Perspektive

Zum 70. Jahrestag des D-Day:

Gedenken an den Zweiten- und Vorbereitung des Dritten Weltkrieges

Nur Wenige wird der Auftritt von 90-jährigen Veteranen unberührt lassen, die an den Stränden der Normandie - viele von ihnen zum letzten Mal - dem Blutbad am D-Day gedenken, an dem fast 20.000 deutsche und alliierte Soldaten ihr Leben verloren. Die Anwesenden bei der Gedenkfeier zum 70. Jahrestag der Landung gehörten zu den Glücklichen, die den 6. Juni 1944 überlebten, aber sie leiden mit Sicherheit weiterhin an den Erinnerungen an diejenigen, die es nicht geschafft haben und waren für den Rest ihres Lebens von dieser schrecklichen Erfahrung in ihrer Jugend gezeichnet.

Die Anwesenheit dieser immer kleiner werdenden Schar von Überlebenden des Zweiten Weltkriegs - dem größten Massenmord der Weltgeschichte - verdeutlichte nur die grenzenlose Heuchelei der offiziellen Zeremonien, bei denen Präsident Obama die Hauptrolle spielte.

Der 70. Jahrestag der Landung in der Normandie war gekennzeichnet von Ironien der Geschichte. Im Vorfeld einer Zeremonie, die angeblich an eine entscheidende Niederlage des Faschismus erinnern sollte, reiste der amerikanische Präsident durch Europa, um für Unterstützung für ein ukrainisches Regime zu werben, das durch einen Putsch an die Macht gekommen ist, der von den USA unterstützt und von Neonazis angeführt wurde. Die gleichen rechtsradikalen Kräfte werden jetzt mit Unterstützung Washingtons angestachelt, um Kriegsverbrechen an der Bevölkerung der Ostukraine zu verüben.

Die Hauptgegner der USA und der Alliierten im Zweiten Weltkrieg - Deutschland und Japan - werden heute von Washington dazu angehalten, ihr Militär wieder aufzurüsten, um den US-Imperialismus bei der Einkreisung Russlands und Chinas zu unterstützen. Sowohl in Deutschland als auch in Japan arbeiten Historiker daran, die Darstellung des Zweiten Weltkriegs ändern, um die Verbrechen des deutschen und japanischen Imperialismus zu rechtfertigen.

Obamas Rede am Omaha Beach war typisch für den US-Präsidenten - voller hohler Worte, geschichtlicher Bezügen ohne wirklichen Inhalt und persönlicher Anektoden, die gleichzeitig ausbeuterisch und unehrlich sind.

Obama hatte so gut wie nichts über die Ursache zu sagen, wegen denen vor 70 Jahren diese Opfer gebracht wurden, er erwähnte nur kurz "Nazi-Geschütze" und "Hitlers Wall." Er verzichtete in seiner Kurzdarstellung der Geschichte demonstrativ darauf, die Sowjetunion zu erwähnen, die zur Zeit der Landung in der Normandie der Wehrmacht bereits in Stalingrad eine strategische Niederlage zugefügt hatte. Die Rote Armee war für 80 Prozent der Todesopfer unter deutschen Truppen verantwortlich. Die Sowjetunion verlor während des Krieges 26 Millionen Menschen.

Der wohl bizarrste Teil von Obamas Rede war sein Versuch, den Krieg, den die greisen Veteranen zusammen in der Normandie gekämpft hatten, mit dem amerikanischen Militär nach dem 11. September und seinen Kriegen in Afghanistan und im Irak gleichzusetzen. Er sagte voraus, eines Tages würden sich "künftige Generationen... an Orten wie diesem versammeln, um sie zu ehren - und zu sagen, dass diese Generationen von Männern und Frauen einmal mehr bewiesen haben, dass die Vereinigten Staaten von Amerika die größte Macht der Freiheit sind und bleiben werden, die die Welt je gekannt hat."

Welche "Freiheit" haben die USA mit Kriegen gebracht, die über eine Million Iraker und Aghanen getötet haben? Und an welchen Orten werden sich künftige Generationen versammeln, um dieser Kriege zu gedenken - in Falludscha, Abu Ghraib, Haditha, dem Gefängnis Bagram oder den Schauplätzen zahlloser Drohnen- und Bombenangriffe und nächtlicher Überfälle auf die Zivilbevölkerung?

Noch während Obama sprach, wurde seine Europareise von einer rechten Hetzkampagne der amerikanischen Medien wegen der Freilassung von Sergeant Bowe Bergdahl überschattet, der scheinbar vor dem Krieg in Afghanistan geflohen war, nachdem er geschrieben, ihm tue "alles hier leid", und das US-Militär als eine "Armee von Lügnern, Verrätern, Idioten und Schlägern" bezeichnet hatte.

Im Zweiten Weltkrieg konnte die amerikanische herrschende Klasse dank der Feindschaft der arbeitenden Bevölkerung der USA gegen den Hitlerfaschismus größtenteils ihren eigenen Militarismus und ihre globalen Begehrlichkeiten hinter einem großen demokratischen Appell verstecken. Heute kann sie sich nicht glaubhaft auf Demokratie berufen. Das Establishment ist mit einer Bevölkerung konfrontiert, die größtenteils die Ansichten von Sergeant Bergdahl teilt und Militärinterventionen im Ausland ablehnt.

Dennoch war der Zweite Weltkrieg genauso wenig ein Krieg für Demokratie oder ein Kreuzzug gegen den Faschismus wie der Erste Weltkrieg der "Krieg, der alle Kriege beendet," war oder wie der Einmarsch im Irak ein Kampf gegen den Terrorismus war. In der Periode vor dem Krieg waren wichtige kapitalistische Vertreter in Westeuropa und den USA voll des Lobes über Hitler und Mussolini, da sie deren faschistische Diktaturen als Bollwerke gegen die sozialistische Revolution ansahen.

Letzten Endes war er ein imperialistischer Krieg rivalisierender kapitalistischer Großmächte um die Neuaufteilung der Märkte und Ressourcen der Welt im Interesse der Profite der Finanz- und Industriekonglomerate.

Leo Trotzki analysierte 1934 die sich entwickelnden Widersprüche, die ohne die Ausbreitung der sozialistischen Revolution unweigerlich zu einem weiteren Weltkrieg führen würden. Er schrieb: "Der Kapitalismus der Vereinigten Staaten ist dicht an die Aufgaben herangerückt, welche Deutschland 1914 auf den Kriegspfad drängten. Die Welt ist schon verteilt? Soll man sie neu aufteilen! Für Deutschland galt es, 'Europa zu organisieren'. Den Vereinigten Staaten fällt es zu, 'die Welt zu organisieren.' Die Geschichte treibt die Menschheit schnurstracks zum Vulkanausbruch des amerikanischen Imperialismus."

Wie vorausschauend diese Worte waren, wird mit jedem Tag klarer. Der US-Imperialismus konnte zwar nach dem Zweiten Weltkrieg auf der Grundlage seiner wirtschaftlichen Stärke die kapitalistische Welt umgestalten, heute jedoch treibt ihn seine Krise dazu, den Verlust seiner wirtschaftlichen Stärke mit militärischen Mitteln auszugleichen.

In seiner Rede lobte Obama die anwesenden Veteranen dafür, dass sie "Krieg geführt haben, damit wir in Frieden leben können" und forderte Gottes Segen für das heutige US-Militär, das "heute dem Frieden und der Sicherheit unserer Welt" dient.

Trotz allem Gerede von "Frieden" bei dieser Gedenkveranstatlung zum Zweiten Weltkrieg ist es offensichtlich, dass der US-Imperialismus und die Obama-Regierung sich eifrig auf einen Dritten Weltkrieg vorbereiten.

Mit ihrer "Schwerpunktverlagerung" auf Asien und den Pazifik provozieren sie China bewusst, gleichzeitig ermutigen sie Japan, die Philippinen und andere Länder in der Region, die Bedingungen für eine militärische Konfrontation zu schaffen.

Bei ihrer Kampagne für einen Regimewechsel in der Ukraine konfrontiert sie Russland mit der existenziellen Gefahr eines Nato-Aufmarsches vor seiner Grenze.

Sein Endziel ist es, Russlands und Chinas Fähigkeit zu zerstören, die amerikanische Hegemonie regional und international zu gefährden und beide Länder auf den Status von Halbkolonien zu reduzieren. Bei der rücksichtslosen Verfolgung dieses strategischen Ziels riskieren sie einen Dritten Weltkrieg, der mit Atomwaffen geführt würde.

Obamas viertägige Europareise hat sich jedoch zu einem gewissen Debakel entwickelt und enthüllt, dass die europäischen Mächte - vor allem Frankreich und Deutschland –die Konfrontation mit Russland an Washingtons Seite zunehmend nur noch widerwillig verschärfen.

Dies fand am Freitag deutlichen Ausdruck in einer Kolumne der Zeit mit dem Titel "Europa muss seine Beziehungen zu den USA neu justieren." In dem Artikel wird gewarnt: "weder die US-Politik gegenüber der Ukraine und Russland noch Amerikas Grand Strategy als solche sind im Interesse Europas..."

Weiter heißt es in dem Artikel, Washingtons Aggression schaffe die Grundlagen für eine "chinesisch-russisch-iranische Allianz," die "den Westen dazu zwingen [würde], eine noch aggressivere Außenpolitik zu betreiben, um seinen Zugang zu wichtigen, aber schwindenden Rohstoffen wie Öl, Gas und seltenen Erden zu sichern..." Im Gegensatz dazu, betont der Kommentar, sei für Deutschlands unabhängige Interessen der "Erhalt und die Vertiefung von Europas Beziehungen zu Russland" und ähnliche Beziehungen zum Iran wichtig.

Die Gefahr eines neuen Weltkrieges erwächst nicht nur aus den Konfrontationen, die der US-Imperialismus mit Russland und China schürt, sondern auch aus Konflikten zwischen imperialistischen Interessen in Europa und Amerika, die sich angesichts der fortdauernden Wirtschafts- und Finanzkrise zu einem brutalen Konflikt aller gegen alle entwickeln könnten.

Wieder einmal, zum dritten Mal in 100 Jahren, steht die Menschheit vor der Gefahr eines globalen imperialistischen Konfliktes - ein Konflikt, der noch viel schrecklicher wäre als diejenigen, die 1914 und 1939 begannen - und der Wahl zwischen Sozialismus oder Barbarei.

Die internationale sozialistische Revolution ist die einzige Möglichkeit, einen neuen imperialistischen Krieg zu verhindern. Die wichtigste Aufgabe ist es, durch den Aufbau des Internationalen Komitees der Vierten Internationale eine neue revolutionäre Führung der Arbeiterklasse aufzubauen.

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