und festigt seine Machtposition.

Die Junta mobilisierte am Donnerstag 1350 Polizisten und Soldaten rund um das Siegesmonument in Bangkok, wo sich Hunderte von Gegnern des Militärputsches am Tag zuvor versammelt hatten. Associated Press zufolge war dabei ein Belgier festgenommen worden, „weil er ein T-Shirt mit der Aufschrift PEACE PLEASE (Bitte Frieden) trug. Außerdem wurden zwei Thailänderinnen in einem Polizeitransporter weggebracht, nachdem sie Schilder mit Anti-Putsch-Parolen hochgehalten hatten.“ Der NCPO hat sich die Vollmacht gegeben, jeden zu verhaften und Zivilisten vor Militärgerichte zu bringen.

Alle internationalen Fernsehsender bleiben gesperrt und die örtlichen Sendungen sind scharf zensiert. Eine Reihe von Webseiten sind blockiert, darunter die der amerikanischen Menschrechtsorganisation Human Rights Watch. Auch Facebook wurde am Mittwoch zeitweilig teilweise geschlossen und das Militär wies es ebenso wie andere soziale Netzwerke an, bei der Zensur von Postings, die sich gegen das Regime richten, zusammenzuarbeiten. Von Mitternacht bis vier Uhr morgens gilt eine Ausgangssperre.

Das Regime hat seit Beginn des Putschs mehr als 250 Personen vorgeladen, die meisten davon sind Mitglieder und Anhänger der früheren Pheu Thai Regierung. Einige Akademiker, Journalisten und Demonstranten wurden ebenfalls inhaftiert. Die abgesetzte Premierministerin Yingluck Shinawatra und einige andere Mitglieder der früheren Regierung wurden zwar freigelassen, aber mehr als 70 Personen sind weiterhin in Haft.

Am Dienstagmorgen führten Soldaten im Warorot Grand Palace Hotel in Chiang Mai eine Razzia durch. Das Hotel dient als Ersatzradiostation für die mit Pheu Thai sympathisierende Vereinigte Front für Demokratie gegen Diktatur (UDD), die sogenannten Rothemden. Sie beschlagnahmten Computer und Dokumente. Ungefähr ein Dutzend Aktivisten der Rothemden aus Chiang Mai sind seit dem Putsch verhaftet worden.

Ebenfalls am Dienstag nahmen Soldaten den ehemaligen Bildungsminister Chaturon Chaisang fest. Er ist der einzige Minister, der sich geweigert hatte, sich selbst zu stellen. Chaturon wurde von der Bühne des Clubs der Auslandskorrespondenten in Bangkok gezerrt, wo er eine Presskonferenz gehalten hatte, auf der er den Putsch kritisiert hatte. Er wird vor ein Militärgericht gestellt, weil er sich geweigert hatte, sich zu ergeben.

Wahlen wurden für unbestimmte Zeit ausgesetzt, wobei Generalstabschef Chatchalerm Chalermsukh gegenüber Associated Press erklärte, „im Moment“ sei es unmöglich zu wählen, weil „einige Leute Unruhe stiften wollen“. Der Anführer des Putschs General Prayuth Chan-ocha, der vom König als Premierminister des Landes bestätigt wurde, benannte am Mittwoch ein zehnköpfiges Beratungsgremium, dem mehrere Generäle angehören, die den letzten Militärputsch 2006 angeführt hatten.

2006 stürzte die Armee die Regierung des Telekommunikationsmilliardärs Thaksin Shinawatra, des Bruders von Yingluck Thaksin, der einen bestimmten Teil des Großkapitals repräsentiert. Er war den Interessen der fest etablierten Eliten Bangkoks, vor allem des Militärs und der Monarchie, in die Quere gekommen, als er dazu überging, das Land für mehr Auslandsinvestitionen zu öffnen.

Die traditionellen Eliten waren auch über Thaksin und Yingluck begrenzte Reformen höchst erzürnt, darunter eine billigere Gesunndheitsversorgung, einen höheren Mindestlohn und ein Programm, dem zufolge Reisbauern höhere Preise für ihr Feldfrüchte bezahlt wurden. Diese Maßnahmen verschafften den Shinawatras Unterstützung unter den ländlichen und städtischen Armen.

Dem Putsch der letzen Woche war eine siebenmonatige Kampagne des sogenannten Demokratischen Reformkomitees des Volkes (PDRC) vorangegangen, die von den Gerichten und der Demokratischen Partei unterstützt wurde. Diese verlangten, die Regierung von Yingluck durch einen nicht gewählten „Rat des Volkes“ zu ersetzen, was letztlich auf eine Militärdiktatur hinauslief. Die Wahl im Februar, die zweifellos von der Pheu Thai Partei gewonnen worden wäre, war weitgehend von dem PDRC gestört und von der Demokratischen Partei boykottiert worden, woraufhin der Verfassungsgerichtshof sie annullierte. Am 7. Mai setzte das Gericht Yingluck und neun Minister ihres Kabinetts auf Grund erfundener Beschuldigungen ab, was den Weg für das Eingreifen des Militärs frei machte.

Der PDRC, dem Erzmonarchisten und Militaristen angehören, feierte den Putsch mit großem Jubel. Der Staatsstreich wird jetzt benutzt, um den Staatsapparat von allen zu säubern, die mit dem sogenannten „Thaksin-Regime“ zu tun hatten. Die Bangkok Post berichtet, dass der NCPO 13 Provinzgouverneure und 16 leitende Polizeibeamte abgesetzt hat, „von denen angenommen wurde, sie hätten enge Verbindungen mit der Familie Shinawatra“.

Mindestens zwei der von Prayuth ernannten Generäle – Prawit Wongsuwan und Ex-Armeechef Anupong Paochinda – sind bekannt für ihre Unterstützung des PDRC. Anupong führte den Putsch von 2006 an und spielte eine führende Rolle bei den folgenden Interventionen des Militärs, um die gewählte Thaksin-Regierung zu untergraben, die 2008 ins Amt kam. Anupong half dann Ende 2008 einer von der Demokratischen Partei gebildeten Regierung an die Macht und war Armeechef während der gewaltsamen Unterdrückung der Bewegung der Pro-Thaksin-Rothemden. Damals wurden mindestens 90 Menschen getötet und 1500 verwundet.

Hauptangriffsziel des neuen Regimes sind die Arbeiterklasse und die arme Landbevölkerung.

Offensichtlich als Werbemaßnahme begann die Junta den Reisbauern Geld zu geben, denen die abgesetzte Regierung Hilfen von mehr als 2,8 Milliarden Dollar schuldete. Der Bangkok Post zufolge hat Prayuth jedoch betont, dass „die Bedürfnisse der Bevölkerung“ zwar gedeckt werden müssten, dadurch „den künftigen Regierungen aber keine finanziellen Lasten auferlegt werden dürfen und die Fiskal- und Finanzdisziplin gewahrt werden“ müssten.

„Fiskal- und Finanzdisziplin“ bedeuten nichts anderes als Austeritätsmaßnahmen, um die Lasten der tiefen Wirtschaftskrise des Landes der Arbeiterklasse und der armen Landbevölkerung aufzuhalsen. Dies wird zweifellos das Ende des staatlichen Programms für den Ankauf von Reis bedeuten, von dem Millionen von Bauern abhängig sind und das sowohl von inländischen wie ausländischen Unternehmen als nicht zu duldende Fehlausgabe angeprangert wird.

Pheu Thai und die UDO-Führung waren Türöffner für den Staatsstreich, indem sie ihre Unterstützer demobilisierten. Die Junta ließ am Mittwoch den UDO-Führer Jatuporn Prompan und andere festgenommene UDO-Mitglieder frei, nachdem diese eine Vereinbarung unterzeichnet hatten, keine politische Bewegung ins Leben zu rufen oder Reden gegen das Regime zu halten. Obwohl die UDO seit Monaten behauptet hatte, sie würde bei einem Putsch zurückschlagen, hat sie jetzt vollkommen kapituliert.

Der Staatsstreich hatte zweifellos die stillschweigende Unterstützung der US-Regierung. Auch den Putsch von 2006 hatte sie unterstützt. Washington hat weder die Annullierung der Wahlen vom Februar noch die gerichtliche Absetzung von Yingluck oder die Verhängung des Kriegsrechts verurteilt. Die USA haben lediglich in einem symbolischen Akt 3,5 Millionen Dollar Militärhilfe ausgesetzt und zu baldigen Neuwahlen aufgerufen.

Thailand bleibt ein Hauptverbündeter der Obama-Regierung in ihrer “Schwerpunktverlagerung“ nach Asien, bzw. der Schaffung eines „neuen Gleichgewichts“ in der Region. Beides zielt auf die Niederhaltung und militärische Einkreisung Chinas. In einer Rede erklärte der stellvertretende US-Außenminister Daniel Russel vorgestern, dass die USA „mindestens während der letzten fünf Jahre“ ihre militärischen Beziehungen zu Thailand und anderen Verbündeten – Australien, Japan, Südkorea und die Philippinen – in der asiatisch-pazifischen Region „verstärkt und neu belebt“ hätten. Er beschrieb den Putsch in den mildesten Tönen als eine „unglückliche“ Entwicklung und „unvorhergesehene Herausforderung“, die die „Beziehungen belastet“.

Es ist kaum glaubhaft, dass dieser bei weitem nicht „unvorhersehbare“ Staatsstreich den USA, die beständig mit dem thailändischen Militär in Kontakt stehen, nicht vorher angezeigt worden ist. Russel selbst hat im April Bangkok besucht und Gespräche mit dem Führer der Demokraten Abhisit Vejjajiva und anderen nicht namentlich genannten “Interessenvertretern” geführt. Er weigerte sich die undemokratische Kampagne des PDRC zu verurteilen.

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